VW Golf I Cabrio
Das Erdbeerkörbchen

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Das VW Golf Cabrio war bislang für Männer tabu. Schon sein Kosename verhinderte selbstbewusstes Einsteigen. Eine Probefahrt in anonymer Region warf viele Vorurteile über Bord und Bügel.

VW Golf I Cabriolet, Frontansicht
Foto: Archiv

Das frühe Modell, ein 1980er GLS in Indianarot-Metallic, hat seinen ganz besonderen Charme. In dieser unschuldigen Schlichtheit ohne den späteren Spoilersatz samt klobigen Stoßstangen wirkt das Erdbeerkörbchen besonders reizvoll. Es weckt Beschützerinstinkte, obwohl es sie nicht braucht. Der 1500er mit 70 PS aus dem mobilen Fundus der Autostadt ist trotz seines sehr zeitgeistigen braunen Hartplastik-Interieurs selbstbewusst genug. Knapp 390.000 bei Karmann produzierte Exemplare in 14 Jahren Laufzeit stehen für eine erstaunliche Karriere, die sogar den Golf II übersprang und den offenen Käfer übertraf.

Unsere Highlights

Untergang des Käfer-Abendlandes

Dieses hoch verehrte Kultauto mit dem glamourösen Flair einer liebevoll handgedengelten Vorkriegs-Karosserie brachte es in 30 Jahren auf 330.251 Stück. Als der VW Golf I Cabrio mit dem ungeliebten Targabügel auf dem Genfer Salon 1979 Premiere feierte, war seine pragmatisch-moderne Erscheinung für viele Käfer-Fans der Untergang des Abendlandes.
Schnell orderten sie noch einen der offenen Last-Minute 1303 LS. Erst im Januar 1980 stoppte das Band, enttäuschte Käfer-Enthusiasten riefen zu Protestaktionen in Wolfsburg und Osnabrück auf.

Solch tiefe Emotionen wird das VW Golf I Cabrio trotz seines originellen Erscheinungsbilds und seiner Vorbildfunktion für viele Henkelmänner wohl nie wecken. Es ist ein braver Diener seines Herrn respektive seiner Dame – viersitzig, der Kofferraum groß genug für zwei Getränkekästen, das Verdeck dick wattiert, zugfrei und wasserdicht.

Braver Vierzylinder aus dem Audi 80

Der robuste und sparsame Tassenstößel-Vierzylinder des VW Golf I Cabrio stammt aus dem Audi 80. Als 1800er-Langpleuel-Motor in der meist georderten späten 98-PS-G-Kat-Version schafft das Golf Cabrio knapp 170 km/h Spitze und beschleunigt von 0 auf Tempo 100 in zwölf Sekunden, Werte, die ein Käfer Cabriolet noch nicht einmal mit dem Zweiliter-Oettinger-Boxer erreicht hätte.

Doch bereits die 70 PS der 970 Kilo leichten Urversion stehen gut im Futter, der Vierzylinder ist bis 4.000/min leise und hat im unteren Drehzahlbereich einen kräftigen Antritt. Ein lang übersetztes Fünfganggetriebe, im VW-Jargon 4+E genannt, gehörte schon bald zur Serienausstattung des VW Golf I Cabrio. Das Frontantriebs-Fahrwerk nach dem Technik-Lehrbuch gibt sich nicht gerade sportlich, bietet jedoch viel Komfort.

Gute Golf Cabrio ab 3.000 Euro

Leider sind die hoch dotierten und wegen der H-Kennzeichen-Reife begehrten frühen Jahrgänge des VW Golf I Cabrio fast völlig vergriffen. Rostprobleme, optisches Tuning und Material mordende Fahrweise ließen diese Autos nicht alt werden.

Späte VW Golf I Cabrio ab Baujahr 1987 mit Spoilerpaket gibt es dagegen zuhauf, gute ab 3.000 Euro, viele laufen als Liebhaberautos im Saisonverkehr. Gesucht sind Sondermodelle wie Etienne Aigner, Bel Air oder Classic Line. Für den Kauf wüsste ich auch schon eine gute Ausrede. Schenken Sie ihn Ihrer Frau.

Auf einen Blick: VW Golf I Cabrio

Vierzylindermotor quer, 1,5 Liter, 70 PS bis 1,8 Liter, 112 PS. Frontantrieb, vorn McPherson Federbeine, hinten Verbundlenkerachse an Längslenkern und Federbeinen. Radstand 2.400 mm. Gebaut von 1979 bis 1993 (389.786), gute Exemplare ab 3.000 Euro.

Fazit

Kompakt, offen, temperamentvoll
Das wieselflinke Golf Cabriolet macht nicht nur Frauen Spaß. Es erzieht sonst so ehrgeizige Klassiker-Fans zum gelassenen Fahrerlebnis. Mit nur acht Litern auf Hundert leistet man sich ein Stückchen Freiheit.