Energiekosten-Vergleich Diesel, Benziner, E-Auto
Strompreisanstieg – Lohnt sich das E-Auto noch?

2022 sind sowohl die Sprit- als auch die Strompreise enorm gestiegen. Wie hat sich das auf die Energiekosten für Diesel, Benziner und E-Autos ausgewirkt? Und mit welcher Antriebsart fährt man jetzt gerade am günstigsten? Diese Analyse verrät es.


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Foto: Getty Images / Patrick Lang

Laut der Tank-App "mehr-tanken" , die zum Netzwerk von auto motor und sport gehört, kostete Super E5 im Jahresdurchschnitt 2022 in Deutschland 1,905 Euro, Diesel lag bei 1,94 Euro. Gleichzeitig sind im ganzen Land die Strompreise gestiegen, und zwar sowohl in den Haushalten als auch an den E-Auto-Ladesäulen. Das macht einen Vergleich zwischen den Antriebskonzepten umso interessanter: Können Fahrerinnen und Fahrer eines Elektroautos im Vergleich zum Benzin- und Dieselverbrenner noch immer mit günstigeren "Treibstoff"-Kosten rechnen? Wir haben recherchiert und nachgerechnet.

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Wer das E-Auto daheim lädt, fährt günstig

Zuerst die generelle Betrachtung. Das Vergleichsportal Verivox berechnete den durchschnittlichen Stromverbrauch der zehn beliebtesten Elektroauto-Modelle des Jahres 2022. Der liegt bei 20 Kilowattstunden (kWh) pro 100 km. Laut des Verivox-Verbraucherpreisindex' lag der durchschnittliche Strompreis im selben Zeitraum bei 43,02 Cent/kWh. Damit ergeben sich Stromkosten von 8,60 Euro pro 100 Kilometer, auf eine jährliche Fahrleistung von 15.000 km hochgerechnet sind es 1.291 Euro.

Schwenk auf den Benziner, dessen Kraftstoffkosten wir anhand des Super-E5-Preises berechnet haben. Warum nicht das günstigere E10? Weil Deutschlands Autofahrerinnen und Autofahrer dieser Spritsorte noch immer skeptisch gegenüberstehen. Das zeigen allein die Suchanfragen auf "mehr-tanken", die für E5 um den Faktor 3,5 höher liegen als bei E10. Den durchschnittlichen Verbrauch eines Benziners beziffert Verivox auf 7,8 Liter pro 100 Kilometer. Bei einem E5-Mittelwert von 1,905 Euro/Liter ergibt das für diese Strecke Kosten von 14,86 Euro. Das entspricht 2.229 Euro für 15.000 km.

Der durchschnittliche Verbrauch von Diesel-Pkw liegt laut dem Vergleichsportal bei 7,0 Litern pro 100 Kilometer. Bei einem Dieselpreis von 1,94 Euro/Liter belaufen sich die Kosten auf 13,58 Euro. Bei einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km summieren sich die Kosten auf 2.037 Euro.

VW Golf Benziner und Diesel im Vergleich mit ID.3

Doch wie entwickelt sich das Verhältnis der Energiekosten im konkreten Fall, wenn man ähnliche Automodelle miteinander vergleicht? Diese finden sich im VW-Angebot mit dem Klassiker Golf, der als Benziner und Diesel angeboten wird, und dem Elektriker ID.3. Im Test von auto motor und sport verbrauchte der VW ID.3 Pure mit 48-kWh-Akku im Pendler-Profil 22,3 kWh/100 km, das entspricht mit dem Haushaltsstrompreis von Verivox 9,59 Euro. Wer dieses Modell 15.000 Kilometer im Jahr fährt, bezahlt dafür folglich 1.439 Euro Stromkosten im Jahr.

Im gleichen Test kam der Golf 1.0 eTSI Life auf einen Benzinverbrauch von 6,6 Liter, was bei einem 2022er Super-E5-Preis 12,57 Euro entspricht – eine Differenz von 2,98 Euro zuungunsten des Benziners. Bei 15.000 Kilometern (im Jahr) sind das also 1.886 Euro – und damit 447 Euro Mehrkosten gegenüber dem Elektroauto ID.3. Zum Vergleich: Anfang Dezember, als die Spritpreise sanken und die Stromkosten auf sehr hohem Niveau lagen, betrug das Delta nur 250 Euro.

Beim Golf TDI Life mit 115 PS ermittelte auto motor und sport einen Pendlerverbrauch von 5,9 Litern, was pro 100 Kilometer 11,45 Euro und mithin 1,86 Euro mehr kostet als beim elektrischen ID.3. Bei 15.000 Kilometern (im Jahr) sind das demnach 1.717 Euro und somit 278 Euro mehr als beim Stromer. Damit hat sich die Differenz im Vergleich zum Dezember (132 Euro) mehr als verdoppelt.

