Neue Abgasnorm EU7 - Fragen und Antworten
Abgasnorm Euro 7 final beschlossen

Die neue Abgasnorm Euro 7 kommt – das hat die EU jetzt mit der Zustimmung des EU-Rats final beschlossen. Doch ab wann gelten welche Grenzwerte? Und was haben Reifen, Bremsen und Batterien damit zu tun? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Abgasnorm Euro 7 Collage
Foto: Hersteller / Patrick Lang

Der EU-Rat hat am 12. April 2024 die Euro-7-Verordnung angenommen, in der Vorschriften über Emissionsgrenzwerte für Straßenfahrzeuge und die Haltbarkeit von Batterien festgelegt sind. Dies ist der letzte Schritt im Beschlussfassungsprozess. Sobald die Verordnung von der Präsidentin des Europäischen Parlaments und dem Präsidenten des Rates unterzeichnet ist, wird sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung tritt sie dann in Kraft. Gültig wird die neue Norm für Autos und Vans, die erstmals eine Typgenehmigung erhalten, erst 30 Monate nach Veröffentlichung im Gesetzesblatt in Kraft treten – das dürfte dann also frühestens gegen Ende 2026 sein. Fahrzeuge, die bereits über eine Typgenehmigung verfügen oder bei der Neuauflage eine bereits existente Typgenehmigung weiter nutzen, müssen erst zwölf Monate später auf Euro 7 umgestellt werden. Bei Bussen, Lkw und Anhängern ist für die Euro 7-Umstellung eine Frist von vier Jahren für neue Typgenehmigungen und fünf Jahre für bereits bestehenden Typgenehmigungen vorgesehen.

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Bleiben jetzt die Euro-6-Grenzwerte?

Das Wichtigste für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor: Die bekannten Euro-6-Grenzwerte für Kohlenmonoxid, Stickoxide oder Feinstaubpartikel werden weiterhin gelten. Und auch die Testbedingungen – beispielsweise für den Kaltstart – bleiben unverändert. Hier wollte die Kommission ursprünglich strengere Bedingungen durchsetzen. Allerdings werden Feinstaubpartikel in der neuen Norm nun auch ab einer Größe von 10 Nanometern gezählt. Bisher lag die Grenze bei 23 Nanometern.

Die deutsche Regierung, die erheblich verschärfte Regelungen in der Euro-7-Norm durchsetzen wollte, wurde bereits vor der Abstimmung im EU-Ministerrat klar überstimmt. Für die europäische Autoindustrie bedeutet diese Entscheidung eine gewisse Verschnaufpause. Zwölf Jahre vor dem endgültigen Verbrenner-Verbot müssen nun offenbar keine für die ursprünglich geplanten strengen Regeln geeigneten Motoren entwickelt werden. Diese hätten besonders preisgünstige Pkw – zum Beispiel in der Kleinwagenklasse – prozentual stark verteuert. Bei manchen Herstellern war sogar schon über das Aus von Kleinwagen im Markenangebot diskutiert worden.

Welche neuen Punkte beinhaltet Euro 7?

Einige neue Anforderungen kommen außerdem hinzu. Vorgeschrieben werden in der Euro-7-Norm nämlich der Abrieb von Reifen und Bremsen. Für E-Autos gelten dabei sogar strengere Grenzwerte für als Autos mit Verbrennungsmotor oder Hybridfahrzeuge. Vorgaben gibt es in Zukunft auch für die Lebensdauer der Traktions-Batterien, die in Elektro- und Hybridfahrzeugen eingesetzt werden. Nach fünf Jahren oder 100.000 gefahrenen Kilometern müssen die Akkus noch 80 Prozent der ursprünglichen Leistung besitzen. Nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern sollen es 72 Prozent sein.

Abgasnorm auch für E-Autos?

Natürlich erzeugen E-Autos bei der Fahrt keine direkten Abgase. Daher sollen nun weitere Schadstoffquellen in den Fokus genommen werden (Feinstaub durch Reifen- und Bremsenabrieb). Damit rücken auch Elektro-Pkw in die Reichweite einer neuen Abgasnorm. Hier sollen aber zunächst keine EU-Grenzwerte und -Regeln erstellt, sondern stattdessen bevorstehende Abkommen der Vereinten Nationen abgewartet werden.

In der Bildergalerie haben wir die 25 beliebtesten Elektroautos in Deutschland im Jahr 2023 zusammengefasst.

