„Sonntagsauto“
BMW 2002tii - Vor 3 kommt 2002

Die sportliche Seele von BMW schlummert in jedem Fahrzeug der Münchner, ganz besonders jedoch in der beliebten 3er-Reihe. Doch wo hat die erfolgreichste Baureihe des bayrischen Herstellers ihre Wurzeln? Der BMW 2002tii war einst das Aushängeschild der Marke.

Auto der Woche, BMW 2002 tii
Foto: BMW

Es hat etwas eigenartiges, wenn man Werbeplakate aus den 1970ern betrachtet. Farbtöne, die heute höchstens Bahnhofsmauern und Schnürsenkel von Teenagern schmücken, wurden damals als Autolacke für Großserienfahrzeuge angemischt. Ist heute die Lieblingsfarbe für das eigene Gefährt meist ein gediegenes Schwarz, Weiß oder Silber, fand man 1975 diverse Rot-, Orange-, Gelb- und Grüntöne auf den ersten Plätzen der beliebtesten Farben. In unserem Fall steht der BMW 2002tii in einem knalligen Orange da – „colorado“ heißt die Farbe in der Herstellerpalette. Sie steht ihm gut.

Unsere Highlights

BMW 2002tii war sportlichster Zweitürer seiner Zeit

Die Erfolgsstory der 02er-Reihe begann eigentlich schon im Jahr 1962. Nach der Beinahe-Pleite des Konzerns drei Jahre zuvor musste ein neues Automobilportfolio her. BMW begründete die „Neue Klasse“ und brachte sich damit zurück in schwarze Zahlen. Nur vier Jahre später erschien die 02er-Serie, die – wie der Name schon suggeriert – nur zwei Türen hatte. 1971 wird die Modellreihe um den 2002tii ergänzt, die leistungsstärkste Variante bis dato. Die Fachpresse ist begeistert von der Fahrdynamik des Bayern.

Auto der Woche, BMW 2002 tii
BMW
Im Vergleich mit heutigen Fahrzeugen der Marke BMW fallen die riesigen Glasflächen des 2002 auf. Rundumsicht war hier wörtlich zu nehmen: Von Motorhaube bis Kofferraumdeckel war alles vom Fahrerplatz aus zu sehen.

auto motor und sport attestiert dem 02er 1971 „enorme Fahrfreude, brillantes Fahrwerk und hohe Verkehrssicherheit“. Kommt Ihnen das bekannt vor? Richtig: Diese Eigenschaften prägen seit jeher den Kern der Marke BMW, auch wenn heutzutage die Faktoren Umwelt und Komfort eine zusätzliche, unverzichtbare Rolle spielen. „Im Fahrkomfort wird dagegen nur Durchschnittliches geboten“, kritisiert Klaus Westrup die Ruppigkeit der Federung. Sportlichkeit hat eben ihren Preis.

Schreck der Autobahngiganten: 130 PS aus zwei Litern

Eben erwähnte Sportlichkeit verpackten die Münchner auch in ihre Triebwerke. Dass der Motor im 2002tii das leistungsstärkste Aggregat war, wurde ja bereits erwähnt. Es war auch das modernste. Der M10 getaufte Motor weist einen Hubraum von 2 Litern aus. Daraus generiert er – verdichtet mit 10,0:1 und obenliegender Nockenwelle – eine Leistung von 130 PS und 177 Nm Drehmoment.

Doch damit nicht genug: Anstelle eines 40er Solex-Doppelvergasers (wie im 1602, 1802 und 2002) besaß der 2002tii eine Kugelfischer-Benzineinspritzung. Die Einspritztechnik bot zwar keine extraordinären Leistungszuwächse, jedoch konnten die Verbrauchswerte im Vergleich zu einer Vergaser-Variante gesenkt werden. Beschleunigungswerte von unter zehn Sekunden für den Standardsprint und ein Top-Speed von 190 km/h sorgten für angstbedingte Schweißausbrüche bei Sportwagenfahrern. Entweder fuhren sie nur mit Müh und Not dem kompakten Bayern davon und teilweise blieb ihnen auch nur das ungläubige Hinterherschauen.

Auto der Woche, BMW 2002 tii, Motor
BMW
Der 2002tii war fast das einzige 02er-Modell mit Benzineinspritzung. Alle anderen (außer der 2002 turbo) hatten einen Vergasermotor.

„Bemerkenswert ist auch die Laufkultur, mit der diese Ziffern realisierbar sind“, lobt auto motor und sport die stoische Ruhe des vierzylindrigen Triebwerks auch unter Last. Eigenschaften, die auch von den mittlerweile dahingeschiedenen Reihensechszylinder-Saugmotoren adaptiert wurden.

Tuningobjekt 2002tii: Unauffällig und noch schneller

Natürlich gab es 1971 auch Leute, denen der 2002tii nicht bissig und flott genug unterwegs war. Gerne hätte man ein paar Pferdestärken mehr unter der Haube versammelt, um dem Porsche 911 S Konkurrenz zu machen. Seit 1963 – offiziell 1965 –  gibt es da im bayrischen Buchloe ein Unternehmen, das sich auf das Verfeinern von BMW-Fahrzeugen spezialisiert hat: Alpina.

Durch Arbeiten am Zylinderkopf und Kurbelwelle leistet das Alpina-Triebwerk jetzt 155 statt 130 PS und beschleunigt den 2002tii dank neuem 5-Gang-Getriebe und Sperrdifferenzial in 7,4 (statt 9,7) Sekunden auf 100 km/h. Bei knapp 212 km/h war erst Schluss – auto motor und sport spricht im Test 1973 von „imponierend“.

Witziges Detail am Rande: Auch 1973 ging es schon ums Fahrzeuggewicht: Mit 1.070 Kilogramm sei der 2002tii „nicht übermäßig leicht, ja sogar relativ schwer geraten“. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten