Range Rover 3.9 Vogue SE
Vorreiter der Luxus-SUVs

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Der Range Rover schrieb als Urtyp des salonfähigen Geländewagens von elitärem Charakter Automobilgeschichte. Mit dem imposanten Briten ist man vor der Oper und dem Supermarkt gleichermaßen gut angezogen. Die SUV-Armada von heute nahm sich ihn zum Vorbild.

Range Rover 3.9 Vogue SE
Foto: Hardy Mutschler

Es gibt Autos, die kann man nicht vergessen. Sie wollen uns einfach nicht aus dem Kopf. Immer wieder tauchen sie auf - eine permanente Versuchung. In Annoncen, bei Gebrauchtwagenhändlern am Straßenrand und neuerdings auch im Internet. Sie kosten nicht die Welt, aber wenn man sich mit ihnen einlässt, fürchtet man sich vor dem Morgen danach.

Leatherman in Autogestalt: Der ewig lockende Range Rover

Es sind immer die gleichen Verführer, die uns wie die Sirenen becircen und uns ein laszives "Kauf mich!" einhauchen: Porsche 928, Maserati Biturbo, Jaguar XJ 12 Serie III, Lancia Thema 8.32 - und der ewig lockende Range Rover. Autos, vor denen uns vermeintliche Kenner warnen, in deren Garagen Wagen ohne Risiken und Nebenwirkungen wie Mazda MX-5, Mercedes-Benz 300 SL (R129) oder ein BMW 318i Cabriolet der Baureihe E30 stehen.

Unsere Highlights

Sie sind für eine solche Mutprobe völlig ungeeignet. Dafür tauchen sie auch selten auf der Wunschliste obsessiver Autofanatiker auf, weil sie zu wenig Charisma haben. Dann lieber grässliche Albträume von meterlangen Zahnriemen ertragen, deren Austausch 2.000 Euro kostet, sich vor Rostblasen fürchten, die immer größer werden, und vor einem Zündkerzenwechsel kapitulieren, der den Ausbau sämtlicher Nebenaggregate verlangt. Leidenschaft kommt eben von Leiden.

Auch der Range Rover, jenes stilvolle Multitalent, eine Art Leatherman in Autogestalt, Zugpferd, Lastesel, Einkaufs-Kombi und Salonlöwe zugleich, hat so ein Zicken-Image. Schon weil er ein Engländer ist, neu einmal 100.000 Mark gekostet hat, und das vor zwölf Jahren. Diese drei Faktoren potenzieren sich in der Fantasie böser Leute zum Roverkill.

Range Rover ist zeit- und klassenlos, ein Kauf birgt wenig Risiko

Genuss mit Reue scheint beim Range Rover vorprogrammiert zu sein, wenn man sich für 5.000 Euro den Traum vom coolen Achtzylinder-Mehrzweckwagen für 5.000 Euro erfüllt, der ebenso zeit- wie klassenlos ist. Urs Stiegler, Allrad-Rover-Spezialist aus Sigmaringen, hat Motor Klassik einen späten 3,9 Vogue SE zur Verfügung gestellt. Er verteidigt den üppig motorisierten Vierrad-Cruiser: "Der Range-Rover-Rufmord beruht auf Vorurteilen. Britische Autos seien schlecht verarbeitet, heißt es. Und oft wird der Range Rover in der Komplexität in einem Atemzug mit dem Jaguar XJ 12 genannt. Das ist nicht wahr: Die Ersatzteile kosten weniger, und der Motor hält nahezu ewig. Auch mit eingelaufenen Nockenwellen, die früher ein Schwachpunkt waren, zeigt er kaum Leistungsverlust - oft klappert er noch nicht einmal."

Für den Land-Rover-Autodidakten Stiegler bedeutet der Kauf eines Range Rover selbst beim Fähnchenhändler kein größeres Risiko als der eines anderen betagten Automobils der Oberklasse. "Wenn jemand eine ältere S-Klasse kauft, achtet er doch auch auf fremde Geräusche. Hört, ob das Automatikgetriebe korrekt schaltet und nimmt ihn auf die Bühne, um Rost an der Karosse und Ölverlust am Antrieb zu kontrollieren. Mehr Wissen verlangt auch der Range Rover nicht."

Der Range Rover ist der Vorreiter der heutigen SUV

Die Faszination des Range Rover wird vom Mythos des Pioniers ebenso genährt wie vom einzigartigen Fahrgefühl, das der geschmeidige Achtzylinder den beiden permanent angetriebenen Starrachsen in die Luftfederbälge diktiert. Seine eigene Legende, die exemplarisch für eine ganze Auto-Spezies steht und diese stolz anführt, macht den Range Rover auf platonische Weise begehrenswert.

Bereits 1970 wird der von Rover Chefkonstrukteur C. Spencer King erdachte "100-inch-Station-Wagon", wie sein Projektname bezogen auf den Radstand von 2,54 Meter lautete, Markenzeichen für das, was man später einmal SUV (Sport Utility Vehicle) nennen wird. Denn einerseits ist der Range Rover dank V8-Motor und permanentem Allradantrieb ein respektables Straßenfahrzeug - hinreichend schnell und komfortabel, dabei auffallend leise. Andererseits agiert er im Gelände keineswegs wie ein Pseudosportler. Er benimmt sich vielmehr, dank ausgeklügelter Kraftübertragung mit je einem Reduktions- und Verteilergetriebe samt Visco-Sperre, auch in schwerem Geläuf erstaunlich gelenkig.

Urs Stiegler führt es vor. Einen Landy würde er viel härter rannehmen, aber den kann man auch hinterher mit dem Schlauch innen und außen abspritzen. Den Range Rover fährt man im Gelände schonend, weil man den feinen Vogue-Anzug in Ardennes-Green nicht mit Steinschlägen strapazieren will.

Der feine Range Rover kommt fast überall durch

Radstand, Bodenfreiheit und die ausgeprägte Verschränkungsfähigkeit der bei den Starrachsen erlauben das mühelose Erklimmen der abenteuerlich zerklüfteten Streuobstwiese am Rande eines Truppenübungsplatzes, an die ein kleiner Fluss grenzt. Ihn durchwatet der Range Rover tapfer, ohne in seinem lockeren Kiesbett Traktionsprobleme zu haben. Urs Stiegler legt bei dem kleinen Vorführmanöver noch nicht einmal den Reduktionsgang mit dem kurzen Joystick oberhalb der Automatikkulisse ein.

Locker geht alles in Fahrstufe 1 des ZF-Automatikgetriebes, unter wohl dosiertem Gasgeben zieht der kraftvolle, drehmomentstarke Achtzylinder den Zweitonner, Hund und Fahrer eingerechnet, über die steile Uferböschung aus dem Wasser. Trotz seiner beachtlichen Geländetauglichkeit beginnt die wahre Lust am Fahren mit dem Range Rover auf der Straße.

Die platonische Zuneigung zum Range Rover steigert sich dann in ein sinnliches Erlebnis. Die erhabene Sitzposition in den bequemen, elektrisch verstellbaren Sitzen erleben, die mit ihrem Komfort jeden Trucker glücklich machen würden. Den kräftigen Antritt des ebenso leisen wie mühelos hoch drehenden Vierliter-Achtzylindermotors spüren, der fast immer vom Abrollgeräusch der mächtigen Reifen übertönt wird.

Bei Kickdown faucht er los und setzt den schweren Range Rover vehement in Bewegung - immerhin liegen die Beschleunigungswerte auf dem Niveau eines BMW 525i von 1985. Wenn die alte Regel gilt, der Motor prägt das Auto, dann vor allem für den Range Rover. Selbst wenn er mit dem hoch gelobten 200 TDI zum Spottpreis beim Fähnchenhändler stünde, er ließe uns kalt wie ein alter Nissan Micra. Der Range Rover ist aus dem edlen Holz der Ikonen geschnitzt. Sein unverwechselbares Design trägt bei aller Zweckmäßigkeit elegante Züge.

Sein Luxusinterieur verwöhnt die Passagiere. Und sein V8-Motor zelebriert jene entspannte Gelassenheit, die Fernreisen angenehm macht. Außerdem ist der Range Rover ein Multitalent. Er zieht unbeeindruckt schwere Anhänger, bietet einen Laderaum für zwei Kubikmeter, ist perfekt wintertauglich, fühlt sich auch im Gelände wohl und macht auch vor dem Luxushotel eine gute Figur. Dabei hat er nur 5.000 Euro gekostet - beim Fähnchenhändler an der Ausfallstraße.

Technische Daten
Range Rover 3.9 VOGUE SE
Außenmaße4450 x 1815 x 1790 mm
Hubraum / Motor3947 cm³ / 8-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit180 km/h