Winterreifentest 2021 (195/55 R 16 H)
Die besten Reifen für die Kleinwagenklasse

Gerade bei Kleinwagen wie VW Polo oder Seat Ibiza sollten zur kalten Jahreszeit echte Winterprofis aufgezogen werden. Warum welcher Reifen der beste ist – oder welcher am besten zu Ihren individuellen Anforderungen passt –, erfahren Sie in diesem Test.

Winterreifentest Kleinwagen
Foto: S. Fleck-Rothfuss

🏆 Der Testsieger auf einen Blick:

  • Der Testsieger Bridgestone Blizzak LM005 ist ein sehr sicherer Allrounder im Winter mit bester Performance auf nass-kalten Straßen. Mit einem Endergebnis von 8,7 liegt er übergreifend einen halben Notenpunkt vor dem Zweitplatzierten. Hier einfach bestellen.

Um bestmögliche Genauigkeit und Ergebnissicherheit zu gewährleisten, werden – soweit machbar – sämtliche Versuche in diesem Test mehrfach durchgeführt. Angewendet wird ein progressives Bewertungsschema, das gleichermaßen die objektive Bewertung durch Messgeräte wie auch die subjektive Benotung durch die erfahrenen Testfahrer berücksichtigt. Beim Handling auf Schnee sowie auf nasser oder trockener Bahn führt ein ausgewogenes, sicheres und den Erwartungen der mutmaßlichen Zielgruppe entsprechendes Fahrverhalten zu einer Optimalbenotung.

Die Aquaplaningtests, jeweils getrennt in Längs- und Querrichtung durchgeführt, geben Auskunft über die Reaktion der Reifen, etwa beim Durchfahren tiefer Spurrinnen. Die Höhe der kritischen Aufschwimmgeschwindigkeit bei Geradeausfahrt und die erreichbare Querbeschleunigung bei Wasserdurchfahrt nach VDA-Kriterien sollen jeweils die Sicherheitsreserven der Reifen aufzeigen. Der verbrauchsbeeinflussende Reifenrollwiderstand wird nach Möglichkeit in jeweils zwei unterschiedlichen Testlaboratorien auf Rollenprüfständen ermittelt.

Die Ergebnisse fließen in Form eines Mittelwerts in die Bewertung ein. Grundlage dieser Beurteilung ist die für das Reifenlabel relevante europäische Gesetzgebung zur Reifenkennzeichnung. Zur langfristigen Absicherung der Ergebnisse werden die getesteten Produkte normalerweise mit Reifen aus nachgelagerten Testkäufen in stichproben-artigen Nachtests verglichen. Im Fokus: die besten drei des Tests sowie Produkte mit atypisch guter Performance oder ungewöhnlichen Verschleißerscheinungen. Abweichungen oder Auffälligkeiten würden zum Testausschluss führen, verbunden mit entsprechender Berichterstattung.

Ein Standard, der allerdings aufgrund der während der Testdurchführung anhaltenden Covid-19-Pandemie nicht gehalten werden konnte. Der Zugang zu Reifentestgeländen war stark eingeschränkt oder nicht möglich. Auch konnten ungewöhnliche Verschleißerscheinungen, Normabweichungen oder Auffälligkeiten bei der Auswertung nicht festgestellt werden. Wir bitten um Verständnis, dass die sonst üblichen Nachprüfungen bei diesem Test ausgesetzt wurden.

Bridgestone Blizzak LM 005 (Testsieger)

 Sicheres Bremsen und einfache Fahrzeugkontrolle auf Schnee
 Überragender Nassgrip mit sehr kurzen Bremswegen und sicherem Kurvenverhalten auf regennassen Straßen
 Etwas längere Bremswege auf trockenem Asphalt

Fazit: Sehr sicherer Allrounder im Winter mit bester Performance auf nass-kalten Straßen (8,7 Punkte, sehr gut).

Continental WinterContact TS 870

 Gute und mit dem ESP-Regelsystem des Polo perfekt harmonierende Winterperformance
 Hohe Kurvensicherheit auf Schnee
 Sicheres Fahrverhalten auch auf nassen und trockenen Straßen
 Kleine Schwächen nur im Kurvengrip auf Nässe wie auch beim Bremsen auf trockenem Asphalt

Fazit: Leiser und besonders spritsparender Breitband-Winterreifen für jedes Wetter (8,2 Punkte, sehr gut).

