Umfrage zu Bedienkonzepten im Auto
Die Mehrheit mag das Tesla-Prinzip nicht

Eine repräsentative Umfrage des Autokauf-Portals mobile.de offenbart Vorbehalte deutscher Autofahrer gegenüber der Bedienung per Touch-, Gesten- oder Sprachsteuerung.

Tesla
Foto: Dino Eisele

Tesla hat die Reduktion von Tasten, Knöpfen und Reglern früh extremisiert und die gesamte Bedienung seiner Modelle weitgehend in einen besonders großen Touchscreen verlegt. Allerdings rollt auch kaum mehr ein Neuwagen anderer Hersteller ohne berührungsempfindliches Display oder Sprach- und Gestensteuerung vom Band. Das soll Cock­pits einen modern-minimalistischem Look geben, vor allem aber für Sicherheit und Komfort sorgen.

Die Mehrheit will klassische Knöpfe

Die Mehrheit der Autofahrer aber mag lieber Knöpfe und Regler oder zumindest eine Kombination aus ma­nuellen und digitalen Bedienelementen. Das ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag von mobile.de unter gut 2.000 über 18 Jahre alten Teilnehmern.

Unsere Highlights
VW Golf 8, Cockpit, Infotainment, Bedienkonzept
Dino Eisele
Beim VW Golf 8 funktioniert auch die Lautstärkeregelung per Touch-Slider.

Vielen Befragten fehlt das Vertrauen in die Technik: Vier von zehn (39,9 Prozent) befürchten eine hohe Fehleranfälligkeit bei Nichter­kennung des Sprachbefehls. Jeder Sechste (16,9 Prozent) hat generell kein Vertrauen in die Funktionalität von Sprachsteuerungen.

Ablenkung vom Verkehrsgeschehen durch technische Geräte

Fast jeder zweite Autofahrer (47,3 Prozent) lässt sich zumindest hin und wieder von tech­nischen Geräten wie Navi oder Smartphone beim Fahren ablenken. Dabei steigt mit dem Alter anscheinend auch die Vorsicht: Während unter den 18- bis 24-jährigen Autofahrern zwei Drittel (65,9 Prozent) angeben, sich beim Fahren ablenken zu las­sen, sind es bei der Generation über 55 Jahre nur noch 37 Prozent.

Doch auch, wenn die Sprachsteuerung für mehr Sicherheit im Auto sorgen soll: Nur jeder zehnte Fah­rer (9,9 Prozent) würde eine Bedienung durch Sprachbefehle wirklich begrüßen. Knapp zwei Drittel (59,6 Prozent) präferieren hingegen weiterhin eine ganz oder we­nigstens überwiegend haptische Bedienung der Steue­relemente.

Reine Sprachsteuerung noch Zukunftsmusik

Nur jeder zwölfte Autobesitzer (8 Prozent) gibt an, keine Knöpfe, sondern ausschließlich eine Sprachsteuerung oder ein Touch-Display im eigenen Pkw zu haben. 61 Prozent der Halter hingegen besitzen keine digitalen Bediensysteme in ihrem Auto – die Hälfte von ihnen (52 Prozent) bevorzugt haptische Steuerelemente auch klar. Dennoch sehen 57,6 Prozent der Deutschen durchaus Vorteile in einer Sprachsteuerung: Vor allem durch das Plus an Sicherheit dank weniger Ablenkung (35,4 Prozent) und die Vereinfachung der Steuerung (16,6 Prozent). Die modernere Optik der Armaturen kann hingegen nur 5,7 Prozent überzeugen.

Renault Kadjar dCi 130 4x4, Touchscreen
Hans-Dieter Seufert
Die von Smartphones bekannte Spreizbewegung mit zwei Fingern erfordert vor allem bei kleineren Displays einen genauen Blick.

Fahrzeugfunktionen, die Autofahrer am liebsten haptisch steuern:

1. Fensterheber – 52,3 Prozent

2. Klimaeinstellungen (bspw. Temperatur, Gebläse) – 44,6 Prozent

3. Lautstärke – 43,4 Prozent

4. Lichtsteuerung (bspw. Abblend-, Stand- und Fernlicht) – 36,1 Prozent

5. Türsteuerung (bspw. Ent- und Verriegelung) – 32,9 Prozent

6. Komfortfunktionen (bspw. Sitz- oder Lenkradheizung) – 23,6 Prozent

7. Innenbeleuchtung (bspw. Leseleuchten) – 22 Prozent

8. Mediensteuerung (bspw. Vor/Zurück, Radiosenderauswahl) – 20,2 Prozent

Nicht abgefragt wurde die Bedienung des Scheibenwischers. Die Verstellung von dessen Intervallfunktion auf dem Touchscreen eines Model S wurde am 15. März 2019 einem Tesla-Fahrer zum Verhängnis. Er kam von der Bundesstraße 36 ab, fuhr in eine Böschung und gegen mehrere Bäume. Nach Auffassung des Amtsgerichts Karlsruhe deshalb, weil er "den fest neben dem Lenkrad über der Mittelkonsole des Fahrzeugs installierten Berührungsbildschirm (Touchscreen) benutzt (hat), um so die Intervalle des bereits wegen starken Regens eingeschalteten Scheibenwischers einzustellen. Das war offenbar ähnlich ablenkend wie die Bedienung eines Handys oder Ähnliches. Entscheidend ist die Dauer der Blickabwendung.

Angst vor Missverständnissen

Die gibt es bei der Sprachsteuerung nicht. Aber die Mehrheit traut der Funktionalität der Technik nicht (55,8 Prozent). Immerhin knapp jeder Zehnte (neun Prozent) sorgt sich um die Datensicherheit und mangelhaft geschützte Technik bei digitalisierten Bediensystemen im Auto.

Laut mobile.de ist derzeit etwa jeder vierte Gebrauchtwagen auf der Plattform mit einer Sprachsteuerung ausgestattet. Insgesamt stehen mehr als 1,5 Mio. Fahrzeuge in der Börse zum Verkauf.

Umfragebedingungen

Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutsch­land GmbH, an der vom 11. bis 13. November 2.068 Personen teilnahmen. Die Er­geb­nisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

Umfrage
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Fürs Handy okay, da trifft der Finger ins Ziel, aber im Auto sind mit klassische Knöpfe lieber.Ich finde die intuitive Bedienung von Smartphones sehr einfach und hätte sie gern auch im Auto.

Fazit

Touchscreens und Sprachsteuerung sind von Smartphone bekannt und gewohnt. Im Auto finden es offenbar trotzdem weniger Menschen gut. Vielleicht auch, weil in der Praxis die meisten schon feststellen mussten, dass die Bedienung von Touchscreens mehr optische Aufmerksamkeit erfordert als klassische Bedienelemente. Was nicht heißt, dass beispielsweise die Auswahl einer von 256 Farben für die Ambientebeleuchtung nicht in einem Menü des berührungsempfindlichen Zentraldisplays gut aufgehoben ist.

Aber häufig genutzte oder gar sicherheitsrelevante Funktionen sind schneller und zielsicherer mit echten Knöpfen und Hebeln zu erreichen – man denke nur an Blinker oder Hupe. Hinzu kommt die Gewohnheit, die bei vielen Umfrageteilnehmern auch eine Rolle spielen dürfte.

Vermutlich wird sich ein Kanon an Rest-Knöpfen herausbilden für Funktionen, die schnell während des Fahrens bedient werden können müssen. Die Sprachsteuerung, die bei modernen Systemen auch Alltagssprache versteht und immer besser wird, könnte für manche eine ebenfalls sichere Alternative werden. Ihre überschaubare Bewertung dürfte überwiegend auf die Erfahrung mit frühen Ausführungen zurückzuführen sein.