24h Nürburgring 2023 - Ergebnis Rennen
Ferrari feiert 1. Sieg am Ring

24h-Rennen 2023

Die 51. Ausgabe des 24h-Rennens auf dem Nürburgring sieht einen neuen Gewinner: Ferrari siegt mit dem Frikadelli-Team beim Debüt des neuen 296 GT3. Die deutschen Hersteller können den italienischen Angriff nicht parieren und müssen sich geschlagen geben.

24h-Rennen Nürburgring 2023 - Ferrari 296 GT3 - Startnummer 30 - 21. Mai 2023
Foto: Stefan Baldauf/Guido ten Brink

Das hat es seit 21 Jahren nicht gegeben: Ein ausländisches Fabrikat fährt bei der 24h-Hatz durch die Grüne Hölle zum Sieg. Im Jahr 2002 gewann die amerikanische Viper von Chrysler. Danach folgten zwei jahrzehntelang nur Siege der deutschen Marken, die niemand anderes in ihr Wohnzimmer eintreten ließen. Vor Ort verfolgten 235.000 Besucher die 51. Ausgabe des Klassikers. Das sind 5.000 Zuschauer mehr als im vergangenen Jahr, als der Nürburgring 50-jähriges Jubiläum feierte und die Fans erstmals nach den Corona-Jahren ohne Auflagen kommen durften. Das Rennen selbst war verglichen mit der 2022er-Edition kein Kracher. Ferrari setzte sich früh an die Spitze und wehrte die Konkurrenz mit Pace und Zuverlässigkeit ab.

Unsere Highlights

162 Runden und 4.111,236 Kilometer im Ziel bedeuteten einen neuen Distanzrekord des 24h-Rennens. Die alte Bestmarke lag bei 159 Runden und einer absolvierten Distanz von 4035,1 Kilometer. Der neue Rekord kam unter anderem wegen des Wetters zustande. Entgegen der häufigen Wetterkapriolen in der Eifel zeigte sich die Grüne Hölle 2023 zahm. Temperaturen im zweistelligen Bereich tagsüber und keinerlei Niederschlag nahmen die bei den Teams unbeliebten Variablen aus der Gleichung.

Marciello setzt Pole in Führung um

Pole-Sitter Raffaele Marciello mit seinem Bilstein-Mercedes (#4) behielt am Samstag um 16:00 Uhr die Führung, als das Rennen startete. Dahinter verlor Markenkollege Maro Engel im GetSpeed-Mercedes (#3) zwei Positionen. Marco Mapelli im Abt-Lamborghini (#27) und David Pittard im Frikadelli-Ferrari (#30) schoben sich an Engel vorbei. Auf Rang 5 ordnete sich Nico Menzel vom Falken-Team ein, das lange Zeit den besten Porsche im Feld stellte (#44).

24h-Rennen Nürburgring 2023 - Start - 20. Mai 2023
Stefan Baldauf/Guido ten Brink
Den Start entschied Pole-Sitter Raffaele Marciello im Mercedes für sich.

Der immer zu den Favoriten zählende Manthey-Porsche (#911) hatte sich in der Anfangsphase von Platz 20 rasch nach vorne gearbeitet und lag nach einer Runde bereits auf Rang 14 mit zehn Sekunden Rückstand auf die Spitze.

Kurz darauf überholte Mapelli Marciello an der Spitze und sorgte für Freude in der Abt-Box. Die Kemptener setzten erstmals den Huracan für den 24h-Klassiker ein. Doch die Freude währte nur kurz: Pittard im Frikadelli-Ferrari stoppte eine Runde früher als Mapelli im Lambo. Der Undercut funktionierte, weil die Pflichtstandzeit 20 Sekunden kürzer war, als bei der einen Umlauf später stoppenden Konkurrenz.

Der schwarze Huracan wurde kurz darauf aus dem Kampf um den Sieg gerissen. Ein Reifenschaden nach anderthalb Stunden zwang Kelvin van der Linde in die Box. Raffaele Marciello behinderte in der Boxengasse Mercedes-Mann Engel. Die Rennleitung verhängte für das Vergehen eine 30-Sekunden-Strafe.

Estre crasht im Manthey-Porsche

Für Porsche entwickelte sich das 24h-Debüt der 992-Generation früh zu einem gebrauchten Rennen. Kévin Estre erlitt einen Reifenschaden hinten links und konnte das Auto in der Hohenrain-Schikane nicht mehr auf der Piste halten. Der Fanliebling drehte sich und schlug mit der linken Seite im Reifenstapel ein. Zwar schleppte Estre den waidwunden Porsche noch zurück an die Box, doch das Rennen war gelaufen. Die Manthey-Truppe reparierte den 911 zwar, zog den Wagen aber nachts gegen 1:30 Uhr zurück. Das Team hatte nach dem Crash Sicherheitsbedenken.

Die Reifen waren eines der wichtigsten Themen des diesjährigen Ritts durch die Grüne Hölle. Das Abt-Team hatte einen weiteren Schaden am Michelin-Pneu. Der Scherer-Audi mit Ricardo Feller hatte ebenfalls früh im Rennen einen kaputten Reifen zu beklagen. Und auch der Frikadelli-Ferrari verzeichnete einen schleichenden Plattfuß hinten links. Glück im Unglück: Der Weg zur Box war nicht mehr weit und Frikadelli verlor wenig Zeit durch den Stopp.

24h-Rennen Nürburgring 2023 - Porsche 911 GT3 R - Startnummer 911 - 20. Mai 2023
Stefan Baldauf/Guido ten Brink
Kévin Estre erlitt mit dem Manthey-Porsche einen Reifenschaden und rutschte in die Reifenstapel.

