Auktion The Jody Scheckter Collection
Weltmeister-Ferrari & Co. unterm Hammer

Passend zu seiner wilden Karriere sammelte der Südafrikaner Jody Scheckter eine faszinierende Auswahl an Rennwagen. Im Rahmen des historischen Monaco-Grand-Prix will das Auktionshaus RM Sotheby's vom 10. bis 11. Mai eine neue Heimat für sein ikonisches Dutzend finden. Der originale Ferrari 312 T4 könnte dabei in die Top 10 der teuersten F1-Autos springen.

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Ferrari 312 T4 - Tyrrell - Wolf - McLaren
Foto: RM Sotheby's

Nur ein Satz reicht, um den Weltmeister der Saison 1979 zu beschreiben: Alles oder nichts! Mit seiner furchtlosen Gangart wirbelte Jody Scheckter die Formel 1 von Beginn an durcheinander, sollte aber lange nicht dafür belohnt werden. Über die Stationen McLaren, Tyrrell und Wolf reifte der Südafrikaner langsam zum Titel-Anwärter. 1979 holte er schließlich auf Anhieb mit Ferrari die Fahrer-Krone – nur um ein Jahr später die Königsklasse hinter sich zu lassen. Enttäuscht vom völlig missratenen Nachfolgeauto beendete Scheckter seine Karriere.

Unsere Highlights

Als Erinnerung an die rund zehn Jahre in Europas Rennsport-Epizentrum führte der Mann aus East London seine wichtigsten motorisierten Wegbegleiter in einer Privatsammlung zusammen. Den Anfang machen Junior-Renner der Kategorien Formel Ford, Formel 3 und Formel 2. Darunter ist unter anderem ein sehr seltener McLaren M21. Aus dem legendären Papaya-Rennstall kommen auch die beiden ältesten F1-Autos. Zwei Tyrrell – darunter ein P34 mit besonderer Entstehungsgeschichte – und der Wolf WR1 schlagen die Brücke zum Ferrari 312 T4.

Abgerundet wird die Auflistung des Auktionshauses RM Sotheby's von einem ungewöhnlichen Duo. Während der mächtige amerikanische Formel-5000-Racer Trojan T101, in dem Scheckter 1973 Meister wurde, noch ins Bild passt, fällt die Alfa Romeo Giulietta SZ völlig aus dem Rahmen. Doch auch der Sportwagen bietet die nötigen motorsportlichen Referenzen. Anfang der 1960er-Jahre trat das von der Manufaktur Zagato verfeinerte Gefährt bei der Targa Florio und in italienischen Bergrennen an.

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Ferrari 312 T4 (1979)
RM Sotheby's

Der 312 T4 war Ferraris Antwort auf die von Lotus gestartete Groundeffect-Revolution. Jody Scheckter holte dank einer hohen Standfestigkeit in der Saison 1979 den Titel.

Enzos Erlösung und Scheckters Schluss

Unweigerlich im Mittelpunkt der Versteigerung steht der Ferrari 312 T4. Die vierte Stufe der T-Reihe verfolgte zum ersten Mal konsequent ein Groundeffect-Konzept. Verbunden mit dem mächtigen Drei-Liter-Zwölfzylinder holte Mauro Forghieris letzter roter Geniestreich sechs Siege und damit beide WM-Titel. Jody Scheckter hinkte anfangs noch Gilles Villeneuve hinterher, doch drehte sich die Meisterschaft durch den Triumph in Belgien in seine Richtung.

Nach dem Erfolg beim anschließenden GP Monaco sammelte der Südafrikaner im Gegensatz zu Villeneuve konstant Zähler und krönte sich stilecht mit dem Sieg beim drittletzten Rennen in Monza zum Meister. Der heute 74-Jährige erinnert sich: "Als ich am nächsten Morgen aufgewacht bin, war ich zwar Weltmeister, aber kein anderer Mensch. Und es lagen keinerlei Geschenke neben dem Bett. Die Woche drauf habe ich in Maranello getestet. Enzo Ferrari schaute vorbei und sagte nur: Hello Champion! Das war's. Du bist nur für eine Woche Weltmeister. Dann holt dich die Wirklichkeit wieder ein."

Und das auf bittere Weise. Der enttäuschende 312 T5 und ein veränderter Blick auf den Rennsport ließen die Gedanken an einen Abschied reifen. "Als Rennfahrer habe ich mich nur ums Rennfahren gekümmert. Ich habe aber nach meinem Rücktritt schnell angefangen, mich zu beschäftigen. Zuerst habe ich einen Motorrad-WM-Lauf in Donington organisiert. Dann wollte ich die IROC-Serie weltweit veranstalten. Ich habe ein Jahr damit verbracht, es ist aber nie was draus geworden. Dann bin ich nach Amerika gezogen und habe dort eine Firma gegründet."

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Ferrari 312 T4 (1979)
RM Sotheby's

Stilecht für die 1970er-Jahre ist das Cockpit rudimentär. Wer damals in ihm saß, wurde automatisch zum Volkshelden.

Abgewetzte Gurte zum Millionen-Preis

Im November 1982 durfte Renn-Rentner Scheckter seinen dreimaligen Siegerwagen von der Fabrik kaufen. Zum Auktionsumfang gehört auch die Rechnung aus Maranello. Scheckter bewahrte anschließend den originalen Zustand. Selbst die Gurte entsprechen noch dem damaligen Stand und sind charmant-abgenutzt. Bei verschiedenen historischen Events und im Rahmen des GP Italien 2019 sammelte die rote Altmeisterin weitere Kilometer.

Mitte Mai steht jedoch die Trennung vom Südafrikaner an, der den Ferrari bisher exklusiv fuhr. Wer das Privileg haben will, auf den prominenten Besitzer zu folgen, braucht die oft zitierten tiefen Taschen. RM Sotheby's veranschlagt einen Schätzpreis von 5,25 bis 6,5 Millionen Euro. Sollte die finanzielle Vermutung stimmen, springt der 312 T4 locker in die Top 10 der teuersten F1-Autos. Auf Platz fünf liegt beispielsweise ein Ferrari F2002, der massive 6,6 Millionen einbrachte.

Sechsrad-Tyrrell mit später Geburt

Auf doppelte Weise skurril ist das zweitfaszinierendste Auto der Sammlung. Zwar handelt es sich beim 1977er Tyrrell P34 um ein Original. Aber der Dreiachser wurde in den 2000er-Jahren gebaut. Möglich wurde die Zeitreise durch ein bis dahin ungenutztes Monocoque, das RM Sotheby's als Chassis 8 identifiziert. Ein Ford-Cosworth-DFV-Motor und ein Hewland-Getriebe unterstreichen zusätzlich die Authentizität des vielleicht legendärsten F1-Experiments.

Obwohl Scheckter damals ein ambivalentes Verhältnis zu der Technik-Philosophie gepflegt hatte, ist es kaum verwunderlich, dass das Auto in die Sammlung wanderte. 1976 schenkte Scheckter dem Tyrrell P34 beim Schweden-Gastspiel seinen einzigen Sieg. In der Endabrechnung wurde er hinter James Hunt und Niki Lauda immerhin Dritter. Der Schätzpreis für den Nachzügler liegt bei 450.000 bis 650.000 Euro.

Im zweiten dunkelblauen Rennwagen der Collection waren Erfolge rar. In der angebotenen Variante des Tyrrell 007 schloss Scheckter 1975 auf Rang sieben ab. Das Highlight der zwölf Einsätze von Chassis 6 war ein dritter Platz in Silverstone. Wer damit nicht zufrieden ist, kann den zwischen 650.000 und 900.000 Euro eingestuften Wagen bei Histo-Events zu neuen Erfolgen treiben.

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Tyrrell P34 (1977)
RM Sotheby's

Sechs Räder für ein Halleluja: Der Tyrrell P34 erschütterte bei seiner Vorstellung die Königsklasse, aber sollte den Hype nicht dauerhaft auf die Strecke bringen.

Das Kapitel Walter Wolf Racing

Triumphe und enttäuschte Erwartungen erlebte Scheckter ebenso bei Walter Wolf Racing. Der namensgebende kanadische Geschäftsmann hatte das erste Team von Frank Williams gekapert und nach seinem Willen umgebaut. Jody Scheckter sollte der große Star werden. 1977 ging der Plan zunächst voll auf. Drei Siege – darunter ein furioser Erfolg in Monaco – bedeuteten einen zweiten Platz in der Fahrer-WM. Aus diesem Jahr stammt auch das angebotene Auto (450.000 bis 650.000 Euro).

Doch schon in der darauffolgenden Saison setzte der Abwärtstrend ein. Trotz vereinzelter Podien waren die anderen Ford-, Alfa- und Ferrari-Rivalen im Vergleich zu stark. Historisch relevant ist 1978 dafür ein gewisser Keke Rosberg. Der Finne feierte in den Reihen von Theodore Racing sein F1-Debüt. Ab der zweiten Saisonhälfte hatte der in Macau und Hongkong lebende Chinese Theodore Yip auf Wolf-Autos gesetzt – darunter der Auktionsheld.

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Wolf WR1 (1977)
RM Sotheby's

Walter Wolf formte aus dem ersten Team von Frank Williams seinen eigenen Rennstall. Edel-Verpflichtung Jody Scheckter holte direkt beim Debüt der neuen Nennung einen Sieg.

Anfänge im historischen McLaren-Trio

Den Abschluss der Formel-1-Abordnung bilden zwei Höhepunkte der noch jungen McLaren-Geschichte, die von einem Formel-2-Auto aus der Saison 1972 (130.000 – 200.000 Euro) ergänzt werden. Der älteste Renner ist das Chassis, in welchem Scheckter in den USA 1972 das F1-Debüt feierte. Seinen ersten Einsatz absolvierte der M19A allerdings schon im Vorjahr. Neben dem Südafrikaner durften etliche weitere große Namen den V8-Klang genießen, darunter: Arnoux, Donohue, Gethin, Hobbs, Hulme, Oliver, Redman und Revson.

Bei den Teamnamen herrschte ebenso Abwechslung. Der M19A – einer von nur zwei erhaltenen – startete unter den Bannern von Bruce McLaren Motor Racing, Penske Sunoco und Yardley Team McLaren. Im Yardley-Design sollen zwischen 750.000 und 1.000.000 Euro herausspringen. Mehr als doppelt so wertvoll wird der McLaren M23 aus dem Jahr 1973 bewertet. Für eine Summe zwischen 1,75 und 2,25 Millionen Euro kriegt man ein weiteres Weltmeister-Modell für die heimische Garage. Emerson Fittipaldi und James Hunt holten in ihren M23-Evolutionsstufen die Titel der Saisons 1974 bzw. 1976.

Chassis-Nummer 2 wurde 1973 zunächst von Peter Revson gefahren, dessen tödlicher Unfall sich am 22. März zum 50. Mal jährte. Zwei der insgesamt 63 Auftritte gehen laut RM Sotheby's auf das Konto von Scheckter. Der Südafrikaner sollte den M23 einige Jahre später aus der McLaren-Werks-Sammlung übernehmen.

The Jody Scheckter Collection - RM Sotheby's Auktion - Wolf WR1 (1977)
RM Sotheby's

Über mehrere Saisons hinweg entwickelte sich die McLaren-Modellreihe M23 zu einer Titelträger-Ikone.

Käse und Bier statt PS-Monster

Warum Scheckter seine Renner abgibt, ist nicht bekannt. Doch womöglich hat der umtriebige Geschäftsmann neue Pläne. Vor der Pandemie strukturierte er bereits seine Farm im Süden Englands um, die er nach der Rückkehr aus Amerika aufgebaut hatte. Der Erstaufschlag mit zahlreichen Bio-Produkten – darunter Fleisch, Milch, Käse, Eis, Bier, Wein oder auch Torf – war ihm etwas über den krausen Kopf gewachsen. Seitdem fokussiert sich die Laverstoke Park Farm auf das Wesentliche.

Mit etwas Glück lassen sich die neuen Auto-Eigentümer dazu begeistern, am Charity-Festival auf dem Hofgelände teilzunehmen. 2024 laden der Gründer Chris Evans und sein Partner Jody Scheckter wieder zum "Car Fest" ein, das diverse (Renn-)Autos, Künstler und sogar Starköche verbindet. Mehrere zehntausend Gäste werden für die gutherzige Party erwartet. Auch neben dem Fahrzeug gilt für Scheckter eben: Alles oder nichts.

Informationen zu den weiteren Autos und Details der vorgestellten Fahrzeuge finden Sie in der großen Galerie. Die Auktion findet von 10. bis 11. Mai in Monaco statt.