Toyota Prius Plug-in-Hybrid im Einzeltest
Was kann die fünfte Ausgabe des Hybrid-Pioniers?

Er war immer der Puritaner unter den Automobilen, predigte Enthaltsamkeit, machte den Hybridantrieb salonfähig. Jetzt kommt die fünfte Ausgabe des Toyota Prius – mit keilförmiger Karosserie, Vierzylinder, Steckdose und Ladekabel. Test.

Toyota Prius PHEV
Foto: Achim Hartmann

Benzinmotor, Elektro-Maschine, Planetengetriebe und ein großer Akku: Teile, die kaputt gehen könnten, hat der Toyota Prius ganz offensichtlich genug. Doch so richtig kleinzukriegen ist der Hybrid-Pionier wohl nicht. Zumindest findet man in den gängigen Gebrauchtwagenbörsen etliche Modelle mit weit über 300.000 Kilometern auf dem Tacho. Ob der Neue auch so ein Ausdauer-Läufer ist? Wird sich zeigen. Zunächst muss er bei uns durch den Test. Kilometerstand: 1.985.

Unsere Highlights

Generation fünf ist nur noch als Steckerhybrid im Angebot. Ladeanschluss: hinten rechts. Ladeleistung: 3,3 kW. Ladekabel: ist inklusive, passt aber nicht unter den Ladeboden des mit 284 Litern Volumen eh schon mickrigen Gepäckabteils.

Ein opulenter Raumwagen war der Fließheck-Prius ja eh nie. Wobei Sie sich hinten nun langmachen können, dank des auf 2,75 Meter gestreckten Radstands. Und Sie würden noch entspannter sitzen, bliebe unter den Vordersitzen mehr Platz für die Füße und unterm Dach für den Kopf, wären die Beine auf der flachen Bank weniger angewinkelt.

Funktional, multimedial

Toyota Prius PHEV
Achim Hartmann

Praktisch ist der Kamera-Rückspiegel, wenn im Fond drei Riesen die Rücksicht versperren.

Vorne passt’s mit der Sitzfläche, die der Fahrer als Ganze elektrisch heben und senken kann. Überhaupt fühlt man sich spontan wohl im funktionalen Cockpit – trotz oder gerade wegen der vielen auf dem Lenkrad und darum herum arrangierten, eindeutig beschrifteten Tasten. Nicht wegen des Materialmixes mit großzügig verteilten Hartplastik-Verkleidungen. Fürs Multimediale touchen Sie bitte auf den breiten, hoch aufgesteckten Screen mit der etwas altbacken aussehenden Navikarte. Fürs richtige Raum- und Sitzklima sorgen Sie per Tastendruck im Handumdrehen – können die vielen Funktionen aber auch per Sprachbefehl steuern ("Hey Toyota"). Nur das mit den Fahrzeugeinstellungen gelingt auf Anhieb nicht so recht. Weil die über zahlreiche Menüs verteilt und zudem etwas kleinteilig dargestellt sind, auf der linken Hälfte des hoch hinterm Lenkrad thronenden Instrumentendisplays, dessen unterer Teil vom Volant verdeckt wird.

Die rechte Seite ist für alles Fahrrelevante reserviert, also auch für so hilfreiche Dinge wie den Hinweis auf das aktuelle Tempolimit. Sind Sie zu flott unterwegs, mahnt das System akustisch, den Fuß vom Gas zu nehmen. Oder es meldet sich der Ihr Gesicht per Kamera überwachende Aufmerksamkeitsassistent, weil er eine Unaufmerksamkeit erkannt haben will. All das ist gut gemeint, stört auf Dauer aber, weil die eine Kamera Schilder oft nicht erkennt und der Computer natürlich Alarm schlägt, wenn Sie beschleunigen. Und weil die andere Kamera nicht das kleinste bisschen Ablenkung duldet, sich das System bereits dann piepsend meldet, wenn Sie länger als eine Sekunde in den Außenspiegel schauen, sich kurz dem Touchscreen widmen oder eine Sonnenbrille tragen ("geschlossene Augen erkannt").

Im neuen Prius jedoch nimmt man die Dinge viel lieber selber in die Hand, statt sich assistiert fahren zu lassen. Warum? Weil er nun ausreichend mitteilsam lenkt, mit der richtigen Portion Handmoment und gutmütigem, dynamisch angehauchtem Handling. Wobei das Fahrwerk stellenweise eine Spur überdämpft wirkt. Bremsklotz bei der Sache ist manchmal allerdings der hohe, schmale, je nach Untergrund nicht sonderlich geräuscharm rollende Reifen in der exklusiven und deshalb teuren (ca. 650 Euro pro Satz) Prius-Dimension 195/50 R 19. Denn auf der Bremse dürfte er mehr klotzen, den 1594 kg schweren Viertürer gern unter 37,5 Metern aus 100 km/h verzögern. Immerhin kann man die Bremsleistung im Alltag am Pedal gut dosieren, gelingt der Übergang von rekuperierender zu hydraulischer Verzögerung nahezu nahtlos.

Gegen den Widerstand

Toyota Prius PHEV
Achim Hartmann

93 km weit schafft’s der Prius rein elektrisch, trotz bloß 13,6 kWh großer Batterie. Toyota gibt übrigens konservative 72 WLTP-km an.

Haben Sie den B-Modus aktiviert, brauchen Sie das Bremspedal im Stadtverkehr eh nur selten. Stattdessen wandeln die E-Motoren Bewegungsenergie in Strom um, sobald Sie das Gaspedal lupfen. Wie stark der Widerstand dabei ist, können Sie dreistufig einstellen – irgendwo in den Tiefen der Fahrzeug-Einstellungen. Wenn der Prius parkt. Dabei möchte man viel lieber fahren, gerne elektrisch und bis zu 93 km weit. Beim kombinierten Testverbrauch fließen im Schnitt 1,1 Liter Super plus 9,8 kWh Strom pro 100 km. Fahren Sie mit leerem Akku hybridisch, braucht der Vierzylinder im Schnitt 5,4 Liter Sprit.

Die angenehme Seite des Saugmotors – neben seiner Effizienz durch den Atkinson-Takt – ist sein vibrationsarmer und akustisch zurückhaltender Lauf. Aber bloß solange Sie auf der Leistungsanzeige im Eco-Bereich bleiben. Tritt man das Gaspedal fester, offenbart das allein 151 PS starke Aggregat die eher mäßige Dämmung des Motorraums mit angestrengt klingendem, blechernem Ton, wobei sich Frequenz und akustische Intensität mit jedem Millimeter Gaspedalweg ändern.

Dafür geht’s mit 223 PS Systemleistung und dank des teilelektrischen Antriebs bei prompt anliegendem Drehmoment zügig vorwärts (0–100 km/h: 7,5 Sekunden). Sie können gelassen auf die Überholspur wechseln und bis 177 km/h auch im Verkehr der Eiligen mitschwimmen.

Im Schneckentempo richtung Autonomie

Toyota Prius PHEV
Achim Hartmann

Alternativ laden lässt sich der Prius per Solardach (185 Watt) und während der Fahrt via Rekuperation (umständliche Einstellung der Intensität).

Sie fahren lieber relaxt und assistiert? Das kann der Prius auch. Sogar teilautonom, den Abstand zum vorausfahrenden Verkehr und die Spur mittig haltend. Gehören Sie zu den besonders entspannten Fahrern und ist der Autobahn-Verkehr weniger dicht, assistiert der Prius sogar beim Spurwechsel, aktiviert per Blinker und mit mindestens einer Hand am kapazitiven Lenkrad. Allerdings dauert dieses Fahrmanöver derart lange, dass Ihnen der im Rückspiegel eben noch weit entfernte Verkehr plötzlich an der Stoßstange klebt, Sie deshalb entscheiden, die Dinge doch lieber selbst in die Hand zu nehmen.

Weniger Aufmerksamkeit erfordert die Konfiguration des Prius, weil’s den einen PHEV-Antrieb in nur drei Varianten gibt und bereits die 45 290 Euro teure Basis viele Dinge an Bord hat, für die Sie woanders extra zahlen müssen (z. B. Rückfahrkamera, Toter-Winkel-Warner, Sitzheizung, elektrisch einstellbarer Fahrersitz, Wärmepumpe). Dazubuchen können Sie kaum etwas. Wollen Sie also etwa auf größeren Rädern, mit Solardach oder beheizbarem Lenkrad fahren, müssen Sie eine der beiden höheren Ausstattungslinien ordern. Günstig weg kommen Sie beim Sprit- und Stromverbrauch, gerade mal 10 Euro zieht der Fiskus pro Jahr ein. Dafür langen die Versicherer kräftig zu, mit Vollkasko-Typklasse 27. Wobei hier die komplizierte Hybridtechnik ausschlaggebend sein dürfte, die sich samt nun leistungsfähigerem Gleichspannungswandler weit vorgerückt unter der flachen Fronthaube versammelt.

An der Dauerhaltbarkeit jedoch scheint bei Toyota auch beim neuen Prius niemand zu zweifeln. Wenn Sie ihn zur Wartung immer pünktlich und brav in die Vertragswerkstatt bringen, verlängert sich die dreijährige Neuwagengarantie jedes Mal aufs Neue um zwölf Monate. Wie oft? Wenn Sie jetzt einen kaufen, bis ins Jahr 2039, maximal 250.000 km. Gut möglich also, dass eines Tages auch K-TD 209E in einer Gebrauchtwagenbörse auftauchen wird. Kilometerstand bei Testende: 4.128.

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Vor- und Nachteile
Karosserie
Kompaktklasseüblicher Raum in beiden Reihen
Dimmung der Cockpitbeleuchtung per Knopfdruck
Kleiner Kofferraum
Kein Heckscheibenwischer
Sicherheit
Ausgewogenes, stabiles Fahrverhalten
Große Sicherheitsassistenz
Gute Ausleuchtung mit LED-Scheinwerfern
Unzuverlässige Tempolimiterkennung
Mäßige Bremsleistung
Komfort
Langstreckentaugliche Sitze
Sehr guter Radioempfang
Teils herbe Federung
Innen laut unter höherer Last
Träges Gebläse
Antrieb
Schnelles Ansprechverhalten
Flotter Durchzug
Hohe elektrische Reichweite
Limitierter Topspeed.
Fahrverhalten
Ausreichend dynamisches Handling
Direkte, mitteilsame Lenkung
Nur durchschnittliches Tempo bei den Fahrversuchen
Umwelt
Insgesamt effizient
Batterie in der Fertigung CO2-aufwendig
Produktion in Japan
Kosten
Gute Serienausstattung
Geringer Wertverlust
Bis zu 15 Jahre Garantie
Hybrid-typisch teuer

Fazit

589 von 1000 Punkte

So raketenhaft und cool, wie er aussieht, fährt der neue Prius zwar nicht, doch ist er trotz bester Effizienz spritziger und dynamischer als je zuvor unterwegs. Davon wollen wir mehr: Kofferraum und Ladeleistung. Und warum eigentlich gibt’s ihn nicht mit rein elektrischem Antrieb?

Technische Daten
Toyota Prius Advanced
Grundpreis53.490 €
Außenmaße4599 x 1782 x 1470 mm
Kofferraumvolumen284 bis 1360 l
Hubraum / Motor1987 cm³ / 4-Zylinder
Leistung111 kW / 151 PS bei 5200 U/min
Höchstgeschwindigkeit177 km/h
0-100 km/h7,5 s
Verbrauch4,6 l/100 km
Testverbrauch5,4 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024

Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten