Audi, Ford, Lotus, VW, Porsche, Mini im Vergleichstest
Kompakte Sportler im Handlingvergleich

Die Sonne brennt von oben, der Asphalt siedet von unten: Sechs kompakte Athleten zwischen 210 und 340 PS schinden sich im Glutofen von Hockenheim. Selbst das Nass-Handling in Boxberg bringt kaum Abkühlung, aber überraschende Erkenntnisse.

VT Audi TT RS Roadster, Ford Focus RS, Lotus Exige Cup 260, Mini JCW Cabrio, Porsche Boxster S, VW Golf GTI
Foto: Achim Hartmann

Es riecht verschmort an diesem heißen Donnerstag. Über Hockenheim und dem Nasshandling-Kurs von Boxberg hängt eine dichte Aroma-Glocke aus siedendem Öl, schmauchigen Bremsbelägen und qualmenden Reifen – sechs kompakte Athleten schwitzen am Limit.

Mini Cooper S Works Cabrio führt einen Lastwechsel-Tanz auf

Die Handling-Spezialisten Audi TT RS Roadster, Ford Focus RS, Lotus Exige Cup 260, Mini Cooper S Works Cabrio , Porsche Boxster S und VW Golf GTI führen eine hitzköpfige Kurven-Diskussion, bewertet von der auto motor und sport-Crew. Die Vergleichstest-Kapitel Antrieb, Bremse und Fahrverhalten wurden hierfür leicht modifiziert und um die Rundenzeiten in Hockenheim sowie Boxberg ergänzt. Sowie um den Unterpunkt Sound. Verrucht röhrend legt das Mini John Cooper Works Cabrio mit seinem 1,6-Liter-Motörchen los, will es der mehrzylindrigen Konkurrenz zeigen, hat einen Wadenbeißer-Ruf zu verlieren. Als wolle er seinen glühenden Turbo kühlen, stürzt er sich in Boxbergs bewässerte Kurven, führt mit seinem kurzen Radstand einen wilden Lastwechsel-Tanz auf. Fast zerrt das unangenehm forsch eingreifende elektronische Sperrdifferenzial dem Piloten das Lenkrad aus der Hand. Die Uhr zeigt hart erkämpfte 1.05,74 Minuten.

Lotus Exige Cup 260 könnte im Markenpokal antreten

Schon macht sich der VW Golf GTI Hoffnungen; so vorlaut wie ein VW nur klingen kann, nimmt er die Mini-Fährte auf, dreht entschlossen auf der Bremse mit dem Heck ein – ohne die rituellen Drifts seines Vorgängers. Seit Generation sechs lässt sich die Fahrdynamikregelung nicht mehr abschalten, nur die Traktionskontrolle. Vorbei sind die Zeiten der GTI-Kurvenposen, geblieben ist der berechenbare Charakter. Trotz Unterstützung von XDS, der Sperrfunktion des ESP, reicht es aber nur für 1.06,07 Minuten. Und der Mini John Cooper Works grinst hämisch – bis der Lotus Exige Cup 260 warmläuft. Mit Sportreifen, Feuerlöscher und Schalensitzen samt Andock-Möglichkeit für Hans, den Hals-Schutz aus der Formel 1, könnte er im Markenpokal antreten. Wie für Jeans-Käufer gilt: Schrumpfe, damit du in den Liliput-Renner passt.

Porsche Boxster S im endlosen Drift

Herzzerreißend heult der 1,8-Liter-Kompressor, mechanisches Getöse brandet auf im Lotus Exige Cup 260. Diese Exitus-Geräusche würden jeden Mechaniker zur Fehlersuche animieren. In die 8.000/ min-Höhe der 260 PS muss sich der Motor kaum aufschwingen, vorher zuckt der Gasfuß – und das Heck. Mehr als VW Golf GTI-Niveau ist mit den rutschigen Sportreifen nicht drin: herbe 1.06,09 Minuten. Der Porsche Boxster S muss die Ehre der Mittelmotor-Fraktion retten. Nach der Modellpflege lenkt er viel harmonischer ein. Doch dann reißt die Haftung an der Hinterachse ab – weich, aber deutlich. Es folgt ein endloser Drift, die wasserscheuen Bridgestone suchen verzweifelt Halt. Traktion? Gefühlt sind 200 der 310 PS Leistungsüberschuss. Mit dem Heck geht die Zeit dahin, 1.05,90 Minuten lassen den Mini Cooper S erneut feixen. Bis er plötzlich im Schatten steht.

Durchdrehende Reifen kennt der Audi TT RS nicht

Mit vanartiger Präsenz rollt der hochbauende Ford Focus RS heran. Tief grummelnd startet er, der Turbo setzt nachdrücklich, aber dezenter als erwartet ein. Die angetriebenen Vorderräder müssen zwei Abteilungen haben, je eine für Vortrieb und Einlenken. Ohne Zucken und Schlupf sind 440 Nm für ansehnliche 1.04,77 Minuten gut. Das kann nur die Allrad-Macht Audi TT RS toppen. Durchdrehende Reifen kennt er nur aus Erzählungen, die sanfte Gewalt seiner 450 Nm wuchtet ihn aus den Ecken. Einzig das unstete Schwanken zwischen Unter- und Übersteuern irritiert den Fahrer, nicht aber die Uhr: 1.04,53 Minuten.

Alle Autos starten vollgetankt mit zwei Mann Besatzung

Ortswechsel nach Hockenheim. Zu bewältigen ist die selektive Kurzanbindung, der so genannte Kleine Kurs. Fahrwerk und Reifen bleiben im Straßen-Trimm; weder Zug- noch Druckstufe werden verstellt, der Luftdruck nur bei kalten Reifen gemessen. Alle Autos gehen vollgetankt und mit zwei Mann besetzt auf die Strecke. Die damit erzielbaren Rundenzeiten sind auch für geübte Hobby-Rennfahrer erreichbar. Der Ford Focus RS startet zur schnellen Runde. Mit bis zu 1,4 bar Ladedruck bläst sein Turbo an, 305 PS schieben den Familien-Sportler auf Start-Ziel breitbrüstig an. Und obwohl sein Fahrwerk wankt, biegt der Ford Focus RS (der Ford Focus im Fahrbericht) in die enge Ameisenkurve nahezu rechtwinklig ab – fast wie ein Hecktriebler. Die Querspange nimmt der Ford Focus RS wörtlich und streckt übermütig seinen massiven Hintern heraus. Dennoch schafft er respektable 1.19,20 Minuten.

VW Golf GTI schneller als Mini John Cooper Works Cabrio

Aus der Erfahrung ihrer Vorgänger-Modelle wissen VW Golf GTI und Mini Cooper S, dass diese Zeit kaum zu knacken ist. Seinen Rallye-Genen folgend, lenkt der Mini Cooper S spitz ein, suggeriert unbändigen Siegeswillen – bis er lähmend untersteuernd in große Radien abtreibt. Erst am Kurvenausgang hilft das Sperrdifferenzial, und der Mini Cooper S Works feuert seine Schaltsalven über die nächste Gerade. Am Ende zeigt die Stoppuhr fast zwei Sekunden mehr an als beim Ford Focus RS (1.21,26). Die Fahrspaß-Ikone VW Golf GTI (der VW Golf GTI im Test) knapst dem Mini John Cooper Works zwei Zehntel (1.21,04) ab, obwohl er etwa 100 Kilogramm schwerer ist. Dabei fährt er sich deutlich leichter und bleibt auf der engeren Linie. Das bringt ihm immerhin den Orden des Volks-Sportlers ein.

Der Audi TT RS Roadster fliegt in 1.18,10 Minuten um den Kurs

Den hätte auch der Audi TT RS (der Audi TT RS im Test) verdient, wäre er als Roadster nicht etwa doppelt so teuer. Dass er 100 Kilogramm mehr wiegt als der VW Golf GTI, gleicht er durch höhere Leistung und bessere Traktion aus. Kein Zweiter im Feld katapultiert sich so autoritär aus dem Scheitelpunkt, ohne eine Ideallinie zu verbiegen. Kraftstrotzend schiebt der Fünfzylinder-Turbo an, der Bremspunkt fliegt überraschend schnell herbei und der Audi TT RS Roadster in 1.18,10 Minuten um den Kurs.

Der Porsche Boxster S nimmt die Ideallinie zielgenau

Diese Vorgabe zwingt den Porsche in Hab-Acht-Stellung. Hechelnd geht er die Runde an, hemmungslos dreht der Boxer hoch, kehlig bellt das Retro-Röhren durch den Sportauspuff. Kurve anpeilen, Ideallinie besetzen, Nachlenken unnötig. Zielgenau, rückmeldungseifrig und lastwechselbereit, aber ohne Mittelmotor-Kapriolen. Der Fahrer kann das drängende Heck für spektakuläre Drifts oder schnelle Zeiten nutzen – Letzteres mündet in 1.17,19 Minuten. Ob der Boxster der Schnellste bleibt, wird die letztgültige Rennstrecken-Instanz zeigen, der Lotus.

Nur idealgewichtige Figuren passen in die Lotus Exige Cup 260

Seine Sitze sind zwischen den Wangen so eng, dass nur idealgewichtige Sportlerfiguren hineinpassen. Sie müssen kräftig sein, denn Lotus Exige Cup-Fahren heißt Handwerk, Bremsen gleicht Gewichtestemmen, Richtungswechsel bedeutet Ranklotzen. Warum die Engländer am Anachronismus der servofreien Lenkung festhalten? Es ist jedem ein Rätsel, der schon einmal in einem querschießenden Lotus Exige gegenlenken musste. Dazu kommt eine Sechsgang-Box, die sich gegen schnelles Zurückschalten sperrt. Das kostet Zeit, und so ist der Abstand zum Porsche fast schon ernüchternd klein: nicht einmal eine Sekunde (1.16,40). Das reicht nur für den dritten Rang im Vergleich. Der Audi TT RS, in der Nässe schneller und zudem leichter zu fahren, landet auf Platz zwei. Den Lorbeerkranz holt sich der wasserscheue, aber flinke und berechenbare Porsche.

