Verbrennungsmotoren mit Zukunft
Neues vom Hubkolbenmotor

Während die Politik gerade über ihre eigenen Prognosen zur Elektromobilität stolpert, rüsten sich die Fahrzeughersteller für ein verlängertes Leben des Verbrennungsmotors. Wie viel Technik bereits heute in den Triebwerken steckt, zeigt diese subjektive Auswahl.

Mercedes M 254
Foto: Hersteller

Alle Anstrengungen dienen der Effizienzsteigerung, ganz nebenbei gilt es, bei einigen Motoren die Emotionen hochzuhalten – mit Erfolg. Das Spektrum beeindruckt, denn es reicht vom Dreizylinder-Benziner mit kleinem Hubraum bis zum mächtigen V8-Saugmotor. Und jetzt: ab in den Brennraum!

Mercedes M 254

Mercedes M 254
Hersteller
(1) Der Segmentlader trennt die Fluten der Zylinder 1 und 4 sowie 2 und 3. (2) Ein wassergekühlter E-Motor sitzt als Zusatzverdichter auf der kalten Seite des Turboladers. (3) Mit bis zu 15 kW und rund 180 Nm unterstützt der 48-Volt-Startergenerator den M 254.

Wenn man so will, lädt Mercedes den zwei Liter großen Vierzylinder-Benziner M 254 (272 PS, 400 Nm) viermal auf: Beim Gasgeben schickt zunächst der E-Motor des Startergenerators sein Drehmoment ans Getriebe, es folgt der elektrisch angetriebene Zusatzverdichter. Er sitzt auf der kalten Seite des Turboladers und verdichtet die Ansaugluft so lange, bis der Abgasstrom ausreicht, die Turbine des Turboladers (dritte Stufe) anzutreiben. Vierte Stufe ist der Overboost, welcher 30 Sekunden lang 41 PS zusätzlich liefern kann. Zu Recht stolz sind die Mercedes-Ingenieure auf das verschliffene Überblenden dieser vier Stufen. Zum einen erinnert die Leistungsentfaltung stark an diejenige eines großvolumigen Saugmotors. Zum anderen läuft der M 254 sehr effizient.

Unsere Highlights

BMW B57D30

BMW B57D30
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(1) Unter dem Plastikdeckel: Das Common-Rail-Einspritzsystem arbeitet mit einem Druck von 2.500 bar. Daher ist die Hochdruckleitung aus geschmiedetem Metall. (2) Turbolader mit variabler Turbinengeometrie. Bei geringer Last stehen die Schaufeln flach, können so von der kleinen Abgasmenge schnell beschleunigt werden. (3) Das Aluminium-Kurbelgehäuse wird im Schwerkraft-Kokillengussverfahren hergestellt, das besonders dünne Wandstärken ermöglicht.

Eigentlich sehen Sie hier ein Auslaufmodell. Nein, Probleme mit Undichtigkeiten sind nicht bekannt, doch das 265 PS starke Dreiliter-Diesel-Triebwerk mit einem Turbolader wird sukzessive durch eine Mildhybrid-Variante mit Biturbo-Aufladung und 286 PS ersetzt. Dabei begeistert bereits der "alte" Reihensechszylinder mit immensem Schub selbst in einem X5, denn das maximale Drehmoment von 620 Nm liegt bereits bei 2.000 Umdrehungen an. Zusammen mit dem Achtstufen-Automatikgetriebe sorgt das Aggregat für verzögerungsarmen Vortrieb, ermöglicht bei langen Reisen einen Durchschnittsverbrauch mit einer Acht vor dem Komma – und der Neue soll alles noch besser können.

Ford Coyote

Ford Coyote
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(1) Erhöhte Effizienz dank kombinierter Saugrohr- und Direkteinspritzung. (2) Die 87 Millimeter große Drosselklappe des Shelby GT350 und ein CMC-Ventil verbessern das Ansprechverhalten. (3) Zwei obenliegende Nockenwellen pro Zylinderbank mit variabler ein- sowie auslassseitiger Steuerung.

Ist ein V8-Sauger nicht ein antiquiertes Eisenschwein? Nun, auch wenn der 5,0-Liter-Motor dank Cross-Plane-Kurbelwelle in der Folge 1-5-4-8-6-3-7-2 zündet und wunderbar blubbert, gehört der Small Block nicht zum Alteisen. Im Mustang Mach 1 mobilisiert der Aluminium-V8 ein maximales Drehmoment von 529 Nm, überdies 460 PS und dreht bis 7.500 Touren. Vier obenliegende variable Nockenwellen, Plasma-beschichtete Zylinderlaufbahnen sowie eine kombinierte Saugrohr- und Direkteinspritzung sollen beste Effizienz gewährleisten, während das CMCV – eine Art zweite Drosselklappe mit einer kleinen, asymmetrischen Öffnung – den Luftstrom bei niedrigen Drehzahlen optimiert.

Honda K20C1

Honda K20C1
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(1) Roter Ventildeckel und Aluminium-Ansaugrohr. (2) VTEC-Technologie steigert Leistung und Effizienz des Mono-Turboladers. (3) Der Ladeluftkühler kühlt seit dem Facelift 13 Prozent besser.

Konstruiert in Japan, gebaut in Amerika: Der K-Motor von Honda ist schon weit herumgekommen, bevor er die Vorderräder des Civic Type R mit 400 Nm Drehmoment malträtiert. Untypisch für einen Turbo-motor: die hohe Drehfreudigkeit dank einer geschmiedeten Leichtbau-Kurbelwelle. So liegen die 320 PS des Vierzylinders erst kurz vor dem Begrenzer bei 6.500 Touren an. Dann herrscht im Drehzahl-keller sicherlich Flaute, oder? Von wegen! Der K20C1 spricht dank variabler Ventil- steuerung (VETC), die bei niedrigen Drehzahlen die Ventilüberschneidung erhöht und den Hub verringert, bissig an.

Jaguar Land Rover Ingenium I6

Jaguar Land Rover Ingenium I6
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(1) Hub und Öffnungszeit der Einlassventile sind variabel, die Einlassnockenwelle kann um 70 Grad vorverstellt, die Auslassnockenwelle um 50 Grad verzögert werden. (2) Neben einem Twin-Scroll-Turbolader sorgt ein elektrisch angetriebener Kompressor (eSC) für ein schnelles Ansprechen des Motors. Der eSC bekommt die notwendige Energie von einer 48-V-Batterie. (3) Die Kurbelwelle besteht aus geschmiedetem Carbonstahl und verfügt über 12 Gegengewichte sowie einen hydraulischen Schwingungsdämpfer für einen ruhigen Motorlauf.

Das Dreiliter-Aggregat wuppt mit großer Souveränität den moppeligen, 2,3 Tonnen schweren Range Rover Sport, läuft vibrationsarm, antrittsstark, klingt beim Ausdrehen kernig-sportmotorig und konsumiert dabei in angemessenen Mengen Kraftstoff – obwohl die 48-Volt-Mildhybrid-Technik den Motor nur zeitig beim Ausrollen vor roten Ampeln ausknipst, sonst nicht. Sie treibt aber einen elektrischen Kompressor an, bringt ihn in 300 Millisekunden von 5.000 auf 65.000/min. Die Eckdaten: 400 PS, ein maximales Drehmoment von 550 Nm bei 2.000 Umdrehungen. Können wir uns auch sehr gut im Jaguar F-Type vorstellen.

Toyota G16E-GTS

Um 261 PS und 360 Nm aus einem 1.618 cm³ kleinen Dreizylinder zu quetschen, brauchst du schon einen ziemlichen Oschi von einem Turbo. Ja, das ist eher die sinngemäße als die wörtliche Übersetzung dessen, was Toyota zur Entwicklung des GR Yaris mitteilt. Für die Rallye-WM – und 25.000 Homologations-Exemp- lare – entwickelte die Sportabteilung Gazoo Racing einen Zwölfventiler voller Rennsporttechnik: mit kombinierter Saugrohr- und Direkteinspritzung, steil angewinkelten Einlass- und größeren Auslassventilen zur Hochgeschwindigkeits-Verbrennung, hochfesten Pleueln, hydraulischem Motorlager mit Drehmomentstützen und dem in den Abgaskrümmer integrierten Single-Scroll-Turbo mit Extrem-Leichtlauf-Kugellager. Ein kurzes Ladezögern nur, dann legt der Motor mit einer Vehemenz los, als gälte es immer, den Col de Turini hoch einem Rudel Hyundai i20 WRC davonzujagen. Na, gilt es ja auch.

Porsche 9A2evo

Porsche 9A2evo
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(1) Die Kurbelwelle wurde versteift, um die höheren Drehzahlen zu verkraften. (2) Bohrung von 102 mm (911-Dreiliter: 91 mm) sowie Hub von 81,5 mm (statt 76,4 mm). (3) Einlassventile mit 42,3 mm Durchmesser, Auslassventile mit 35,1 mm.

Sechszylinder-Boxer, frei saugend, vier Liter, 420 PS, 420 Nm, 8.000/min Maximaldrehzahl – lecker! Der heißblütige Motor des Cayman GT4 basiert auf dem Dreiliter-Turbo des 911. Neu: Zylinderköpfe samt Ventiltrieb. Piezo-elektrisch gesteuert wird bis zu fünfmal je Arbeitstakt direkt eingespritzt – ganz im Sinne der Effizienz. Was hat der Mittelmotor zum Spritsparen sonst noch auf Lager? Die Abschaltung von drei Zylindern (eine Bank).

PSA 1.2 PureTech EB Turbo

PSA 1.2 PureTech EB Turbo
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(1) Die Direkteinspritzung bringt es auf 250 bar Druck. (2) Die Kurbelwelle und die Pleuel bestehen aus Stahl – wegen der hohen Verbrennungsdrücke. (3) Der Zahnriemen läuft im Ölbad, soll zehn Jahre/175.000 km halten.

Dieser emsige Dreizylinder ist mehr als ein Motor. Er ist ein wahrer Antrieb. Weil es ihm gelingt, selbst einem unscheinbaren Auto ein besonderes Fahrvergnügen zu entlocken. Und an unscheinbaren Autos mangelt es im PSA-, sorry, jetzt Stellantis-Konzern keineswegs. 2012 startet der 1.199 cm³ kleine Benziner als Sauger. Seit 2014 plustert ihn ein Turbo – der quirlt mit 240.000/min – zu stürmischem Temperament auf, mit dem sich vor allem kleinere Modelle wie Opel Crossland oder Citroën Cactus mitreißend anfühlen. Den Turbo gibt es mit 100, 110, 130, 136 und als Top-Version EB2ADTX mit 155 PS.

VW 2.0 TDI EA288 evo

VW 2.0 TDI EA288 evo
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(1) VTG-Turbolader mit elektrischer Verstellung der Leitschaufeln. (2) AdBlue-Einspritzung vor motornahem SCR-Kat mit 3,4 Litern Volumen. (3) Zweite AdBlue-Dosierung für hohe Stickoxid-Konvertierungsraten auch bei hoher Last.

Ob mit 115, 150 oder 200 PS – in jeder Ausführung des konzernweit eingesetzten Vierzylinders mit zwei Litern Hubraum kümmern sich gleich zwei SCR-Katalysatoren per Twindosing um niedrigste Stickoxid-Emissionen. Unter allen Bedingungen: Bei geringen Abgastemperaturen ab dem Kaltstart übernimmt der motornah angeordnete Kat, bei hohen wie etwa bei schneller Autobahnfahrt der zweite im Fahrzeugboden. Im Kurbelgehäuse aus Aluminium rotieren bei den stärkeren Varianten neben der Kurbelwelle aus Komfortgründen zwei Ausgleichswellen. Der Sprit schießt mit bis zu 2.200 bar über vier Düsen mit acht winzigen Löchern direkt in die jeweiligen Brennräume, wobei die Magnetventil-Injektoren die injizierte Menge pro Arbeitstakt in bis zu neun Einzeleinspritzungen aufteilen können. Maximales Drehmoment in der stärksten Ausbaustufe im Golf GTD: 400 Nm ab 1.750/min. Nächster Entwicklungsschritt: ein 48-Volt-Mildhybrid-System.

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