Aiways U6 gegen Hyundai, Skoda & VW im Test
Kann sich Aiways im Elektro-Vergleich behaupten?

Seit die Mobilität sich wendet, kommen ja immer wieder ein paar neue Akteure dazu. Aber lohnt es sich, Aiways jetzt immer auf dem Zettel der ernst zu nehmenden neuen Hersteller zu haben? Das klären wir im Vergleichstest des Aiways U6 gegen die etablierten Rivalen Hyundai Ioniq 5, Skoda Enyaq Coupé iV und VW ID.4.

Aiways U6, Hyundai Ioniq 5, Skoda Enyaq, VW ID.4,
Foto: Hans-Dieter Seufert

Noch den Fernseher mit dem Sessel zertrümmern, die Minibar plündern, endlich durch den Salon marodieren. Ach, es wäre eine zum In-die-Welt-Setzen schöne Legende, hätte Mick erkannt, eben keine 70 mehr zu sein, als es ihn zum ersten Mal anstrengte, eine Hotelsuite zu verwüsten. Jüngst feierte Mick Jagger den 80., was einerseits seinen Chancen, einen frühen Rock ’n’ Roller-Heldentod zu sterben, einen weiteren Dämpfer verpasste. Andererseits mag es für ihn zunehmend mühsam sein, das hohe Niveau der Unbotmäßigkeit zu halten, das die Öffentlichkeit von seinem Lebensstil seit Dekaden gewohnt ist. Das darf man wohl Altlasten nennen, womit wir – wer hätte es vermutet – beim Thema sind.

Der große E-Ratgeber

Nämlich bei der chinesischen Firma Aiways. Die wird 2017 gegründet, richtet 2019 ihre Europa-Dependance ein und verkauft derzeit die E-Modelle U5 und U6. Über den U6, wie viele Elektros eine hochgetakelte Schrägheck-Limousine, die sich als Crossover-Viertürer-Coupé verstanden wissen will, schreibt die Presseabteilung: Bei der Entwicklung habe es zu den Vorteilen gezählt, "nicht auf markenhistorische Altlasten bauen zu müssen".

Solch stolzgeschwelltes Brüsten werden sie gern hören bei VW, Skoda und Hyundai, wo sie das, was Aiways Altlast nennt, als Tradition verstehen. Etwa an Ingenieurskenntnis von Motorenbau über Fahrwerksabstimmung bis hin zu – Altlast, but not least – dem Anspruch, ein Auto erst zu verkaufen, wenn es fertig entwickelt ist. Womit wir eine Menge Gründe beisammenhaben, um den neuen Aiways U6 gegen die Altvorderen Ioniq 5, Enyaq Coupé iV und ID.4 zu testen. Alle vier kommen mit einem E-Motor. Fahren, testen und punkten wir heraus, wer am Ende alt aussieht.

Aiways U6: Es gibt kein Alten mehr

Aiways U6
Hans-Dieter Seufert

38,2 Meter freie Bahn sollten vor dem U6 bei einer Vollbremsung mit warmer Anlage von 100 auf 0 km/h liegen. Der ID.4 steht 3,1 m früher – an der Stelle muss der Aiways noch 28 km/h wegbremsen.

Nun, die Zukunft kam auch schon mal unvorhersehbarer daher. Denn wenngleich Aiways die eigene Geschichtslosigkeit so sehr verklärt, zeigt sich doch schnell, welchem anderen Hersteller ohne Drang zur Vergangenheitsbewältigung die Firma nacheifert. Genau: Tesla. Das hatten wir unter anderem ja schon bei Nio. So huscht auch der U6 mit bis hin zu Einklapp-Türöffnern glatt gebügelter Aero (cW 0,25) durch den Wind und richtet sich innen ganz im Stil des Silizium-Tals ein. Also mit großem Zentralmonitor, auf dem man sich umständlich an die vertrackte Bedienung des Kraftwagens herantasten muss. Immerhin lagert Aiways nicht alle Informationen auf den Touchscreen aus, sondern blendet Wichtiges (Tempo, Batteriestand) in ein kleines Instrumenten-Display vor dem Lenkrad ein. Auf dem sitzen allerlei Tasten, deren Verwendungszweck sich größtenteils nicht durch Bezeichnungen darauf klären lässt, sondern nur durch Neugier, Ausprobieren und Mut zum Scheitern.

Nun, womöglich soll die Diskretion bei der Beschriftung ja zur reduzierten Wohlaufgeräumtheit des Interieurs beitragen, das auf größere Tastenansammlungen ebenso verzichtet wie auf einen herkömmlichen Wählhebel. Stattdessen wählt man an diesem, einem Schubregler nachgeahmten Drehgriff die Fahrtrichtung, nachdem man sich auf dem Integralsitz eingerichtet hat. Der weist neben ordentlicher Polsterung und feschen Bezügen als weitere Besonderheit seitlich umlaufende Kopfstützenkissen auf. Die seien, lernen wir von der Pressestelle, ein Ausstattungsdetail chinesischer Luxusfahrzeuge, und für ihr Flügeldesign "ließen sich Aiways’ Designer vom Spaceshuttle inspirieren". Ach was! Dass uns das nicht gleich aufgefallen ist, sondern nur, dass die Kissen ziemlich an den Schulterblättern drücken.

Warum wir das so ausbreiten? Nun, das verstehe man als Hinweis, dass jene Kluft, die auch bei anderen Herstellern zwischen der Darstellung der eigenen Grandiosität und der Realität eines Tests besteht, bei Aiways noch ein Stück breit- und tiefspaltiger ist.

Mehr Schein als Sein

Aiways U6
Hans-Dieter Seufert

Insgesamt sehen die Materialien hochwertiger, die Sitze bequemer und die Bedienmenüs wohlsortierter aus, als man sie tatsächlich erlebt.

Das zeigt sich nicht nur in Materialauswahl und Verarbeitungsqualität, deren Güte nur im Oberflächlichen besteht. Viele Schalter, fesch chromumkringelt, bestehen aus günstigem Plastik. Und dass ein neues Auto auf schlechten Straßen derart ins Knarzen gerät, lässt nicht nur Zweifel an der Sorgsamkeit der Verarbeitung aufkommen, sondern gar auch an jener der Karosserie-Steifigkeit. Dabei rühmt sich Aiways, den U6 überspanne das widerstandsfähigste Panorama-Glasdach, welches die Automobilindustrie je hervorgebracht habe. Darunter immerhin bleibt trotz der abschwingenden Dachflanken im Fond noch sehr viel Kopffreiheit.

Überhaupt mangelt es – außer im Gepäckabteil – nicht an Platz. Da liegt der U6 auf dem Niveau des ID.4. Wobei dem Aiways das nicht durch hohe Raumeffizienz gelingt, sondern mit 22,1 cm mehr Außenlänge. Schließlich gilt es noch, die geringe Variabilität zu vermerken – wie auch die Tatsache, dass dem U6 keine Anhängelast zugemutet werden darf. Was an mangelnder Motorleistung nicht liegen kann. Denn mit seinem 160 kW starken Permanenterregten stromert der U6 hier am rasantesten los. Weil die Synchronmaschine bis 16.000/min dreht, kann sie kleiner dimensioniert sein und kommt so mit weniger magnetisch aktivem Material aus.

