MCS-Ladestandard für bis zu 3.750 kW Ladeleistung
E-Lkw lädt 14x schneller als ein Porsche Taycan

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14 Mal so schnell wie ein Taycan sollen E-Laster künftig nicht fahren – aber laden. Denn der Taycan kommt in der Spitze auf 270 Kilowatt – künftige Batterie-Lkw sollen auf bis zu 3,75 Megawatt kommen.

MCS LKW Schnellladen Aufmacher
Foto: CharIn

Dreieckig ist es, das neue Steckergesicht, dass das CCS-Konsortium CharIn auf der EVS35 in Oslo vorgestellt hat. Seit 2018 arbeitete die Gruppe aus Auto- und Lkw-Herstellern, Zulieferern, Ladesäulenbauern, öffentlichen Stellen sowie anderen Unternehmen an dem Ladestandard, mit dem auch Lkw künftig ausreichend schnell laden sollen – und mit Schnellladen ist hier richtig schnell Laden gemeint. Denn der die Ladeleistung des Megawatt Charging System, kurz MCS, soll technisch bei bis zu 3.750 Kilowatt liegen. Zum Vergleich, der in Europa etablierte Schnelladestandard für Pkw, CCS (Combined Charging System), kommt gerade einmal auf 500 kW in der Spitze.

Neue Mobilität im Alltag

Je nach Effizienz des Pkw und möglicher Ladeleistung des Fahrzeugs reicht der CCS-Standard aktuell für 150 bis 200 Kilometer Reichweite in 15 Minuten. Da Lkw aber einen deutlich höheren Energiebedarf haben, würde das nie ausreichen. Denn während sich für Langstrecken-Stromer derzeit Batteriegrößen um die 100 kWh als Maß der Dinge herausstellen, rechnet man bei Elektro-Lkw von Akkukapazitäten zwischen 600 und 1.000 kWh. Bis diese riesigen Akkus per CCS voll wären würde es ewig dauern – selbst wenn die Ladekurve konstant hoch bliebe, was sie bei batterieelektrischen Lkw aus physikalisch-chemischen Gründen ebenso wenig wird, wie beim Batterie-Auto.

Siebenfache Ladeleistung zum Pkw

Deshalb arbeitet der MCS-Standard nicht mit maximal 500 Ampere und einer Spannung von bis zu 1.000 Volt, wie CCS 2.0, sondern mit einer Maximalspannung von 1.250 Volt und bis zu 3.000 Ampere – also der sechsfachen Stromstärke und der der mehr als siebenfachen maximalen Ladeleistung.

Zum Vergleich: Der Porsche Taycan lädt im besten Fall via CCS mit einer Ladeleistung von bis zu 270 kW– und kratzt damit nicht einmal am maximal technisch möglichen, der des CCS 2.0 Standards. MCS soll technisch knapp 14-mal so viel Ladeleistung bereitstellen – vorausgesetzt die Technik im Fahrzeug verträgt so viel.

Besonderes Kühlkonzept nötig

Denn bei derart viel Leistung entstehen hohe Temperaturen. Damit die nicht zur Gefahr für Mensch und Technik werden, müssen nicht nur Ladestation und das Kabel gekühlt werden, wie es beim Ultraschnellladen mit CCS der Fall ist, sondern der dreieckige Stecker und die entsprechende Ladebuchse am Fahrzeug müssen ebenfalls aktiv gekühlt werden.

So soll ein Lkw in 45 Minuten genügend Strom für eine Strecke von 4,5 Stunden nachladen können, erklärt ein Sprecher von CharIn auf der EVS35. Dass das auch funktioniert, sollte vor Ort eine Prototypen-Ladesäule vom Ladesäulenhersteller Alpitronic beweisen, die einen Scania Elektro-Lkw mit 1,2 Megawatt geladen hat.

Technische Basis liefert der CCS-Standard

Auch wenn der MCS-Ladestecker allein der Passform wegen nicht mit dem CCS-Stecker kompatibel ist: Technisch basiert das System auf dem CCS Standard und der ISO15118. So wird, ähnlich wie bei CCS, auch bei MCS auf das Powerline Communication Protokoll (PLC) gesetzt, über das das Fahrzeug mit der Ladesäule kommuniziert. Damit sei auch bidirektionales Laden Teil des Standards, sodass die großen Lkw-Batterien als fahrende Pufferspeicher genutzt werden könnten, wenn das Stromnetz aufgrund schwankender Energieproduktion von regenerativem Wind- und Sonnenstrom stabilisiert werden muss.

Tesla kocht sein eigenes Süppchen

Darauf einigten sich sowohl die beteiligten Fahrzeughersteller wie auch alle anderen Projektpartner – außer einem: Tesla war ursprünglich auch Teil des CharIn Konsortiums und der Arbeitsgruppe rund um den MCS-Standard. Allerdings wollen die Amerikaner jetzt wohl eigene Wege gehen und ein anderes Kommunikationsprotokoll für ihren Truck Semi verwenden. Laut einem Sprecher von CharIn war Tesla der einzige Fahrzeughersteller, der ebenfalls einen Entwurf für den Stecker und die Ladetechnik vorlegte. Bei der Kommunikation wollte Tesla aber beispielsweise auf das weniger aufwendige – und laut CharIn auch weniger flexible und robuste CAN-Kommunikationsprotokoll setzten. Das fand bei den mehr als 100 anderen Projektpartnern in der MCS-Arbeitsgruppe keine Mehrheit. Es ist daher davon auszugehen, dass Tesla – wie schon beim eigenen Typ-2-Stecker-Standard an den ersten Superchargern – wieder sein eigenes Süppchen kochen wird, wenn der Semi-Truck auf den Markt kommt.

Fazit

Schon im kommenden Jahr sollen die ersten Ladesäulen auch außerhalb von Pilotprojekten zugänglich gemacht werden. Ob sich der Ausbau der Ladeinfrastruktur dann genauso zieht wie bei den Pkw bleibt abzuwarten – und zu hoffen, dass die Politik dieses Mal schneller und vor allem besser fördert.