James Key erklärt den Sauber C44
Seitenkasten-Upgrade schon in Bahrain

Im Vergleich zum Vorjahresmodell präsentiert sich der neue Sauber nicht nur optisch, sondern auch technisch komplett verändert. James Key erklärt die wichtigsten Neuerungen des mutigen Entwurfs und kündigt bereits ein aggressives Entwicklungsprogramm an.

Sauber C44 - Präsentation - Vorstellung - Formel 1 - Saison 2024
Foto: Sauber

Alfa Romeo war gestern, die Gegenwart von Sauber heißt Stake F1. Bevor mit dem Abschluss der Audi-Übernahme in der Saison 2026 wieder gediegenere Töne angestimmt werden, will der Schweizer Rennstall noch einmal mächtig auf den Putz hauen. Die Präsentation des neuen Autos in London gab darauf schon den ersten Vorgeschmack. Den Fans vor Ort wurde eine wilde Show mit schrillen Farben geboten.

Sauber will aber nicht nur optisch aus dem Feld herausstechen. Auch sportlich soll es endlich wieder vorangehen. Nach Platz sechs im ersten Groundeffect-Jahr 2022 ging es letzte Saison auf die enttäuschende neunte Position in der Teamwertung zurück. Nur Haas war am Ende noch schlechter. Um den Abwärtstrend zu stoppen, verpflichtete Sauber-Häuptling Andreas Seidl kurz vor der Sommerpause seinen alten McLaren-Kumpel James Key.

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Bis der Brite endlich in Hinwil mit der Arbeit beginnen konnte, waren die Weichen für den C44 aber schon gestellt. Bei der Vorstellung des Neuwagens zeigte sich der oberste Ingenieur zufrieden mit der Arbeit seiner Kollegen. "Der Umbau der vorderen Aufhängung war eine echte Teamleistung. Wir haben von einem Pushrod-System auf ein Pullrod-Konzept umgestellt. Das wurde schon vor meiner Ankunft erledigt. Toll, dass wir das für das neue Auto geschafft haben."

Sauber C44 - Präsentation - Vorstellung - Formel 1 - Saison 2024
Sauber

Technik-Direktor James Key kam 2023 erst spät zu Sauber. Er konnte nur noch die letzten feinen Pinselstriche am C44 vornehmen.

Aufhängung als Aero-Element

Für den Umbau mussten nicht nur die außen sichtbaren Elemente neu konstruiert werden, sondern auch das ganze Innenleben, bestehend aus Dämpfern, Federn, Stabilisatoren und Umlenkhebeln. Mit der neuen Geometrie haben sich natürlich auch die Anlenkpunkte am Chassis und innen an den Radträgern geändert. Der Eingriff wurde zum Großprojekt, das viele Ressourcen gebunden hat.

Key erklärt, warum die Maßnahme nötig war: "Mechanisch stellt es einen Kompromiss dar. Würde man als Fahrwerksingenieur den Auftrag bekommen, eine Aufhängung zu konstruieren, würde man das nicht in dieser Art bauen. Normalerweise würde man eher auf ein Pushrod-System setzen, das oben am Chassis ansetzt. Warum haben wir es trotzdem gemacht? Weil es besser für die Aerodynamik ist. Mit dem neuen Konzept müssen wir uns bei der Setup-Arbeit zwar umgewöhnen, aber nach den ersten Simulationen war es eine sehr gute Entscheidung."

Laut Key werden die Aufhängungen bei der aktuellen Rennwagen-Generation mehr als jemals zuvor in der Formel-1-Geschichte zu einem Hilfsmittel für die Aerodynamik umfunktioniert. Die Zeiten, in denen die Querlenker, Spurstangen sowie Zug- bzw. Druckstreben nur die Räder mit den Dämpfern verbinden, seien damit endgültig vorbei. Aufhängungen werden heutzutage im Windkanal entwickelt. Dann schauen die Ingenieure, wie sie die aerodynamisch effizientesten Formen mit den mechanischen Anforderungen in Einklang bringen.

Sauber C44 - Präsentation - Vorstellung - Formel 1 - Saison 2024
Sauber

Die Zugstreben setzen tief am Chassis an, was die Setup-Arbeit nicht vereinfacht. Dafür hat die neue Lösung aerodynamische Vorteile.

Packaging erlaubt neue Verkleidung

Auch in die Form der Seitenkästen wurde viel Hirnschmalz gesteckt, wie Key verrät: "Aerodynamisch hängen die Verkleidung und der Unterboden eng zusammen. Als es 2022 zum Modellwechsel kam, sah man an den Autos noch viele verschiedene Seitenkasten-Ideen. Nach und nach hat sich dann ein Konzept herauskristallisiert, dem alle gefolgt sind. Mit dem neuen Auto bleiben wir dieser Philosophie treu, wenn auch in einer viel aggressiveren Form als noch im letzten Jahr."

Laut Key sei die Verkleidung nun dreidimensionaler ausgeformt. Der Seitenkasten interagiere jetzt auf eine andere Weise mit dem Unterboden. Der radikale Umbau wurde aber erst durch das kompakte Packaging im Inneren möglich. "In diesem Bereich des Seitenkastens befinden sich vor allem Elektronik-Elemente und Teile, die zum Antriebssystem gehören. Da haben wir mit einer reduzierten Bauweise viel Mut bewiesen, sodass am Ende die Werte passen und alles auch richtig funktioniert. Da muss ich noch mal das Teamwork loben. "

Mit der in London gezeigten Version des C44 will Sauber bei den dreitägigen Testfahrten am 21. Februar in Bahrain antreten. Doch schon zum ersten Rennen an gleicher Stelle ist ein größerer Umbau geplant. "Wir werden im Bereich des Seitenkastens ganz andere Formen sehen", kündigt Key an. "In diesem Bereich findet eine besonders schnelle Entwicklung statt."

Sauber C44 - Präsentation - Vorstellung - Formel 1 - Saison 2024
Sauber

Dank kompaktem Packaging im Inneren, bekamen die Seitenkästen einen markanten Unterschnitt. Schon in Bahrain soll es das erste Upgrade in diesem Bereich geben.

Hohes Entwicklungstempo

Das Technikbüro in Hinwil sei bereit, im Entwicklungsrennen gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz anzutreten. Im Vorjahr konnte man die Pace im letzten Drittel der Saison zwar deutlich steigern, am Ende reichte es für die Fahrer aber nicht, die notwendigen Pünktchen einzufahren, um eine bessere Platzierung in der WM-Wertung zu erreichen.

Key hofft, dass Sauber dieses Jahr mit einer besseren Basis in die ersten Rennen geht: "Wir starten mit einer maximal aggressiven Herangehensweise in die neue Saison. Wie erwähnt, kommen schon zum Saisonauftakt neue Teile. Für die erste Handvoll Rennen sind weitere Upgrades geplant, mit denen wir unseren Gegnern Zeit abnehmen wollen. Wie schon letzte Saison erwarte ich einen harten Kampf, der über die komplette Saison gehen wird."

Der Technik-Direktor schwört seine Truppe auf die Schlacht ein: "Das ist ein richtiger Krieg, was die Weiterentwicklung angeht. Es ist ein brutales, rücksichtsloses Umfeld, in dem wir arbeiten. Rund um die Uhr werden neue Ideen, neue Schritte rausgejagt. Es geht immer weiter und hört nie auf. Wenn dann irgendwann der Punkt kommt, an dem man die Arbeit am aktuellen Auto einstellt und sich aufs neue konzentriert, verschiebt man die Grenzen des Möglichen nur noch weiter."

Obwohl das Reglement über den Winter unverändert blieb, erwartet Key weiter ein hohes Entwicklungstempo: "Das Feld hat sich in der zweiten Hälfte letzten Jahres schon deutlich zusammengeschoben. Am Ende wurde es super eng. Das bedeutet, dass auch kleine Schritte einen großen Unterschied machen können. Das könnte uns Möglichkeiten eröffnen, aber natürlich kann es auch in die andere Richtung gehen. Da müssen wir aufpassen."

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