Stühlerücken im VW-Konzern
Diess holt auch für Software einen BMW-Mann

Laut Medienbericht hat VW schon einen Nachfolger für Christian Senger als Leiter der Konzern-Software-Entwicklung gefunden: Der Physiker Dirk Hilgenberg kommt von Diess‘ altem Arbeitgeber.

Dirk Hilgenberg wechselt von BMW zu VW
Foto: BMW

Die Automobilwoche berichtet, Hilgenberg, Bereichsleiter Produktionssystem bei BMW und seit 1999 bei den Münchnern, solle die "Car.Software.Org" des VW-Konzerns leiten und direkt an Entwicklungs- und Audi-Chef Markus Duesmann berichten, den Diess ebenfalls von BMW abgeworben hatte und der gerade gut 100 Tage Audi-Chef ist.

Hilgenberg soll wohl von Christian Senger übernehmen, der noch vor ein paar Tagen Leiter der wichtigen Software-Sparte war und das nur für ein paar Wochen. Auch Senger kam von BMW zu den Wolfsburgern. Über die Gründe für dessen Ablösung ist nichts bekannt – VW will ihn offenbar nicht verlieren, man suche eine andere Aufgabe im Unternehmen für ihn. Vielleicht wurden ihm die Software-Pannen bei Golf VIII (Notrufassistent) und ID.3 (neues Betriebssystem verzögert) zum Verhängnis oder Senger wollte nicht an Duesmann bei Audi berichten – Duesmann übernimmt im Rahmen seiner Verantwortung für Forschung und Entwicklung im VW-Konzern auch das Thema Software. Seine Einschätzung: "Wir läuten momentan die größte Revolution in der Automobilbranche ein. In wenigen Jahren werden das Betriebssystem eines Autos und seine Vernetzung mit einer hochsicheren Daten-Cloud den entscheidenden Unterschied ausmachen", so der Audi-Boss, der bei der Ingolstädter Marke zudem ein Leuchtturmprojekt namens Artemis verantwortet. Ziel: dem Markenclaim "Vorsprung durch Technik" wieder wieder zu Glanz verhelfen.

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Hauptaufgabe der Software-Organisation ist die Entwicklung eines Betriebssystems für alle Fahrzeuge des Konzerns. Hintergrund: Die Autoindustrie steckt bei der Elektronik in einem umfassenden Transformationsprozess: Statt wie bisher bis zu 180 Steuergeräte für verschiedenste Komponenten von ABS bis Zentralverriegelung im ganzen Auto verteilt zu verwenden, sollen künftig wenige Zentralrechner für ganze Bereiche wie Fahrerassistenz oder Antrieb die Steuerung übernehmen. Ein System, wie es Tesla von Anfang an mit nur einem großen Rechner verwendet hat – klar, die Amerikaner hatten keine Struktur von älteren Fahrzeuggenerationen, sie verkaufen erst seit acht Jahren Autos in Großserie. Bei VW startet eine Struktur mit drei Computern im ID.3, dessen Betriebssystem die erwähnten Verzögerungen beim Serienanlauf verursacht hat. BMW arbeitet bereits mit dem Betriebssystem OS7 in den meisten seiner Autos, der iNext wird als erster eine weitere Zentralisierung auf wohl fünf Zentralrechner bringen.

Fazit

Der Volkswagenkonzern macht derzeit mit einem schwindelerregenden Wechsel bei Führungskräften von sich reden. So wurde eben erst der Vorstand der Nutzfahrzeug-Tochter Traton ausgetauscht und Skoda-Chef Bernhard Maier muss zu Ende Juli überraschend seinen Hut nehmen. Der Wechsel bei den Software-Managern liegt im Brennpunkt des digitalen Wandels in der Autoindustrie und gewinnt durch die Abwerbung von Experten bei BMW an Brisanz.