Austin Sprite und Range Rover Vogue
Auto-Fahrspaß im Tiefschnee

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Range Rover 4.2 und ein Austin Sprite Mk V statt Schlitten: Was macht man, wenn tags zuvor tonnenweise Neuschnee gefallen ist? Man geht natürlich Auto fahren. In diesem Fall balgen sich in einer automobilen Schneeballschlacht ein Range Rover 4.2 und ein Austin Sprite Mk V um die Krone des Schneekönigs.

Austin Sprite und Range Rover Vogue
Foto: Hardy Mutschler

Die Strecke führt steil bergauf durch den Wald, immer tiefer in den Winter hinein, bis sie unter der Schneedecke nur noch zu erahnen ist. Das weiße Land rechts und links der schmalen Schneise könnte Alaska oder Sibirien heißen - eigentlich fehlt jetzt nur noch ein Karibu, das von einem Rudel hungriger Wölfe über den Weg gejagt wird, um diese Illusion perfekt zu machen. Doch damit dürfte auf der Schwäbischen Alb dann wohl doch nicht zu rechnen sein.

Unsere Highlights

Bonsai Roadster und massiger Geländewagen

Weil gestern tonnenweise Neuschnee gefallen ist, markiert der kurvige, 888 Meter hohe Lochenpass auf halbem Weg zwischen Balingen und Tieringen den fahrspaßigen Höhepunkt einer Ausfahrt in zwei Autos, deren einziger gemeinsamer Nenner ihre britische Herkunft ist. Man könnte dieses Unternehmen als eine Art Test bezeichnen. Um beispielsweise herauszufinden, welches Konzept sich durch Schnee und Eis am wenigsten beeindrucken lässt.

Aber das wäre nur die halbe Wahrheit (und das Ergebnis stünde ohnehin rasch fest). Vielleicht lässt sich so ein grandioser Wintertag aber auch einfach nur dazu nutzen, eine gehörige Portion Spaß zu haben. Wie all diejenigen, deren größtes Vergnügen Winterrallyes sind. Oder die aus Prinzip nur ein Saisonkennzeichen verwenden - für den Zeitraum von November bis April.

Rarer Austin und Über-Range

Fahrzeug Nummer eins ist ein seltener Austin Sprite Mk V aus seinem letzten Baujahr 1971, der genau genommen ein Austin-Healey Sprite ist. Doch bereits im Jahr zuvor hatte die BLMC (British Leyland Motor Corporation) den Vertrag über die Verwendung des Namens Healey gekündigt. Und im Juli 1971 die Produktion des nur 3,5 Meter langen Bonsai-Roadsters schließlich komplett eingestellt.

Da war der Range Rover, unser Auto Nummer zwei für die heutige Ausfahrt, gerade erst ein Jahr alt. Als Krönung einer 22-jährigen Modellpflege und angespornt von steigenden Verkaufszahlen stellte Land Rover 1992 mit dem Vogue LSEi 4.2 schließlich so etwas wie einen Über-Range auf die Räder: mehr Luxus (Luftfederung), mehr Länge (plus 20 Zentimeter) und mehr Hubraum für den fast 30 Jahre alten V8 (4,2 statt bisher 3,9 Liter). Beim Fotomodell handelt es sich um solch ein Exemplar von 1994, dem letzten Baujahr der ersten Range Rover-Serie.

Es stammt wie der Austin Sprite aus dem Fuhrpark des Land Rover-Spezialisten Urs Stiegler aus Beuron-Neidingen (www.landy-point.de), einem Mann, dem das Fahren erst dann Vergnügen bereitet, wenn kein Asphalt mehr in Sicht ist. Man versteht Stiegler, sobald man als Fahrer im Range Platz genommen und sich hinter einem die tresorartige Tür geschlossen hat. In dieser mit Holz und Leder ausgeschlagenen Lounge spielen die Widrigkeiten der Welt da draußen auf einmal keine Rolle mehr.

Der Range verwöhnt die Passagiere

Die enorme Sitzhöhe und das leise Grummeln der 202 PS starken V8-Maschine vermitteln bereits im Stand das Gefühl absoluter Überlegenheit. Die Kombination von Allradantrieb, viel Bodenfreiheit und zwei verschränkungsfreudigen Starrachsen im Sinn, sehnt man sich förmlich nach einem Erdrutsch, der auf der Fahrt zum täglichen Einkauf die Straße versperrt. Aber vermutlich bliebe solch ein Hindernis in diesem Auto unbemerkt. Schnee auf der Straße wird vom Range dann auch erwartungsgemäß mit größtmöglicher Verachtung gestraft.

Mühelos setzt sich der einst 107.500 Mark teure Luxus-Offroader auf dem weißen Pulver in Bewegung, und es spielt dabei keine Rolle, ob es steil bergauf geht oder ob der Lenker auf einen seit Tagen nicht geräumten Waldparkplatz abbiegt. Dort zieht der über zwei Tonnen schwere Wagen mit der Souveränität einer Zahnradbahn unaufhaltsam seine Runden, während Klimaanlage und Sitzheizung die Besatzung bei Laune halten. Die genießt zudem das Gefühl, über eine Autobahn zu gleiten, weil die Luftfederung selbst hinterhältigsten Querrinnen jegliche Daseinsberechtigung raubt. Mangels ernsthafter Hürden müssen heute weder das zweistufige Reduktionsgetriebe noch die Niveauregulierung bemüht werden. So wie es aussieht, hat der Winter für den Range noch nicht einmal begonnen. Piloten eines Roadsters sollten gleichermaßen hart im Nehmen sein. Ein Sportwagen wie ein Sprite wird selbstverständlich immer und überall offen gefahren.

Leichter Austin wirbelt durch den Schnee

Da ist passende Kleidung gefragt, am besten die eines Polarforschers, weil die Heizung nicht einmal als schlechter Witz durchgeht. Selbst schlanke Menschen sehen dann aus wie ein Sumo-Ringer und brauchen eine ganze Weile, bis sie sich in dem engen Cockpit arrangiert haben. Das kleine 1.300er-Aggregat röchelt bereits seit ein paar Minuten im Standgas recht angriffslustig vor sich hin und klingt nach mehr als den offiziellen 66 PS. Urs Stiegler vermutet bei dem vor zehn Jahren teilrestaurierten Auto eine scharfe Nockenwelle. Damals wurden offensichtlich auch die ursprünglichen hinteren Kotflügel mit den niedrigen und fast eckigen Radausschnitten gegen solche mit runden ausgetauscht, die erst ab 1972 beim baugleichen MG Midget eingeführt wurden. Doch lässt dies das patinierte Auto, dem der Vorbesitzer aus irgendwelchen Gründen die vordere Stoßstange amputiert hat, eine Spur ernsthafter aussehen.

Im Schnee trauen wir diesem rechtsgelenkten Sprite trotz nagelneuer Winterreifen dennoch keine allzu großen Taten zu. Vorsichtshalber ist ein Seil mit an Bord. Aber bereits die ersten Meter lassen durchblicken, dass ein Austin Sprite ein Überlebenskünstler und zugleich ein wahrer Britenroadster mit großem Unterhaltungswert ist. Laut röhrend taucht er in den Winter ein, der Motor dreht in jeder Gangstufe gierig hoch. Und weil der Pilot dabei fast auf der Straße sitzt (und gefühlsmäßig unter dem Range hindurchfahren könnte), dringt jede Unebenheit ungefiltert zu ihm durch. Luxus sucht man dann auch vergebens. Und natürlich haben auch die Scheibenwischer längst vor ihrer Aufgabe kapituliert, die Frontscheibe schnee- und eisfrei zu halten.

Macht aber nichts bei einem Auto, dessen Grenzbereich so gering ausfällt, dass schon beim Anblick einer Kurve gegengelenkt werden muss. Im Schnee fährt es erst recht keinen Meter geradeaus - wer wissen will, wohin es geht, schaut besser gleich aus den Seitenfenstern. Denn trotz allem marschiert der Roadster unaufhaltsam voran. Mit dem Mut der Verzweiflung wühlt er sich mit seinen kleinen Rädern wie ein Berserker durch den Schnee - nach ein paar Runden schießt man sogar nicht mehr meterweit am Ziel vorbei. Der Sprite bietet seinem Piloten das komplette Genussspektrum. Vielleicht sollte man damit wirklich einmal bis nach Alaska oder Sibirien fahren.

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Technische Daten
Austin MK V Range Rover Vogue LSEi 4.2
Außenmaße4653 x 1820 x 1800 mm
Hubraum / Motor4275 cm³ / 8-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit153 km/h180 km/h