Porsche 911 GT3 RS (2018) Fahrbericht
Mit 520 PS und fettem Abtrieb auf die Rennstrecke

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Porsche präsentiert mit dem neuen 911 GT3 RS den stärksten Saugmotor-Elfer – allerdings nur mit PDK. Wir saßen bereits hinterm Steuer und haben ihn auf der Nürburgring-GP-Strecke ans Limit getrieben.

Rein optisch ist der neue Porsche 911 GT3 RS eine Mischung aus GT3 und GT2 RS. Damit es keine Verwechslungen gibt, bekommt er vorsichtshalber Retro-GT3-RS-Schriftzüge auf die Flanken geklebt. Die nur leicht modifizierten GT3-Schürzen fallen jedenfalls kaum auf. Schon eher der vom GT2 RS adaptierte feststehende Heckflügel, der sich sechs Zentimeter höher als beim normalen GT3 in den Wind stellt. Ebenfalls vom GT2 RS kennen wir die Luftauslässe in den vorderen Kotflügeln. Die zwei zusätzlichen Luftschlitze der Frontkarbonhaube beatmen direkt die vorderen Bremsscheiben, weshalb der Saug-Elfer keine Luft vom Unterboden schaufeln muss, was wiederrum mehr Abtrieb auf der Vorderachse bringt.

Unsere Highlights

Auch für mehr Power haben die Mannen von Porsches GT-Projektleiter Anderes Preuninger gesorgt. Geänderte Luftfilter und der modifizierte Einlasstrakt ermöglichen mehr Frischluftdurchsatz. Dementsprechend wurden Zünd- und Einspritzzeitpunkte sowie die Nockenwellensteuerung angepasst. Die Titanabgasanlage mit zwei jeweils 98 mm dicken, mittig platzierten Rohren schreit noch martialischer und steuert ihren Teil zur im Vergleich zum GT3 um 20 PS angehobenen Motorleistung bei. Damit bringt es der aus dem Cup-Modell domestizierte Vierliter-Sauger auf 130 PS Literleistung: die 520 PS liegen ab 8.250/min an. Wie der etwas zivilere GT3, darf auch der RS bis 9.000 Touren drehen. Die vollen 470 Nm Drehmoment stehen bei 6.000/min bereit.

PDK statt manuellen Getriebe im GT3 RS

Porsche GT3 RS Mitfahrt Röhrl Finnland Schnee 2018 SPERRFRIST 21.02.2018 / 00.01 Uhr
Porsche
Beim Einstieg fallen sofort die spartanischen Türtafeln samt grünen Öffnerschlaufen und schwarzem Gepäcknetzen auf. Klar, auch hier spart Porsche am Gewicht.

Geschaltet wird ausschließlich mit PDK. Der Grund: beim Rennstreckeneinsatz zählen nicht nostalgische Anwandlungen, sondern Rundenzeiten. Und da ist der Siebengang-Doppelkuppler trotz höherem Gewicht nicht zu unterbieten. Beim Einstieg fallen sofort die spartanischen Türtafeln samt grünen Öffnerschlaufen und schwarzem Gepäcknetzen auf. Klar, auch hier spart Porsche am Gewicht. Hast du einmal die hohen Wangen der Schalensitze überwunden, sitzt du im 520-PS-Superelfer erstaunlich bequem: Die Vollschalensitze aus Carbon mit perforierter Alcantara-Sitzfläche bieten neben erstaunlich viel Restkomfort, schraubstockartigen Seitenhalt. Mit optionalen Sechspunktgurten bewegt sich sicherlich niemand mehr auch nur einen Zentimeter zu viel.

Das Lenkrad ist komplett mit grauen Alcantara bezogen, die im Kontrast zu den grünen Ziernähten und der Mittelmarkierung stehen. Es liegt genauso gut in der Hand, wie der Alu-Alcantara-Wählhebel des Doppelkupplungsgetriebes, der in perfekter Griffweite vom Fahrer sitz. Dank Alu-Schaltwippen hinter dem Lenkrad können die sieben Stufen auch manuell gewählt werden. Der grau hinterlegte, mittig platzierte Drehzahlmesser geht bis 10 – also 10.000/min – drehen darf der Vier-Liter-Boxermotor bis 9.000 Touren. Ansonsten war vor allem Diät angesagt: Ein paar Dämmmatten unter der noch dünneren Fondabdeckung flogen raus, Karbondekor sieht nicht nur hochwertig aus, sondern spart auch ein paar Gramm. Dünnglas aka „Gorillaglas“ bringt rund vier Kilogramm gegenüber der Normalverglasung.

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Der RS lässt sich auf 1.430 Kilogramm runterhungern.

Weissach-Paket spart 28 kg

Wem der 991.2-RS im Normaltrimm noch zu fett ist, der ordert das Weissach-Paket. Das beinhaltet leichtere Komponenten wie den Titankäfig (-10 kg), Magnesium-Felgen (-12 kg), Karbondach (-0,5 kg), CfK Stabis (-5,5 kg), Teppiche (-0,2 kg) und ein CfK-Lenkrad (-0,2 kg). So lässt sich der RS auf 1.430 Kilogramm runterhungern.

