Winterreifentest 2018 für Sportwagen
Wie gut ist eine Mischbereifung?

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Für viele Sportwagen mit Mischbereifung, wie etwa den BMW M2, ist das Angebot an passenden Winterreifen nicht üppig. Aber sie halten ihn sicher auf der Straße, wie unser Winterreifentest mit der aktuell verfügbaren Mischbereifung in den Dimensionen 235/40 und 255/35 R 18 und einer Auswahl an Einheitsbereifung zeigt.

Erschreckend dünn ist es, das Angebot an Winterreifen für den BMW M2. Erst recht, wenn im Winter die empfohlene Mischbereifung – hinten 255/35 R 18 und vorne 235/40 R 18 – gefahren werden soll. Nur Hankook und Nokian können zum Testzeitpunkt passende, übereinstimmende und vor allem aktuelle Profile für die Vorder- und Hinterachse liefern. Für die kommende Saison dürfte sich die Situation bereits etwas entspannen, denn neben dem zwar von BMW freigegebenen, aber technisch etwas angestaubten Michelin Pilot Alpin 4 dürften auch Reifen von Falken, Nankang oder Nexen als Mischbereifungs-Kombination zur Verfügung stehen, die allerdings zum Testzeitpunkt noch nicht zu haben waren. Doch sind breitere Hinterreifen im Winter wirklich die bessere Wahl? Alternativ zur schicken Mischbereifung darf nämlich auf einigen sportlichen Heckantriebsfahrzeugen im Winter rundum auch die gleiche Reifengröße montiert werden.

Sicher bei Schnee und Matsch

Beim BMW ist das das Format der Vorderachsbereifung 235/40 R 18. Hier ist das Angebot schon größer. Zu den mutmaßlichen Top-Reifen mit aktuellen Profilen zählen der Conti TS 850 P – das neuere 860er-Profil ist für High-Performance-Winterreifen vorerst nicht vorgesehen –, der Goodyear UltraGrip Performance Gen-1, der Dunlop Winter Sport 5 und der Nexen Winguard Sport 2.

Was uns neben den Leistungsunterschieden der verschiedenen Reifenmodelle jedoch besonders interessiert, ist: Wie gravierend sind die Unterschiede zwischen Misch- und Einheitsbereifung? Um das herauszufinden, teilen wir das Testfeld in zwei Lager: die beiden Mischbereifungspaare von Hankook und Nokian und die als Einheitsbereifung getesteten Pneus von Conti, Goodyear, Dunlop und Nexen. Für die direkte Vergleichbarkeit sorgt der neue Hankook i’cept evo² .Er durchläuft den Test im direkten Vergleich sowohl als Misch- wie auch als Rundumbereifung bei allen im mitteleuropäischen Winter relevanten Straßenverhältnissen: auf Schnee, Nässe und natürlich auf trockenem Asphalt.

Die getesteten Reifen im Überblick – jeweils absteigend in der Bewertung, beginnend mit den beiden Mischbereifungspaaren:

Hankook i’cept evo² (Mischbereifung)

 Kurze Bremswege und sichere, weitgehend stabile Dynamik auf Schnee
 Leicht beherrschbar auf Nässe
 Sicher untersteuernd trocken
 Leichte Defizite im Aquaplaning

Preis pro Reifen: 157/191 Euro (Kaufen: 235/40 und 255/35 (Fritzreifen))
Fazit: Empfehlenswert (8,6 Punkte)

Nokian WR A4 (Mischbereifung)

 Trotz Defiziten in Traktion und Seitenführung auf Schnee verlässlich fahrbar
 Kurze Bremswege trocken
 Schwächen in allen Nassdisziplinen

Preis pro Reifen: 167/192 Euro (Kaufen: 235/40 und 255/35 (Fritzreifen/Reifenride))
Fazit: Noch empfehlenswert (7,4 Punkte)

Continental TS 850 P (Einheitsbereifung)

 Braver Untersteuerer auf Schnee
 Überragend sicher und präzise fahrbar auf Nässe
 Ausgewogen in trockenen Kurven
 Geringe Schlupfreserven und nur mäßige Seitenführung auf Schnee

Preis pro Reifen: 195 Euro (Jetzt bei Fritzreifen kaufen)
Fazit: Sehr empfehlenswert (9,0 Punkte)

Goodyear UltraGrip Performance Gen-1 (Einheitsbereifung)