Frikadelli-Ferrari vor Mercedes-Meute

Nach sechs Stunden waren die Positionen bezogen. Der Ferrari überzeugte und sorgte für hochgezogene Augenbrauen bei den Teams, Fans und Zuschauern: Das Auto hatte von der ersten Rennstunde an eine starke Pace und das beim Debüt des 296 GT3. Die Einstufung der Balance of Performance (BOP) meinte es gut mit dem italienischen Renner. Dennoch: David Pittard, Earl Bamber, Nicky Catsburg, Felipe Fernandez Laser und das Frikadelli-Team exekutierten das nahezu fehlerlos.

Hinter dem Ferrari hatte sich eine Mercedes-Armada mit den beiden GetSpeed-Autos (#2 und #3) und dem Bilstein-Mercedes mit der Startnummer 4 aufgereiht. Trotz der frühen Strafe hatte sich der Bilstein-Mercedes wieder nach vorne gefahren. Auch die Strategie sprach für die Sterne. Schließlich stoppten die Mercedes-AMG GT3 später als der Ferrari. Die kürzeren Pflichtstandzeiten gegen Ende des Rennens hätten die Mercedes boxenbereinigt vor den Ferrari spülen sollen.

Aber als es Abend wurde, hatte sich Mercedes aus dem Kampf um den Sieg verabschiedet. Maro Engel (#3 GetSpeed-Mercedes) kollidierte beim Überrunden mit Philippe Broodcooren, der seinen Porsche Cayman nach links zog und Engel am rechten Hinterrad traf. GetSpeed zog den Mercedes wegen Sicherheitsbedenken aus dem Rennen zurück. Die Nummer 4 (Bilstein-Mercedes) drehte sich, konnte aber weiterfahren. Der zweite GetSpeed-Mercedes konnte über die Distanz die Pace des Ferrari nicht mitgehen.

24h-Rennen Nürburgring 2023 - AMG-Mercedes GT3 - Startnummer 6 - Samstag 20. Mai 2023
Stefan Baldauf/Guido ten Brink
Mercedes war schnell, aber nicht schnell genug. Die starke Anfangsphase hatte die Hoffnungen auf einen Gesamtsieg genährt.

BMW schiebt sich nach vorne

Als neue Gegner meldeten BMW und Audi Ambitionen auf den Gesamtsieg an. Der Titelverteidiger vom Scherer-Team hatte sich in Position gebracht (#1 Vervisch/Drudi/Feller/Lind). Doch kurz vor Mitternacht schlug eine Strafe von 4:36 Minuten ins Kontor. Wegen mehrfachen Missachtens der gelben Flaggen war der Audi raus aus dem Kampf um den Sieg.

Morgens wurde dem 1er-Audi und dem Auto mit der Startnummer 5 (Kolb/Stippler/Sims/van der Zande) Öl in der Ford-Kurve zum Verhängnis. Die verbliebenen Audi waren nie in der Lage, in den Kampf an der Spitze einzugreifen.

Konkurrent BMW kam dafür stärker auf. Die Bayern hatten sich nach einer ernüchternden Qualifikation zu Rennbeginn zurückgehalten. Im Vorjahr hatte sich BMW früh aus dem Kampf um den Sieg verabschiedet. Unfälle und Pech kosteten den schnellen M4 GT3 ein Top-Resultat. In der Nacht hatte BMW mit dem 98er-Auto (Wittmann/van der Linde/Vanthoor/Martin) und der Nummer 72 (Harper/Hesse/Verhagen) noch zwei Eisen im Feuer. Doch das Junior-Team musste alle Hoffnungen begraben, als Daniel Harper einen Reifenschaden erlitt.

24h-Rennen Nürburgring 2023 - Audi R8 LMS GT3 evo II - Startnummer 40 - 21. Mai 2023
Stefan Baldauf/Guido ten Brink
Nach dem Sieg im Vorjahr spielte Audi 2023 keine Hauptrolle. Pech und eigene Fehler hielten die R8 von einem guten Ergebnis fern.

Frikadelli-Ferrari kontrolliert

Der Sonntag verlief ruhig. Das Frikadelli-Team hatte an der Spitze alles im Griff. Nur wegen der unterschiedlichen Strategie musste der Ferrari (#30) seine Führung zwischenzeitlich an den Rowe-BMW abgeben (#98). Auf Platz 3 hatte sich der 4er-Mercedes eingenistet (Stolz/Marciello/Ellis).

In der letzten Rennstunde probierte Dries Vanthoor nochmal alles. Er prügelte seinen M4 GT3 durch die Grüne Hölle und klammerte sich an die letzte Hoffnung. Doch David Pittard blieb ganz cool und trug den Ferrari 296 GT3 bei dessen Debüt zum viel umjubelten Gesamtsieg. Es war der erste Triumph beim 24h-Rennen der Mythos-Marke. Zweiter wurde der Rowe-BMW mit 26,911 Sekunden Rückstand (#98), das Podest komplettierte der Bilstein-Mercedes (#4). Vierter wurde der GetSpeed-Mercedes (#2 Christodoulou/Götz/Schiller), die Top 5 rundete der Rutronik-Porsche ab (#96 Andlauer/Cairoli/Olsen).

Die Stimmung war nach dem Überfahren der Ziellinie bei den Siegern ausgelassen: Der erste Ferrari-Sieg und der erste für das Frikadelli-Team sorgten für Jubelstürme in der Boxengasse – und die ein oder andere Freudenträne.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten