Volvo XC90 T8 Plug-in Hybrid im Fahrbericht
SUV mit Beschützer-Instinkt

Politisch korrektes Fünfmeter-SUV mit 400 PS? Der neue Volvo XC90 sagt ja: als Plug-in Hybrid. Wir waren mit dem elektrifizierten Schwedenkreuzer unterwegs.

Volvo XC90 t8 Plug-in Hybrid
Foto: Volvo

Übertriebene Hast kann man den Nordmännern sicher nicht vorwerfen: stolze zwölf Jahre lang boten sie den XC90 bei uns an, bevor nun der Nachfolger auf Touren kommt. Komplett neu, und doch unverkennbar Volvo XC90 – das auf 4,95 Meter Länge angeschwollene SUV lässt sich auf Anhieb identifizieren, obwohl das Design gegenüber dem Vorgänger eher 20 als zwölf Jahre Vorsprung zu haben scheint.

Alles neu im Volvo XC90

Tatsächlich blieb bei der Neukonstruktion kein Stein auf dem anderen, der neue XC90 baut als erster Volvo auf einer neuen skalierbaren Plattform auf, die in den kommenden Jahren für die komplette Erneuerung des Volvo-Angebots herangezogen wird. Gleichteile-Strategie ist das Stichwort, und das gilt nicht nur für Kleinigkeiten wie Lichtschalter oder Antriebswellen. Auch bei den Motoren wird gesundgeschrumpft und vereinheitlicht. Die individuellen Fünf- und Sechszylinder folgten auf dem Weg, den der XC90-V8 bereits 2010 beschritt – ins Nirvana. Künftig ist es ein Einheits-Motorblock mit vier Zylindern und 1.969 Kubikzentimeter, der sowohl in einer Diesel- als auch in einer Benzin-Version alle Antriebswünsche abdecken soll.

Unsere Highlights

Beim Diesel, den wir Ihnen bereits im Fahrbericht vorgestellt haben, bemühen sich zwei Turbolader um nachdrücklichen Vortrieb, beim Benziner ist es ein Kompressor, der mit einem nachgeschalteten Turbo für Musik in der Bude sorgt. Stramme 160 PS Literleistung verursacht die doppelte Zwangsbeatmung, zu den 320 PS des Vierzylinders gesellt sich beim Hybrid-XC90 T8 ein Elektromotor mit weiteren 80 PS Leistung.

Um den Volvo XC90 zum Plug-in Hybrid zu machen, der an Steckdosen Reichweite zapfen kann, ist eine 9,2 kWh speichernde Batterie installiert. Die schmiegt sich beim Volvo XC90 T8 in den Mitteltunnel, der bei den konventionellen Modellen die Kardanwelle Richtung Hinterachsantrieb beherbergt. Daraus folgt logischerweise: beide Motoren arbeiten unabhängig voneinander, vorne treibt ausschließlich der Verbrenner, hinten nur der E-Motor an.

Im edlen Innenraum des neuen Volvo XC90 unterscheidet sich die Hybrid-Variante nur in Nuancen von den beiden Kollegen mit reinem Verbrenner-Antrieb: ein Schalthebel mit Kristallglasoptik macht auf reines Gewissen und der Fahrmodus-Schalter, über den sich verschiedene Dynamik-Einstellungen vornehmen lassen, hat neue Programmpunkte parat. Der Pilot kann es sich damit aussuchen, ob er gerade rein elektrisch unterwegs sein will oder den Verbrenner als ausschließlichen Antrieb wählt, um Strom für eine bevorstehende Stadtfahrt anzusparen. Im Normalmodus regelt Kollege Computer das Zusammenspiel aller Komponenten.

Volvo XC90 mit neuem Bedienkonzept

Das cleane Bedienkonzept des neuen Volvo XC90 weiß zu gefallen. Die propagierte Reduzierung der Knöpfeflut ist zumindest im Armaturenbereich gelungen, wo lediglich noch Musik- und Klima-Grundfunktionen mit Schaltern und Reglern gesteuert werden. Den Rest erledigt der Touchscreen. Der gewaltige Bildschirm im Zentralbereich sieht mit seinem einzelnen Menüknopf an der Unterseite nicht nur aus wie ein Tablet-Computer, er funktioniert auch so, mit wischen und tippen. In vier einzelnen Kacheln sind drei Grundfunktionen (Navigation, Medien, Telefon) und eine vierte, frei belegbare Ebene aufgeteilt, in der sich bevorzugte Menüpunkte ablegen lassen. Zur Handhabung nur soviel: wer mit einem Smartphone zurecht kommt, weiß auch, wie der neue Volvo XC90 bedient wird. Vor allem zeigt das System aber, dass man nicht unbedingt hochkomplexe Drück-Dreh-Tastkomponenten mit Handschrifterkennung benötigt, wie sie besonders die deutschen Premiumhersteller mit Vorliebe verbauen. Und wem das alles zu neumodisch ist: In den Lenkstockhebeln und dem vielfach verknopften Multifunktionslenkrad gibt es dennoch weiterhin genug zum drücken und drehen.

