Winterreifentest 2021 (255-275/35 ZR 19 und 255/40 R 18)
18 oder 19 Zoll im Winter?

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Bestmögliche Fahrdynamik oder sicheres Durchkommen bei Schnee und Eis, schicke Mischbereifung in breiten 19 Zoll oder die bewährte 18-Zoll-Rundum-Variante: Welches ist die optimale Winterreifen-Kombination für BMW Z4 und Toyota Supra?

Winterreifentest Sportwagen
Foto: Sandra Fleck-Rothfuss

🏆 Die Testsieger auf einen Blick:

Um bestmögliche Genauigkeit und Ergebnissicherheit zu gewährleisten, werden – soweit machbar – sämtliche Versuche in diesem Test mehrfach durchgeführt. Angewendet wird ein progressives Bewertungsschema, das sowohl die objektive Bewertung durch Messgeräte als auch die subjektive Benotung durch die erfahrenen Testfahrer berücksichtigt. Beim Handling auf Schnee sowie auf nasser oder trockener Bahn führt ein ausgewogenes, sicheres und den Erwartungen der mutmaßlichen Zielgruppe entsprechendes Fahrverhalten zu einer Optimalbenotung. Die Aquaplaning-Tests, jeweils getrennt in Längs- und Querrichtung durchgeführt, geben Auskunft über die Reaktion der Reifen, etwa beim Durchfahren tiefer Spurrinnen. Die Höhe der kritischen Aufschwimmgeschwindigkeit bei Geradeausfahrt oder die erreichbare Querbeschleunigung bei Wasserdurchfahrt nach VDA-Kriterien sollen jeweils die Sicherheitsreserven der Reifen aufzeigen.

Der verbrauchsbeeinflussende Reifen-Rollwiderstand wird nach Möglichkeit in jeweils zwei unterschiedlichen Testlaboratorien auf Rollenprüfständen ermittelt. Die Ergebnisse fließen in Form eines Mittelwerts in die Bewertung ein. Grundlage dieser Beurteilung ist die für das Reifenlabel relevante europäische Gesetzgebung zur Reifenkennzeichnung. Zur langfristigen Absicherung der Ergebnisse werden die getesteten Produkte normalerweise mit Reifen aus nachgelagerten Testkäufen in stichprobenartigen Nachtests verglichen. Im Fokus: die besten drei des Tests sowie Produkte mit atypisch guter Performance oder ungewöhnlichen Verschleißerscheinungen. Abweichungen oder Auffälligkeiten würden zum Testausschluss führen, verbunden mit entsprechender Berichterstattung.

Dieser Standard konnte allerdings aufgrund der während der Testfahrten grassierenden Covid-19-Pandemie nicht gehalten werden. Der Zugang zu Reifentestgeländen war stark eingeschränkt oder gar nicht möglich. Auch konnten ungewöhnliche Verschleißerscheinungen, Normabweichungen oder Auffälligkeiten bei der Auswertung nicht festgestellt werden. Wir bitten um Verständnis, dass die sonst üblichen Nachtests in dieser Testsaison ausgesetzt wurden.

255-275/35-ZR-19-Zoll-Mischbereifung

Bridgestone Blizzak LM005 (Testsieger)

 Mit etwas besserem Kurvengrip und etwas leichterer Kontrollierbarkeit nur wenig bessere Schneeperformance als Conti
 Gute Sicherheit mit präzise kontrollierbarem Handling auf Nässe
 Im Trockenen fehlt es zum Conti deutlich an Präzision und Fahrstabilität
 Leichte Defizite in den Aquaplaning-Disziplinen

Fazit: 19-Zoll-Mischbereifung mit bester Fahrstabilität bei Regen (7,8 Punkte, gut).

Continental WinterContact TS 860 S

 Sommerreifen-nahes sportives, präzises und direktes Lenkansprechen sowie ausgeprägte Kurvenfestigkeit auf trockenen Strecken
 Gute Haftung ebenso in nassen Kurven
 Traktion und Seitenführung auf Schnee nur mäßig
 Hohes Aquaplaningrisiko

Fazit: 19-Zoll-Mischbereifung mit sportlichster Trockenperformance (7,3 Punkte, gut).

255/40-R-18-Zoll-Rundumbereifung

Michelin Pilot Alpin 5 (Testsieger)

 Bei überragendem Grip sehr gut kontrollierbar auf Schnee
 Neutral bis sicher untersteuernd auf Nässe
 Ausgewogen mit sehr kurzen Bremswegen auf trockenem Asphalt
 Schwacher Schutz gegen Aquaplaning
 Die Defizite bei der Wasserverdrängung könnten auch bei Schneematsch kritisch werden

Fazit: Überragende Schneeperformance ohne gravierende Kompromisse (8,5 Punkte, sehr gut).

Goodyear UltraGrip Performance +

 Ausgewogen und harmonisch mit kurzen Bremswegen auf Schnee
 Neutrales, leicht beherrschbares Fahrverhalten auf Nässe mit überragender Sicherheit bei Starkregen
 Komfortables Abrollen
 Leichte Defizite im Nass- und Trockenbremsen
 Lautes Abrollgeräusch bei Vorbeifahrt

Fazit: Sicher auf Schnee, bester Aquaplaningschutz (8,2 Punkte, sehr gut).

Bridgestone Blizzak LM005

 Beste Haftung beim Bremsen und Kurvenfahren auf Nässe
 Ohne nennenswerte Schwächen mit weitgehend sicherem, aber recht fahraktivem Handling trocken
 Gegenüber der 19-Zoll-Mischbereifung von Bridgestone etwas erhöhtes Übersteuerrisiko auf nassem und trockenem Asphalt
 Defizite in der Aquaplaningvorsorge

Fazit: Beste Nasshaftung bei fahraktiv-heckbetonter Dynamik (8,1 Punkte, sehr gut).

Falken Eurowinter HS 01

 Sehr kurze Bremswege und ordentliche Traktion (auch über Schlupf) auf Schnee
 Träges, aber sehr sicheres und eindeutiges neutral-untersteuerndes Eigenlenkverhalten auf Nässe
 Guter Abrollkomfort
 Wegen plötzlichen Seitenführungsabrisses unter Schlupf auf Schnee schwer kontrollierbar
 Träges Anlenken sowie Übersteuerneigung und Lastwechselempfindlichkeit in trockenen Kurven
 Schwache Spurhaltung bei starkem Beschleunigen, hoher Rollwiderstand

Abwertung um zwei Punkte in der Gesamtnote wegen zu schwacher Heckstabilität in schneebedeckten und trockenen Kurven.

Fazit: Weitgehend sicher bremsender Winterreifen mit guter Nasshaftung, aber deutlichen Schwächen auf leistungsstarken Fahrzeugen (5,3 Punkte, ausreichend).

Die Auswahl ist begrenzt

Mischbereifung – hinten breit, vorn etwas schmaler, das hat sich in der Klasse heckgetriebener Sportler durchgesetzt. Die Vorteile auf trockenen, sommerlichen Straßen: bessere Traktion, höhere Kurvenstabilität, gleichmäßigerer Verschleiß, starke Optik.

Gelten diese Statements auch im Winter? Bringt die breite Hinterhand auch auf Schnee tatsächlich mehr Traktion und reduziert mit besserer Kurvenführung das Übersteuerrisiko? Welche Vor- und Nachteile die breite Mischbereifungsvariante gegenüber einer klassischen Winterreifenbestückung mit gleicher Reifengröße an beiden Achsen tatsächlich hat und welche Reifenmarke dort das Rennen macht, das soll dieser Test klären.

Konkret geht es in diesem Vergleich um die Kombination 255/35-19 vorn und 275/35 ZR 19 hinten. Eine Kombi, mit der etwa die 19-Zoll-bereiften Toyota Supra, kräftige BMW-Z4-Roadster und weitere Modelle ab Werk oder optional ausgerüstet sind. Die korrespondierende kleinere Wintergröße für vorn und hinten ist hier die 255/40 R 18.

Winterreifentest Sportwagen
Sandra Fleck-Rothfuss
Da Bridgestone sowohl Misch- als auch Rundumbereifung für den Blizzak LM005 anbietet, können direkte Unterschiede beider Bereifungsvarianten festgehalten werden.

Das Angebot an zueinanderpassenden Profilen und Mischungen ist im Frühjahr 2021 nicht gerade üppig. Zum Testzeitpunkt bieten als 19-Zoll-Mischbereifung gerade mal zwei Marken sinnvoll kombinierbare Größenpaare an. Während Bridgestone mit seinem noch recht frischen Blizzak LM005 einen Seriensieger ins Rennen wirft, kann Conti in dieser Größenkombi nur mit dem nicht mehr ganz taufrischen Conti WinterContact TS 860 S kontern. Nokian, heute mit dem Snowproof P am Markt, kann zum Testzeitpunkt noch nicht liefern, und Michelin möchte mit dem aus ihrer Sicht etwas überholten Pilot PA4 nicht mehr antreten. Das Nachfolgemodell Pilot Alpin 5 (bereits in 18 Zoll verfügbar) schafft es in den 19-Zoll-Mischbereifungsgrößen erst zur aktuellen Winterreifensaison an den Start. Deutlich besser sieht es in der Dimension 255/40 R 18 aus: Hier starten Goodyears upgedateter Ultra-Grip Performance + (plus), Michelins neuer Pilot Alpin 5 und der günstige Falken Eurowinter HS 01. Zum direkten Vergleich mit der 19-Zoll-Mischbereifungsvariante tritt Bridgestones Blizzak LM 005 auch in dieser Größe an. So können wir nicht nur den besten Reifen der jeweiligen Dimension herausfiltern, sondern auch direkt die Unterschiede zwischen den beiden Bereifungsvarianten.

Mischbereifung auf Schnee?

Zuerst das Bremsen: Die Kandidaten schenken sich nichts, das Testfeld liegt sehr eng beieinander, Unterschiede zwischen beiden Bridgestone-Varianten sind aber dennoch gegeben, die gemittelten Werte ergeben einen Vorteil von 60 Zentimetern für die 19-Zoll-Variante. Offensichtlich zeigt die breite Hinterachse hier Wirkung.

Gleiches gilt in der Seitenführung: Auch hier ist – die Werte werden durch Querkraftmessung im Slalom ermittelt – die neutralere, etwas untersteuernde Hinten-breit-Variante ein Quäntchen im Vorteil, während bei der Traktionsmessung (hier wird mit Regelsystem beschleunigt) die schmalere Hinterhand messbar mehr Biss zeigt.

Wie aber sind die Fahreindrücke auf Schnee? Dynamisch bewegt macht hier die Breitvariante das Rennen: Neutral und präzise lässt sich der Test-Supra um den Kurs treiben. Sanftes Hineinbremsen in Kurven führt zu leicht kontrollierbarem Eindrehen, Schlupf und Seitenhalt bleiben beim Herausbeschleunigen stets in einem für den Fahrer leicht beherrschbaren Bereich. Selbst wenn am Kurvenausgang versehentlich mal zu viel Drehmoment über die Hinterachse des Supra herfällt, lässt sich der breite Bridgestone leicht auskorrigieren und schiebt auch unter höheren Schlupfwerten noch ordentlich an – so soll es sein.

Auf Nässe ist zunächst – aus rein objektiver, messtechnisch erfasster Sicht – die 18-Zoll-Variante im Vorteil, mit etwas kürzeren Bremswegen und geringfügig besserem Grip in Kurven. Daraus allerdings fahrdynamisch echte Vorteile zu generieren, fällt der Rundumbereifung schwer. Mit weit ausgewogenerem, fahrstabilerem und kalkulierbarerem Fahrverhalten kann sich der 19-Zoll-mischbereifte Supra deutlich auf dem bewässerten Handlingkurs abheben. Doch es gibt nichts dran zu rütteln: Objektiv gesehen, und das betrifft im Wesentlichen alle Fälle, in denen das Fahrzeug mit aktivem Regelsystem dem öffentlichen Straßenverkehr ausgesetzt ist, wirkt die dynamisch weniger perfekte Bereifung einfach etwas sicherer.

Winterreifentest Sportwagen, Bridgestone (Misch)
Sandra Fleck-Rothfuss
Bridgestone bestätigt im direkten Vergleich das generelle Bild: Objektiv fahrsicherer sind die getesteten 18-Zoll-Reifen. Mehr Fahrspaß und präzisere Dynamik schafft die 19-Zoll-Mischbereifung.

Und auf der trockenen Piste? Auch hier sammelt die 18-Zoll-Dimension – etwa im Bremsen mit 0,7 Meter weniger Bremsweg – zunächst etwas mehr Objektivpunkte als die 19-Zoll-Mischbereifungsvariante. Auch der schnelle Spurwechsel – einem Ausweichmanöver auf der Autobahn nachempfunden – läuft mit den 18-Zöllern zwar träger, dafür aber etwas geschmeidiger und stabiler ab. Auch ihr Abrollkomfort ist einen Hauch besser.

Auf dem Rundkurs hingegen hat wiederum die 19-Zoll-Mischbereifung Stabilitätsvorteile, die sich in mehr Sicherheit oder, wie gezeigt, in schnellere Rundenzeiten ummünzen lassen. Somit gilt auch hier wie zuvor auf Nässe: Die fühlbar bessere Fahrdynamik gibt es mit 19 Zoll, objektiv sicherer sind die 18 Zoll. Aussagen, die genau genommen nur für unseren Bridgestone-Vergleich gelten, im Wesentlichen aber auf andere Paarungen übertragbar sein dürften.

Ohne 18-Zoll-Pendant aus eigenem Haus startet die 19-Zoll-Kombi des Conti WinterContact TS 860S. Mit ihr lässt sich die Trockenperformance des Supra fast auf Sommerreifenniveau heben, Schnee- und Nasseigenschaften knicken im Gegenzug dafür spürbar ein. Eine Winterempfehlung für diese Kombination gibt’s nur bei eher seltenem Schneekontakt und, wegen ausgemachter Aquaplaningschwächen, gegen das Versprechen, bei Regen Tempo rauszunehmen.

Im Winter mit 18 Zoll sicherer

Die besseren, weil sichereren Winterreifen, das zeigt dieser Vergleich, findet man bei den 18-Zöllern. Allerdings nicht bei den besonders preisgünstigen. Während der Falken in leistungsschwächeren Fahrzeugklassen durchaus achtbare Ergebnisse erzielt, kommt er mit den hohen Ansprüchen kräftiger Sportwagen nicht wirklich zurecht. Zwar schafft er auf Schnee und bei Nässe recht kurze Bremswege, sobald aber mehrachsige Beanspruchungen auf seine Lauffläche einstürmen, ist es – besonders bei kräftigem Beschleunigen und, ja, auch auf trockenem Asphalt – mit der guten Führung vorbei. Das gibt Punktabzug, ein "ausreichend" – also eher lassen.

Winterreifentest Sportwagen, Falken
Sandra Fleck-Rothfuss
Ausreißer: Wegen plötzlichen Seitenführungsabrisses unter Schlupf und damit verbundener schwerer Kontrolle auf Schnee erhält der Falken Eurowinter als Einziger im Test gleich zwei Abwertungen.

Deutlich besser kommt der frisch renovierte Goodyear UltraGrip Performance + aus der Prüfung: Sehr kurze Bremswege und ein makelloses Handling auf Schnee, bester Aquaplaningschutz, und das bei minimalem Rollwiderstand, lassen ihn, wenn auch knapp, sogar Bridgestone überholen. Allerdings braucht er auf Nässe rund eineinhalb Meter mehr Bremsweg – und er rollt etwas lauter ab.

Top und damit Sieger des Tests sind aber die Pilot-Alpin-5-Winterreifen in 18 Zoll von Michelin. Nur sie kombinieren kurze Bremswege und bestmögliche Fahrbarkeit auf Schnee mit starken Bremsleistungen und ausgewogener Fahrdynamik auf trockenen Straßen. In Sachen Aquaplaningschutz sind die Franzosen hingegen etwas nachlässig. Das verhagelt das sonst gute Nässeergebnis und verbaut den Weg zur Bestnote. Doch auch ohne das Prädikat "überragend" ist der Michelin Pilot Alpin 5 in 18 Zoll der sicherste Winterreifen für Z4, Supra und Co. Nicht aber der dynamischste. Das könnte aber seine seit wenigen Wochen lieferbare 19-Zoll-Mischbereifungs-Kombi schaffen…

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Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten