Verstappens Eigentor
Muss Perez-Crash untersucht werden?

GP Abu Dhabi 2022

Die verweigerte Stallregie von Max Verstappen beim GP Brasilien kann für Red Bull noch ungemütliche Folgen haben. Noch untersucht die FIA den angeblich inszenierten Quali-Crash von Sergio Perez in Monaco nicht. Außer es kommen handfeste Beweise ans Tageslicht.

Sergio Perez - Crash - GP Monaco 2022
Foto: Wilhelm

Das war ein klassisches Eigentor. Und davon hat Red Bull in letzter Zeit genug erlebt. Die Scheidung von Porsche, die Budgetdeckel-Affäre, und jetzt die missglückte Stallregie von Brasilien, die ihren Hintergrund in einem Zwischenfall in Monte Carlo hat, der viel ernster ist als ein ignorierter Funkspruch. Red Bull sollte sich eigentlich als das beste Team der Formel 1 feiern lassen, bekommt aber seit zwei Monaten nur Ohrfeigen ab. Weil man sich eine Grube nach der anderen gräbt.

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Der jüngste Aufreger wäre dabei so einfach vermeidbar gewesen. Hätte Max Verstappen die Aufforderung befolgt, den sechsten Platz für Sergio Perez freizumachen, um dem Teamkollegen im Kampf um den Vize-Titel zu helfen, dann wäre das, was man jetzt krampfhaft wegreden will, nie ans Tageslicht gekommen. Doch wenn in der Formel 1 die Katze einmal aus dem Sack ist, lässt sie sich nicht mehr einfangen. Mit all ihren Konsequenzen.

Red Bull - F1-Technik - Unterboden - GP Monaco 2022
Wilhelm
Der Unfall: Perez wirft sein Auto in der Portier-Kurve weg. Sainz trifft ihn. Verstappen muss parken.

Red Bull in Erklärungsnot

Dem Team und dem Fahrer musste klar sein, dass Medien und Fans nach Gründen suchen würden, warum Verstappen den Teamkollegen so plakativ bestraft. Es geht hier nicht um Platz 6 oder Platz 10, gibt der Niederländer zu, sondern ums Prinzip. Es muss also etwas vorgefallen sein, das groß genug gewesen sein muss, um den Weltmeister ein halbes Jahr später immer noch umzutreiben, und das in einer Situation, in der er sich nach Erreichen aller Ziele großzügig hätte zeigen können. Offenbar hat es ihn aber stark verletzt.

Verstappen und Red Bull verweigern jedes Detail. Was die Fragesteller noch mehr motiviert, genau nach diesen Details zu graben. Und wenn die Geschichte einmal auf dem Markt ist, darf man sich nicht wundern, dass sie in den Sozialen Netzwerken eine zusätzliche Übertreibung erfährt.

Zumal sich herumgesprochen hatte, dass es sich um eine Geschichte handelt, die in der Qualifikation zum GP Monaco passiert ist. Red Bull hat gute Gründe, Tempo aus der Fahrt zu nehmen. Wenn es denn stimmt, dass Perez absichtlich sein Auto in der Portier-Kurve gecrasht hat, um die Jagd nach den besten Startplätzen zu stoppen, dann wäre das ein ernsthafter Vorfall.

Untersuchung nur bei begründetem Verdacht

Die FIA müsste bei einem begründeten Verdacht, einer beglaubigten Zeugenaussage oder einem Geständnis des Fahrers eine Untersuchung einleiten. Genauso wie vor 13 Jahren, als ein Jahr nach dem Crashgate von Singapur 2008 plötzlich Beweise auftauchten, dass Nelson Piquet junior seinen Renault absichtlich in die Mauer fuhr, um seinem Stallrivalen Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen.

Bis jetzt gibt es weder einen Beweis, einen belastbaren Zeugen noch ein Geständnis von Perez. Die Frage ist, wie die Geschichte überhaupt ans Licht kam. Die einen erzählen, dass den Ingenieuren im Team die Datenlage verdächtig vorkam, die anderen erzählen, Perez habe bei der Siegesfeier am Abend ein bisschen über den Durst getrunken und ein paar unvorsichtige Anmerkungen gemacht. Vielleicht sieht der Verstappen-Clan auch nur Gespenster. Der Wahrheitsgehalt lässt sich im Nachgang schwer beweisen.

Perez erklärte in Abu Dhabi auffallend gut gelaunt, dass nichts dran sei an den Unterstellungen. Muss er auch sagen, denn für ihn könnte ein Verfahren ernsthafte Folgen haben. Absichtliche Wettbewerbsverzerrung kann einen Fahrer die Lizenz kosten.

Max Verstappen & Sergio Perez - GP Brasilien 2022
Wilhelm
Verstappens Aussagen könnten für Perez noch gefährlich werden.

Schaden für Red Bull angerichtet

Red Bull hatte gehofft, dass die Geschichte mit einem einheitlichen Statement langsam einschläft. Das Gegenteil ist der Fall. Verstappen nahm bei der Pressekonferenz in Abu Dhabi erneut auf "eine Sache, die früher in der Saison passiert ist" Bezug.

Das wird nur noch mehr Spekulationen und Verschwörungstheorien befeuern und auch die Konkurrenz auf den Spielplan rufen, die eine gute Gelegenheit erkennt, Öl ins Feuer zu gießen. Der Schaden ist angerichtet, auch wenn Red Bull ab sofort wieder als Team auftreten will.

Für Perez spricht, dass es wenig logisch erscheint, für einen dritten Startplatz in die Mauer zu fahren. Die erste Statreihe gehörte in dem Moment bereits Ferrari. Auch die Heftigkeit des Unfalls lässt Zweifel offen. Wer absichtlich auf der Strecke liegenbleiben will, fährt sich nur ein Vorderrad an der Bande ab. Perez setzte den Red Bull aber rückwärts in die Mauer und beschädigte dabei die komplette Heckpartie. Mit dem Risiko, dass ihn ein Folgeschaden am Tag darauf aus dem Rennen reißt.

Im Netz traten natürlich sofort alle verhinderten Hobby-Rennfahrer nach vorne, die aufgrund von Gaspedalstellung und Lenkeinschlag glasklar einen inszenierten Unfall nachweisen wollen. Da muss die Frage erlaubt sein, warum all die verhinderten Datenanalysten nicht gleich schon nach dem GP Monaco Alarm geschlagen haben, wenn alles so offensichtlich war. Die FIA hat bereits angedeutet, dass die Beweiskraft solcher Analysen zu schwach sei, selbst in Aktion zu treten. Da muss schon ein Kronzeuge auftreten, der mehr zu bieten hat als nur Daten und Fernsehbilder.

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