Vredestein Wintrac

 Auf Schnee trotz guter Brems- und Traktionsleistungen sehr inhomogen: Reifen und ESP-Regelung des Polo arbeiten gegeneinander
 Überraschend gute Dynamikeigenschaften hingegen auf Nässe
 Im Trockenen kurze Bremswege, präzise Kurveneigenschaften
 Deutliches Schräglaufgeräusch bei Kurvenfahrt

Fazit: Kurvenfest auf nassen, bremsstark auf trockenen Straßen. Unser Preis-Leistungs-Tipp (8,1 Punkte, sehr gut).

BF Goodrich g-Force Winter 2

 Überragende Schnee-Eigenschaften
 Mit Ausnahme etwas längerer Bremswege ordentliche Fahrdynamik auf trockenen Strecken
 Schwache Ergebnisse auf regennassen Fahrbahnen

Fazit: Auf Schnee nicht zu schlagen – der BF Goodrich führt in der Alpinwertung (7,8 Punkte, gut).

Michelin Alpin 6

 Spontaner, fahraktiver und haftstarker Winterreifen auf trocken-kaltem Asphalt
 Guter Kurvengrip auf Nässe
 Etwas längere Bremswege auf Schnee und nassen Fahrbahnen
 Leicht eingeschränkter Abrollkomfort

Fazit: Bei kleinen Defiziten auf Schnee und Nässe bietet der Michelin im Trockenen die höchste Fahrsicherheit (7,7 Punkte, gut).

Goodyear UltraGrip 9+

 Guter Kurvengrip und fahraktives Handling auf Schnee
 Auch bei kräftigeren Niederschlägen hohe Kurvensicherheit
 Leichte Bremsdefizite auf allen Oberflächen
 Bei Vorbeifahrt vergleichsweise lautes Abrollgeräusch

Fazit: Trotz Schwächen im Bremsen gibt sich der Goodyear besonders auf Nässe recht kurvensicher (7,5 Punkte, gut).

Pirelli Cinturato Winter

 Kurze Bremswege und gute Traktion auf Schnee und in trockenen Kurven
 Trotz etwas reduzierten Seitenführungsniveaus gut und einfach beherrschbar
 Im Vergleich zur guten Traktions- und Bremsleistung zu schwache Seitenführung auf Schnee
 Lange Bremswege und schwacher Kurvengrip auf Nässe

Fazit: Stark auf Schnee, sicher bei Aquaplaning – nur im Nassbremsen ist Pirelli schwach (7,5 Punkte, gut).

Falken Eurowinter HS01

 Akzeptable Schnee- und Nässeperformance
 Guter Vortrieb auf Schnee, vorzugsweise mit abgeschalteter Traktionskontrolle
 Guter Abrollkomfort
 Wenig präzises, schwammiges Fahrverhalten und reduziertes Gripniveau in trockenen Kurven

Fazit: Günstiger, aber ausgewogener Reifen im mittleren Leistungsbereich mit Detailschwächen auf Schnee (7,1 Punkte, gut).

GT Radial Champiro WinterPro2

 Kurvenfest und fehlerverzeihend auf trockener Fahrbahn
 Guter Kurvengrip auf Nässe
 Komfortabel
 Schwache Leistungen auf Schnee
 Träges Anlenken
 Unausgewogenes Nässeverhalten mit deutlichen Lastwechselreaktionen in Kurven
 Summendes Auslauf- und Schräglaufgeräusch

Fazit: Bei akzeptablen Bremsleistungen kann der Giti in der Kurvendynamik nicht überzeugen (7,1 Punkte, gut).

Toyo Observe S 944

 Sehr gripstark und sicher untersteuernd in trockenen Kurven
 Träges, aber fehlertolerantes Fahrverhalten
 Lange Bremswege, vor allem auf Schnee
 Schwache Wintereigenschaften
 Nur mäßige Nassperformance

Fazit: Auf reduziertem Leistungsniveau noch ausgewogener Reifen mit Schwächen vor allem auf Schnee (6,9 Punkte, befriedigend).

