Rallye um Verbot von Verbrennungsmotoren
Briten wollen auch keine Hybride mehr

Der Ausstieg aus der Verbrennungsmotor-Technik wird zum Dauerthema – jetzt prescht die britische Labour Party vor und nimmt sogar Plug-in-Hybride ins Visier, obwohl diese Alltagsstrecken elektrisch fahren können.

Verbrenner Motor Verbot Länder 2019
Foto: Pexels / Patrick Lang

Wie viele Jahre bleiben dem Verbrennungsmotor als Antrieb für Automobile noch? Aktuell scheinen sich Ausstiegs-Befürworter eine Rallye um den frühesten Termin zu liefern. Jetzt wagt sich die in Großbritannien oppositionelle Labour Party vor: Bereits 2030, also in zehn Jahren, soll Schluss sein mit "Internal combustion engines" (ICE) in Neuwagen. Das Verbot soll dann auch für Hybrid-Antriebe gelten.

Matthew Pennycook, bei Labour zuständig für den Umweltschutz, hat die Forderung nach einem Verbrenner-Verbot zum Jahr 2030 in einem Brief an Verkehrsminister Grant Shapps bekräftigt – bisher peilt in Großbritannien, das seit dem 31. Januar 2020 nicht mehr zur EU gehört, den Verbrenner-Ausstieg bis zum Jahr 2040 an.

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Der elektrische Mini entsteht in Oxford.

Mehrere Länder wollen schon 2030 raus

Pennycook betont in seinem Schreiben, dass eine um zehn Jahre vorgezogene Frist den Verbrenner-Ausstiegsterminen bei neu zugelassenen Autos den Plänen von Irland, Dänemark, den Niederlanden und Schweden entspräche. Mit der Maßnahme möchte Pennycook der britischen Industrie neues Leben einhauchen sowie den CO2-Ausstoß und sonstige Luftverschmutzungen reduzieren. Der Labour-Abgeordnete weist in diesem Zusammenhang auf Studien hin, die bei einer gesteigerten Batterieproduktion einen Anstieg von Arbeitsplätzen in der britischen Automobil-Industrie von jetzt 170.000 auf 220.000 im Jahr 2040 prognostizieren. Die einzigen in Großbritannien gebauten Elektroautos sind aktuell der Mini Electric und der Nissan Leaf.

Briten kaufen mehr Elektroautos

Die britische Regierung trifft sich noch im September zu Konsultationen bezüglich des Themas. Experten erwarten, dass das Ende des reinen Verbrenners für 2035 ins Haus steht, ab 2040 kommt ein Verbot für Hybridantriebe hinzu.

Auch in Großbritannien ist der Autoabsatz im Zuge der Corona-Pandemie stark eingebrochen – Elektroautos verkaufen sich auf der Insel hingegen vergleichsweise gut. So stieg der Absatz von Elektrofahrzeugen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 157 Prozent. Allerdings ist damit nur eins von 20 verkauften Fahrzeugen ein Elektroauto.

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Den Nissan Leaf bauen die Briten in Sunderland.

Viele Briten wollen aktuell auch kein E-Auto

Eine landesweite Umfrage ergab, dass sich 44 Prozent der Briten aktuell nicht vorstellen können, bis 2035 auf ein Elektroauto umzusteigen – ein Viertel der 2.185 Befragten kann sich überhaupt keinen Umstieg auf ein E-Auto vorstellen.

Diskussionen auch in Deutschland

Deutschland gehört noch nicht dazu. Nämlich zu jenen Ländern, die bereits ein konkretes Datum nennen, wann keine Autos mehr mit Verbrennungsmotoren verkauft werden sollen. Es gibt zwar den von der Bundesregierung im November 2016 beschlossenen Klimaschutzplan 2050. Darin heißt es, dass der Verkehrssektor im Jahr 2050 nahezu unabhängig von Kraftstoffen mit fossilem Kohlenstoff sein soll – und damit weitgehend treibhausgasneutral. Konkrete Ausstiegsszenarien für den Verbrennungsmotor sind darin aber nicht benannt. Nur die Grünen nennen eine konkrete Jahreszahl für den Ausstieg: "Ab dem Jahr 2030 wollen wir nur noch abgasfreie Neuwagen zulassen", heißt es auf der Internetseite der Oppositionspartei.

Ab 2035 nur noch E-Autos auf den Balearen

Die Regierungen anderer europäischer Länder und Regionen haben sich bei diesem Thema klarer positioniert. Jüngst hat das Parlament der Balearen – jener Inselgruppe, zu der auch Mallorca gehört – ein Gesetz verabschiedet, das ab 1. Januar 2025 die Neuzulassung von Dieselautos und Motorrädern mit Verbrennungsmotor verbietet. Zehn Jahre später dürfen auch keine Benziner mehr neu zugelassen werden. Autos, die vor diesen Stichtagen angemeldet wurden, genießen Bestandsschutz bis 2050. Bis die Regelungen in Kraft treten, soll ein Netz von 1.000 Ladestationen aufgebaut werden, um die nötige Infrastruktur für die dann ausschließlich erlaubten Elektroautos zu gewährleisten. Autovermieter müssen ihre Flotten bereits von 2020 an auf E-Autos umrüsten.

Neuerdings gehört auch Schweden zu jenen Nationen, in denen ab 2030 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr verkauft werden sollen. Das verkündete Ministerpräsident Stefan Löfven in einer Regierungserklärung. Damit wolle das skandinavische Land seine Bemühungen verstärken, die Ziele des Pariser Weltklimaabkommens einzuhalten. Gleichzeitig soll die Ladeinfrastruktur für elektrifizierte Autos ausgebaut werden.

Kein hartes Verbrennerverbot in Norwegen

In Nordeuropa gibt es generell eindeutige Tendenzen in diese Richtung. Beispiel Dänemark: Auch dort soll von 2030 an der Verkauf von neuen Autos mit Benzin- oder Diesel-Motor verboten werden. Das sei ein klares Signal an die EU, die Automobilindustrie und den Rest der Welt, sagte Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen im Oktober 2018 im Parlament. Bis 2050 will Dänemark gar erreichen, dass das Land komplett auf fossile Energieträger verzichten kann.

Verwirrung gab es um Norwegen. Im Sommer 2016 hieß es, das Land wolle schon 2025 Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotor verbieten – bis ein Dementi aus dem Verkehrsministerium kam. Die konservativ-liberale Regierung in Oslo wolle lieber Anreize schaffen und die Bürger zum Kauf von umweltfreundlichen Fahrzeugen ermutigen. Mit großen Steuervorteilen für elektrifizierte Autos und anderen Privilegien, zum Beispiel dem Benutzen von Busspuren, setzt Norwegen dieses Vorhaben schon seit vielen Jahren um. Mit dem Ergebnis, dass inzwischen fast die Hälfte aller neu zugelassenen Pkw Elektroautos oder Plug-in-Hybride sind. Das wird der Regierung nun zu viel, weshalb sie die Steuervorteile schrittweise zurückfahren möchte.

Frankreich will 2040 nachziehen

Die Niederlande wollen von 2030 an nur noch emissionsfreie Autos für den Straßenverkehr zulassen. Gleichzeitig will die Regierung für eine ausreichende Ladeinfrastruktur sorgen und alle Kohlekraftwerke stilllegen. Auch die ohnehin schon sehr guten Bedingungen für Radfahrer sollen deutlich verbessert werden.

Frankreich erwägt einen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor im Jahr 2040. Zumindest gab Umweltminister Nicolas Hulot dieses Ziel im Sommer 2017 bekannt. Einen entsprechenden Regierungsbeschluss gibt es allerdings noch nicht. Ein Sonderfall ist die Hauptstadt Paris. Die dortigen Pläne besagen, dass Dieselautos bereits nach den Olympischen Sommerspielen 2024 und Benziner ab 2030 aus der Metropole verbannt werden sollen.

Island plant, ab 2030 nur noch Elektroautos neu zuzulassen, ebenso wie Indien. In Taiwan soll es 2040 soweit sein, ebenso im US-Bundestaat Kalifornien.

Fazit

Selbst wenn sich die aktuelle, teilweise vielleicht auch wahlkampfbedingte, Rallye um eine möglichst frühe Frist zum Ausstieg aus der Verbrennungsmotor-Technik wieder beruhigen sollte: Ein Ende des Verbrenners rückt immer näher. Die deutsche Autoindustrie ist gut beraten, wenn sie auf dem Gebiet Elektroauto weiter Gas gibt – oder besser "das Fahrpedal drückt".

Und während es hierzulande steuerfinanzierte Förderprämien für den Kauf eines neuen Plugin-Hybriden gibt, denkt man in Ländern wie Großbritannien bereits über den kurzfristigen Ausstieg aus dieser Technologie nach. Es ist Aufgabe der Politik, hier für Verbraucher und Industrie einen Rahmen vorzugeben, in dem beide langfristig sicher planen können.

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AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

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