Ford F-150 Raptor R (2022)
Power-Pickup mit Shelby-V8 und 710 PS

Endlich bringt Ford den F-150 Raptor auch mit Kompressor-V8. Doch die R-Version des Hardcore-Pick-ups soll nicht nur mit purer Höchstleistung brillieren.

Ford F-150 Raptor R
Foto: Ford Motor Company

Ein übertriebenes Mitteilungsbedürfnis konnte man Ford in diesem Fall sicher nicht attestieren: "Raptor R is coming next year." Dieses dürre Statement – "Der Raptor R kommt nächstes Jahr" – war alles, was sich die Mannschaft aus Dearborn zum Thema dickes Ding im Motorraum im Frühjahr 2021 entlocken ließ. Denn nach der Vorstellung des neuen Ford F-150 Raptor für das Modelljahr 2021/22 waren nicht wenige Hardcore-Fans in den USA einigermaßen enttäuscht. Mit dem Verzicht auf einen richtig grimmigen V8 mussten sich die Raptor-Piloten weiterhin die Hänseleien ihrer Kumpels anhören, die sich für den Ram TRX mit 712-PS-V8 entschieden haben.

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Ob die Sprüche und das Augenzwinkern nun aufhören, muss sich noch zeigen. Zwar erhält der F-150 Raptor in der neuen R-Version endlich den – aus Sicht der meisten Fans – adäquaten V8; noch dazu das 5,2 Liter große Exemplar mit Kompressoraufladung aus dem Mustang Shelby GT500. Um das Triebwerk an den neuen Einsatzzweck anzupassen und das Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich zu erhöhen, erhält es für den Einsatz im Raptor R sogar einen neu kalibrierten Kompressor und eine neue Riemenscheibe.

Robuster, aber schwächer

Obendrein zeigen sich mehrere Komponenten verstärkt, um den Motor robuster zu gestalten; schließlich muss er auch mit der Schüttelei auf unbefestigten Wegen sowie dem dortigen Dreck klarkommen. Das betrifft beispielsweise den Auspuffkrümmer aus Edelstahl, die Luftansaugung und die Ölversorgung. So verfügt der F-150 Raptor R über eine tiefere Ölwanne, damit das Schmiermittel auch bei starken Steigungen angemessen gekühlt wird und dessen Versorgung nicht abbricht. Die Zehn-Gang-Automatik erhält ein Elektronik-Upgrade sowie einen verstärkten Drehmomentwandler und die Vorderachse sowie die Antriebs- und Kardanwellen hat Ford Performance ebenfalls auf die erhöhte Power ausgelegt.

11/2020, Ford Mustang Shelby GT500 Motor
Ford Motor Company
Der Kompressor-V8, Spitzname "Predator", in der Spezifikation des Ford Mustang Shelby GT500.

Auch wegen solcher Maßnahmen wandert der "Predator" (Raubtier) genannte Kompressor-V8 in Bezug auf die Leistung in gezähmter Form vom Sportwagen- in den Pick-up-Bug: Ford gibt im F-150 R "nur" 710 PS sowie maximal 868 Newtonmeter frei. Das ist nicht nur deutlich weniger Leistung als im Top-Mustang (771 PS), dessen Hinterachse jedoch etwas weniger Drehmoment verarbeiten muss (847 Newtonmeter). Tiefer dürfte jener Stachel im Fleisch künftiger Raptor-R-Fahrerinnen und -fahrer sitzen, den die leicht höheren Werte des Ram TRX dort hineinrammen: Dessen 6,2-Liter-Kompressor-V8 bringt es auf 712 PS und höchstens 881 Newtonmeter. Autsch!

Fahrwerk mit XXL-Komponenten

Trotzdem ist Carl Widmann von seinem neuen Baby überzeugt: "Wenn die Kunden den Raptor R in der Wüste und darüber hinaus erleben, werden sich ihnen die Nackenhaare aufstellen", sagt der Chefingenieur der konzerneigenen Sportabteilung Ford Performance. Nicht umsonst bezeichnet der Hersteller das Fahrwerk als die Seele des Hardcore-Pick-ups. Nicht nur die Längslenker wurden verlängert, auch die Schraubenfedern kommen in XXL-Ausführung zum Einsatz. Sie messen 61 Zentimeter und sind damit hauptverantwortlich für den Federweg von 33 Zentimetern vorne und fast 36 Zentimetern hinten. Die elektronisch gesteuerten Dämpfer aus dem Regal des Spezialisten Fox reagieren blitzschnell auf die Bedingungen und passen die Abstimmung entsprechend an.

Zusätzliche Geländegängigkeit gewähren die Bodenfreiheit von mehr als 33 Zentimetern und die speziellen Felgen, die mit BF-Goodrich-Offroad-Reifen im 37-Zoll-Format bezogen sind. Es gibt vier elektronische Fahrmodi, die sich auf Leistungsentfaltung, Lenkung, Fahrwerk und Auspuff auswirken: Darunter befindet sich neben dem Normal-, Sport- und Quiet-Modus (leise) eine auf sportliche Geländefahrten optimierte Baja-Abstimmung, die sich per Druck auf die entsprechende Lenkradtaste vom Cockpit aus einstellen lässt. Ist diese aktiv, brüllt die zweiflutige Klappen-Abgasanlage mit je einem faustgroßen Endrohr rechts und links besonders laut.

Höher, breiter, schwärzer

Auch optisch sattelt der in acht Farben erhältliche Ford F-150 Raptor R im Vergleich zum Standard-Raptor auf. Die Lufthutze ist 2,5 Zentimeter höher, die Kotflügel sind breiter und die Stoßfänger schwärzer. Hinzu kommen orangefarbene Akzente. Das ebenso gestaltete "R" findet sich entweder als Einzelbuchstabe oder Teil des Raptor-Schriftzugs im Kühlergrill, auf dem Powerdome, auf der Heckklappe und an den Seitenwänden der Pritsche, die zudem eine neu gestaltete Grafik präsentieren.

Innen kehrt das Farbschema wieder. Akzente in Orange finden sich auf dem Armaturenbrett, der Mittelarmlehne und an den Sitzen in Form des R-Buchstabens und Akzentstickereien. Die Recaro-Sportsessel hüllt Ford in schwarzes Leder und Alcantara; Echt-Carbon weisen die Türen und die Instrumententafel auf. Das Zwölf-Zoll-Touchscreen-Infotainment-System mit Sync-4-Technologie sowie Apple-Carplay- und Android-Auto-Kompatibilität ist serienmäßig an Bord. Zudem verfügt der Ford F-150 Raptor R über die Fähigkeit, Software-Updates per Luftschnittstelle durchzuführen.

Über 30.000 Dollar teurer als der Ram TRX

Wer von den Eigenschaften des Ford F-150 Raptor überzeugt ist, kann direkt zur Tat schreiten und bestellen. Allerdings sollten mindestens 109.145 Dollar (aktuell umgerechnet fast 107.700 Euro) zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: Der Standard-Raptor mit 456 PS und maximal 691 Newtonmeter starkem 3,5-Liter-Twin-Turbo-V6 kostet nur 70.555 Dollar (69.600 Euro). Und der Ram TRX? Der hat mit einem Basispreis von 78.890 Dollar (ungefähr 77.800 Euro) auch in dieser Hinsicht die bullige Nase vorn.

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Fazit

Es ist viel Emotion im Spiel bei diesem vorrangig zwischen Ford und Ram Trucks ausgetragenen Titelkampf in der Schwergewichtsklasse. Bis auf Weiteres bleibt der Ram TRX der amtierende Champion – zumindest auf dem Papier. Doch die Duelle zwischen den Power-Pick-ups werden sicher bald von der Theorie in die Praxis überführt und auf der Viertelmeile sowie im heißen Wüstensand ausgetragen.

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