Trotz all der Streitigkeiten über die Winterpause kommen die Nordschleifen-Fans derzeit voll auf ihre Kosten. Direkt nach dem Saisonauftakt zur Nürburgring Langstrecken-Serie mit den ersten beiden Läufen am vergangenen Wochenende (6./7. April) folgte nun das 24h-Qualirennen als großer Aufgalopp für das 24h-Rennen Ende Mai. Die Neuerung: Das 4h-Rennen am Samstag war zugleich der dritte NLS-Lauf, das 4h-Rennen am Sonntag der vierte NLS-Lauf.
Vor allem für die GT3-Mannschaften war dieses Wochenende von großer Bedeutung für die Vorbereitung auf das Saisonhighlight, denn viele konnten aufgrund von Überschneidungen nicht zum Auftakt dabei sein und einen weiteren NLS-Lauf wird es vor dem 24h-Rennen Nürburgring nicht mehr geben. Zwar steht die neue Rennserie NES noch für den 3./4. Mai im Kalender, allerdings hat man immer noch nicht genügend bereitwillige Sportwarte gefunden, um ein Rennen auf der Nordschleife austragen zu können. Ob es bis zu diesem Termin gelingt, steht noch in den Sternen.
Porsche dominiert beim 24h-Quali
Will man sich ein Stimmungsbild machen, sprechen die Ergebnisse der beiden Rennen für sich. Porsche trumpfte auf, insbesondere die Falken-Mannschaft lieferte einen fehlerfreien Job ab. Am Samstag ging der Sieg an den Porsche 911 GT3 R mit der Startnummer 44 an Tim Heinemann und Sven Müller, am Sonntag gelang dieses Kunststück in der Fahrerbesetzung Nico Menzel und Martin Ragginger mit demselben Elfer. Während es am Samstag mit knapp 20 Grad Celsius recht warm war und bis in die Dunkelheit gefahren wurde, zeigte sich die Eifel am Sonntag deutlich kühler mit einem regulären Rennen am Nachmittag.
"Wir konnten den beiden Audi im ersten Stint nicht folgen, aber als es am Abend kälter wurde, kam das dem Porsche entgegen", sagte Samstags-Sieger Sven Müller. "Ich bin sehr happy, die Reifen haben super funktioniert und wenn ich so ein Auto beim 24h-Rennen habe, bin ich glücklich."
Porsche präsentierte sich beim 24h-Quali in Bestform. Was auffiel: Der historische F.A.T.-Look von Herberth Motorsport.
Neue Falken- und Michelin-Reifen
Insgesamt zeigten sich die Falken-Fahrer sehr zufrieden mit der Fahrbarkeit des Autos. Die Entwicklungsarbeit in der Saison 2023 mit dem damals noch neuen GT3-Modell von Porsche zahlte sich nun offenbar aus. Ebenfalls anders als im Vorjahr: Falken durfte wie Michelin aufgrund einer Force-Majeur-Regelung eine neue Reifenspezifikation mit einer anderen Konstruktion nutzen, weil es im vergangenen Jahr beim 24h-Rennen zu Reifenschäden kam. Eigentlich ist die Reifenentwicklung eingefroren. Die neue Konstruktion soll keine Performance bringen, sondern lediglich dem Sicherheitsaspekt dienen.
Beinahe wäre es sogar ein Falken-Doppelsieg geworden, denn Klaus Bachler luchste in der letzten Runde seinem Markenkollegen Ayhancan Güven im Manthey-Porsche den zweiten Platz ab. Doch im Nachhinein wurde die #33 wegen eines Gelbvergehens zu einem früheren Zeitpunkt noch mit einer Zeitstrafe belegt und rutschte so auf den fünften Platz ab. Der "Grello" von Güven und DTM-Champion Thomas Preining rückte entsprechend auf die zweite Position auf. Das Trio Stippler/Mies/Feller im Scherer-Audi R8 LMS GT3 Evo erbte entsprechend den letzten Podiumsplatz. Auch Audi zeigte sich insgesamt mit sehr schnellen Rundenzeiten konkurrenzfähig.
BMW im Sonntagsrennen auferstanden
BMW blieb hingegen am Samstag noch etwas blass. Der beste M4 GT3 landete auf Platz zehn. Das Blatt sollte sich am Sonntag wenden. Es war zwar erneut kein Kraut gegen den Falken-Porsche von Menzel/Ragginger gewachsen, aber immerhin schaffte man den Sprung auf Platz zwei mit dem Rowe-BMW von Maxime Martin, Marco Wittmann und Neuzugang Raffaele Marciello. "Wir waren etwas mehr ausbalanciert als am Vortag", sagte Wittmann. Martin ergänzte: "Wir hatten eine gute Strategie und auch etwas mehr Glück mit Code-60-Phasen. Aber Porsche war schneller."
Beim Qualirennen war einiges los. Die Zuschauer drängten sich durchs Fahrerlager.
Der Falken-Porsche hatte die Gelbphasen ebenfalls günstig erwischt. Unter anderem gab es eine langwierige Leitplanken-Reparatur zwischen Karussell und Kesselchen aufgrund einer Ölspur und daraus resultierenden Unfällen. "Wir haben aber auch seit letztem Jahr einfach einen Schritt gemacht", erklärte Menzel, der erst eine Woche zuvor seinen ersten NLS-Sieg feierte. Das Podium auf Platz drei komplett machte einmal mehr der Manthey-Porsche mit Michelin-Bereifung, der wieder Güven und Preining an Bord hatte. "Ich schätze Falken momentan stärker als uns ein", sagte Preining, der in der Vergangenheit auch schon für Falken fuhr. "Insgesamt war es ein gutes Wochenende mit viel Fahrzeit und man konnte sich wieder an den Verkehr gewöhnen."
Die #16 von Frank Stippler, Christopher Mies und Ricardo Feller (Scherer-Audi PHX) war ebenfalls gut unterwegs, musste allerdings nach einem technischen Defekt hinten links in Runde 24 aufgeben. Die #33 von Falken war auf Podestkurs, musste aber nach einer Kollision mit einem langsameren Fahrzeug kurz vor Ende des Rennens Federn lassen.
Weiterhin BOP-Poker vor 24h-Rennen
Was auffiel: Neben Porsche, Audi und BMW waren die anderen Hersteller eher zurückhaltend unterwegs. Bei Mercedes-AMG gab man zu Protokoll, man hadere noch mit dem Michelin-Reifen und dessen neuer Konstruktion in Sachen Setup. Der Frikadelli-Ferrari wurde mit Luca Ludwig und Nico Varrone nur Sechster am Samstag und kam am Sonntag erst gar nicht ins Ziel, weil man den 296 GT3 vorzeitig nach einer Zeitstrafe für einen zu kurzen Boxenstopp abstellte. Für viele Experten war der Sieger des 24h-Rennen 2023 damals mit einer extrem guten Balance-of-Performance-Einstufung unterwegs. Es schien, als wolle man nun nicht so viel preisgeben.
Wird der Frikadelli-Ferrari die #1 verteidigen?
Auch bei Lamborghini und Aston Martin war es mit den Plätzen acht und zehn für Abt Motorsport und Walkenhorst Motorsport im Top-Quali noch recht unauffällig. Im Rennen schwamm man ebenfalls unauffällig mit. Bleibt abzuwarten, wie sich das Kräfteverhältnis beim 24h-Rennen Nürburgring selbst zeigt. Derzeit ist mal wieder nur eines klar: Es ist im BOP-Spiel nichts klar.
