Toyota bZ4X im Test
Was kann der erste Elektro-Toyota?

Als Hybrid-Pionier fremdelte Toyota lange mit der rein batterieelektrischen Mobilität. Nun schiebt der weltgrößte Automobilhersteller den bZ4X nach. Was kann der erste Elektro-Toyota?

Toyota bZ4x
Foto: Rossen Gargolov

Das wollen sie sich wohl nicht nachsagen lassen bei Toyota: Sie hätten nix gemacht. Also kommen sie jetzt doch mit einer batterieelektrischen Antriebsplattform. Obwohl sie lange den markentypischen Hybridantrieb und die Brennstoffzelle für die vielversprechenderen Ansätze hielten. Da trifft es sich gut, dass die TNGA-Plattform auch als Basis für batterieelektrische Fahrzeuge taugt. Das Akronym steht für "Toyota New Global Architecture". Deren Hybrid-Version dient unter anderem dem Prius als Unterbau. Als e-TNGA bildet sie das technische Rückgrat des bZ4X, des Lexus RZ sowie des baugleichen Subaru Solterra.

Der große E-Ratgeber

Womit wir beim Namen des elektrischen Toyota angekommen sind. Witze dazu ersparen wir uns und Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, erinnern lieber daran, dass ein Kürzel wie RAV4 mal ähnlich fremd klang. Nun also Toyota bZ4X. Man muss es dennoch erstaunlich oft üben, bevor der Name flüssig über die Lippen geht oder in die Tastatur flutscht.

In Größe und Form jedenfalls kommt der neue Toyota dem RAV4 recht nahe. Er ist ein stattliches Auto, beinahe 4,70 Meter lang und mit 2,85 Metern Radstand versehen. Das fällt erst so richtig auf, wenn du direkt vor ihm stehst – was als Lob fürs Design zu werten ist. Es verheimlicht geschickt die wahren Ausmaße des Wagens. Trotz der kantigen Linien fügt er sich unauffällig ins Straßenbild: ein weiterer mittelgroßer, modern gestylter SUV unter vielen.

Mehr sein als scheinen im im bZ4X

Toyota bZ4x
Rossen Gargolov
Vor allem das tief angeordnete Lenkrad verhindert den freien Blick auf das Zentralinstrument.

Innere Größe ist schließlich wichtiger, gerade im Segment der Familienfahrzeuge. Da hat der Toyota bZ4X einiges vorzuweisen, wie bereits ein kurzer Aufenthalt im Interieur offenbart. Breit und luftig wirkt hier der Toyota, vor allem im Fond, doch auch auf den vorderen beiden Plätzen.

Mit einer Einschränkung ausgerechnet für den Fahrer. Der fühlt sich zwischen der breiten Mittelkonsole und dem sehr tief platzierten Lenkrad etwas eingeengt. Zudem erschwert die ungewohnte Anbringung der Lenkeinrichtung den Blick auf das zentrale Display. Die Anordnung sei praktisch, weil sie etwa ein Head-up-Display überflüssig mache, heißt es. Mag sein, doch das dürfte nicht der alleinige Grund sein.

Denn im Hintergrund arbeitet Toyota an einem vollelektrischen Lenkgetriebe, bei dem es keine mechanische Verbindung zwischen Lenkrad und Rädern mehr gibt. Dann nämlich erhält der bZ4X optional statt eines konventionellen Lenkrads ein Steuerhorn, ähnlich wie im Flugzeug, auf Neudeutsch Yoke (Joch) genannt. Beim Yoke reichen 150 Grad Lenkwinkel nach rechts oder links für vollen Ausschlag der Räder – bei meist freiem Blick auf das Display.

Nicht dass es da besonders viel zu sehen gäbe. Die Anzeige ist zwar konfigurierbar, doch allzu viele Infos lassen sich nicht einblenden. Und die für E-Auto-Fahrer so wesentlichen Daten wie Ladestand der Batterie und Restreichweite verbergen sich schüchtern am Rande des ohnehin kleinen Displays. Womöglich aus gutem Grund, denn allzu Rühmliches haben sie nicht zu vermelden. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass der bZ4X zur Elektro-ungünstigen Wintersaison bei auto motor und sport gastierte, erweist sich sein Abschneiden hier als bescheiden.

Hoher Verbrauch

Toyota bZ4x
Rossen Gargolov
Mit einer Reichweite von 235 km bei einem Testverbrauch von 25,9 kWh/100 km kann der Toyota nicht überzeugen.

Da wäre zum einen, dass der E-Toyota nicht annähernd im Bereich des WLTP-Verbrauchs zu bewegen war. Wobei anzumerken ist, dass erfahrungsgemäß bei Elektroautos die Diskrepanz zwischen Werksangabe und der Realität im Testalltag doch ziemlich groß sein kann.

16,7 kWh sollte der bZ4X mit Vorderradantrieb laut der offiziellen Angabe je 100 km konsumieren, doch selbst bei betont sparsamer Eco-Fahrt flossen mindestens 21,8 kWh durch die Wicklungen des Antriebsmotors. Mit den entsprechenden Folgen für die Reichweite: Maximal 280 km waren so drin, beim realistischeren Testverbrauch (25,9 kWh/100 km) gar kaum mehr als 230 km. Da ist es umso ärgerlicher, dass der momentane State of Charge nicht in einer griffigen Prozentzahl, sondern nur an einem kleinen Balken abzulesen ist.

Dazu eine anekdotische Episode aus dem Alltag mit unserem Testwagen: Bei frostigen vier Grad minus startet der Toyota zu einer Dienstfahrt von München nach Stuttgart. 250 km Reichweite verspricht der Bordcomputer bei 100 Prozent Batterieladung zum Start. Doch bereits auf den ersten Kilometern im Stadtverkehr vermeldet die Vorhersage nur noch 220 km, bei der Autobahnauffahrt sind es schon weniger als 200. Da ist klar: Für die rund 220 km aus der Münchener in die Stuttgarter Innenstadt benötigt der bZ4X einen Zwischenstopp an der Ladesäule – trotz seines 71,4 kWh fassenden Akkus.

Nicht dass der Wagen nun dem Fahrer eifrig zu Hilfe käme. Zwar sucht das Navi auf Anfrage nach Ladesäulen, ohne diese jedoch selbstständig in die Routenplanung einzubinden. Da zeigen sich die meisten Konkurrenten deutlich beflissener.

Bedächtiges Laden

Toyota bZ4x
Rossen Gargolov
An der Wallbox vergehen über 13 Stunden, bis der 71-kWh-Akku wieder voll ist.

Was sie ebenfalls oft besser können: schnell laden. Obwohl der bZ4X mit bis zu 150 kW am DC-Lader saugen soll, lässt er sich nur selten zu solchem Tempo verleiten. Auf unserer Test-fahrt über die kalte Schwäbische Alb sank die Ladeleistung rasch unter 30 kW. Mehr als 35 Minuten vergingen, bis der SOC von 23 auf über 65 Prozent stieg und die Weiterfahrt nach Stuttgart angetreten werden konnte.

Auch an der Wallbox in der Redaktionstiefgarage zeigte der Toyota nur verhaltenes Ladetempo. Er kann lediglich einphasig Energie aus dem Wechselstromnetz zapfen, ein optionales Dreiphasen-Ladegerät soll es erst im Verlauf des Jahres geben.

Könnte man nun für eine Lappalie halten, doch von den versprochenen 7,4 kW bleiben so nur 4,6 übrig. Der Grund dafür: Damit beim einphasigen Laden keine sogenannte Schieflast entstehen kann, ermöglicht eine korrekt konfigurierte 22-kW-Wallbox hierzulande auf einer Phase maximal 4,6 kW. So lädt der Toyota mit rund 4,4 kW, was einer Ladezeit von 13,75 Stunden für 0 bis 100 Prozent entspricht.

Mit voller Hütte

Toyota bZ4x
Rossen Gargolov
Praktisches Detail am Rande: Durch den halb transparenten Deckel der Telefonladeschale bleibt das Smartphone stets im Blick.

Die große Überlandfahrt scheint also mangels Reichweite und Ladegeschwindigkeit nicht die Lieblingsdisziplin des bZ4X zu sein. Womöglich waren bei der Auslegung der Ladetechnik Lebensdauer und Garantieversprechen für den Energiespeicher wichtiger als Speed und Reichweite. Immerhin bietet Toyota fünf Jahre (bis 100 000 km) Garantie auf die elektrischen Hauptkomponenten wie Elektromotor, Lithium-Ionen-Batterie sowie Inverter und Konverter des Antriebs. Für acht Jahre und 160 000 Kilometer garantiert Toyota mindestens 70 Prozent der ursprünglichen Akku-Ladekapazität.

Ansonsten gibt es über den Antrieb fast nur Gutes zu berichten, obwohl er nicht gerade zu den überschäumenden Elektroantrieben zählt. Der permanenterregte Synchronmotor leistet maximal 150 kW, doch seine Dauerleistung liegt bei eher bescheidenen 73 kW. Entsprechend verhalten, doch laufruhig folgt der Antrieb so den Vorgaben des Fahrpedals, knapp acht Sekunden vergehen für den Spurt auf 100 km/h, von 60 bis 100 km/h sind es etwas mehr als vier Sekunden. Und bei 160 km/h wird der Saft abgedreht. Das alles können andere Elektromobile im Marktsegment besser.

Freilich gibt es auch hier Abhilfe: Die Allrad-Version kommt mit zwei Motoren auf 160 kW Systemleistung und bietet etwas bessere Fahrleistungen – zu höherem Preis. Wobei der bZ4X ohnehin nicht billig ist. Der Testwagen mit Comfort- und Technik-Paket kostet schon mindestens 58.090 Euro (ohne E-Förderung), die Allrad-Variante gibt es bei vergleichbarer Ausstattung für 61.090 Euro.

Zu dem Preis kommt der Toyota immerhin mit richtig voller Hütte. So sind 360-Grad-Kamerasystem, elektrische Heckklappe, klimatisierte Sitze vorn oder auch 20-Zoll-Räder, Matrix-LED und JBL-Soundsystem bei der Paketkombination an Bord.

Bequemes Reisen

Toyota bZ4x
Rossen Gargolov
An Knieraum und Kopffreiheit mangelt es nicht im Toyota-Fond. Zudem lässt sich die Rückenlehne der bequemen Sitzbank in der Neigung verstellen.

So ausstaffiert wäre der Toyota bZ4X – abgesehen vom Reichweiten- und Ladeproblem – ein sehr kommoder Reisewagen, zumal er gepflegten Federungskomfort bietet. Die bequemen Sitze vor allem in der ersten Reihe tragen ebenfalls zum angenehmen Aufenthalt an Bord bei.

Zudem können sich die Insassen umsorgt von umfangreicher Assis-tenzausstattung sicher aufgehoben fühlen. Zur Assistenz-Armada zählen etwa die Spurassistenten LDA und LTA, die zusammen mit der gut arbeitenden Tempo- und Abstandsregelung entspanntes Autobahnreisen ermöglichen. Noch wohler fühlte sich der bZ4X-Pilot allerdings, wenn Bremsanlage und Lenkung knackiger zupackten. Oder die Kartendarstellung im Infotainment-Schirm etwas detaillierter ausfiele. Da gäbe es also noch was zu machen, Toyota.

Umfrage
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Vor- und Nachteile
Karosserie
Viel Platz für Insassen und Gepäck.
Hohe Zuladung.
Bedienung und Übersichtlichkeit.
Sicherheit
Sehr sicheres Fahrverhalten.
Früh eingreifende Regelsysteme.
Umfangreiche Assistenz.
Gutes Matrix-LED-Licht.
Komfort
Vordersitzte und Fahrwerk sehr komfortabel.
Bedienung und Qualität des Infotainments.
Antrieb
Der Motor glänz mit feiner Laufkultur.
Wenig Reichweite.
Lahme Energiezufuhr.
Fahrverhalten
Dank des tiefen Schwerpunkts biegt der bZ4X zügig durch die Kurven.
Auf der Landstraße stört das träge Einlenken.
Gefühlsarme Lenkung.
Umwelt
Niedrige CO₂-Emissionen gleichen klimaintensive Produktion in Japan aus.
Keine Ölwechsel.
Kosten
Opulente Serienausstattung.
Gute Kostenbilanz nach längerer Haltedauer.
Niedrige Energiekosten.

Fazit

Eigentlich ein ordentliches Auto, doch von einem Toyota sollte man mehr erwarten dürfen: mehr Reichweite und mehr Ladetempo beispielsweise. Da kann der bZ4X kaum mithalten. Mehr Cleverness ebenso, denn ein neues Elektroauto ohne intelligente Ladeplanung, das passt nicht mehr in die Zeit.

Technische Daten
Toyota bZ4X
Grundpreis47.490 €
Außenmaße4690 x 1860 x 1600 mm
Kofferraumvolumen452 l
Höchstgeschwindigkeit160 km/h
0-100 km/h7,9 s
Verbrauch14,4 kWh/100 km
Testverbrauch25,9 kWh/100 km