Bekommen E-Fuels einen Sonderstatus in Euro 7?

Bisher nicht. Damit verebbt die Forderung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und den Christdemokraten im Europaparlament, eigene Euro-7-Grenzwerte für klimaneutrale Kraftstoffe zu schaffen. Momentan verhandeln die EU-Staaten noch darüber, ob eine neue Fahrzeugkategorie – E-Fuels-only – geschaffen werden soll. Eine Entscheidung wollen die Länder bis 31.01.2024 treffen.

Soll es Ausnahmen geben?

Ausnahmen sind nach jetzigem Stand nicht geplant. Zusatzklassen für Autos, die besser abschneiden als von der Standard-Euro-7-Norm gefordert, sind allerdings denkbar. So soll Euro 7+ für Autos gelten, die mindestens zehn Prozent weniger Schadstoffe ausstoßen. Oder deren Batterie mindestens zehn Prozent länger hält als gefordert. Euro 7A ist für Autos vorgesehen, deren Abgasreinigungssystem sich anpassen lässt, sodass beispielsweise in Umweltzonen der Ausstoß gesenkt werden kann. Euro 7G soll für Hybridautos mit Standortbestimmung gelten, die in Umweltzonen zum Beispiel automatisch in einen rein elektrischen Fahrmodus wechseln. Erfüllt ein Auto mehrere dieser Anforderungen, sollen die Labels auch miteinander kombiniert werden können (etwa Euro 7+A oder Euro 7AG).

Guter Kompromiss für die Autohersteller?

Der tschechische Abgeordnete Alexandr Vondra, Mitglied im Umweltausschuss, erklärte dazu: "Es ist uns gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Umweltzielen und den vitalen Interessen der Hersteller herzustellen. Es wäre kontraproduktiv, eine Umweltpolitik zu betreiben, die sowohl der europäischen Industrie als auch den Bürgern schadet. Mit unserem Kompromiss dienen wir den Interessen aller Beteiligten und halten uns von extremen Positionen fern."

Letztlich soll sich vor dem angekündigten Verbrenner-Aus im Jahr 2035 nichts mehr wesentlich an der bereits bestehenden Abgasnorm Euro 6 ändern. Lediglich kleinen Punkten soll es Anpassungen geben. Euro 7 wird nun wohl erst zweieinhalb Jahre (neue Fahrzeugmodelle) beziehungsweise dreieinhalb Jahre (alle neu zugelassenen Pkw) nach der Verabschiedung einer Verordnung in Kraft treten.

Rückblick: Was war eigentlich geplant?

Kritiker befürchteten mit der Abgasnorm Euro 7 schon ein Verbrenner-Verbot durch die Hintertür, als vor rund zwei Jahren erste Vorschläge einer Expertengruppe an die Öffentlichkeit gelangten. Die damals diskutierten Grenzwerte wären nur mit einem extremen technischen Aufwand einzuhalten gewesen, der vor allem kleinere Autos überproportional verteuert hätte. Der Gesetzesvorschlag, den die EU-Kommission im Herbst 2022 veröffentlichte, wirkt auf den ersten Blick deutlich milder. Hier fassen wir für Sie zusammen, was Sie über die Abgasnorm Euro 7 wissen müssen.

Bereits am 12. Oktober 2023 gelang den Befürwortern einer stark abgeschwächten Euro-7-Norm der wichtige Etappensieg: Der Umweltausschuss des EU-Parlaments stimmte für die neue Regelung, die im Grunde die heute gültige Euro-6-Norm mit ihren Grenzwerten weiterführt. Bemerkenswert war die Stimmenverteilung im "Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI)": 52 Mitglieder votierten für die "weicheren" Regeln, lediglich sieben dagegen.

Dem neuen Entwurf zufolge sollen die derzeit geltenden Euro-6-Vorschriften bis zum 1. Juli 2030 für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und bis zum 1. Juli 2031 für Busse und Lkw gelten (im Vergleich zu 2025 bzw. 2027, wie es von der EU-Kommission gefordert wurde). Der ENVI-Bericht wurde auf der Plenartagung im November 2023 angenommen und nun die Verhandlungsposition des Parlaments mit den EU-Regierungen über die endgültige Form der Rechtsvorschriften darstellen.

Wie hart waren die geplanten Grenzwerte?

Die geplanten Schadstoffgrenzen orientierten sich an den aktuellen Euro-6d-Werten, sahen jedoch keine Unterschiede mehr zwischen Dieseln und Benzinern vor. Ein Diesel darf dann nicht mehr 80 mg NOx/km (also Stickoxide) emittieren, sondern nur noch die für Benziner bereits geltenden 60 mg. Der für Ottomotoren erlaubte Kohlenmonoxid-Ausstoß soll auf 50 Milligramm (den Dieselwert) halbiert werden. Zudem muss die Abgasreinigung in der Lage sein, sämtliche Grenzwerte zehn Jahre lang über 200.000 Kilometer einzuhalten – statt fünf Jahre und 100.000 Kilometer.

Was sagte die Autoindustrie zu den ursprünglichen Plänen?

Der VDA hielt die Euro-7-Grenzwerte bei Pkw ebenfalls für "terminlich nicht umsetzbar" und bei schweren Nutzfahrzeugen bis Juli 2027 für "technologisch kaum realisierbar". VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte kurz nach Bekanntgabe der Pläne: "Der Vorschlag der EU-Kommission setzt nicht auf Ausgewogenheit und Machbarkeit, sondern auf unrealistische Extrem-Ziele". Die Entwicklung und Genehmigung eines entsprechenden Antriebs bei einer Vorlaufzeit von nur einem Jahr nach erwartetem Abschluss der delegierten Rechtsakte sei nicht realisierbar. Der VDA forderte daher "dringend Verbesserungen" sowie "die Einführung von sinnvollen und realistischen Prüfbedingungen, die das Fahren in Europa in der Breite abdecken".

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auto motor und sport
So erfolgreich war die Abgasnorm Euro 6d (Temp).

Reuters zufolge hatte Skoda verlauten lassen, 3.000 Arbeitsplätze abbauen zu müssen, falls die Euro-7-Norm wie geplant umgesetzt würde. Carlos Tavares, Chef des Stellantis-Konzerns, bezeichnete Teile der Regelung als "nutzlos". Auch Oliver Zipse kritisierte bei der letzten BMW-Hauptversammlung am 12. Mai 2023 die EU-Pläne: "So wie aktuell vorgesehen, geht es einfach nicht", sagte der Vorstandvorsitzende, der die für 2025 geplante Einführung der Euro-7-Norm für "vollkommen unrealistisch" hält. Zipse forderte, deren Einführung für Pkw auf Mitte 2027 zu verschieben und die Grenzwerte auf alltägliche Fahrsituationen statt auf "Sonder- und Extremfälle" auszurichten.

Liegen die Grenzwerte auf der Straße höher als im Labor?

Die eigentliche Verschärfung der Grenzwerte war dem Kleingedruckten zu entnehmen: So müssten Fahrzeuge auch im Realverkehr die strengen Normen einhalten. Bisher können sie einen Conformity-Faktor genannten Aufschlag gegenüber Messungen auf dem Rollenprüfstand geltend machen, der bei NOx beispielsweise 1,43 beträgt. Aus 80 mg eines Euro-6d-Diesels werden so 114 mg/km. Zukünftig müsste ein Diesel auch im Realverkehr unter 60 mg bleiben. Darüber hinaus wird der Temperaturbereich erweitert, in dem die Abgasreinigung einwandfrei funktionieren muss – auf bis zu 45 Grad Celsius, was sieben Grad höher liegt als aktuell.

Welche Fortschritte sollte die neue Abgasnorm bringen?

"Im Jahr 2035 wird Euro 7 die gesamten NOx-Emissionen von Pkw und Transportern im Vergleich zu Euro 6 um 35 Prozent verringern", prognostizierte die EU-Kommission im Vorfeld. Bei Lastwagen und Bussen sollte die Reduzierung im Vergleich zur Euro-VI-Regelung sogar 56 Prozent betragen. Die Emission von Feinstaub-Partikeln am Auspuff von Pkw und Transportern soll zu diesem Zeitpunkt um durchschnittlich 13 Prozent niedriger liegen, die beim Bremsen um 27 Prozent.

Anders als bisher wird nicht mehr zwischen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen (Euro 6) sowie Lastwagen und Bussen (Euro VI) unterschieden. "Mit den Euro-7-Normen werden die Emissionsgrenzwerte für alle Kraftfahrzeuge, das heißt für Pkw, Lieferwagen, Busse und Lkw, in einem einzigen Regelwerk zusammengefasst", sagt die EU-Kommission. Allerdings erhalten schwere Nutzfahrzeuge eine zwei Jahre längere Schonfrist, bis sie die neuen Grenzwerte einhalten müssen (siehe unten).

Werden Autos wegen Euro 7 teurer?

Wahrscheinlich treibt die neue Abgasnorm die Preise nicht ganz so stark nach oben, wie von Verbraucherschützern befürchtet. Um welchen Faktor, da sind sich Gesetzgeber und Industrie uneinig. Da aktuelle Autos nach Euro 6d ohnehin schon über eine komplexe und teure Abgasreinigung verfügten, bezifferte die EU-Kommission bei der Vorstellung ihrer Pläne die Mehrkosten pro Fahrzeug auf durchschnittlich 80 bis 180 Euro.

Sowohl der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) als auch dessen europäisches Pendant European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA) hält die Entwicklung Euro-7-konformer Antriebe für deutlich kostenintensiver – zumindest nach den ursprünglichen Plänen. Eine Studie des britischen Beratungsunternehmens Frontier Economics, in Auftrag gegeben von der ACEA, soll die These der Hersteller stützen. Demnach würden sich die Herstellungskosten pro Fahrzeug um das Vier- bis Zehnfache jenes Wertes erhöhen, den die EU-Kommission prognostiziert, wobei die ACEA andere Zahlen heranzieht als jene, die von der EU ursprünglich veröffentlicht wurden.

ACEA Grafik Kostensteigerung durch Abgasnorm Euro 7 EU7
European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA)
Diese Diagramme sollen die vermeintliche Kostensteigerung veranschaulichen, die strengere Abgas-Grenzwerte hervorrufen würden.

Wären Messbedingungen und Grenzwerte wie ursprünglich gefordert verschärft worden, sähe die Sache anders aus: Bei Pkw und Transportern mit Verbrennungsmotoren wären die Mehrkosten zwischen 1.862 und 2.629 statt 184 bis 446 Euro pro Exemplar. Lkw und Busse mit Dieselmotoren würden in der Herstellung den ACEA-Schätzungen zufolge sogar 11.707 Euro teurer; der Gesetzgeber rechnet mit 2.765 Euro. Für die Kundinnen und Kunden lägen die Preiserhöhungen wahrscheinlich deutlich höher, so die Schlussfolgerung der ACEA. Hinzu kämen indirekte Kosten wie ein erhöhter Kraftstoffverbrauch aufgrund der komplizierteren Abgasreinigung, die in den EU-Berechnungen nicht berücksichtigt worden seien. "Der Euro-7-Vorschlag ist nicht der richtige Weg, da er eine extrem geringe Umweltwirkung bei extrem hohen Kosten hätte", sagt Sigrid de Vries, die Generaldirektorin des ACEA.

Welche Länder kämpften gegen strenge Euro-7-Grenzwerte?

Neben Frankreich und Italien hatten Tschechien, Polen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn sowie die Slowakei ein Papier unterzeichnet, mit dem die anderen EU-Staaten überzeugt werden sollten, sich dem EU7-Protest anzuschließen. Deutschland war nicht dabei. Die Stimmenanzahl hätte dennoch gereicht, um die neue Abgasnorm bei einer Abstimmung zu blockieren. "Unser Bestreben ist es, die Euro-7-Bedingungen wirklich realistisch zu gestalten, sie erreichbar zu machen", sagte der tschechische Verkehrsminister Martin Kupka bereits im März 2023. Sein Land stellte sich damals einen Zeitraum von vier Jahren vor, in der sich die Autoindustrie auf die Euro-7-Norm vorbereiten können soll. Demnach hätte sich die Einführung auf 2027 verschoben.

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Fazit

Nach der Entscheidung von EU-Parlament, EU-Kommission, EU-Ministerrats und EU-Rat dürfte die Autobranche aufatmen. Eine strenge Euro-7-Abgasnorm ist demnach vom europäischen Tisch. Stattdessen wird im Grunde nur die bestehende Euro-6-Norm angepasst und um einige Anforderungen in Bezug auf Reifen- und Bremsabrieb erweitert. Für die Automobilindustrie bedeutet das eine große Ersparnis bei der Entwicklung neuer Motoren und Abgasreinigungssysteme. Zuletzt war wegen der befürchteten Kosten vermehrt über die Einstellung vieler Klein- und Kleinstwagen spekuliert worden, weil diese nicht mehr wirtschaftlich hätten produziert werden können.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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