McLaren Artura Plug-in-Hybrid-Sportwagen (2021)
Bye bye V8, hello V6-Hybrid mit 680 PS

McLaren plant, bis 2025 alle seine Sportwagen als Hybrid-Fahrzeuge anzubieten. Dazu legt der britische Autobauer eine komplett neue Plattform auf. Das erste Plug-in-Hybridmodell heißt Artura und ist bereits bestellbar.

SPERRFRIST 17.2.21 00:15 Uhr McLaren Artura Supercar Hybrid
Foto: McLaren

Die neue Plattform wurde bereits im August 2020 vorgestellt – einen ersten Prototypen mit der Serienkarosserie hatte unser Erlkönigjäger ebenfalls schon erwischt. Auf den Markt kommt der neue Sportwagen in der ersten Jahreshälfte 2021. Der völlig neue Hybrid-Supersportler wird zwischen dem GT und dem 720S in der McLaren-Baureihe angesiedelt sein. Sein Name ist eine Wortneuschöpfung aus "Art" und "Futura", also "Kunst" und "Zukunft".

Die Bezeichnung Sports Series – die 2015 mit der Einführung des 570S eingeführt wurde – endet Ende dieses Jahres mit dem limitierten, vom GT4 inspirierten 620R, dem letzten produzierten Modell. Fortan unterteilen die Briten ihr Portfolio in GT, Supercar und Ultimate. Innerhalb der Supercar-Abteilung gibt der Artura entsprechend das Einstiegsmodell unterhalb des 720S. Als Konkurrenten nennt McLaren den Ferraris F8 und den Lamborghini Huracan Evo. In Deutschland gibt es den neuen Hybrid-Sportler ab 226.000 Euro zu kaufen.

Unsere Highlights

Plattform und Karosserie

Der Artura baut auf der neuen Kohlefaserarchitektur auf, die den Namen McLaren Carbon Lightweight Architecture (MCLA) trägt. Darüber spannt sich eine Karosserie aus Aluminium. Den Werkstoff verbauen die Briten mit einem Verfahren, das sich "Superform" nennt. Dabei wird das Aluminium unter großer Hitze (500 Grad) gepresst, wodurch das Formen komplexer und großer Karosserieteile bei gleichbleibender Materialdicke möglich ist. So besteht etwa das Dach vom Fuß der A-Säulen bis zur Oberkante der Heckscheibe aus einem einzigen Teil, das sowohl kantige Sicken, als auch sanfte Wölbungen aufweist. Auch die obere Heckabdeckung besteht vom einem seitlichen Lufteinlass bis zum anderen aus einem einzigen Teil. Unter der vorderen Haube findet sich ein 160 Liter großer Stauraum.

Die neue Plattform hat neben der Aufnahme aller Elektrokomponenten des Antriebs auch die Aufgabe Gewicht einzusparen. 1.498 DIN-Kilo bringt der Sportwagen auf die Waage. Zum Vergleich: Ein Maserati MC20 wiegt rund 20 Kilo mehr, verzichtet allerdings auf einen Hybrid-Antrieb. McLaren holt also ordentlich Gewicht aus dem Fahrzeug. Das Feilschen um die Kilos geht so weit, dass im Innenraum 25 Prozent weniger Kabel verlegt wurden, um gegenüber anderen McLaren-Modellen 10 Prozent Gewicht einzusparen. Laut McLaren sparen zudem allein die Karbonsitze 30 Kilogramm.

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McLaren
Ein lasergeschnittenes Aluminiumgitter am Heck beherbergt die neue Modellbezeichnung.

Motor und Getriebe

Als Antrieb kommt nicht mehr der 3,8-Liter-Twinturbo-V8 zum Einsatz, sondern ein deutlich leichterer, kürzerer und komplett neu entwickelter Dreiliter-V6-Motor mit 585 PS. Im heißen V seines 120-Grad-Bankwinkels trägt das Aggregat die beiden Turbolader, die mit maximal 2,5 Bar anblasen. Mit 350 Bar Druck wird Kraftstoff eingeschossen. Der Sechszylinder ist 15 Zentimeter kürzer als sein Markenbruder mit den acht Brennkammern. Mit 160 Kilogramm ist er zudem 50 Kilo leichter als der V8. Das ermöglicht eine kompakte Konstruktion am Heck. Auch die kürzere Abgasanlage rückt insgesamt näher in die Fahrzeugmitte, dazu kommt das neue Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe, das gegenüber der bislang verwendeten Siebengang-Box sogar 40 Millimeter kürzer ausfällt.

Das Kupplungsgehäuse beheimatet den 15,4 Kilogramm schweren Elektromotor, der 95 PS und 225 Newtonmeter zur Gesamtleistung (680 PS und 720 Nm) beiträgt. Den 9,2-kWh-Akku (netto: 7,4 kWh) aus prismatischen Li-NMC-Zellen platziert McLaren tief unten in der Fahrzeugarchitektur, direkt hinter den Sitzen. Er sorgt für eine rein elektrische Reichweite von bis zu 30 Kilometern und liefert die Energie für den nun nicht länger mechanischen Rückwärtsgang. Die fünf Lithium-Ionen-Batteriemodule weisen im Vergleich zum McLaren P1 eine um 33 Prozent gesteigerte Energiedichte pro Kilo auf. Insgesamt bringt der Akku 88 Kilo auf die Waage und soll in 2,5 Stunden per Typ-2-Stecker und 3,3 kW-Lader auf 80 Prozent seiner Kapazität aufgeladen sein. Zur Energiegewinnung kann aber auch der bordeigene V6 während der Fahrt genutzt werden.

Dynamik und Fahrmodi

Im Hybrid-Betrieb schüttet der E-Motor das Turboloch zu und sorgt für eine Sprintzeit von 3,0 Sekunden bis Tempo 100 und 8,3 Sekunden bis 200 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit wird elektronisch abgeregelt bei 330 km/h erreicht. Obwohl wir über den Sound bislang nur spekulieren können, verspricht ein mögliches Hochdrehen bis auf 8.500 Touren die passende Akustik zum Vortrieb. Zur Verbesserung der Querdynamik verbaut McLaren eine neue Multilink-Hinterachse und spendiert eine proaktive Dämpferregelung. Zudem feiert ein ins Getriebe integriertes E-Differential im Artura Premiere, die hydraulische Lenkung bleibt dagegen unangetastet.

Je nach Anforderung stehen unterschiedliche Fahrmodi zur Wahl. Rein elektrisch geht es, wie bereits erwähnt, bis zu 30 Kilometer weit, maximal sind 120 km/h möglich. Der Komfort-Modus belässt den Verbrenner unterhalb von 40 km/h ebenfalls im Ruhestand, darüber arbeiten beide Motoren zusammen. Die Modi Sport und Track stellen den McLaren maximal scharf. Das System priorisiert Beschleunigung über Reichweite und gibt die volle Energie an die Räder.

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McLaren
Der Artura trägt Mischbereifung. Vorne 19 Zoll, hinten 20 Zoll.

Innenraum und Assistenzsysteme

Im Cockpit nehmen Fahrer und Beifahrer hinter den aufgeschwungenen Türen auf leichten Schalensitzen Platz. Deren Lehne lässt sich allerdings nicht einzeln verstellen, stattdessen gleitet das Gestühl elektrisch elliptisch nach unten und vorne oder nach oben und zurück. Zusätzlich lassen sich die Sitze auf einer Schiene händisch längs verschieben. Damit der Fahrer seine perfekte Position findet, fährt das Lenkrad samt digitalem Kombiinstrument als komplette Einheit in die gewünschte Stellung. Über Wippen am Rahmen des Instrumenten-Screens lassen sich Antrieb und Fahrwerk verstellen und konfigurieren.

In der Mittelkonsole sitzen die Tasten für die Fahrstufen, darüber schwebt frei ein Hochkant-Infotainment-Bildschirm, der sich über eine Dreh-Drück-Taste am Rand bedienen lässt (ähnlich einer Uhren-Krone). Vielleicht für den Sportwagen-Fahrer von Welt weniger wichtig, aber der Vollständigkeit halber dennoch erwähnenswert: Moderne Assistenzsysteme sind ebenfalls an Bord. Einen adaptiven Abstandstempomaten gibt es ebenso wie einen Spurhalteassistenten, eine 360-Grad-Kamera, Verkehrszeichenerkennung und automatisches Fernlicht. Aber keine Bange: Gaudi-Features wie die variable Drift-Kontrolle bleiben auch dem Artura erhalten.

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McLaren
Reduziertes Cockpit: Auf dem Lenkrad sitzt keine einzige Taste.

Achtzylinder bleibt

Freunde des Achtzylinders müssen sich derweil auch nicht grämen. In den höherpreisigen Modellen kommt der V8 als Vierliter weiterhin in Kombination mit einem elektrischen Antriebsstrang daher. Übrigens, nach Meinung von McLaren-Boss Flewitt ist ein rein elektrischer McLaren mit einer Feststoff-Batterie noch 30 Jahre entfernt.

Übrigens 2.0: Erfahrungen mit Hybrid-Modellen hat McLaren schon. Der mittlerweile eingestellte P1 wurde von einem 916 PS starken Hybrid-Antrieb befeuert. Seine elektrische Reichweite lag bei elf Kilometern. Auch der McLaren Speedtail mit 1.050 PS verfügt über ein Hybrid-System.

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Fazit

Bis 2025 will McLaren all seine Sportwagen-Modelle elektrifiziert haben – dank einer neuen Plattform samt Kohlefaser-Chassis. Den Anfang macht der McLaren Artura. Ein rein elektrischer McLaren ist aber noch Jahrzehnte entfernt.

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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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