Etwas mehr dagegen veranstaltet der Antrieb an Geräusch, das beim Rekuperieren im Einpedalmodus ins Straßenbahnige transponiert. Was man erst gar nicht bemerkt, bestimmt doch die Auseinandersetzung mit dem Spurhalter über die Richtlinienkompetenz die ersten halben Stündchen der Fahrt im U6. Zwar stattet ihn Aiways – wie Nio und Tesla ihre Modelle – mit einer ganzen Armada an Assistenzsystemen aus, aber die nicht mit kooperativer Kompetenz. Der übergriffige, linienscheue Spurhalter, der ruckige Abstandstempomat und die kurzsich- tige Verkehrszeichenerkennung sind schon eine ziemliche Laienschauspieler-Truppe. Dabei gäbe es allerlei abzusichern. Denn die Bremse des U6 lässt sich nur miserabel dosieren. Bringt sie sich in die Verzögerung mit ein, so auf schwachem Niveau.

Das Fahren zählt ebenfalls – wie das Laden des 63 kWh kleinen, früh erschöpften Akkus (Reichweite 275 km im Test, 357 km auf der Eco-Runde) – zu den Dingen, die dem Aiways eher nicht gut gelingen. So prägt die variabel übersetzte Lenkung weder Präzision noch Direktheit, immerhin steuert sie den U6 verlässlich durch Kurven. Das tändelige Fahrwerks-Set-up hat die Karosseriebewegungen wenig im Griff, ohne den Komfort zu steigern. Stattdessen rempelt der U6 über kurze Unebenheiten, schwingt langen Wellen hinterher.

Da fällt es in Komfortbelangen kaum mehr ins Gewicht, dass die zugige Klimaanlage selbst im Hochsommer auf 25 Grad Celsius gestellt werden muss. Andernfalls kühlt die serienmäßig wärmepumpenunterstützte Anlage, als habe sie vor, die Hölle einfrieren zu lassen. Das bleibt der einzige Grund, vor dem Aiways U6 zu zittern. Denn der ist mit 18,2 kWh/100 km auf der Eco-Runde, 23,6 kWh/100 km im Testschnitt zwar günstig, effizient, dazu reich ausgestattet und über fünf Jahre garantiegesichert. Aber abgesehen davon sieht der Neue hier ziemlich alt aus.

Hyundai Ioniq 5: Volt, was glänzt

 Hyundai Ioniq 5
Hans-Dieter Seufert

17 Minuten hängt der Ioniq 5 an der Schnelllade-Strippe, dann hat er wieder genügend Energie für 200 km Reichweite. Beim Skoda dauert das 4, beim VW 8, beim Aiways 25 Minuten länger.

Der Hyundai sieht ziemlich bekannt aus – auf den ersten Blick ein bisschen wie ein Golf I. Allerdings in einem um rund 25 Prozent vergrößerten Format. Auch er basiert auf einer eigenen Plattform, bei der sich der 78 kWh große Lithium-Ionen-Akku zwischen den weit auseinandergereckten Achsen gruppiert. Wie Enyaq und ID.4 sitzt die permanenterregte Synchronmaschine der Einmotorversion quer an der Hinterachse. Weil das ganze E-Werk im Souterrain verräumt ist, bleibt oben viel Platz für Passagiere und Gepäck. Wer den Normsitzraum (83 cm) nicht in voller Fülle braucht, kann die kuschelige, lehnenneigungsvariable Rückbank zweiteilig längsverschieben. Auch vorn reist es sich in ungedrängter Weiträumigkeit auf breiten, fläzigen Sesseln, die sich optional gar durch Liegesitze ersetzen lassen – für das Nickerchen in Ladepausen.

Wobei das im Ioniq 5 mehr als ein kurzer Powernap nicht wird, schließlich lädt er mit 800-Volt-Technik und maximal 220 kW Leistung an Gleichstrom-Schnellladern im Schnitt fast dreimal so schnell wie der Aiways. Für größere Reisen qualifiziert er sich auch, da er mit 19,1 (Eco) bzw. 23,3 kWh/100 km (Testschnitt) sehr effizient und wegen der großen Batterie weit (419/343 km) fährt.

Überhaupt beweist der Ioniq 5, was für eine gewaltige Chance die E-Mobilität für den Hersteller bietet, zu den Besten aufzuschließen – oder sie gar zu überholen. Schließlich zählt der Ioniq 5 zu den besten und dazu noch einigermaßen erschwinglichen Vollwertstromern. Und das auch deshalb, weil er den Umstieg einfach macht, ohne auf simple Lösungen zurückzufallen. Stattdessen ermöglicht die eingängige Bedienung mit vielen so ganz richtigen Tasten es auch Neu-Elektronauten, die Vorzüge des E-Antriebs optimal zu nutzen. So lässt sich die Rekuperationsstärke per Schaltpaddel am Lenkrad von freiem Rollen bis Einpedal variieren – oder einfach der Automatikmodus aktivieren, in dem die Steuerung strecken- und verkehrsabhängig die beste Strategie wählt. Wie bei ID.4 und Enyaq rechnet das Navi Ladestopps in die Routenführung so situationsgerecht wie möglich ein – bei Aiways geht das wie das gesamte Navigieren nur über eine App und das eigene, ins Infotainment eingebundene Smartphone.

Schließlich schafft der hier am hochwertigsten eingerichtete Ioniq eine eigene Art von Fahrvergnügen, die weder in den arg ungelenken (die unpräzise, rückmeldungskeusche Lenkung) Handling- noch den rempeligen Komfort-Gepflogenheiten Ausdruck findet. Sondern in der loungig-launigen Behaglichkeit des Interieurs, der Umsorgung durch die alerte Assistenz, den nicht überbordenden, gleichwohl drangvollen und dazu flüsterleisen Antrieb. Ach, und nicht zuletzt in dem heiteren Gefühl, ein Auto zu fahren, das selbst von zwei ganz gegensätzlichen Seiten Anerkennung findet: von jenen, die eigentlich noch am Verbrenner, und jenen, die sich auf Straßen kleben.

Skoda Enyaq iV: eine ID weiter?

Skoda Enyaq
Hans-Dieter Seufert

Mit Aufteilsegmenten, Täschchen und Netzen bringt Skoda Ordnung in die Katakomben unterhalb der weiten Ladeebene.

Was sich aus den 17,3 cm Höhe der Bodenfreiheit nach Tugendhaftigkeit anfühlt, mag von unten als abgehobene Besserwisserei erscheinen. Der Enyaq lässt nichts unversucht, nicht nur das beste elektromodulierte Auto aller VW-Konzernmodelle zu sein, sondern auch mindestens das cleverste, das derzeit an einem Kabel hängt.

Ja, selbst die sachte Extravaganz der Coupé-Form fördert diese Ambition, verbessert sie doch das, was man früher, ohne zu erröten, so nett Windschlüpfrigkeit nannte, auf einen cW-Wert von 0,234. Ja, da streben sie aufs Tausendstel, womöglich weil es für Skoda eben immer Details sind, durch die eine gute Ausgangslage, also der ID.4, zu einem hervorragenden Auto wird, also dem Enyaq Coupé. Dazu schnüren sie nicht nur ein Maßnahmenbündel aus anklickbaren Halterungen, umarchitektierbaren Kellerwänden, grifffesten Türöffnern und ausklinkbaren Ablagen, sondern organisieren auch die Bedienung um. Mit richtigen Schaltern und Drehrollen statt Wischfeldern und Tastflächen wie beim ID.4 fingert man sich zumindest etwas leichter durch die Verstrickungen von Infotainment-Menüs, für deren Struktur VW wohl das Organigramm des Bundesamtes für Arbeit – Deutschlands größter Behörde – als Vorbild nahm.

Außer dem Infotainment-Baukasten übernimmt Skoda natürlich auch den des ganzen elektrischen Antriebs von VW. Daher gilt all das, was nun über den Enyaq zu lesen ist, gleichermaßen für den ID.4. Denn beide eint alles am Antrieb – eine permanenterregte Maschine mit 90 Prozent Wirkungsgrad, die zusammen mit Leistungselektronik und Getriebe in einem Gehäuse integriert ist. Das ganze 90 kg leichte Modul ließe sich, wie der Konzern nicht müde wird zu betonen, in einer Sporttasche unterbringen. Stattdessen stecken sie das 150 kW/310 Nm starke E-Werk quer an die Hinterachse. Davor staffelt sich der Lithium-Ionen-Akku mit 82 kW, der seit einem Update beim iV 80 mit maximal 135 kW Gleichstrom speichern kann.

Sparsamer als der Konzernkollege

VW ID.4
Hans-Dieter Seufert

24,6 kWh zieht der ID.4 beim Test im Schnitt alle 100 km aus seinem Akku.

Mit der nicht allzu überstürzt aufgeladenen Energie geht der Enyaq sparsamer um als der ID.4. Im Testschnitt wie auf der Eco-Runde verbraucht er weniger als der VW (23,5 zu 24,6 und 18,5 zu 20,8 kWh/100 km), was ihm 11 und 43 km mehr Reichweite einbringt. Warum das so ist? Ein Teil mag an der besseren Aero liegen. Zudem lässt sich die Rekuperationsintensität beim Skoda über Schaltwippen präziser anpassen als beim VW, bei dem sich der B-Modus (maximal 0,25 g Rekuperationsverzögerung) am Wählknubbel eindrehen lässt.

Nicht nur wegen der größeren Reichweite bietet sich der Enyaq mehr noch als der ID.4 für größere Reisen an. Das gelingt auch wegen des weitreichenderen Raumangebots. Bei fast gleichem Radstand, aber mit 6,9 cm mehr Außenlänge und 2,7 cm mehr -breite steigert er die Platzfülle für Passagiere und Gepäck über die Ungedrängtheit des VW trotz der flacheren Coupéform ins Opulente.

Kaum Unterschiede ergeben sich dagegen beim Fahren, das bei beiden vom sanften, steten Drang des Heckmotors und dem mehr auf besonnene Sicherheit und beflissenen Komfort als animierende Agilität getrimmten, adaptivgedämpften Fahrwerks-Set-up geprägt ist. Stimmt, die variabel übersetzte Lenkung spricht präzise an, meldet feinsinnig zurück. Aber der Enyaq ist eben ein 2,1-Tonnen-Brocken, der in Kurven ins Wanken kommt und den das ESP sanft, aber früh einbremst – alles ebenso beim VW. Wobei man im Skoda eine kleine Vorwitzigkeit an Heckdrängeln empfinden mag.

Eher wenig erheiternd ist die Preisstaffelung des geringer kaufgeförderten Enyaq. Der kommt zwar ordentlich grundausgestattet, doch Extras bündelt Skoda fast ausschließlich in umfangs- und preisintensiven Paketen. So steht der Enyaq bei den Kosten zwar nicht gut da, aber insgesamt: in der Blüte seiner Tugend.

VW ID.4: Watt ist da los?

VW ID.4
Hans-Dieter Seufert

Bei gleichem Radstand schafft der ID.4 nicht ganz die Raumopulenz des Enyaq und bei gleicher Grundarchitektur ein noch immenseres Bedien-Ungemach. Dazu zählen wir auch die wenig griffigen Aero-Türöffner.

Erinnern Sie sich? Steht der Minimax im Keller, brennt der Dachstuhl umso schneller. Was dieser olle verdrehte Werbespruch für einen Feuerlöscher mit dem ID.4 zu tun hat? Na, jüngst informierte Markenchef Thomas Schäfer 2.000 Führungskräfte des VW-Konzerns, in WOB stehe das Dach in Flammen. Einen gewissen Anteil mag (womöglich neben Lohnkosten für 2.000 Führungskräfte) der ID.4 daran haben. Oder besser gesagt: die Überschaubarkeit seines Erfolgs. Denn so richtig bekommt die Mobilitätswende bei VW nicht den Dreh raus. Was eher am Preis des E-SUV liegen mag als an mangelnden Qualitäten. Ja, stimmt, noch immer wirkt der ID.4 geizig eingerichtet, was sich an Kleinigkeiten versinnbildlicht wie dem Verzicht auf vier Fensterheber für den Fahrer – stattdessen gibt es einen Umschalter, was also zwei Tasten spart. Oder an dem dürren Knubbel für die Außenspiegelverstellung. Oder den unbrauchbaren Tastfeldern auf dem Lenkrad. Oder diesem absurden Bediensystem samt Tastschiebern für Lautstärke und Temperatur.