 Gute Traktion und gutes Bremsen auf Schnee
 Sicher, präzise und sportlich auf Nässe und im Trockenen
 Missverhältnis zwischen Längs- und Kurvengrip auf Schnee

Preis pro Reifen: 194 Euro (Jetzt bei Fritzreifen kaufen)
Fazit: Empfehlenswert (8,6 Punkte)

Hankook i’cept evo² (Einheitsbereifung)

 Kurze Bremswege, aktivere Dynamik auf Schnee Nässe und trockener Bahn
 Messbar schwächere Seitenführung und Traktion an der Hinterachse
 Leichte Defizite im Aquaplaning

Preis pro Reifen: 157 Euro (Jetzt bei Fritzreifen kaufen)
Fazit: Empfehlenswert (8,4 Punkte)

Dunlop Winter Sport 5 (Einheitsbereifung)

 Gute Längsdynamik
 Ausgezeichnete Aquaplaning-Sicherheit
 Leichte Defizite in Seitenführung und Traktion auf Schnee
 Spitzer Traktionsabriss
 Mäßiges Nasshandling

Preis pro Reifen: 194 Euro (Jetzt bei Fritzreifen kaufen)
Fazit: Noch empfehlenswert (7,9 Punkte)

Nexen Winguard Sport 2 (Einheitsbereifung)

 Ordentliche Leistungen mit gutem Feedback auf Nässe
 Sportive Performance mit starkem Bremsen auf trockenem Asphalt
 Wenig vertrauensbildend auf Schnee
 Auch auf Nässe wenig ausgewogene Balance

Preis pro Reifen: 119 Euro (Jetzt bei 123Reifen kaufen)
Fazit: Noch empfehlenswert (7,7 Punkte)

Die getesteten Sportwagen-Reifen

Getestete Reifen

Bewertung

Kaufen

Mischbereifung:

Hankook i’cept evo²

235/40: Bei Fritzreifen kaufen
255/35: Bei Fritzreifen kaufen

Nokian WR A4

235/40: Bei Fritzreifen kaufen
255/35: Bei Reifenride kaufen

Einheitsbereifung:

Continental TS 850 P

Bei Fritzreifen kaufen

Goodyear UltraGrip Performance Gen-1

Bei Fritzreifen kaufen

Hankook i’cept evo²

Bei Fritzreifen kaufen

Dunlop Winter Sport 5

Bei Fritzreifen kaufen

Nexen Winguard Sport 2

Bei 123Reifen kaufen

  = sehr empfehlenswert,  = empfehlenswert,  = noch empfehlenswert,
 = bedingt empfehlenswert

So haben wir getestet

Zur Sicherung der Testergebnisse werden, soweit möglich, sämtliche Versuche mehrfach durchgeführt. Der beste Reifen eines Versuchs erhält maximal zehn Punkte. Ein progressives Bewertungsschema sichert auch bei nah beieinanderliegenden Top-Produkten eine trennscharfe Bewertung. Beim Handling auf Schnee, Nässe oder trockener Bahn führt ein ausgewogenes, sicheres Fahrverhalten zu einer Optimalbenotung. Der Rollwiderstand wird von zwei voneinander unabhängigen Rollenprüfständen nach EU-Regularien ermittelt. Grundsätzlich werden die getesteten Produkte mit Reifen auch aus nachgelagerten Testkäufen in stichprobenartigen Nachtests verglichen. Signifikante Abweichungen zum Testmuster führen zum Testausschluss – verbunden mit entsprechender Berichterstattung. Sollten Produkte nicht rechtzeitig zur Überprüfung am Markt sein, erfolgen die Bewertungen nur unter Vorbehalt.

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Ingolf Pompe

Ivalo, Finnland, im Februar 2018. Hier, weit nördlich des Polarkreises, sollen die sieben Winterreifensätze auf Schnee zeigen, was sie draufhaben. Geprüft werden die Reifen nach messtechnischen Kriterien in den Disziplinen Bremsen, Traktion und Seitenführung, bei den abschließenden Handlingtests werden Rundenzeiten und Fahreindrücke bewertet.

Respekt, der erst kürzlich überarbeitete Hankook i’cept evo² krallt sich beim Bremsen vorbildlich in den Schnee und macht die bissigen Vierkolbenzangen des bärenstarken Test-M2 schon nach 25,9 Metern arbeitslos. Ob hinten ein breiteres Gummi montiert ist, macht sich beim Schneebremsen nicht bemerkbar. Nur wenig schwächer: Goodyear, Nokian, Conti und Dunlop, Nexen liegt zwar hinten, kommt aber mit nur einem Meter Rückstand schon bis auf vier Prozent an die Spitze heran.

Geht es um die Traktion auf Schnee, liegen Goodyear und Dunlop zusammen mit der Hankook-Mischbereifungsvariante vorn. Keiner patzt, der Rest des Feldes folgt dicht gedrängt, beim Beschleunigen hat die Breitbereifung hinten offensichtliche Traktionsvorteile. Und die Seitenführung? Die wird in kontrollierter Slalomfahrt gemessen. Dabei versucht der Tester bei gleichbleibender Geschwindigkeit in Wechselkurven höchstmögliche Querkraft aufzubauen. Die erreichten Querkraft-Peaks (links/rechts) werden messtechnisch erfasst, zur Auswertung wird ein Mittelwert gebildet.

Den besten Kurvengrip erreichen in diesem Versuch abermals die beiden Hankook-Varianten, deutlich vor dem führungsstarken Nexen. Spürbar sanfter reagieren Dunlop, Conti, Nokian und vor allem Goodyear auf Lenkbefehle. Warum der einheitsbereifte BMW hier etwas weniger Seitenführung aufbaut? Die Antwort ist in den Notizen des Testfahrers zu finden: Übersteuertendenz! Rutscht die Hinterachse weg, ist auch der Grip dahin.

Übersteuern kostet Zeit

Ein Effekt, den der ansprechend fahraktive M2 auch im Handling bestätigt. So erreicht die Seitenführung der schmaleren Hinterachse auch hier nicht ganz das Niveau der Breitvariante. Das Fahrverhalten wird aktiver, aber bei vergleichbaren Rundenzeiten dennoch runder, eindeutiger, kalkulierbarer und somit sicherer. Mit spürbar weniger Kurvenspeed absolvieren Goodyear und Conti den Kurs. Conti dabei sicher, aber fast schon zu brav untersteuernd, Goodyear kann die durch tolle Traktions- und Bremsleistungen geweckten Erwartungen im Kurvengrip nicht erfüllen – und könnte so beim Einlenken für Überraschungen sorgen.

Auf niedrigerem Leistungsniveau, aber beide auf Schnee gut beherrschbar, sind Dunlop und Nokian. Der Nexen kann seine spontanen Lenkreaktionen nicht in Performance umsetzen und wirkt schnell überfordert. Wir merken uns: Top auf Schnee sind Hankook, Conti und Goodyear.

Können die Schneekönige ihren Vorsprung auch auf Nässe behaupten? Nokian schon mal nicht: Mit fast 36 Metern Bremsweg aus Tempo 80 rutscht er weit ins Aus. Nexen ist mit 33 Metern an den fünf Führenden dran, Conti und Goodyear dominieren mit 31,8 und 31,9 Metern. Breitbereifung hinten bringt beim Nassbremsen keine Vorteile.

sportauto Winterreifentest 2018, BMW M2, Handling
Dino Eisele

Interessant sind die Ergebnisse der Seitenführungs- und Aquaplaning-Messungen: Ersteres wird auf einer permanent bewässerten Asphaltkreisbahn ermittelt. Der Testfahrer tastet sich bei konstantem Kreisdurchmesser an die höchstmögliche Geschwindigkeit heran und versucht diese zu halten. Aus den Rundenzeiten lassen sich unschwer die Fliehkräfte, die auf den Wagen wirken, sowie die physikalisch gleich großen Seitenführungskräfte, die ihn in der Spur halten, ermitteln. Hohe Kräfte von fast 0,8 g (auf Nässe!) liefern Conti, Hankook in Mischbereifung, Dunlop, Goodyear und Nexen. Nokian kommt früh ins Rutschen, auch die Einheitsbereifung von Hankook ist auffällig langsamer. Warum? Wie beim Schneeslalom schmiert auch hier die Hinterhand ab und zwingt zu langsameren Runden.

