Verschärfte WLTP-Regeln ab September
Wer diesmal gut vorbereitet ist – und wer nicht

Ab 1. September 2019 werden Prüfzyklus und Abgasnorm weiter verschärft. Diesmal sind vor allem Benziner von der Neuregelung betroffen, die einigen Herstellern erneut Kopfzerbrechen bereitet.

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Foto: Mercedes-Benz, Deleker

Es hat sich über die letzten Jahren eingebürgert: Sobald der September beginnt, treten schärfere Abgasregeln in Kraft. So auch im Jahr 2019. Nicht nur, dass die Abgasnorm Euro 6d-TEMP nun für alle neu zugelassenen Autos gilt (bislang war dies nur für die Typgenehmigung neuer Modelle relevant). Auch der Prüfzyklus WLTP wird rigoroser. Vorerst wieder nur für Typgenehmigungen, vom 1. Januar 2020 an jedoch auch für alle Auto-Neuzulassungen.

Bei EVAP geht es um Verdunstungsemissionen

Doch was genau ändert sich bei jenen Neuwagen, die nach der Abgasnorm Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC eingestuft sind? Technischer Hintergrund ist, dass sie künftig strengere Regeln in Bezug auf ihre Verdunstungsemissionen („Evaporative Emission“) erfüllen müssen. Dabei wird überprüft, wie viele Kohlenwasserstoffe ein Auto aus seinem Kraftstoffsystem ausdünstet. Derselbe Grenzwert, der bisher in einem 24-Stunden-Zeitraum emittiert werden durfte, gilt nun für 48 Stunden. Dies ist vor allem für Benziner eine Herausforderung, da dieser Kraftstoff aufgrund seiner kürzeren Kohlenwasserstoffketten leichter verdampft als Diesel.

Unsere Highlights
Stickoxid-Grenzwerte von Euro 1 bis 6d

Norm 

Euro 1 

Euro 2 

Euro 3 

Euro 4 

Euro 5a 

Euro 5b 

Euro 6b 

Euro 6c 

Euro 6d Temp

Euro 6d

Einführungszeitpunkt

für alle Neufahrzeuge

1.1.

1993

1.1.

1997

1.1. 2001

1.1.

2006

1.1. 2011

1.1. 2013

1.9.

2015

1.9. 2018

1.9. 2019

1.1. 2021

NOX-Grenze

Prüfstand (mg/km)

– 

– 

500

250

180

180

80

80

80

80

NOX-Grenze

RDE (mg/km)

– 

– 

– 

– 

– 

– 

– 

– 

168

120

ISC steht für „In-Service-Conformity-Tests“ und bedeutet, dass auch bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nachweisen müssen, dass sie weiterhin die Abgasregularien erfüllen. Für Fahrzeughalter oder Autofahrer haben dem ADAC zufolge weder das Kürzel EVAP noch der ISC-Zusatz eine Bedeutung. Sie richten sich allein an die Fahrzeughersteller und sollen diese überwachen.

VW geriet wohl leicht ins Schlingern

Für diese grüßt nun erneut das Murmeltier, zumindest aus der Ferne. Die Erinnerung an das Desaster bei der letzten Verschärfung des Prüfzyklus‘ beziehungsweise der Abgasnorm ist ja noch frisch. In den vergangenen Jahren wurden bei der Umstellung auf den WLTP-Zyklus und die Euro 6d-TEMP-Norm die Prüfstände knapp, was bei vielen Herstellern zu Lieferengpässen geführt hatte – und bei einigen sogar zur Streichung kompletter Motor-Getriebe-Varianten. Hiervon war vor allem der VW-Konzern betroffen.

Auch diesmal gerieten offenbar Volkswagen und seine Schwestermarken etwas ins Schlingern. Wenn auch offenbar längst nicht so heftig wie bei der letzten Umstellung, weshalb es dem Konzern wohl gerade noch rechtzeitig gelang, den größten Teil seines Portfolios zu aktualisieren. Was die Pkw-Sparte von VW angeht, beschwichtigt ein Sprecher gegenüber der „Automobilwoche“ und sagt: „Zum 1. September werden voraussichtlich bis auf sehr wenige Ausnahmen alle Motor-Getriebe-Varianten auf die neue Emissionsnorm Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC umgestellt sein.“ Ein Blick in die Datenbank bestätigt dies: Zum Stichtag scheint die Marke bei den allermeisten Modellversionen auf der sicheren Seite zu sein. Ähnliches gilt für Audi, Porsche und Skoda.

Weitgehend problemlose Umstellung

Doch bei den Nutzfahrzeugen war dem Branchenblatt zufolge Anfang August erst ein Drittel aller Motor-Getriebe-Varianten an die neuen Regeln angepasst. Was beispielsweise dazu führen könnte, dass der Crafter erst 2020 wieder in allen Versionen erhältlich sein dürfte. Ein Sprecher bestätigte, dass es „temporär zu Einschränkungen“ kommen werde. Dies gilt jedoch nicht für die Modelle auf Caddy- und T6-Basis. Laut Datenbank sind bereits jetzt fast alle Motor-Getriebe-Kombinationen nach Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC genormt.

Bei den meisten anderen Herstellern lief bei der Anpassung an Euro 6d-TEMP-EVAP-ISC dagegen alles weitgehend glatt. BMW war damit nach eigener Aussage bereits im März fertig, auch bei Mercedes soll alles planmäßig verlaufen sein. Ford, Hyundai, Renault, Seat und der PSA-Konzern haben die Umstellung demnach auch bereits weitgehend hinter sich gebracht. Ein Blick in die Datenbank bestätigt dies. Bei den genannten Herstellern tun sich in Sachen EVAP kaum noch Lücken auf.

Euro 6d wirft seine Schatten voraus

Doch damit enden die Herausforderungen für die Autohersteller noch nicht. Ab Jahresbeginn 2020 (Typzulassungen) bzw. 2021 (jede Pkw-Neuzulassung) gilt die noch schärfere Abgasnorm Euro 6d. Dann muss ein Auto nachweisen, dass es im Straßenbetrieb nur noch das 1,5-fache an Stickoxiden ausstößt wie auf dem Prüfstand. Euro 6d-TEMP erlaubt noch das 2,1-fache. Einige Marken bauen ihr Angebot an Euro 6d-Autos bereits jetzt kontinuierlich aus, darunter besonders BMW, Mercedes und jene der PSA-Gruppe. Ein Konzern ist in puncto Euro 6d dagegen noch komplett blank: Volkswagen.

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Natürlich - ich will für alle Eventualitäten gewappnet sein.Auf keinen Fall - zuerst muss das Angebot noch deutlich wachsen.

Fazit

Die Umstellung auf die neuen WLTP-Erfordernisse samt damit einhergehender Verschärfung der Abgasnorm scheint für die Hersteller deutlich entpannter zu verlaufen als beim letzten Mal. Manche spezielle oder kaum nachgefragte Motor-Getriebe-Kombination könnte etwas auf sich warten lassen, aber derartige Engpässe wie vor ein bis zwei Jahren scheint es diesmal nicht zu geben. Spannender ist die Frage, welche Marken ihr Angebot rechtzeitig auf Euro 6d umstellen können. Auch in dieser Hinsicht fängt das Zeitfenster allmählich an, sich zu schließen.