Ja, das hatten wir alles schon – aber VW hatte auch viel Zeit, das zu verbessern. Die verstrich ungenutzt, weshalb es der ID.4 mit Stärken hinbekommen muss, die er bereits zu Beginn aufwies. Da hätten wir den großen, gut nutzbaren Kofferraum, das üppige Raumangebot, die bequeme Möblierung, die trotz Trommeln hinten vehementen Bremsen, den engen Wendekreis, das niedrige Geräuschniveau und: das Fahren.

Denn – und stimmt uns Freunde der Kraftfahrt das nicht fröhlich? – das erlangt wie im Skoda bei der Sicherheit und eben auch Vergnüglichkeit ein Niveau, das nicht sehr, sondern ganz immens höher ist als alles, was der Aiways hier zusammenkurvt. Allein die Präzision der Lenkung, die Gewandtheit des Fahrwerks, das mit adaptiven Dämpfern eine Bandbreite von beflissenem Komfort bis neutraler, munterer, unrempeliger Dynamik aufzieht. Klar, auch beim ID.4 kommen in Kurven Karosseriebewegungen auf, gegen die das ESP früh einschreitet. Aber das gelingt eben diskret und bestens abgestimmt.

Was es zum Antrieb zu sagen gibt, das noch nicht beim Enyaq Erwähnung fand? Nun, dass es beim VW etwas weniger eilig und effizient vorangeht, wobei der höhere Verbrauch auch die längeren Ladezeiten für 100/200/200 km Reichweite erklärt.

Mit Effizienz erklärt sich am Ende auch der Rückstand auf den an sich ähnlichen Enyaq: mit Effizienz beim Antrieb wie bei der Umsetzung der Möglichkeiten, die der Elektro-Modulbaukasten des Konzerns eröffnet. Nun, wünschen wir VW also, dass sie die Möglichkeiten und Chancen nutzen, auf dass sie das Dach gelöscht und die Karriere ihrer IDs auf Touren bekommen. Damit sie trotz neuer Rivalen auf der großen Bühne bleiben und es so halten können wie Mick Jagger: "Ich musste nie ein Comeback planen. Denn ich war nie weg."

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Fazit

1. Skoda Enyaq Coupé iV 80
609 von 1000 Punkte
2. VW ID.4 Pro Performance
601 von 1000 Punkte
3. Hyundai Ioniq 5
586 von 1000 Punkte
4. Aiways U6
523 von 1000 Punkte
Technische Daten
Aiways U6 PrimeHyundai Ioniq 5 Skoda Enyaq Coupé iV 80 80VW ID.4 Pro Performance (77 kWh) Pro
Grundpreis48.481 €54.800 €54.400 €46.335 €
Außenmaße4805 x 1880 x 1641 mm4635 x 1890 x 1605 mm4653 x 1879 x 1621 mm4584 x 1852 x 1634 mm
Kofferraumvolumen472 bis 1260 l527 bis 1587 l543 bis 1575 l
Höchstgeschwindigkeit160 km/h185 km/h160 km/h160 km/h
0-100 km/h6,7 s7,5 s8,3 s8,7 s
Verbrauch0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km0,0 kWh/100 km4,9 l/100 km
Testverbrauch23,6 kWh/100 km23,3 kWh/100 km23,5 kWh/100 km24,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten