Diess droht mit Stellenabbau
Bei VW könnten bis zu 30.000 Jobs wegfallen

VW-Boss Herbert Diess will den Konzern tiefgreifend umbauen. In den Szenarien, die der VW-Vorstandsvorsitzende jetzt vorgestellt hat, könnten bis zu 30.000 Stellen bei der Kernmarke wegfallen.

12/2020, Herbert Diess VW Volkswagen Vorstandsvorsitzender
Foto: Volkswagen AG

Wie das Handelsblatt berichtet, hat Diess dem VW-Aufsichtsrat in der Sitzung am 24. September 2021 vorgerechnet, dass die Transformation des Autobauers hin zur Elektromobilität bis zu 30.000 Stellen kosten könnte. Das wäre jeder vierte Job bei der Kernmarke VW.

Weniger Komplexität braucht weniger Arbeiter

Der Zukunftsplan von Diess dreht sich um das Projekt Trinity Unter dem Namen entwickelt VW ein neues Modell mit VW-eigenem Software-Betriebssystem und weitreichenden Autonom-Fähigkeiten, bei dessen Herstellung die Entwickler aber auch auf massive Vereinfachung setzen. Ab 2026 soll eine Autogeneration von den Bändern laufen, die eine dramatische Verringerung der Komplexität mit sich bringt (Die Vielzahl der aktuellen E-Auto-Plattformen des Konzerns sehen Sie in der Bildergalerie). Der VW-Golf zum Beispiel kann je nach Kundenwunsch in zehn Millionen Varianten entstehen. Trinity würde nur weniger als hundert Varianten erlauben, so das Handelsblatt.

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Weniger Komplexität bedeutet aber auch weniger Arbeitsschritte und damit weniger Arbeitsplätze. Einige Werke hat das Management bereits auf die neue Zeit umgerüstet. Zwickau und Brüssel gehören dazu, Hannover und Emden durchlaufen derzeit den Wandel hin zur E-Mobilität. Ausgenommen ist von dem Prozess bislang Wolfsburg. Genau dies halte Diess für falsch und sage intern: "Im Zentrum muss man anfangen, damit sich die anderen bewegen."

Die VWs der Zukunft Zukunft hätten laut Handelsblatt eine völlig neue Architektur und wären weit effizienter herzustellen. In Wolfsburg setze man zum Beispiel die Autokarossen noch aus etlichen Stahl- und Aluminiumblechen zusammen, die verschweißt werden müssen. Künftig solle eine Karosserie aus einem Guss und ohne Verwendung einzelner Bleche zu großen Produktivitätszuwächsen führen. Tesla plane diesen Ansatz bereits in der neuen Fabrik in Grünheide.

Das VW-Stammwerk Wolfsburg steht aktuell stark unter Druck. Dem Standort drohe aktuell im zweiten Jahr in Folge ein seit der Nachkriegszeit historisches Produktionstief. Vergangenes Jahr sei Wolfsburg nur auf knapp eine halbe Million Fahrzeuge gekommen. Dieses Jahr, ebenfalls geprägt von erheblicher Kurzarbeit wegen Corona und Halbleitermangel, dürften es sogar noch einmal weniger werden. Damit unterschreite das Stammwerk nicht nur den jüngsten Zehn-Jahres-Durchschnitt von knapp 780.000 Autos pro Jahr, berichtet die Automobilwoche. Auch die mit dem Unternehmen vereinbarten Auslastungszusagen lägen weit davon entfernt: So habe der Vorstand mit dem Ende 2016 beschlossenen Zukunftspakt für das Jahr 2020 eine Auslastung von mindestens 820.000 Fahrzeugen im Stammwerk garantiert. Mitte 2018 war sogar das Ziel von einer Million Fahrzeuge in Aussicht gestellt worden. "Auch bereinigt um die aktuellen Negativfaktoren Corona und Halbleitermangel sind wir von diesen gemeinsam verabredeten Plänen weit entfernt", sagte die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo.

Auch das Leuchtturm-Projekt Trinity, mit dem Mitte des Jahrzehnts ein gänzlich neues VW-Flaggschiff ins Stammwerk kommt, werde das Blatt nicht wenden. Der Standort brauche einen rascheren Weg in die E-Mobilität, forderte Cavallo, es müsse sich dabei um ein "volumenfähiges Modell" handeln.

Diess hingegen blickt auf Tesla: Der US-Konkurrent und Vorbild des VW-Chefs will in seiner neuen Fabrik in Grünheide im Endausbau jährlich ebenfalls etwa 500.000 (E-)Autos produzieren. Tesla plant dafür mit gut 10.000 Beschäftigten. Im Wolfsburger VW-Stammwerk sind aber etwa 25.000 Menschen in der Produktion beschäftigt. Selbst die für Wolfsburg versprochene Million an Fahrzeugen in der Jahresproduktion bräuchte nach dem Schlüssel des US-Herstellers nur 20.000 Mitarbeiter. Insgesamt arbeiten am Standort Wolfsburg derzeit mehr als 51.000 Menschen, weltweit hat VW mehr als 600.000 Mitarbeiter.

Fazit

VW-Boss Herbert Diess versucht, den Konzern zu modernisieren und hat dabei den Blick fest auf Tesla gerichtet. Ausgerechnet das Stammwerk in Wolfsburg kam dabei bislang kaum voran. Jetzt skizziert der Vorstandsvorsitzende vor dem Aufsichtsrat einen Stellenabbau bei VW in Höhe von 30.000 Jobs im Rahmen der Tranformation in Richtung Elektromobilität und Software – sicher nicht nur, um Entlassungen wirklich umzusetzen, sondern um mehr Tempo in die Modernisierung zu bekommen.