Die Hybridisierung des neuen Volvo XC90 T8 ist durch die Aufteilung der Antriebskomponenten etwas ungewöhnlich, bei der einem Standard-Antriebsstrang praktisch ein elektrischer Außenborder für die Hinterachse angehängt wurde. Das Zusammenspiel der beiden Motoren läuft allerdings sehr elegant ab. Im normalen Betrieb muss genau darauf geachtet werden, ob jetzt nur der Verbrenner, nur der E-Motor oder alle beide Antriebe für Bewegung sorgen. Die gleichmäßige Kraftentfaltung des doppelt aufgeladenen Benziners trägt hierzu ebenso bei wie die sanft und gleichmütig schaltende Achtgang-Automatik.

Nach vorne geht es bei durchgetretenem Gaspedal durchaus mit Gewalt, auch wenn durch den nahtlosen Schub der „Kick“ eines Turbomotors der alten Schule ausbleibt. Der neue Volvo XC90 ist bei Bedarf sehr schnell in Temporegionen unterwegs, bei denen das grüne Grundgewissen Sendepause hat, ohne dabei jedoch auf Krawall und Dramatik zu machen. Dazu passen Lenkung und Fahrwerk: der Volvo XC90 kontert Unebenheiten sehr souverän, sicher und komfortabel, die Lenkung fällt im Normalprogramm leicht synthetisch-entkoppelt aus, das alles fühlt sich nach einem schweren und großen Auto an. Kunststück, das ist der Volvo XC90 ja auch – doch die Pseudo-Sportlichkeit, mit der etliche andere SUV dieser Preis- und Leistungsklasse unterwegs sein wollen, bleibt dem kühlen Schweden eher fremd.

Rein elektrisch unterwegs

Im reinen Elektro-Modus sollen laut Volvo 125 km/h und bis zu 40 Kilometer Wegstrecke möglich sein, was sich in einem Fabel-Normverbrauch von 2,5 Liter auf 100 Kilometer manifestiert. Dies wird freilich, wie bei jedem anderen Plug-in-Hybrid, nur denkbar sein, wenn praktisch ausschließlich von Steckdose zu Steckdose gefahren wird. In unserem ersten Fahrtest schwankte der vom Bordcomputer protokollierte Verbrauch je nach Fahrstrecke zwischen sechs und neun Liter. Ein vielfaches des illusorischen Normwertes, aber für ein 400-PS-SUV der zweieinhalb-Tonnen-Liga aller Ehren wert.

Innerorts lässt sich der Volvo XC90 T8 sehr problemfrei elektrisch betreiben. Der E-Motor stellt immerhin 240 Newtonmeter Drehmoment bereit, da lässt es sich durchaus beschwingt von Ampel zu Ampel eilen. Der Gasfuß darf sich dabei ruhig etwas tiefer senken, bevor der Benziner hilfreich assistierend dazu stößt – schnell ist verinnerlicht, in welchem Bereich sich der Hybrid überwiegend per Strom bewegen lässt. Die versprochenen 125 km/h im E-Modus haben wir indes nicht geschafft – hierfür sind wohl ausgesprochen ideale Bedingungen auf einer geraden Gefällstrecke nötig. Im ersten Test war spätestens bei 70 km/h die Schwelle erreicht, bei welcher der Vierzylinder dem Stromer-Kollegen zur Hilfe eilte.

Um das alles zu erleben, ist eine gewisse Einkommensklasse nicht von Nachteil, der XC90 T8 Plug-in-Hybrid ist das teuerste Modell der Reihe. Mindestens 76.706 Euro stehen auf dem Preisschild des Volvo XC90 T8, exklusive Aufpreis-Extras. Dennoch erwartet Volvo einen Hybrid-Verkaufsanteil von wenigstens 10 Prozent der Gesamtproduktion. Diese dürfte übrigens nach derzeitigen Schätzungen spätestens zum Verkaufsstart im Juni ausverkauft sein, bereits jetzt liegen über 2.000 Bestellungen aus Deutschland für den neuen Volvo XC90 vor.

Fazit:

Coole Optik, erlesene Ausstattung, feine Verarbeitung, sehr hohe Fahrkultur: vor Szene-Größen wie Range Rover oder X5 muss sich der neue Volvo XC90 nicht verstecken. Die Plug-in-Hybrid-Lösung funktioniert richtig gut, ohne Verzicht zu diktieren – ganz im Gegenteil.

Fazit

Coole Optik, erlesene Ausstattung, feine Verarbeitung, sehr hohe Fahrkultur: vor Szene-Größen wie Range Rover oder X5 muss sich der neue Volvo XC90 nicht verstecken. Die Plug-in-Hybrid-Lösung funktioniert richtig gut, ohne Verzicht zu diktieren – ganz im Gegenteil.

Technische Daten
Volvo XC90 T6 AWD Kinetic
Grundpreis58.900 €
Außenmaße4950 x 2008 x 1776 mm
Kofferraumvolumen721 bis 1886 l
Hubraum / Motor1969 cm³ / 4-Zylinder
Leistung235 kW / 320 PS bei 5700 U/min
Höchstgeschwindigkeit210 km/h
Verbrauch8,0 l/100 km