Auf Fernstrecken kann das E-Auto teuer werden

Die Energiepreise können bei Elektroautos jedoch deutlich höher ausfallen. Dann nämlich, wenn es viel auf Fernstrecken genutzt wird: Schnellladen an einer Ladestation des Anbieters Allego kostet im ungünstigsten Fall beispielsweise 85 Cent pro Kilowattstunde – aktuell in preislicher Hinsicht der Extremfall. Damit würden sich 100 Kilometer im ID.3 auf 17,62 Euro verteuern – 4,39 Euro mehr als beim Golf 1.0 eTSI, selbst wenn man bei diesem zehn Cent pro Liter Super als Autobahnaufschlag einkalkuliert. Die Kalkulation bezieht sich aber eben nur auf Autobahnreisen.

Ein Versuch, einen Durchschnittspreis pro kWh Ladestrom für alle Nutzungsszenarien eines E-Autos zu ermitteln, könnte so aussehen: Auf Autobahnen schwanken die Preise aktuell zwischen 53 und 85 Cent pro kWh, je nach Anbieter und gewähltem Tarif. Das ergäbe – betrachtet man die aktuell fünf größten Schnellladesäulen-Betreiber isoliert – einen Durchschnittspreis von 69 Cent fürs Laden unterwegs. Der geht aber nur anteilig ein, denn 77 Prozent aller Ladevorgänge finden laut einer Erhebung des Beratungshauses EUPD Research zu Hause statt. Heißt im Umkehrschluss: Nur 23 Prozent anderswo – sicher nicht nur an der Autobahn, aber das sei vernachlässigbar. Einen gewichteten Durchschnittspreis für Ladestrom müsste man also so bilden:

Haushaltsstrom-Durchschnittspreis (43,02 Cent) x 0,77 + Durchschnittspreis an der Autobahn (69 Cent) x 0,23.

Daraus ergibt sich ein Gesamtdurchschnittspreis pro kWh Ladestrom für die Nutzung eines E-Autos in Deutschland von (gerundet) 49 Cent. Der gilt vermutlich für kaum jemand konkret, aber eben für den Durchschnitt.

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Auch Sprit ist an der Autobahn viel teurer

Dass Ladestrom unterwegs und vor allem an Autobahnen teurer ist, sollte niemand wundern. Schließlich sind an Autobahn-Tankstellen Aufpreise zwischen 20 und 30 Cent die Regel. Wir haben im Schnitt mit zwölf Prozent gerechnet und so auch für Sprit gewichtete Preise ermittelt. Damit lässt sich die Vergleichsrechnung der VW-Golf-Verbrenner mit dem ID.3 präzisieren. Den gewichteten Preis haben wir bei Diesel und Benziner mit dem gleichen Prozentsatz ermittelt (23 Prozent der Fälle an der Autobahn tanken), nur für den Eco-Verbrauch haben wir den Durchschnittspreis angesetzt. Das gilt auch beim E-Auto. Hier haben wir zur Ermittlung der Pendler-Kosten jedoch ebenfalls den Haushaltsstrompreis verwendet, weil es uns wenig realistisch erscheint, dass E-Auto-Fahrer bei der alltäglichen Fahrt zur Arbeit unterwegs an Ladestationen anhalten.

Energiekostenvergleich Benziner, Diesel, E-Auto (Stand 02/2023)

Modell

VW Golf 1.0 eTSI

VW Golf 2.0 TDI (115 PS)

VW ID.3 Pure (48 kWh)

Pendlerverbrauch (l / kWh)

6,60

5,90

22,30

Ecoverbrauch (l / kWh)

5,30

4,40

16,00

Sportfahrerverbrauch (l / kWh)

8,70

7,50

28,90

Preis Diesel *

1,94

Preis Super E5 *

1,905

Preis Diesel BAB *

2,17

Preis Super BAB *

2,13

Preis Diesel gewichtet *

1,99

Preis Super gewichtet *

1,96

Preis Ladestrom Heim *

0,43

Preis Ladestrom BAB *

0,69

Preis Ladestrom gewichtet *

0,49

Kosten Pendler *

12,94

11,74

9,59

Kosten Ecoverbrauch *

10,10

8,54

6,88

Kosten Sportfahrer *

17,05

14,93

14,16

Jahreskosten 15.000 km *

1.940,40

1.761,15

1.639,05

Prozentsatz im Vgl. zum E-Auto

118,4

107,4

100

* Preise und Kosten in Euro

Basis für Kosten: gewichtete Preise, außer bei Kosten Ecoverbrauch; beim E-Auto basieren zusätzlich die Pendler-Kosten auf dem Haushaltsstrompreis. 

Die Tabelle zeigt es: Mit den Verbrauchsdaten aus auto-motor-und-sport-Tests und gewichteten Preisen ergibt sich für das Gesamtjahr 2022 ein klarer Kostenvorteil für die Fahrerinnen und Fahrer eines E-Autos. Der Diesel war bereits spürbar teurer (+ 7,4 Prozent), mit dem Benziner fuhr man mit Abstand am teuersten (+ 18,4 Prozent). Zum Vergleich: Bei der Momentaufnahme Anfang Dezember 2022 waren die Abstände deutlich kleiner (Diesel + 1,3 Prozent, Benziner + 7,8 Prozent).

In absoluten Zahlen drückt sich der Elektro-Vorteil so aus: Die Dieselkosten lagen 122,10 (Jahr) respektive 10,18 (Monat) höher als die für den Betrieb eines Elektroautos nötigen Stromkosten. Noch weiter geht die Schere beim Benziner auf (301,35 Euro im Jahr oder 25,11 Euro im Monat).

Momentaufnahme Februar 2023

Legt man die etwas günstigeren Spritpreise vom Februar 2023 (Stichtag 22.02., 16 Uhr) zugrunde, holen die Verbrenner wieder auf. Mit einem E5-Durchschnittspreis von 1,815 Euro pro Liter laut "mehr-tanken" liegen die Benzinkosten für Fahrerinnen und Fahrer eines VW Golf 1.0 eTSI auf 15.000 Kilometern bei 1.796,85 Euro. Rechnet man mit gewichteten Werten nach dem 77/23-Prozent-Prinzip, steigt der Benzinpreis auf 1,87 Euro, was die 15.000-Kilometer-Kosten auf 1.851,30 Euro hebt. Das ergibt im Jahr 212,25 und pro Monat 17,69 Euro mehr als beim E-Auto.

Diesel kostete am Stichtag deutschlandweit im Schnitt 1,761 Euro. Nimmt man diesen Literpreis als Berechnungsgrundlage, ergeben sich Spritkosten von 1.558,49 Euro für Menschen, die im Jahr 15.000 Kilometer mit einem VW Golf 2.0 TDI fahren. Geht man vom gewichteten Dieselpreis aus (1,81 Euro), sind es 1.601,85 Euro, also 37,20 (Jahr) beziehungsweise 3,10 Euro (Monat) weniger als beim E-Auto.

Hinweis: In der Fotoshow zeigen wir Ihnen, wie Sie mit Ihrer Fahrweise den Kraftstoffverbrauch Ihres Autos optimieren können.

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Fazit

Sowohl die 2022 erfolgten Preisanstiege beim Sprit als auch die davon galoppierenden Stromkosten sind auf Putins Krieg in der Ukraine zurückzuführen, der vor fast genau einem Jahr begann. Sie nehmen aber wohl nur einen langfristigen Trend vorweg: Der CO₂-Spar-Druck erhöht perspektivisch die Besteuerung des Klimagases und damit die Kosten – selbst wenn die Kraftstoffpreise nach einer Beendigung des Konflikts mit Russland nachhaltig sinken sollten.

Bei den Strompreisen ist allenfalls langfristig zu erwarten, dass sie wieder auf das Niveau vor Ausbruch des Ukraine-Krieges sinken. Schließlich fällt künftig mit Russland ein Lieferant billigen Gases weg, auf das die deutschen Kraftwerke noch lange in großem Maße angewiesen sein werden. Erst wenn der Grünstromanteil in Deutschland weiter gestiegen ist und E-Autos bidirektional laden sowie günstig Strom "einkaufen" können, könnten die Energiekosten für E-Auto-Fahrer wieder günstiger werden. Oder wenn Sie als E-Auto-Fahrer auf den Strom einer eigenen PV-Anlage zurückgreifen können.

Der Artikel macht die Wechselwirkungen durch die sich ständig verändernden Energiepreise deutlich: Lagen die Stromkosten für 15.000 E-Auto-Kilometer im Gesamtjahr 2022 klar unter dem, was für dieselbe Strecke für Benzin und Diesel bezahlt werden musste, wendet sich im Februar 2023 das Blatt ein gutes Stück zugunsten der Verbrenner. Fahrerinnen und Fahrer eines Diesels sind bereits günstiger unterwegs als jene eines Elektroautos – und die Benziner holen stark auf. Da Trends bei Sprit- und Energiepreisen jedoch gerade schwer auszumachen sind, lohnt sich eine kontinuierliche Betrachtung dieses Themas. Deshalb bleiben wir dran und werden diesen Vergleich regelmäßig updaten.