Diesel-Zukunft im Fuhrpark
Der Selbstzünder ist noch nicht am Ende

Der Diesel verliert an Bedeutung, am Ende ist er aber noch lange nicht. In vielen Fuhrparks ist er unverzichtbar, und er wird es vorerst auch bleiben.

Diesel-Zukunft im Fuhrpark
Foto: imago images

Seit 2015 ist der Diesel in der Defensive. Bis zu diesem Schicksalsjahr galt er als der nahezu perfekte Antrieb, schließlich ist er grundsätzlich sparsam, emittiert entsprechend wenig Klimagas und garantiert enorme Reichweiten. Außerdem schüttelt er als Turbo mühelos ein Drehmomentgebirge aus dem Ärmel, das für Leichtfüßigkeit sorgt, egal wie schwer ein Auto beladen oder wie groß die Anhängelast ist.

Seit dem Dieselskandal scheinen diese Argumente ihre Bedeutung verloren zu haben. In ganz Europa ist der Selbstzünder auf dem Rückzug. Ältere Diesel werden mit Einfahrverboten aus zahlreichen Metropolen ausgesperrt, und die Politik schießt aus allen Förderkanonen, um die E-Mobilität in Stellung zu bringen. Die Reaktion der Hersteller ist ein großes Streichkonzert. Die Zahl der verfügbaren Dieselmodelle schrumpft, die Zahl der Autobauer ohne Diesel im Programm wächst dagegen kräftig.

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Der Diesel bleibt wichtig

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Arturo Rivas
Aus vielen Preislisten verschwinden die Dieselmodelle, aber einige wenige neue kommen doch dazu.

Im Angebot vieler Importeure, allen voran Honda, Nissan und Toyota, sind praktisch schon keine Diesel mehr zu finden. Mazda, Renault und Volvo haben ebenfalls angekündigt, die Zahl der Selbstzünder drastisch zu reduzieren. Die Diesel-Erosion ist selbst bei der TDI-Marke Audi erkennbar. 2019 war man in Ingolstadt noch stolz auf den V8 TDI im Q8, nun ist er Geschichte. Seinen Platz nimmt heute ein Benzinhybrid ein. Wer genau hinschaut, entdeckt aber auch, dass bei manchen Modellreihen die Anzahl der Dieselmodelle gewachsen ist. Dazu gehören der Audi A4 50 TDI, bei BMW der M340d, und beim VW Passat sind heute mehr Dieselvarianten verfügbar als noch vor einem Jahr. Mercedes geht einen Sonderweg und verknüpft den Diesel mit einem E-Motor zum Plug-in-Hybrid, beispielsweise in der E-Klasse 300 de.

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Achim Hartmann
Sauber unterwegs: Bei CO2-, Partikel- und NOX-Ausstoß sind moderne EU-6d-Diesel mustergültig.

Denn tatsächlich ist das schlechte Image der Diesel längst nicht mehr zu begründen. Messungen von auto motor und sport und den Abgasexperten von Emissions Analytics zeigen, wie sauber moderne EU-6d-Selbstzünder laufen. Ihr Ausstoß an Partikeln und Stickoxiden liegt weit unter den gesetzlichen Anforderungen. Fahren diese Modelle durch Städte mit starker Schadstoffbelastung, sind die Abgase sauberer als die angesaugte Luft. Unter den Nachhaltigkeitsgesichtspunkten müssen sich die aktuellen Selbstzünder am Markt vor den elektrifizierten Antrieben ganz sicher nicht mehr verstecken.

Dennoch ist der Trend weg vom Diesel offensichtlich. Waren im Jahr 2015 noch drei von vier Flottenfahrzeugen in Deutschland Diesel, so war es im vergangenen Jahr nur noch jedes zweite, während die E-Autos massiv an Bedeutung gewonnen haben. Dataforce-Geschäftsführer Marc Odinius: "Rein rechnerisch käme man bei diesem Trend Anfang 2025 auf 100 Prozent Elektroautos bei neuen Firmenwagen. Ganz so einfach wird es aber nicht gehen. Dafür sind die individuellen Bedürfnisse der Flotten zu unterschiedlich." Denn noch fehlen in der E-Auto-Auswahl Modelle, im Segment der Transporter bis 2,5 Tonnen und vor allem in der Mittelklasse.

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VW
„Der Diesel spielt immer noch die dominanteste Rolle im Portfolio“, Armin Villinger, Leiter VW Leasing.

Armin Villinger, Leiter Volkswagen Leasing GmbH: "Das Interesse an Elektrofahrzeugen ist aufseiten der gewerblichen Kunden sehr hoch. Bis sich diese hohe Nachfrage aber auch tatsächlich im Portfolio widerspiegelt, wird es noch etwas dauern." Noch ist der Diesel auch bei VW alles andere als unwichtig: "Insgesamt betrachtet spielt der Diesel immer noch die dominanteste Rolle im Portfolio der Volkswagen Leasing. Das liegt vor allem an dem großen Anteil von gewerblichen Kunden im Portfolio." Zwei von drei Passat verlassen die Werkhallen als TDI.

Für die scharf rechnenden Fuhrparkmanager bleibt der Selbstzünder in vielen Fällen erste Wahl, auch wenn die immer aufwendigere Abgasnachbehandlung ihn kontinuierlich teurer gemacht hat. Seine Effizienz ist ungeschlagen. Verglichen mit dem Benziner, ist er nach wie vor klar sparsamer. Verglichen mit dem reinen E-Auto, ist er bei Vielfahrern beliebter, weil sie häufiges Nachladen und Ladesäulensuche oft nicht in ihren Tagesablauf einbauen können. Dazu kommt, dass häufiges Nutzen von Schnellladern teuer werden kann.

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Achim Hartmann
Vielfahrer schätzen die ungeheure Reichweite aktueller Diesel bei günstigen Kosten.

Aber nicht nur Profis schätzen den Diesel weiterhin, wie Aussagen von Sixt zeigen. Im klassischen Vermietgeschäft ist der Diesel nach wie vor stark nachgefragt, während die Bedeutung des E-Autos eher in der Carsharing-Nische wächst.

CO2-Sparpotenzial

Dass dem Diesel so übel mitgespielt wurde, kann sich noch als Problem erweisen, denn er wird auf der Straße dringend gebraucht, um das volle CO2-Sparpotenzial der Mobilität auszuschöpfen. Schließlich geht der Trend in einigen Flotten weg vom Diesel, hin zum Benziner, und der konterkariert die Bestrebungen der Unternehmen, den Ausstoß des Klimagases zu reduzieren.

Plug-in-Hybride sind offensichtlich in vielen Fuhrparks keine Alternative. Eine Studie des ISI Fraunhofer-Instituts zeigt, dass dienstlich genutzte Plug-in-Hybride nur etwa 18 Prozent ihrer Fahrstrecke elektrisch unterwegs sind und deshalb viermal so viel CO2 ausstoßen, wie die Normwerte suggerieren. Fuhrparkleiter, die nicht in den Ruf des Greenwashers kommen wollen, sollten auch deshalb weiter auf den Diesel setzen.

Weniger Diesel in Flotten

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ams
Die Antriebsarten in Flotten von 2015 und 2020 im Vergleich (Quelle: Dataforce).

Die Analysten von Dataforce sehen in den letzten Zahlen eine stark schwindende Bedeutung des Diesel in den relevanten Flotten in Deutschland. Nach ihrer Einschätzung werden E-Autos und Plug-in-Hybride den Markt bereits 2025 dominieren, vorausgesetzt, die Lade-Infrastruktur wächst mit.

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