Was war das wieder für ein Technologie-Feuerwerk, als Mercedes die neue S-Klasse präsentiert hat – Head-Up-Display mit Augmented Reality, Projektoren als Scheinwerfer und die neueste Generation MBUX. Und dann? Dann kommt der EQS und legt mit dem riesigen Hyperscreen noch eine Schippe drauf – beinahe so, als bestünde das gesamte Cockpit aus einem Display. Diese Entwicklung ist mit Blick auf die allgemeinen Automobil-Trends nachvollziehbar, doch die anhaltende Halbleiter-Krise macht genau diesen Umstand aktuell zum Problem.
Eine Sprecherin von Mercedes erklärt auf Anfrage von auto motor und sport: "Aufgrund der Auswirkungen durch den gegenwärtig weltweit bestehenden Lieferengpass an bestimmten Halbleiterkomponenten kommt es derzeit zu Ausstattungseinschränkungen bei verschiedenen Baureihen. Daraus ergeben sich auch Verzögerungen bei der Auslieferung." Konkret heißt das für die Kundschaft, dass viele (Elektronik-) Sonderausstattungen wie beispielsweise große Infotainmentsysteme aktuell nicht für Neuwagen konfigurierbar sind. Das betrifft auch bereits bestellte Fahrzeuge.
Downsizing im Cockpit
"Entscheiden sich die Kunden nachträglich für eine reduzierte Ausstattung, wird der Kaufpreis entsprechend der entfallenen Ausstattung angepasst. Sollten die Kunden den Ausstattungsänderungen nicht zustimmen und das Fahrzeug nicht übernehmen wollen, suchen wir gemeinsam nach anderen, individuellen Lösungen", verspricht der Hersteller. Dass dieser Umstand wiederum Auswirkungen auf die Bestandsfahrzeuge hat, liegt nahe. Natürlich wurde zunächst abverkauft, was bereits auf dem Händler-Hof steht, doch der Vorrat ist endlich und das äußert sich mittlerweile in einem massiven Absatzeinbruch. Mercedes lieferte von Juni bis Ende September 428.361 Fahrzeuge aus – das sind 30,2 Prozent weniger als noch im Vorjahreszeitraum.
Die Auslieferungssteuerung erfolge aktuell flexibel, um Wartezeiten bestmöglich zu begrenzen, heißt es aus Stuttgart. Fahrzeug-Übergaben seien stark von individueller Ausstattung und kurzfristiger Teile-Verfügbarkeit abhängig. Das bedeutet auch: Umsatzbringer wie die S-Klasse oder prestigeträchtige Baureihen wie der EQS werden von Mercedes vorrangig mit den knapp bemessenen Chips zur Fertigstellung versorgt. Wenn Sie sich nun selbst den Mund ein wenig wässrig machen möchten, können Sie das übrigens in unserer Fotoshow oben im Artikel tun.
Fazit
Die Halbleiter-Krise zieht weiter ihre Kreise und ein Ende ist noch nicht in Sicht. Bei technologisch immer komplexeren Fahrzeugen ist das natürlich ein Problem, das bald auf den seit Corona bereits schwer geplünderten Gebrauchtwagenmarkt überschwappen dürfte. Denn wer keinen Wunsch-Neuwagen bekommen kann, sucht sich vermutlich einen jungen Gebrauchten.