Harte Tests in Eis und Schnee

Leistungs- und drehmomentstarke Motoren, sportliche Fahrzeugnutzung und große Reifenbreiten, häufiger Langstreckenbetrieb: alles Herausforderungen, die bei Hochleistungs-Winterreifen schon mal Kompromisse bei der Schneetraktion einfordern. Herausforderungen, denen sich ein Winterreifen für Kleinwagen erst mal nicht direkt stellen muss. Das meist begrenzte Leistungsangebot dieser Autos erlaubt zum Beispiel, weichere, kälteflexiblere und damit schnee- und eisgriffigere Gummimischungen zu verwenden. Auch die vergleichsweise geringe Reifenbreite erleichtert das Verdrängen von Schneematsch und Schmelzwasser und ist damit bei gefährlichem Aquaplaning von Vorteil. Alles Gründe, warum die Kleinen im Winter oft besser und sicherer durchkommen als mancher Große.

Mit welchem Reifen das bei Schnee und Eis nun am besten klappt und wie die Wintergummis mit anderen Widrigkeiten dieser Jahreszeit, ganz besonders mit nasskalten Fahrbahnen, zurechtkommen, haben wir für Sie in einem aufwendigen Test analysiert. Um die Wintereignung der zehn Reifenmodelle zu erproben, ging es im Frühjahr dieses Jahres zunächst ins Testmekka der europäischen Auto- und Reifenindustrie nach Schwedisch-Lappland. Auf häufig schneebedeckten Straßen rund 2.500 Kilometer nach Norden – auf eigener Achse, alternativlos unter Pandemiebedingungen.

Winterreifentest Kleinwagen
Ingolf Pompe
Winterreifen müssen auch im Trockenen sicher bremsen können.

Im begleitenden Lkw mit dabei waren neben dem Vorjahressieger Bridgestone Blizzak LM 005 der BF Goodrich g-Force Winter 2, der neue Conti WinterContact TS 870, der eher preisgünstige Falken Eurowinter HS01, der neue Goodyear UltraGrip 9+, der GT Radial Champiro WinterPro2, der bewährte Michelin Alpin 6, der Pirelli Cinturato Winter, Toyos Observe S 944 und nicht zuletzt Vredesteins neuer Wintrac.

Welcher davon mit den winterlichen Bedingungen am ehesten fertigwird, zeigen die Brems-, Traktions-, Seitenführungs- und Handlingtests auf Schnee: Hier ist der BF Goodrich nicht zu schlagen, führt mit deutlichem Abstand und wäre somit aus unserer Auswahl die Empfehlung für besonders schneereiche Regionen. Gute Leistungen zeigen auch Pirelli, Continental, Bridgestone und Vredestein – nur Toyo verliert mit langen Bremswegen und wenig Kurvengrip den Anschluss.

Aber: Sind schneebedeckte Fahrbahnen in Mitteleuropa wirklich noch winterliche Realität? In vielen Regionen eher nicht. Zwar muss ein guter Winterreifen diesen Straßenzustand beherrschen. Wichtiger ist es jedoch – weil die entsprechende Situation weitaus häufiger anzutreffen ist –, die kalte, nasse Fahrbahn im Griff zu haben. Dabei entscheidend: Wie gut haftet der Reifen beim Bremsen auf feucht-glitschigem Asphalt? Welche Reserven bietet er in etwas zu schnell angegangenen Kurven? Wie reagiert er, wenn sich in Spurrinnen oder zwischen Schneematschresten plötzlich Pfützen bilden und Aquaplaning droht? Und: Bleibt er in diesen Situationen auch für unerfahrenere Fahrer beherrschbar?

Bridgestone stark bei Nässe

Das testeten wir wenige Wochen später und drei Tagesreisen weiter südlich auf einem Prüfgelände im Norden Deutschlands. Hier überprüfen wir die Fähigkeiten jedes Reifenmodells genau dort, wo es drauf ankommt: im Grenzbereich. Wir messen die Bremswege, vergleichen den Grip bei Kurvenfahrt an der Haftgrenze und fahren in exakt vorgegebenen Geschwindigkeitsstufen – auch in Kurven – durch künstliche Pfützen. Ebenso prüfen wir, wie sicher sich der Wagen bei Fahrfehlern wieder unter Kontrolle bringen lässt.

Wer vor allem sehr gute Nässe-Eigenschaften fordert, findet mit dem Bridgestone Blizzak LM 005 den dort mit Abstand zuverlässigsten Reifen. Keiner haftet besser in nassen Kurven, besonders jedoch beim Verzögern: Seine Bremswege aus Tempo 80 fallen stabil fast zwei Meter – eine halbe Wagenlänge – kürzer aus als die des härtesten Wettbewerbers. Vor allem beeindruckend: An der Stelle, an der der Bridgestone-bereifte Polo bereits zum Stehen kommt, rauscht ein mit GT-Radial-Reifen versehener zeitgleich vollgebremster Wagen noch mit rund 25 km/h, auf Pirelli Cinturato gar mit fast 32 km/h vorbei. Nicht auszudenken, wenn es zwischen diesen Fahrzeugen zum Crash käme.

Winterreifentest Kleinwagen, Bridgestone
S. Fleck-Rothfuss
Der Test- und Nasshandling-Sieger: Bridgestone Blizzak LM 005.

Auf Nässe kann also dem Bridgestone keiner das Wasser reichen. In seine Nähe kommen mit guten Leistungen nur Goodyear Conti und Vredestein – auch Falken schafft es, mit akzeptablen Ergebnissen sogar Michelin zu distanzieren; GT Radial und Toyo kämpfen noch mit Detailschwächen. Und BF Goodrich wie Pirelli zeigen erneut, dass sich guter Grip auf Schnee nachteilig auf die Nässe-Eigenschaften auswirken kann.

Ginge es nur um den Aquaplaningschutz, also die Fähigkeit, etwa bei Starkregen oder in Spurrinnen Wasser oder auch Schneematsch aus dem Reifenprofil zu verdrängen, läge Pirelli an der Spitze – so gut kann das kein anderer. Recht sicher sind in dieser Disziplin Conti und – erneut – Bridgestone. Auch Goodyear und Falken kommen mit den Gegebenheiten bei kräftigem Niederschlag gut zurecht.

Dynamischer, sicherer Michelin

Und wie sieht es auf trocken-kalten Straßen aus? Ist der Bridgestone auch hier unschlagbar? Nein, das ist das Revier des Michelin, der hier das Feld mit überragender Haftung, hoher Fahrpräzision und kürzesten Bremswegen hinter sich lässt. Im Wesentlichen liegen die sicherheitsrelevanten Ergebnisse der zehn Kandidaten im Trockenen recht nahe beieinander: Bridgestone und Vredestein sind Michelin knapp auf den Fersen, Toyo überrascht mit erstaunlicher Kurvenfestigkeit und sicher-schnellen Rundenzeiten beim Trockenhandling, nur Falken und Goodyear fallen wegen etwas längerer Bremswege aus dem Rahmen.

Winterreifentest Kleinwagen
Ingolf Pompe
Guter Aquaplaningschutz ist ganz besonders bei fiesem Winterschmuddelwetter ein entscheidender Faktor.

Die Frage "Welchen Reifen für wen?" hätten wir damit auch schon fast geklärt. Für alpine Regionen mit viel Schnee: BF Goodrich. Wer sich ausgeprägte Sicherheit auf Nässe wünscht, kommt am Bridgestone nicht vorbei, und wer fieses Winterwetter aller Art tendenziell meidet, dafür beste Fahrdynamik und hohe Sicherheit auf trocken-kalten Straßen schätzt, für den ist der präzise, aber teure Michelin beste Winterwahl.

Der Generalist? Das ist, das hat unser Ritt durch die Jahreszeiten bewiesen, der Bridgestone, der mit guten Leistungen in allen Disziplinen die Konkurrenz hinter sich lassen konnte. Selbst im Preis, denn aktuell ist der Japaner noch im mittleren Bereich um 100 Euro zu haben.

Warum er dennoch nicht die Bestnote einfährt? Diese vergleichsweise kleine Reifengröße im Test könnte gegenüber den höherwertigen, teureren Reifen für sportive Kompakt- und Mittelklasse-Fahrzeuge aus unserer Sicht durchaus engagierter abgestimmt und produziert werden – denn auch Kleinwagen haben sich in Sachen Sicherheit das ganze Know-how des Reifenbaus verdient.

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