Das Weissach-Paket ist hier jedoch nicht eingebaut. Der grüne, hinter den Sitzen montierte Überrollkäfig, ist Teil des optionalen Clubsport-Pakets, zu dem auch der Handfeuerlöscher gehört. Beim Blick in den Innenspiegel tauchen die grünen Käfigstreben und der gigantische Heckflügel in Form es schmalen Streifens auf. Der breite Fußraum, weit nach hinten verschiebbare Sitze und viel Luft überm Kopf lassen auch großgewachsenen Fahrern Porsche-typische genug Bewegungsfreiheit.

Mit 8.800 Umdrehungen zum akustischen Höhepunkt

Rein in die CFK-Vollschalensitze mit rennsportähnlichem Seitenhalt, PDK-Wählhebel in Fahrstufe D ziehen, los geht’s – der aktuelle GT3 RS in der optionalen Sonderfarbe Lizardgrün stürmt aus der Boxengasse auf den Nürburgring. Heute heißt es für uns mal: Grand-Prix-Kurs statt Nordschleife. Der erste Blick auf den Drehzahlmesser mit Skalierung bis zehntausend reicht eigentlich schon zum Verlieben. Beim ersten Mal Hochdrehen setzt man gedanklich schon sein Autogramm unter den Kaufvertrag. Auch wenn sich die Turbo-Konstrukteure der heutigen Sportwagen beim Thema Sound mächtig ins Zeug legen, merkt man speziell im GT3 RS, wie süchtig doch so ein gierig am Gas hängender Saugmotor macht. Was für ein Wahnsinnsklang, dieses kreischende Sägen bis knapp 9.000 Umdrehungen. „Hörst du diesen geilen Sound? Das kann nur der Sauger“, meint auch der viermalige Monte-Sieger Walter Röhrl. Für die erste 991-Generation des RS endete der Drehzahlgipfel bei 8.800/min. Unglaublich, aber wahr: Auch wenn das Leistungsplus gegenüber seinem direkten Vorgänger nur 20 PS beträgt, geht der 520 PS starke Vierliter-Sauger subjektiv noch einmal viel besser als das Vierliter-Triebwerk des 991.1 GT3 RS mit 500 PS.

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Der mittig platzierte Drehzahlmesser geht bis 10 – also 10.000/min – drehen darf der Vier-Liter-Boxermotor bis 9.000 Touren.

Gewohnt schnell: die Schaltzeiten des Siebengang-PDK im PDK-Sportmodus. Auch wenn das PDK des ersten 991 GT3 RS alles andere als tranig arbeitete, sollen die Schaltzeiten im 991.2 RS nochmals schneller geworden sein. Auch sämtliche Regelsysteme sind noch einmal optimiert worden. Selbst wenn ESC und Traktionskontrolle aktiviert sind, merkt man im Grenzbereich so gut wie keine Regeleingriffe. Ende Start-Ziel-Gerade, Anbremsen aus irgendwo um die 220 Sachen. Anbremsen meint im GT3 RS Reinbremsen. Die Verzögerung zählt zu einer der Spezialitäten des Hardcore-Elfer, der sich uns mit der optionalen Keramikbremsanlage präsentiert. Die hervorragende ABS-Abstimmung ist für motorsportähnlich späte Bremspunkte wie gemacht.

Knackig einlenken konnte bereits der 991 GT3 RS der ersten Generation. Beim aktuellen Modell konnten die Fahrdynamikentwickler Lenkpräzision, Traktion und Fahrstabilität nochmals steigern. Im Vergleich zu seinem direkten Vorgänger reagiert der 991.2 GT3 RS nicht mehr so sensibel auf Lastwechsel. Die höhere Fahrstabilität zeigt sich nicht nur im unaufgeregten Lastwechselverhalten, sondern auch in schnellen Kurven wie der Links-rechts- Kombination „Schumacher-S“ oder der Highspeed-Rechts namens „Advan-Bogen“. Im Vergleich zum Vorgänger­modell der ersten 991-Generation konnte der Abtrieb in der Performance-Stellung des Heckflügels nochmals um 40 Prozent gesteigert werden.

Das kostet der Porsche 911 GT3 RS

Für den neuen 911 GT3 RS verlangt Porsche genau 195.137 Euro. Immerhin das Clubsport-Paket für den „motorsportlichen Einsatz“ bestehend aus Überrollbügel, Handfeuerlöscher sowie Vorrüstung für einen Batterietrennschalter und einen Sechspunkt-Gurt ist aufpreisfrei. Das Weissach-Paket kostet dagegen nochmal 17.850 Euro inklusive Märchensteuer. Bei Entfall des Titan-Überrollkäfigs, der im Weissach-Paket normalerweise inklusive ist, kostet es noch 14.637 Euro. Und noch eine gute Nachricht zum Schluss für alle Kaufwilligen: Die Stückzahl begrenzt lediglich die einjährige Produktionszeit. Genügend Wertsteigerungspotential dürfte der Porsche 911 GT3 RS aber auch ohne Editionsplakette haben.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten