Technik erklärt
Warum E-Autos eine 12-Volt-Batterie brauchen

Tesla, Taycan, oder ID.3: Alle aktuellen Elektroautos haben neben einem riesigen Antriebs-Akku auch eine 12 Volt-Batterie. Warum? Um Starthilfe zu geben? Die wahren Gründe.

VW MEB
Foto: VW/ams

Die Traktionsbatterie der meisten Elektroautos, also die für den Antrieb, liefert eine Spannung von 400 Volt. Beim Porsche Taycan sind es sogar 800 Volt. Weil die elektrische Leistung sich als Produkt aus Spannung und Stromstärke errechnet, braucht der Elektroporsche weniger starke Ströme. Starke Ströme brauchen einen großen Kabelquerschnitt, bzw. sehr dicke Kabel und die gehen aufs Gewicht. Heißt: Autos mit weniger starken Strömen haben einen Gewichts- und einen Schnellladevorteil. Zum Vergleich: Bei einer Schnellladung mit 50 kW müssen bei den meisten E-Autos 125 Ampere fließen, beim Taycan sind es 62,5 Ampere, Hausnetze sind üblicherweise für 16 Ampere (bei 230 Volt) abgesichert.

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Viele Verbraucher, viele Netze

Natürlich arbeiten auch in Elektroautos jede Menge Verbraucher mit 12 Volt Spannung. Sie sind über Jahrzehnte entwickelt worden und kommen jährlich in 90 Millionen neuer Autos zum Einsatz. Klar, dass die kein E-Auto-Bauer neu entwickeln will, zumal sie alle keine großen Leistungen brauchen. Das 12-Volt-Bordnetz ist also auch in Elektroautos gesetzt. Beim Porsche Taycan gibt es sogar noch ein 48-Volt-Netz. Mit dieser Spannung arbeiten die elektrisch verstellbaren Stabilisatoren der Wankstabilisierung.

Aber könnten die Verbraucher nicht einfach von einem Gleichstromwandler, der die 400 oder 800 Volt aus der Traktionsbatterie in 12 oder 48 Volt transformiert, versorgt werden? Im Falle der Wankstabilisierung ist das so, eine 48-Volt-Batterie fehlt im Taycan. Warum also die 12-Volt-Batterie?

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Zündung an beim Elektroauto?

Eine Aufgabe der 12 Volt-Batterie ist auch beim Elektromotor tatsächlich das Starten des Fahrzeugs. Und da geht es vor allem um die bereits erwähnten 12-Volt-Komponenten. Zentralverriegelung, Innenlicht, Instrumente. Die Energie dafür speichert der 12-Volt-Akku und hält damit alle Autos (E-Fahrzeuge und Verbrenner) "auch nach etwa sechs Wochen Stillstand betriebsbereit", erklärt Jochen Kramer, Projektleiter für die Elektrik des Porsche Taycan. "Die Traktionsbatterie (Antriebsbatterie) hingegen ist bei verriegeltem Auto im Stand vom Hochvoltnetz getrennt – so wie man es auch zum gefahrlosen Arbeiten am Auto braucht", so Kramer. Der Druck auf den Startknopf verbindet sie mit dem Netz, schaltet auch beim E-Auto quasi die Zündung ein. Ein weiterer setzt den Motor unter Spannung. Das entspricht dem Anlassen in der Verbrenner-Welt. Beim Taycan reicht es übrigens, wenn sich der Schlüssel im Auto befindet, um die Hochvoltbatterie mit dem Netz zu verbinden, der Motor kriegt Spannung, wenn der Fahrtrichtungswählhebel auf D oder R gestellt wird.

Die 12-Volt-Batterie im E-Auto darf laut Kramer etwas kleiner sein, als die im Verbrenner, da sie eben keinen etwa 2 kW starken Elektro-Anlasser-Motor (wenn auch nur kurz) versorgen muss. Aus Gewichtsgründen ist die 12 Volt Batterie im Taycan übrigens eine Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie und kein Blei-Akku wie im Verbrenner.

Der E-Motor im Verbrenner kann das Auto auch (elektrisch) antreiben. Das merkt jeder, der beim Anlassen eines Handschalters vergessen hat, die Kupplung zu drücken. Das geht aber weder besonders geschmeidig und schon gar nicht lange gut. Zum Vergleich: Die Starterbatterie eines Porsche Panamera hat eine Kapazität von 1,32 kWh, die des Taycan ist 93,4 kWh groß.

Da stellt sich die Frage: Warum kann die Energie für den Startvorgang nicht via Wandler direkt aus der Traktionsbatterie entnommen werden?

Sicherheit erfordert Redundanz

"Tatsächlich ist eine Architektur ohne 12-Volt-Batterie denkbar", sagt Kramer. Es würde also grundsätzlich funktionieren, das 12-Volt-Netz immer via Wandler aus der Traktionsbatterie zu versorgen – aber das wäre nicht einfacher. Denn die 12-Volt-Batterie dient auch als Puffer, um für funktionale Sicherheitsaspekte Redundanz zu schaffen. So muss beispielsweise auch beim Verbrenner sichergestellt sein, dass die Lenkhilfe (Servolenkung) weiter funktioniert, wenn der Motor aus ist, damit die Manövrierfähigkeit erhalten bleibt. Nicht nur beim E-Auto arbeiten Servolenkungen heute meist elektrisch. Versorgte also die Traktionsbatterie via Spannungswandler die Servolenkung und fiele aus, bräuchte man eine zweite Batterie, die zumindest für eine gewisse Zeit noch Energie bereithält. Eine zweite, getrennt abgesicherte Hochvoltbatterie wäre erheblich aufwendiger als eine millionenfach erprobte 12-Volt-Technologie.

Starthilfe vom E-Auto?

Fun Fact: Die 12-Volt-Batterie erlaubt E-Autos, Autos mit Verbrennungsmotor Starthilfe zu geben, ohne dass die Hochvoltbatterie mit dem Netz des Autos verbunden ist. "Wenn die Starthilfe lang dauert, ist es freilich hilfreich, die Hochvoltbatterie zu aktivieren und so den Wandler unter Spannung zu setzen", so Jochen Kramer. Sonst kann es wie bei Starthilfe für Verbrenner ohne laufenden Motor und Lichtmaschine passieren, dass sich die 12-Volt-Batterie zu stark entlädt. Wer mal mit dem Taycan Starthilfe geben muss: Die 12-Volt-Batterie sitzt fast mittig vor der Spritzwand unter einer Abdeckung. Wer die abnimmt, findet dort auch wie beim Verbrenner einen Klemmpunkt mit roter Kappe und muss dann nur noch das schwarze Kabel an einen Massepunkt klemmen.

Fazit

Der Elektroantrieb hat mit dem 12-Volt-Bordnetz nichts zu tun. In dem steckt jahrzehntelange Entwicklung und es gibt unzählige bewährte Verbraucher, die mit dieser Spannung arbeiten. Drum bleibt das 12-Volt-Netz auch im E-Auto gesetzt.

Die 12-Volt-Batterie wäre zu seiner Versorgung nicht zwingend, ist aber bislang offenbar die einfachste Möglichkeit, redundante Sicherheitsfunktionen auch im E-Auto darzustellen. Darum fährt sie auch in E-Autos mit, bei Taycan und ID.3 sogar an den gleichen Einbauorten wie bei Verbrennermodellen. Dass die Sicherheitsfunktion eine Direktversorgung durch den Wandler möglich wäre, zeigt die fehlende 48-Volt-Batterie im Taycan. Während 12- und 48-Volt-Akkus in Autos mit Verbrennungsmotoren von der Lichtmaschine, also letztlich vom Verbrenner, geladen werden, übernimmt in Elektroautos die Traktionsbatterie via Wandler die Versorgung.