Aston Martin Vantage V8
Die vierte Generation des Briten-Sportlers im Test

Im Aston Martin Vantage V8 stammt das Triebwerk von Mercedes-AMG – der Vierliter-V8-Biturbo aus dem GT mit 510 PS und 685 Nm Drehmoment. Auch sonst ist praktisch alles neu an der kleinen Baureihe.

Aston Martin Vantage V8, Exterieur
Foto: Arturo Rivas

Lassen Sie uns den Aston Martin Vantage von hinten aufzäumen, weil hier das Wichtigste am Schluss kommt. Also hinten – dort, wo Vortrieb auf Straße trifft. Obwohl der Motor unter der Vorderhaube sitzt, befindet sich das Kraftzentrum des Aston eindeutig hinten. Der Dreh- und Angelpunkt, der Kern der schnellen Fortbewegung. Schnelle Fortbewegung. In ihr steckt nicht der Tempo-Stachel. Auch nicht der Reiz, eine Sektion in minimaler Zeit zu bewältigen oder eine Kurve mit maximaler Querbeschleunigung. Nein, im Vantage fehlt dem Schnellfahren das Getriebene. Das hat etwas Entspannendes.

500 und mehr PS können ja durchaus Anspannung erzeugen. Wenn sie den Fahrer aufputschen, zum Gasgeben auffordern, immer mehr – nur um ihn anschließend vorzuführen oder gar zu demütigen. Letzteres kann passieren, wenn die Maschine im Menschen zwar Enthusiasmus entfacht, aber keinen direkten Draht aufbaut, der selbst Extremsituationen absolut reißfest übersteht. Vantage und Fahrer verbindet dieser Draht; er spannt sich auf dem denkbar kürzesten Weg von den Hinterrädern zum tief liegenden und weit zurückversetzten Sportsitz. Man hockt sozusagen direkt auf dem Spürpunkt – jener Stelle, in der die Kräfte zusammenfließen.

Es gibt Modelle, die kommunizieren vorwiegend über die Vorderachse, also die Lenkung. Astons neuer Zweisitzer ist auch an dieser Stelle eloquent, aber erst seine Hinterachse gibt den Informationen eine dreidimensionale Tiefe, argumentiert so nachdrücklich, wie es der Vorgänger-Vantage nie konnte. Der war ja eher ein Auto zum Hinlangen. Nun fährt der Neue mit einer flüssigen Selbstverständlichkeit, die zwischen alles überlagernder Plackerei und nichtssagender Leichtigkeit liegt.

Die Zeit war überreif

Vom Vorgänger ließ sich wenig übernehmen, denn über zwölf lange Jahre haben sie an der kleinen Baureihe herumgedoktert. Die Zeit war überreif für etwas anderes. Und das ganz andere kommt vom großen Bruder, dem zwei-plus-zwei-sitzigen GT. Auch wenn äußerlich wenig darauf hindeutet: Vantage und DB11 teilen sich die Chassis-Struktur aus Aluminium, wobei nur ein Drittel identisch sein soll. Beim Rest wurde kräftig gekürzt und auch ein wenig erleichtert – um 83 Kilogramm. Schwer ist der Neue dennoch, bringt vollgetankt 1.720 Kilogramm auf die Waage. Zum Vergleich: Ein Mercedes-AMG GT S kommt auf 1.629 Kilogramm.

Eine andere deutsche Sportwagen-Ikone diente den englischen Konstrukteuren als Archetyp: der Elfer. Natürlich nicht für das Antriebs-Layout, denn im Heck steckt nicht der Motor, sondern nur das Automatikgetriebe. Vielmehr war der Porsche die Blaupause für die Ergonomie. Man setzt sich hinein und fühlt sich gut aufgehoben. Was sich so lapidar liest, beschreibt den Quellcode eines Sportwagens. Denn mehr als die Motorkraft zählt das Gefühl, vom ersten Moment an dazuzugehören. Das ist beim Vantage so, auch wenn sich hier die tiefe Sitzposition und die knappen Fensterflächen zu einer bemerkenswert schlechten Übersichtlichkeit addieren. Naturgemäß stört so etwas vor allem in der Stadt und paart sich hier ungünstig mit der enormen Karosseriebreite.

Auf der Landstraße dagegen schmiegt sich der Zweisitzer enger an seinen Fahrer, umschließt ihn, ohne einzuengen. Das liegt zum einen an der perfekten Ausrichtung des Fahrers zum Lenkrad und zu den Pedalen. Die Ingenieure haben dem Versuch widerstanden, die Lenkübersetzung zu direkt auszulegen, was derzeit en vogue zu sein scheint, um ausufernde Karosserien subjektiv kleiner zu machen – und leider häufig in Lenkungs-ADHS endet. Dem Vantage geht jede Form der Hibbeligkeit ab, er reagiert nicht überaktiv auf geringste Impulse. Dies ist auch insofern angenehm, als er auf einer unlimitierten Autobahn über Tempo 300 erreichen kann, hier störfrei geradeaus läuft und keine schwitzigen Hände hinterlässt. Zumindest wenn die Piste plan ist. Bei Bodenwellen dagegen kommt Un-ruhe ins Chassis, denn sie werden nicht sauber ausgefedert.

Das Setting passt eher auf die Landstraße. Dort reagiert der Vantage auf sauberes Einlenken mit einem ebenso sauberen Strich. Ohne Korrektur. Auch bei den Fahrdynamik-Tests ist er ein angenehmer Partner – die Hinterachse schnürt spurstabil durch den Pylonen-Parcours, das E-Diff verteilt das Drehmoment routiniert, das Maximaltempo erreicht man fast auf Anhieb, ohne sich an den Grenzbereich herantasten zu müssen. Andererseits ist damit klar, dass der Neue nicht zur Attacke bläst, nicht den Animateur heraushängen lässt. Wie er ohnehin sein Leistungspotenzial eher beiläufig präsentiert: Was zunächst wie locker aus dem Ärmel geschütteltes Dahinschnüren wirkt, ist tatsächlich bereits Carven mit hohem Tempo, unterstützt vom unerschöpflichen Drehmoment des Achtzylinder-Biturbos von AMG.

Für den Aston Martin lässt sich kaum ein besserer Antriebspartner vorstellen, zumal Mercedes neben dem motorseitigen auch noch das digitale Infotainment liefert. Das Comand-System entspricht zwar nicht dem jüngsten Stand der Technik, doch selbst diese eigentlich veraltete Version schlägt das im Vorgänger verbaute Gerät in allen Belangen.

Die Lässigkeit des V8

Dagegen entspricht der Vierliter-V8 bis auf minimale Änderungen dem Stand, wie ihn AMG auch in den GT S einbaut, leistet 510 PS und bürdet der Kardanwelle zum ZF-Achtgangautomaten an der Hinterachse bis zu 685 Nm auf. Auf den Punkt gebracht: Er kann alles besser als der ehemalige 4,7-Liter-V8-Saugmotor von Aston Martin. Vor allem die effiziente Lässigkeit des Achtzylinders beeindruckt. Er schiebt den Vantage allmächtig voran, benötigt dafür nur mittlere Drehzahlen. Natürlich hat das Triebwerk auch Drehzahl-Biss – allein man muss es nur selten zuschnappen lassen. So mündet die prinzipielle Gelassenheit des Aston in einem Benzinverbrauch von 12,3 Litern auf 100 Kilometer – akzeptabel vor dem Hintergrund, dass es reichlich Energie bedarf, um reichlich Masse vorwärtszubewegen.

Aston Martin Vantage V8, Motor
Arturo Rivas
Den Achtzylinder von AMG haben sie hinter die Vorderachse gerückt. Nicht um ihn zu verstecken, sondern wegen der Chassis-Balance.

Um das Triebwerk nicht zu teutonisch klingen zu lassen, haben die Aston-Techniker die AMG-typischen Hubraum-Bässe stark gedämpft und die aggressiven oberen Sportmotor-Mitten angehoben. Mit dem bisherigen Aston-Sound hat das zwar wenig gemeinsam, doch unter Last klingt der V8 nicht nur äußerst potent, sondern geradezu böse. Mag sein, dass manchen Kunden auf Dauer sogar zu viele Dezibel auf die Ohren drücken, vor allem auf längeren Strecken. Und dass einige gerade dort einen Fahrwerksmodus namens Komfort vermissen werden – das sanfteste Setting heißt nicht zu Unrecht Sport. Und weil der straffe Vantage auf schlechten Pisten viel von der tektonischen Unruhe durchgibt, regt das manche Teile im Armaturenbrett zum leisen Zirpen an.

Doch obwohl da noch Raum für Verbesserungen bleibt, ist der neue Vantage seinem Vorgänger in praktisch allen Belangen überlegen. Und dem Heldenstatus in der Sportwagenwelt deutlich nähergekommen.

Vor- und Nachteile
Karosserie
Aston Martin Vantage V8
ergonomische Sitzposition
gute Materialqualität
hohe Chassis-Steifigkeit
einfache Bedienung ...
... aber nicht ganz zeitgemäßes Infotainment-System nachlässige Verarbeitung im Detail
laute Windgeräusche
schlechte Übersichtlichkeit
hohes Fahrzeuggewicht
Fahrkomfort
Aston Martin Vantage V8
bequeme Sportsitze
Abgasanlage mit effektivem Klappensystem
pumpendes Heck auf langen Bodenwellen
Antrieb
Aston Martin Vantage V8
direktes Ansprechverhalten
breites Drehmomentplateau
williges Drehvermögen
teilweise Schaltrucke
Fahreigenschaften
Aston Martin Vantage V8
stabiler Geradeauslauf
hohe Neutralität
präzise Lenkung
einfache Fahrbarkeit
Katapult-Anregungen durch Bodenwellen
Sicherheit
Aston Martin Vantage V8
ermittelt enormes Grundvertrauen
lückenhaftes Angebot an Assistenzsystemen
Umwelt
Aston Martin Vantage V8
voraussichtlich langes Autoleben und damit nachhaltig akzeptabler Durchschnittsverbrauch
Emissionseinstufung nur nach Euro 6b
Kosten
Aston Martin Vantage V8
sehr hoher Kaufpreis
keine Typklasseneinstufung
teure Optionen

Fazit

Dank AMG-V8-Power ist der Aston Martin Vantage endlich ein ernst zu nehmender Sportwagen – nicht mehr nur ein lärmendes Design-Objekt. Aber er ist schwer und hat Schwächen bei der Abstimmung der Federung.

Technische Daten
Aston Martin Vantage 4.0 V8
Grundpreis152.000 €
Außenmaße4465 x 1942 x 1274 mm
Kofferraumvolumen270 l
Hubraum / Motor3982 cm³ / 8-Zylinder
Leistung375 kW / 510 PS bei 6000 U/min
Höchstgeschwindigkeit314 km/h
0-100 km/h4,1 s
Verbrauch10,3 l/100 km
Testverbrauch12,3 l/100 km