Audi TT RS im Test
Vom Aussterben bedroht

2025 sollen 40 Prozent aller verkauften Audi E-Autos oder Hybride sein. Und der TT wird wohl dazuzählen. Test des vielleicht letzten einer Art.

Audi TT RS, Exterieur
Foto: Tyson Jopson

Das Wichtigste gleich mal vorweg. Der Farbton heißt Kyalamigrün, ist 450 Euro teuer und womöglich schon ein Vorgeschmack auf die Zukunft des Audi TT. Zumindest spricht aktuell einiges dafür. Vor allem einer: Audis Ex-Chef Bram Schot, der auf der Hauptversammlung vor Kurzem das letzte Stündchen für sämtliche Sportwagen der Marke eingeläutet hat.

Um in E-Mobilität zu investieren, wolle man 15 Milliarden einsparen. Das soll über Fokussierung geschehen, über Fokussierung auf die Cash-Kühe. Und dazu „gehört auch das Weglassen“, sagte Schot wörtlich. „Den TT zum Beispiel und den R8!“ Das Bittere: die Deutlichkeit der Worte. Ich fürchte, man kann nicht damit rechnen, dass Herr Schot demnächst wieder auf einem Podium steht und erzählt, dass er auf der HV nur einen schlechten Tag erwischt hatte, dass die Nacht vorher kurz gewesen sei, dass man das sicher verstehe und sein Geschwätz von gestern vergessen solle. Nein, er meint das schon so, wie er’s sagt. Obwohl die gesprochenen Todesurteile – da sind sich die Insider einig – wohl nicht für die Modelle als solche gelten, sondern für ihre derzeitige Form.

Audi TT RS, Exterieur
Tyson Jopson
15 Milliarden Euro wolle Audi einsparen um in E-Mobilität zu Investieren. Über Fokussierung solle das geschehen, was auch das "weglassen" von TT und R8 beinhalten würde.

Und im Falle des R8 kann man das vielleicht sogar nachvollziehen – so herbe sein Verlust auch wäre. Allerdings ist er eben nur eine Dublette des sportlicheren Lamborghini Huracán, der anscheinend weiterleben darf und indirekt ja auf dasselbe Konto einzahlt. Wieso der TT weichen muss, ist uns aber ehrlich gesagt ein Rätsel. Okay, die Rendite mag nicht so satt sein wie bei einem dieser SUV. Außerdem ist er kein SUV, womit er per se nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint. Andererseits zählt er seit 20 Jahren fast durchgängig zu den ersten drei der KBA-Coupé́zulassungen, ist an den Modularen Quermotorbaukasten angedockt, also auch in der Produktion kein völliger Exot.

Hinzu kommt, dass er einer von wenigen ist, der den PR-Rhabarber von wegen Innovation, Leichtbau und Hastenicht-gesehen seit drei Generationen in die Tat umsetzt, in die Serie sogar: Spaceframe-Karosserie, konzentriertes Bedienkonzept, Ikonenstatus. Und alles to go beim Audi Partner.

Wir bitten um Gnade!

Außerdem: Was soll ohne ihn denn aus dem Fünfzylinder werden, den sie vor ein paar Jahren mit einem Alublock versehen und nun per Partikelfilter in Norm gebracht haben? Reicht ein RS 3, um sein Dasein zu rechtfertigen? Oder werden seine 294 kW in Zukunft einfach elektromotorisch aufgewogen? Sicher ist aktuell jedenfalls nur eines: Emotional wird er nicht zu ersetzen sein – nach wie vor seiner WLTP-Konformität.

Wobei: Ein bisschen was hat sich schon verändert. Der 2,5-Liter-Turbo leistet wie gewohnt glatt 400 PS, die zwischen 5.850 und 7.000/min. anliegen. Auch das Drehmoment verbleibt bei 480 Newtonmetern, braucht nun aber 250 Umdrehungen länger, um aufzumarschieren. Heißt: Der TT RS gehört weiterhin nicht zu denjenigen, die dir wie ein junger Terrier am Hosenzipfel hängen, hecheln und mit dem Schwänzchen wedeln. Im Gegenteil: Sein Lader braucht Anlauf, muss sich erst hochzerren aufs Drehmomentplateau. Wenn er aber mal daoben ist, dann ..., aber dann! Eins, zwei, drei, vier Sekunden, schon stehen 100Stundenkilometer auf der Uhr. 200? In 14,2! Da kann in dieser Klasse nur noch einer hinschmecken: der 718 Cayman GTS, der mit seinem Vierzylinder-Gekraspel aber deutlich spröder rüberkommt. Und spröde ist lieb ausgedrückt.

Audi TT RS, Motor
Tyson Jopson
Der fünfzylindrige 2,5-Liter-Turbo leistet wie gewohnt glatt 400 PS, die zwischen 5.850 und 7.000/min anliegen sowie ein Drehmoment von 480 Nm.

Denn auch wenn der Top-TT aufgrund der Emissionsmaßnahmen hier und da ein Zehntelchen verloren hat, seine herrliche Charakteristik bleibt. Trotz des Turbolochs. Und auch deswegen! Der Zwanzigvau da vorn ist nämlich keiner dieser Convenience-Turbos, wie sie einheitsformatiert und rund gelutscht momentan aus allen Löchern kriechen, sondern noch eine echte Type – ein Motor aus Fleisch und Glut, der sich wie ein riesiger Brustmuskel quer durchs Auto spannt, die 1.496 Kilo mächtig vorwärtspresst und dabei zu jeder Zeit in jeder seiner Fasern spürbar bleibt. Herr Schot, wir stellen hiermit ein Gnadengesuch!

Dennoch: Zur vollkommenen Glückseligkeit fehlen zwei Dinge. Zum einen? Der Klang. Oder besser: dessen Krönung. Seinen marschmusikalischen Grundton, dieses dumpfe Prusten, hat sich der TT RS zwar bewahrt. Das Hochdreh-Halali jedoch, das dem Vorgänger herausquoll, scheint nun im Filter stecken zu bleiben.

Und dann ist da eben noch dieser Doppelkuppler, der sich gelinde gesagt aufführt wie die Axt im Walde. Das Problem? Ist bestimmt kein grundsätzliches, schließlich funktionieren derlei Getriebe anderswo derart perfekt, dass du selbst als Handschalt-Hardliner ins Grübeln kommst. Na ja, fast. Dieses hier jedoch trifft einfach nie den Takt. Statt den Motor zu unterstützen, schubst es ihn herum. Es verbreitet Hektik, wenn man es ruhig angehen lässt, gerät aber ins Stocken, sobald man unangemeldet die Schlagzahl erhöht. Wirklich genießen kann man den TT RS jedenfalls nur manuell. Dann, wenn man die Drehzahl fest in eigenen Händen hält, anstatt mit ihr fingerzuhakeln, und der Motor seine breite Schokoladenseite zeigen kann.

Audi TT RS, Interieur
Tyson Jopson
Dem Testwagen fehlen zur vollkommenen Glückseligkeit genau zwei Dinge: Zum einen die Klangcharakteristik, die der Umwelt zuliebe etwas leiden musste, zum Anderen dem Sechsgang-Handschalter, der den Prachtmotor erst seine Schokoladenseite zeigen lässt.

Neu: Frischluft für die Bremse

Auch auf der Rennstrecke fährt man in Eigenregie bedeutend besser. Doch das ist nichts Neues – genau wie das Handling insgesamt. Will sagen: Auf dem Hockenheimring ist der TT immer noch derselbe – nur eben in Grün. Einlenken kriegt er dank seiner proaktiven Kraftverteilung ganz gut geregelt, danach braucht er aber weiterhin Ruhe. Zu viel wollen bedeutet wenig kriegen. Besser: sachte. Warten bis die massige Vorderachse sicher steht. Danach ist die Bühne frei für die Kavallerie, die einen ums Eck trompetet. Bremse? Stimmt, da war mal was! Und egal, was es war, komplett weg ist es noch immer nicht. Zwar verfügte der Testwagen über die neue optionale Bremsenkühlung, leichte Ermüdungserscheinungen nach zwei schnellen Runden waren dennoch nicht zu leugnen. Speziell das ABS verhaspelt sich mit anhaltender Belastung. Aber: Wir reden hier auch von Runden auf dem GP-Kurs. Und die gehen an den wenigsten spurlos vorbei.

Vorbeigehen! Womit wir wieder beim Thema wären. Und mittendrin im Gefühlschaos. Die Frage: Ist das hier wirklich der Anfang einer Abschiedstournee? Sieht schlimm danach aus! Wobei grün ja nicht nur die proklamierte Audi-Zukunft ist, sondern auch die Hoffnung.

Fazit

Fast alles wie gehabt: Der TT RS ist nicht der agilste, aber ganz sicher einer der charismatischsten seiner Art, dem Fünfzylinder sei Dank. Sicher, die Akustik bekam vom Partikelfilter so ein bisschen die Mähne gestutzt, die wunderbar organische Kraftentfaltung blieb aber ebenso erhalten wie die fulminanten Fahrleistungen. Bemerkenswert auch: die famosen 100–0-Bremswerte

Technische Daten
Audi TT RS Coupé
Grundpreis72.500 €
Außenmaße4201 x 1832 x 1344 mm
Kofferraumvolumen305 bis 712 l
Hubraum / Motor2480 cm³ / 5-Zylinder
Leistung294 kW / 400 PS bei 5850 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
0-100 km/h4,0 s
Verbrauch8,5 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten