Autonom fahrende Autos sollen sich anhand von per Kameras und Radar gewonnenen Daten in ihrer Umgebung orientieren. Vielen Herstellern ist diese Art der Umgebungsüberwachung aber nicht dicht genug – sie sehen eine sogenannte Sensorenlücke. Diese Lücke soll Lidar schließen. Lidar steht für Light detection and ranging und ist eine Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeits-Messung. Dabei funktioniert Lidar ähnlich wie Radar, aber anstelle von Radarstrahlen arbeitet es mit Laserlicht. Bosch wollte Ende 2020 die teure Lidar-Technik massentauglicher und damit deutlich günstiger machen – jetzt steigt der weltweit größte Autozulieferer aus der Lidar-Entwicklung aus.
Vor drei Jahren gingen die Bosch-Verantwortlichen noch davon aus, dass Lidar vollautonomes Fahren erst möglich mache. Schließlich seien beispielsweise Motorradfahrer, die sich mit hoher Geschwindigkeit einer Kreuzung nähern, aufgrund ihrer schmalen Silhouette und vielen Kunststoffteilen am Motorrad von Kameras und dem Radar nur schwer zu erfassen – hier sei der Einsatz von Lidar nötig. Auch heute betont Bosch, dass Lidar-Systeme für teilautonomes Fahren nach Level 3 wichtig seien. Level 3 ist allerdings noch weit von vollautonomen Fahren nach Level 5 entfernt. Bosch möchte auch weiterhin Lidar-Systeme in seine Produkte für autonomes Fahren integrieren können.
Markteinführungszeiten weit weg
Trotzdem beendet Bosch jetzt seine Lidar-Entwicklungsarbeiten. Gegenüber dem Handelsblatt geben die Verantwortlichen an, dass die Investitionen hoch seien und einer aktuell noch geringen Nachfrage gegenüber stünden. Außerdem sehen die Bosch-Entscheider inzwischen die Markteinführungszeiten kritisch – die Einführung von vollautonomen Fahren nach Level 5 scheint zunehmend in die Ferne zu rücken. Zudem entwickeln aktuell auch viele andere Hersteller Lidar-Systeme – möglicherweise können diese Anbieter aus beispielsweise China oder Taiwan ähnliche Technik zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten.
Fazit
Bosch steigt aus der Entwicklung von Lidar-Systemen aus, hält sie aber weiterhin in Sachen autonomes Fahren für wichtig. Anscheinend sind die Entwicklungs-Investitionen hoch und eine Markteinführung noch zu weit weg. Möglicherweise bieten asiatische Konkurrenten die Technik auch sehr günstig an.
Zudem drängt sich immer stärker der Verdacht auf, dass die Autoindustrie nicht mehr ganz so intensiv an eine mittelfristige Umsetzung von vollautonomen Fahren nach Level 5 glaubt. Nur wenige Hersteller haben bisher Level 3 erreicht und die Fortschritte werden eher kleiner. Einige Hersteller versuchen Fortschritt mit einem Marketing-Trick vorzutäuschen: Technisch falsch, bezeichnen sie teilautonomes Fahren nach Level 4 als "vollautonom". Selbst Tesla hängt noch auf Level 2 fest, zumal Elon Musk schon vor Jahren Lidar-Technik als zu teuer und überflüssig abgetan hat. Er möchte die Sensorik ausschließlich über Kamerabilder erledigen. Eine nicht abreißende Kette von Zwischenfällen mit teilautonom fahrenden Teslas beweist, dass der Hersteller mit diesem Vorhaben regelmäßig scheitert.
San Francisco gehört bei der Zulassung autonomer Test-Taxis zu den liberalsten Städten der Welt. Der San Francisco Chronicle hat jetzt die Zahl der Unfälle unter Beteiligung von autonomen Fahrzeugen ausgewertet und in einer Karte festgehalten – das Ergebnis kann erschrecken. Zudem gibt es bei den Unfallzahlen keine positive Entwicklung.