Mercedes-Streich in Mexiko?
Hier fehlt es Mercedes auf Red Bull

GP Mexiko 2023

Durch die Disqualifikation in Austin hat Lewis Hamilton einen zweiten Platz verloren. Nicht aber seinen Optimismus. Der Rekordweltmeister sieht seine Mercedes-Mannschaft nach dem letzten Upgrade auf dem richtigen Weg. In Mexiko könnte man sogar zur Gefahr für Red Bull werden.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Mexiko 2023
Foto: Wilhelm

Der Optimismus überwiegt, auch wenn die Disqualifikation nach dem GP USA auf den Magen schlägt. Doch Lewis Hamilton hält fest: "Wir waren in Austin nicht so schnell, weil wir unser Auto zu tief eingestellt hatten. Im letzten Jahr wäre das der Fall gewesen. Da ging mit unserem Auto nur tief einstellen und hart federn. Dieses Auto aber funktioniert auch mit mehr Bodenfreiheit."

Stattdessen, urteilt der 103-fache GP-Sieger der Formel 1, habe sein Team durch die letzte Ausbaustufe einen Schritt nach vorne gemacht und den Abstand zu Red Bull verkürzt. Was derzeit auch normal sei, weil das Weltmeisterteam die Entwicklung am diesjährigen Modell früher gestoppt hat als Mercedes. "Der neue Unterboden hat eine Zehntelsekunde gebracht. Zwei kamen von mir obendrauf. Ich kann endlich die Kurven attackieren, weil das Heck besser klebt."

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Natürlich ist Hamilton bewusst, dass der Wertungsausschluss den guten Auftritt im Nachhinein "befleckt." Er schiebt nach: "Es gibt viele Quellen im Fahrerlager, die behaupten, dass andere Autos auch illegal gewesen wären. Nur hatten die das Glück, nicht kontrolliert worden zu sein. Für die Zukunft sollte die Struktur so angepasst werden, dass alle im Feld gleich behandelt werden." Unterm Strich bleibt bei ihm hängen: "Wir waren nah dran. Ich konnte den Sieg sogar schon riechen."

Lewis Hamilton - Mercedes - GP USA 2023 - Austin - Formel 1
xpb

In Austin ging Mercedes bei der Bodenfreiheit ein zu hohes Risiko ein.

Mercedes rechtfertigt sich

Die Wahrheit liegt in diesem Fall wahrscheinlich in der Mitte. Je näher der Unterboden an der Straße liegt, desto mehr Abtrieb generiert ein Groundeffect-Auto. Red Bull war diesbezüglich in Austin auf der konservativen Seite unterwegs, Mercedes mit Hamilton auf einem zu optimistischen Pfad. Mit nur einem Training vor dem Parc fermé spielte das Team von Max Verstappen die Sicherheitskarte. Das kostete Anpressdruck. Damit war aber auch garantiert, dass man durch alle Kontrollen kommt. Bei Mercedes rechtfertigt man sich: "Red Bull versteht sein Auto zu 100 Prozent. Die können im Training mit vollerem Tank und mit geschlossenem DRS fahren. Da bekommst du viel zuverlässigere Daten zu deinem Rennauto."

Eine Korrektur war nicht mehr möglich. Wer vor der Qualifikation an einem Sprint-Wochenende verwachst, muss mit dem Fehler leben. "Du kannst maximal die Reifen aufblasen. Das macht aber keiner, weil du dann völlig aufgeschmissen bist", sagt Verstappen und verteidigt Mercedes wie Ferrari. "Keiner stimmt sein Auto so ab, dass es im illegalen Bereich ist. Aus meiner Sicht kann man nach dem Rennen auch nicht alle Autos überprüfen." Aber: "Wenn ein Auto eines Teams schon durchfällt, sollte man auch das zweite untersuchen." Das war in Austin nicht der Fall.

Die ansprechende Mercedes-Performance allein auf den zu tief eingestellten W14 zu schieben, wäre sicher viel zu kurz gedacht. Zumal nicht nur Hamilton aufgeigte, sondern auch der Teamkollege. George Russell im zweiten Mercedes drehte besonders im letzten Rennteil auf den Mediumreifen auf. Plötzlich stimmte die Balance. Und der 25-jährige Engländer flog. Er nahm im Finale Verstappen in 17 Runden 7,2 Sekunden ab. Russell liefert noch eine andere Erklärung: "Im ersten Teil musste ich Benzin sparen. Darauf musste ich hinten heraus nicht mehr achten."

Jetzt muss dazu gesagt sein, dass Verstappen fast das ganze Rennen mit widerspenstigen Bremsen zu kämpfen hatte. "Sie haben sich nicht wie gewohnt verhalten. Das Bremsverhalten war wechselhaft. Das schlägt sich auch auf den Reifenverschleiß nieder. Wir kennen die genaue Ursache noch nicht. Die Untersuchung in der Fabrik läuft", schildert der Austin-Sieger.

Red Bull - Formel 1 - GP Mexiko - Donnerstag - 26.10.2023
ams

Der Red Bull RB19 könnte in Mexiko verwundbar sein.

Red Bull verwundbar?

Mit Mexiko wartet auf den Formel-1-Tross eine eigenartige Rennstrecke. Die Autos leiden in der Höhe. Sie fahren zwar mit maximalem Abtrieb, was sich in der dünnen Höhenluft allerdings anfühlt wie die Fahrt mit kleinen Flügeln in Monza. Verstärkt durch einen glatten Asphalt. Verstappen erwartet, dass der 4,304 Kilometer lange Kurs zu den wenigen der Saison gehört, die seinem Red Bull nicht so liegen. Weil Randsteine in die Ideallinie eingebettet sind. "Das mag unser Auto nicht so. Zusätzlich gibt es viele langsame Kurven."

Und genau dieser Umstand könnte Mercedes in die Karten spielen. In Mexiko überwiegen langsamen Passagen, die im dritten Gang durchfahren werden. Selbst das Geschlängel im Mittelsektor ist nicht superschnell. Hamilton erklärt: "In langsamen Kurven sind wir gut. Die Schere zu Red Bull geht auf, je schneller die Kurve ist." Mit der Austin-Ausbaustufe verbesserte sich Mercedes aber auch in diesem Bereich.

Im Sprint zum GP USA konnte der 38-Jährige seinen Rivalen im Red Bull genau studieren. "Der Red Bull bekommt die Leistung auch früher auf den Boden als unser Auto. Ihr Auto bewegt sich weniger als unseres. Ihre Plattform ist stabiler. Das zahlt sich auch bei der Reifennutzung aus. Ihr Verschleiß ist geringer." Dann scherzt Hamilton: "Ich kenne das Gefühl, in so einem Auto zu sitzen. Alles geht dir leichter von der Hand. Max ist nicht mal verschwitzt, wenn er aus dem Auto steigt."

Optimismus bei Mercedes

Der Vorteil, den der Honda-Motor früher in der dünnen Höhenluft hatte, ist verschwunden. Was noch dafür spricht, dass Mercedes Red Bull womöglich herausfordern kann? Es gibt keine großen Bodenwellen, ergo verringert sich die Gefahr des Bouncings. Und Mercedes hat einen der größten Heckflügel überhaupt, was die Fläche betrifft. Das spendet mehr Abtrieb als bei manch anderem Konkurrenz-Produkt. Die Erfahrungen aus dem Vorjahr stimmen zusätzlich optimistisch. Da war Mercedes der erste Verfolger von Red Bull. "Auf dem Papier liegt uns Mexiko mehr es Austin", verrät Russell.

Bei Mercedes ist man vorsichtig optimistisch, in Mexiko einen guten Auftritt hinzulegen. Und das Team ist angestachelt durch die Disqualifikation nach dem Austin-Rennen. Tenor: "Wir haben vier Rennen, um unsere Kritiker zu widerlegen. Wir waren nicht nur schnell, weil wir mit der Bodenfreiheit am Limit lagen."