Ford Focus RS ist der beste Fronttriebler im Test

Als bester Fronttriebler landet der Ford Focus RS hinter dem Lotus Exige, aber vor VW Golf GTI und Mini John Cooper Works Cabrio. Ein hart erkämpfter und herausgeschwitzter Achtungserfolg des Audi TT RS Roadster. Ein Athlet am Limit, der Reifen radiert, Bremsen gehobelt und seinen Lader frittiert hat – man roch es.

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72 Mal abgestimmt
Audi TT RS
Ford Focus RS
Lotus Exige Cup
Mini John Cooper Works Cabrio
Porsche Boxster S
VW Golf GTI

Fazit

1. Porsche Boxster S
218 von 1000 Punkte

Zwar ist der Porsche Boxster S in Hockenheim nur Zweitschnellster und übersteuert beim Nasshandling mit seinen Bridgestone-Reifen; das lähmt. Doch den Sieg holt er mit dem explosiven Motor, der perfekten Lenkung, dem gutmütigen und trotzdem messerscharfen Fahrverhalten sowie der nicht tot zu kriegenden Bremse - und der besten Rückmeldung im Feld.

2. Audi TT RS Roadster
204 von 1000 Punkte

Dass er vorne mitfahren würde, war klar. Doch der zweite Platz überrascht. Sein enorm anschiebender Turbo-Fünfzylinder katapultiert den Audi TT RS verlustfrei durch den Nässe-Parcours und leicht dosierbar durch Hockenheims Kurven-Geschlängel. Der frontlastige Allradantrieb macht ihn aber etwas emotionslos.

3. Lotus Exige Cup 260
191 von 1000 Punkte

Nur Platz drei. Der Kurvenstar ist zu monothematisch, um diesen Handling-Vergleich zu gewinnen. Mit seinen Sportreifen setzt er alle Karten auf Hockenheim, benötigt für Rundenrekorde aber einen mutigen Könner mit kräftigen Armen am Lenkrad. Die Ergonomie des Miniatur-Rennwagens sperrt Großgewachsene aus.

4. Ford Focus RS
187 von 1000 Punkte

Knapp der beste unter den Fronttrieblern und dran am Lotus Exige Cup. Der Spoiler-Ornat ist keine leere Versprechung, sondern Hinweis auf die Track-Tauglichkeit. Trotz straffer Abstimmung wankt der Aufbau in Kurven stark, was die Agilität behindert. Durch die Nässe pflügt der Ford Focus RS unerwartet traktionsstark. Sein Motor ist zu durstig.

5. VW Golf GTI
185 von 1000 Punkte

Der Schwächste und Günstigste in der Runde hält erstaunlich gut mit, seine Rundenzeiten können sich sehen lassen - und sie sind ohne Lenkrad-Artistik zu erreichen. Wer ein verzeihendes Übungsauto sucht, ist hier richtig. Spaß macht der VW Golf GTI nicht nur auf der Rennstrecke, sondern uneingeschränkt. Nach wie vor.

6. Mini John Cooper Works Cabrio
179 von 1000 Punkte

Der Mini John Cooper Works wird Letzter, dabei hat er sich so viel vorgenommen. Doch das Einlenkverhalten ist zu spitz, das Fahrwerk zu nervös, die elektronische Differenzialsperre greift zu abrupt ein, und Leistungseinsatz zerrt in der Lenkung. Aber der kleine Vierzylinder schiebt prächtig an und hat einen Ton wie kaum ein zweiter.

Technische Daten
Porsche Boxster S Audi TT RS Roadster Lotus Exige Cup 260 Ford Focus RS
Grundpreis59.923 €59.800 €62.950 €35.900 €
Außenmaße4342 x 1801 x 1294 mm4198 x 1842 x 1348 mm3797 x 1727 x 1163 mm4402 x 1842 x 1497 mm
Kofferraumvolumen280 l250 l112 l385 l
Hubraum / Motor3436 cm³ / 6-Zylinder2480 cm³ / 5-Zylinder1796 cm³ / 4-Zylinder2521 cm³ / 5-Zylinder
Leistung228 kW / 310 PS bei 6400 U/min250 kW / 340 PS bei 5400 U/min191 kW / 260 PS bei 8000 U/min224 kW / 305 PS bei 6500 U/min
Höchstgeschwindigkeit272 km/h250 km/h245 km/h263 km/h
Verbrauch9,4 l/100 km9,1 l/100 km9,4 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten