Norbert Reithofer im Interview
"Neuer 7er auch aus Carbon"

BMW-Chef Norbert Reithofer spricht im Interview über die erste Kundenresonanz auf das E-Auto i3, den nächsten 7er und auto motor und sport-Leserbriefe zum Ende des Reihensechszylinders.

Norbert Reithofer, Porträt
Foto: Stefan Baldauf
Der i3 wird jetzt sukzessive auf den Märkten eingeführt. Wie reagieren die Kunden auf das Auto? Wie viele Vorbestellungen gibt es?

Reithofer: Die Kunden in aller Welt reagieren sehr positiv auf dieses innovative Fahrzeug. Wir haben bereits rund 11.000 Vorbestellungen, was die Produktion für mehrere Monate auslastet. Und die Markteinführung in den USA steht ja noch bevor. Darüber hinaus gibt es über 100.000 Anfragen für Probefahrten. Insgesamt sind wir mit der Resonanz auf den i3 also sehr zufrieden.

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Und wie sieht es beim i8 aus?

Reithofer: Das Interesse am i8 ist ebenfalls hoch. Unsere Händler spiegeln uns zurück, dass sie alle Fahrzeuge, die wir bauen, sofort verkaufen können. Die ersten Auslieferungen des i8 erfolgen im Juni. Im Moment haben wir mehr Kundenanfragen, als wir bei der derzeitigen Produktionskapazität liefern können – das gilt für i8 und i3.

Spricht das nicht dafür, bereits über eine Ausweitung der Kapazität nachzudenken?

Reithofer: Lassen Sie uns erst einmal ein volles Verkaufsjahr abwarten, bevor es dazu eine Entscheidung gibt.

Der i3 ist ja nun wahrlich kein konventionelles Auto. Welche Schwierigkeiten gab es in der Anlaufphase im Leipziger Werk, die Sie nicht voraussehen konnten?

Reithofer: Natürlich bringen neue Technologien besondere fertigungstechnische Herausforderungen mit sich. Dass man in so einem Fall auch mal die eine oder andere Optimierungsschleife dreht, ist normal. Alles in allem ist die Produktion planmäßig angelaufen und wird nun sukzessive hochgefahren.

Jetzt mehren sich die Stimmen in der Autoindustrie, dass sich die Batterietechnologie doch schneller entwickle als noch vor Kurzem angenommen. Welchen technologischen Fortschritt erwarten Sie in diesem Bereich?

Reithofer: Wir gehen auch davon aus, dass sich in den kommenden Jahren die Reichweite von Elektrofahrzeugen deutlich erhöhen wird.

Macht es angesichts so deutlich steigender Reichweiten überhaupt noch Sinn, weiter an der Brennstoffzelle zu forschen? Sie machen das ja gemeinsam mit Toyota.

Reithofer: Wir müssen uns technologisch breit aufstellen, um gut für die Zukunft gerüstet zu sein. Brennstoffzellen-Antriebe bieten langfristig die Chance für emissionsfreies Fahren bei hohen Reichweiten und sehr kurzen Betankungszeiten. Niemand kann derzeit sagen, welche Technologie sich zukünftig durchsetzen wird. Wenn die Brennstoffzelle kommt, müssen wir die Technik beherrschen. Die ambitionierten gesetzlichen CO2-Vorgaben bis 2020 stellen uns bereits vor große Herausforderungen, die wir nur mit einem Bündel von Maßnahmen erreichen werden. Dazu gehören Vierzylinder im X5, neben Vier- auch Dreizylinder im Active Tourer, Plug-in-Hybride und eine signifikante Verkaufszahl von Elektrofahrzeugen wie dem i3.

Sie wollen gemeinsam mit Toyota auch eine Sportwagen-Plattform entwickeln. Bekommt das Auto auch den Hybridantrieb von Toyota?

Reithofer: Nein, das wird ein konventionell angetriebener Sportwagen ohne Hybridantrieb.

Ist das die Basis für den Z4-Nachfolger?

Reithofer: Wir bei BMW schaffen uns momentan Grundarchitekturen für Front-, Heck- und Allradantrieb sowie einen Motorenbaukasten. Das alles zielt darauf ab, leicht ableitbare Derivate zu bekommen. In Ausnahmefällen wie in diesem Beispiel kann aber eine Kooperation auch mal der bessere Weg sein, um das Fahrzeug zu bekommen, das man sich vorstellt.

Daimler hat gerade mit "Me" eine eigene Dienstleistungsmarke rund um das Thema Konnektivität, Mobilität und Service gegründet. Werden Autohersteller immer stärker auch zu Mobilitätsanbietern?

Reithofer: Ja. Nehmen Sie beispielsweise unser Carsharing-Angebot DriveNow, bei dem inzwischen über 230.000 Mitglieder registriert sind. Die Kundenwünsche werden immer vielfältiger. Es wird auch in Zukunft eine Vielzahl an Kunden geben, die einfach nur Auto fahren wollen. Die einen haben Spaß an kurvigen Landstraßen, andere schwimmen mithilfe von Fahrerassistenzsystemen teilautonom durch den Großstadtverkehr und nutzen dabei zusätzliche Dienste. Und all diesen Kunden müssen wir ein Angebot machen können.

Was wird der nächste BMW 7er besser können als die Mercedes S-Klasse?

Reithofer: Lassen Sie mich es so sagen: Das wird ein tolles Fahrzeug. Der neue 7er wird beispielsweise in puncto Gewichtsreduzierung die Messlatte in diesem Segment sehr hoch legen. Das ist nicht nur zur Emissionsreduzierung wichtig, sondern wird auch die Fahrdynamik signifikant verbessern.

Nutzen Sie dabei die Erfahrung, die Sie im Umgang mit dem Leichtbau-Werkstoff Carbon beim i3 und i8 gemacht haben?

Reithofer: Wir werden beim 7er eine intelligente Mischbauweise nutzen. Dabei kommt auch Carbon zum Einsatz.

Werden Sie beim 7er auch wieder einen größeren Designschritt machen?

Reithofer: Wir denken ständig darüber nach, wie sich das Design von BMW zukünftig weiterentwickeln kann. Mit dem 7er einen größeren Designwechsel einzuläuten, halte ich jedoch für falsch. Gerade bei den 7er-Kunden darf man meiner Ansicht nach keinen zu großen Schritt machen. Technologisch sieht das wiederum ganz anders aus: Der 7er wird ein sehr innovatives Automobil.

Jetzt haben Sie mit dem i3 und dem i8 zwei mutige Projekte an den Start gebracht. Was ist Ihre Zukunftsvision für die Zeit danach? Was braucht BMW in den kommenden fünf Jahren?

Reithofer: Wir haben natürlich noch eine Menge Ideen. Zunächst geht es für uns aber darum, dass der i3 und der i8 gut durchstarten. Wir brauchen den i3 in Zukunft auch wegen der strengen gesetzlichen CO2-Vorgaben, da führt an Elektromobilität kein Weg vorbei.

Ist es nicht gefährlich, sich so in die Abhängigkeit von einem Modell zu begeben?

Reithofer: Natürlich arbeiten wir auch daran, unsere ohnehin schon sparsamen Motoren noch effizienter zu machen. Dennoch brauchen wir die Elektromobilität, um die gesetzlichen CO2-Vorgaben zu erreichen. Damit sich eine neue Technologie wie die Elektromobilität jedoch am Markt durchsetzt, muss die Politik für die entsprechenden Rahmenbedingungen sorgen. Hier geht es beispielsweise um Themen wie den Ausbau der Infrastruktur, die Benutzung von Busspuren oder privilegiertes Parken in Ballungsräumen.

Wird es also noch weitere, vielleicht auch günstigere BMW-Elektromodelle geben?

Reithofer: Wir stehen erst am Anfang einer Industrialisierung dieser Technologie. Bis auf Tesla haben bisher alle Autohersteller gelernt, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu bauen. Es werden sicher noch zehn Jahre ins Land gehen, bis der Elektroantrieb auf richtig hohe Stückzahlen kommt. Dann wird es sicher ein noch breiteres Angebot geben.

Und bis es so weit ist, wird es den BMW 5er auch mit Dreizylinder geben?

Reithofer: Den BMW 5er wird es nicht mit Dreizylinder geben, das schließe ich momentan aus. Ungeachtet dessen entscheiden sich immer mehr Kunden für Motoren mit weniger Zylindern, ohne auf Leistung verzichten zu müssen. Nachdem ich den einen oder anderen Leserbrief bei auto motor und sport, in dem das Ende des BMW-Reihensechszylinders beklagt wurde, gelesen hatte, habe ich mir die Verkaufsstatistiken noch einmal genau angeschaut: Die weit überwiegende Mehrheit der Fahrzeuge der oberen Mittelklasse werden in Europa mit Vierzylinder verkauft. Im Übrigen bieten wir den Reihensechszylinder nach wie vor in verschiedenen aufgeladenen Versionen an. Wir freuen uns sehr, dass unsere Vier- und Sechszylinder-Twin-Power-Turbomotoren bei unseren Kunden wie auch bei den Fachmedien hervorragend ankommen und für die sprichwörtliche Freude am Fahren sorgen.