Risiko Aquaplaning

Bei den Aquaplaning-Messungen – bei sturer Geradeausfahrt sind kaum Nachteile für die breite Hinterhand zu erwarten – trennt vor allem das tückische Kurven-Aquaplaning die Spreu vom Weizen. Zum Test wird hier ein 300-Meter-Asphaltkreis mit eingebauter Riesenpfütze (exakt 6 mm Wassertiefe) durchfahren. Gestartet wird mit 40 km/h, nach jeder Runde wird das Tempo erhöht, so lange, bis die Fuhre in der Pfütze aufschwimmt und die Bahn ballistisch verlässt. Bis fast 0,3 g Querkraft halten Goodyear und Dunlop den M2 fest in der Spur, Conti erreicht 2,33 g, Hankook 2,19 g. Nokians Mischbereifung schafft nur 2,01- fache Erdbeschleunigung. Der Einfluss der Breitreifen hinten: bei Hankook zunächst etwas stabilisierend, bei Nokian schwimmt die Hinterachse zu früh auf.

Wie sich aus der Summe aller Einzelqualitäten auf Nässe ein Gesamtbild formt, zeigt letztlich das Nasshandling: Seine hohe Lenkpräzision, der starke Wetgrip, die ausgezeichnete Balance bringen dem Conti die kürzesten Rundenzeiten. Kaum langsamer der stabil fahrbare, leicht kontrollierbare Hankook in der Mischbereifungsvariante wie auch der sehr verlässliche und pfützenresistente Goodyear. Sehr ordentlich auf Nässe Dunlop, Hankook mit 235ern rundum und Nexen; Nokian haftet schlecht auf Nässe, unter- und übersteuert indifferent.

Mischbereifung sicherer?

Der direkte Vergleich der beiden Hankook-Bereifungsvarianten bringt es an den Tag: Bei dem dünnen Wasserfilm auf der Teststrecke kann die schmalere Hinterhand keine Vorteile für sich verbuchen. Traktion und Seitenführung hinten werden schlechter, Lastwechselreaktionen und Übersteuern ausgeprägter. Die notwendigen Korrekturen schlagen auf die Rundenzeit.

Und trocken? Das ist die Challenge für Winterreifen, insbesondere dann, wenn, wie im Fall des M2, bis zu 500 vortriebshungrige Newtonmeter die beiden Hinterreifen zerfleischen wollen. Nicht minder bissig die Bremsen, die zusammen mit dem trocken sehr überzeugenden Nexen Winguard Sport 2, vor allen anderen aber mit Nokian kürzeste Bremswege liefern.

Im Trockenhandling fehlt es der Nokian-Kombination aber bei sehr ordentlichen Rundenzeiten etwas an Stabilität, ausgewogener und sogar einen Hauch schneller ist Nexen, weiter nach vorn fährt Conti mit einer für Winterreifen mustergültigen Kurvenfestigkeit, Präzision und Balance. Schneller lässt sich nur noch der rundum mit 235er-Hankook-Winterreifen bestückte 2er über den Kurs treiben, der von lang gezogenen Kurven um Tempo 180 bis hin zu engeren Wechselkurven anspruchsvolles Terrain bietet und somit auch den Grund für die schnelleren Rundenzeiten liefert.

Das Bekenntnis zur deutlich heckbetonten Balance der Rundum-Hankooks gibt dem Fahrer des aktiver mitlenkenden Sportgeräts die Chance, früher ans Gas gehen zu können. Ein Vorteil, der sich auf öffentlichen Straßen wohl kaum umsetzen lässt. Sicherer, leicht untersteuernd und angenehm stabil im Heck ist die Hankook-Mischbereifungsvariante, die auch trocken ein tadelloses Bild abgibt. Goodyear fährt sich sportlich, unauffällig und sicher, Dunlop fehlt’s etwas an Präzision, Spontaneität und Eindeutigkeit.

Fazit

Breit macht schnell? Ja, aber sicher. Mit wenigen Ausnahmen in den Testdisziplinen erhöhen die breiteren Hinterrad-Pneus bei der Mischbereifung tatsächlich die Traktion und Fahrstabilität. Und genau darauf kommt es auf der Straße an. Doch mehr als größere Reifenbreiten entscheiden Abstimmung und Qualität des Reifens über optimale Leistungen bei allen Fahrbahnbedingungen. In Sachen Overall-Performance lässt Conti nichts anbrennen und fährt den auf gleichem Gesamtniveau folgenden Reifen von Hankook (235/255) wie auch von Goodyear etwas davon. Hankook (235/235), Dunlop und der trocken starke Nexen folgen, Nokian patzt bei Nässe. Ein No-Go, denn: Regen heißt der Schnee im Winter Mitteleuropas.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten