Twindosing - Neuer Sauber-Diesel von VW
Kaum mehr NOx bei Passat, Golf & Co.

VW hat zur Nachbehandlung von Dieselabgasen das SCR-System weiterentwickelt. Twindosing setzt auf einen zweiten SCR-Kat und eine zweifache SCR-Einspritzung. Das Ergebnis bei Messungen von Emissions Analytics ist beeindruckend.

VW Abgasnachbehandlung SCR Kat Twindosing
Foto: VW

SCR-Abgasnachbehandlungs-Systeme zur Reduzierung von NOx-Emissionen bei Dieselmotoren gehören mittlerweile bei fast allen Diesel-Pkw zur Standardausrüstung. VW hat jetzt die bekannte SCR-Technologie ("Selective Catalytic Reduction") zum Twindosing-Verfahren weiterentwickelt.

Neuer TDI für Passat und Golf VIII

Dabei wird Adblue gezielt vor zwei hintereinander angeordneten SCR-Katalysatoren eingespritzt. Das Verfahren kommt im neuen Passat 2.0 TDI Evo mit 110 kW (150 PS) zum Einsatz. Er bringt so bereits jetzt die technischen Voraussetzungen mit, um die künftige Abgasnorm Euro 6d zu erfüllen. Mit dem Twindosing-Verfahren sollen die Stickoxid-Emissionen gegenüber den Vorgänger-Generation der jeweiligen Modelle um rund 80 Prozent reduziert werden können. Auch der neue VW Golf VIII soll in allen TDI-Versionen auf Twindosing setzen.

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Zweiter SCR-Kat und zweite AdBlue-Einspritzung

Das Twindosing-Verfahren arbeitet statt wie die bisherige Abgasreinigung im Diesel nicht mit einem, sondern mit zwei SCR-Katalysatoren. Als erster fungiert der motornahe Rußpartikelfilter, in den die Harnstofflösung Adblue eingespritzt wird. Durch die Einbaulage und eine zusätzliche Heizmöglichkeit kann dieser Kat vor allem bei niedrigen Abgastemperaturen schon sehr effektiv NOx reduzieren. Der zweite SCR-Kat befindet sich im Fahrzeugunterboden. Durch den größeren Abstand zum Motor ist die Abgastemperatur vor dem zweiten Katalysator um bis zu 100°C niedriger. Dadurch erweitert sich das Fenster für die Abgasnachbehandlung: Auch bei motornahen Abgastemperaturen von +500°C – solch hohe Temperaturen entstehen beispielsweise bei schnellen Autobahnfahrten, bei hohen Drehzahlen über einen längeren Zeitraum oder bei Bergfahrten, vor allem mit voll beladenen Fahrzeugen oder im Anhängerbetrieb – kann das Gesamtsystem noch sehr hohe Konvertierungsraten erreichen. Ein Sperr-Kat hinter dem SCR-System fängt zudem überschüssigen Ammoniak ein.

NOx-Emission nur noch ein Achtel des Euro-6d-Grenzwertes

Dass das neue Abgasreinigungssystem nicht nur in der Theorie funktioniert, konnte Emissions Analytics, das unabhängige Messinstitut, mit dem auch auto motor und sport seine Abgasmessungen durchführt, in einem Fernseh-Beitrag von ARD plusminus eindrucksvoll unter Beweis stellen. Einem Passat Variant hängten die Spezialisten aus England ein Messinstrument an (Portable Emission Measurement System, PEMS), um die Emissionen des EA288 evo-Dieselmotors im realen Straßenbetrieb (RDE) zu ermitteln – wie es die neuen Abgasnormen Euro 6d Temp und Euro 6d vorschreiben. Das Ergebnis: Im Schnitt emittierte der TDI lediglich 11 mg NOx/km. Der Grenzwert für die Euro 6d Norm liegt bei 80 mg, der für Euro 6d Temp wegen des Korrekturfaktors von 2,1 bei 168 mg.

Zu Beginn des Tests zeigte die Motornähe des ersten SCR-Kats offenbar Wirkung, denn die Werte blieben auch nach dem Kaltstart erstaunlich niedrig. Im weiteren Verlauf der Messfahrt provozierten die Experten mit kräftigen Beschleunigungsmanövern hohe Lastanforderungen, obwohl der RDE-Test eine normale Fahrweise vorsieht. Die Abgasreinigung des Passat kam aber den Messwerten zufolge auch mit größeren Abgasmengen zurecht: Selbst bei rüden Beschleunigungsmanövern blieb der NO(x)-Wert unter 80 ppm (parts per million). Auch der zweite SCR-Kat im Fahrzeugboden scheint seinen Zweck zu erfüllen. Bei normaler Fahrweise mit betriebswarmem Motor sanken die NOx-Werte auf nahe Null.

Auf dem niedrigen Durchschnittsniveau des Passat maß Emissions Analytics auch die C-Klasse (10mg/km), für die Mercedes von einer motornahen Abgasreinigung spricht. Höhere Werte, aber weit unter dem Limit, ergaben Messungen mit dem Citroën C5 (27 mg/km) und dem Renault Mégane (34 mg/km).

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Fazit

RDE-Abgasmessungen zeigen, wie viel Abgas Autos in der Praxis auf öffentlichen Straßen wirklich emittieren. Sie sind extrem anspruchsvoll, weil sie nicht im Labor unter reproduzierbaren Bedingungen stattfinden. Weil diese harten Messbedingungen die gesetzlichen Limits de facto verschärfen, hat der Gesetzgeber für die Abgasnorm Euro 6d Temp den Korrekturfaktor 2,1 eingeführt. Das heißt, Diesel dürfen statt 80 mg/km 168 mg NOx pro Kilometer ausstoßen. Die Autohersteller haben bewiesen, dass diesen Wert mit SCR-Kats einhalten können.

Die nächste Generation der Abgasreinigungstechnik schafft sogar Werte deutlich unter dem Grenzwert von 80 mg/km. Ausgerechnet vom Diesel-Sünder VW kommt mit Twindosing eine Technik, die den Wert fast um den Faktor acht unterbietet, Mercedes schafft sogar exakt eine Achtelung. Vor dem Dieselskandal haben die Selbstzünder im realen Straßenverkehr gerne mal das Achtfache des Grenzwerts ausgestoßen – und waren dennoch gesetzeskonform.

Vier Jahre nach dem Abgasskandal ist klar: Der ultrasaubere Diesel ist machbar, bei den Partikeln vermag er die Stadtluft sogar sauberer zu machen.