Ausfahrt im Aston Martin DB10
So fährt sich der Bond-Sportwagen

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Damit der feine Herr Geheimagent mal wieder vor irgendwem flüchten und irgendwas zerstören kann, baut ihm Aston Martin den DB10. Einmal wie James Bond fühlen also? Nein. Einfach nur ein bisschen mit dem V8-Sportwagen herumfahren, das wollten wir.

Aston Martin DB10 - Ausfahrt - James Bond - Sportwagen - V8
Foto: Dino Eisele

Manche Vorhaben reißen die Hürde der Realisierung schon im Anlauf, allein durch die Bugwelle der Ambition sozusagen. Eine Geschichte über den Aston Martin DB10 aufzuschreiben, ohne dabei James Bond zu erwähnen - keine Chance. Bei jedem anderen Modell der Marke würde es funktionieren, denn ein Sportwagen muss sich schließlich an seiner Performance messen lassen und nicht daran, ob ein Geheimagenten-Darsteller am Lenkrad kurbelt. Aber beim DB10? Aussichtslos.

Zehn Exemplare des Aston Martin DB10

Er existiert überhaupt nur aufgrund seiner Rolle im neuesten Kapitel "Spectre" der filmgewordenen Romanreihe um Herrn Bond. Ganze zehn Exemplare bauen die Briten auf Basis der flexiblen Aluminium-Architektur des Hauses. Im Prinzip handelt es sich um einen Vantage V8, was das 4,7-Liter-Aggregat mit seinem typischen, bösen, dominanten Räuspern bestätigt. Ja, der Aston Martin DB10 läuft tatsächlich, lässt sich ein bisschen bitten, denn um ihn zu starten, reicht weder ein Knopfdruck noch ein Fingerscan wie im Film. Ein kleiner Kasten, der an ein paar Kabeln baumelt, dient als, nun ja, Fernzünder, verlangt eine Choreografie aus Drücken und Klicken an Tasten und Kippschaltern, dann rumort es im Aston Martin DB10.

Und so richtig fahren können soll er ja auch, sagt der Hersteller, aber der eng getaktete Terminplan der beiden Show-Cars (auf den acht anderen Exemplaren gluckt noch die Filmproduktionsfirma) und deren nicht existierende Straßenzulassung verhindern sowohl ein paar lockere Runden auf der Rennstrecke als auch einen kleinen Ritt ins Landstraßen-Hinterland. Eigentlich ein Jammer, Grund genug, sich eine erhebliche Anzahl Wodka-Martinis hinter die Binde zu kippen, geschüttelt oder gerührt, völlig egal.

Warum? Na, der Aston Martin DB10 fällt mit 4,41 Metern Länge ähnlich kompakt wie der V8 aus, der Radstand aber deutlich üppiger, ebenso wie die Spurweite. Dazu dürfte die aus Carbon gebackene Karosserie das Gewicht niedrig, das manuelle Sechsganggetriebe den Spaß hoch halten. Das macht Herrn Bond ja überhaupt sehr sympathisch, dieses Sich-analog-durch- die-Welt-Bewegen: seinem Gegner eine zu zentrieren, schlimmstenfalls eine Kugel zu verpassen, statt ihm hinterrücks radioaktives Material ins Mobiltelefon zu stecken, auf dass er langsam daran zugrunde gehe.

Gewohnt zorniger Sound des Achtzylinder-Triebwerks

Also darf 007 auch in seinem neuesten Dienstwagen trotz der üblichen, immer den jeweiligen Anforderungen der Filmhandlung entsprechenden Gimmicks den betont männlich kompakten Schalthebel durch die etwas störrische H-Kulisse reißen und dabei zusehen, wie klassische Nadeln in nicht ganz so klassischen Rundinstrumenten passend dazu tanzen. Es fällt wirklich nicht sehr schwer, sich den Aston Martin DB10 als echten Sportwagen vorzustellen, schließlich nimmt er auch Fahrer komfortabel auf, die sich nicht die drahtige Statur des Geheimagenten antrainieren wollen.

Die Sitze fallen jedenfalls groß genug aus, ihr Bezug soll aufgrund einer von Sport-Funktionsklamotten abgeguckten Technik sowohl kühlen als auch wärmen können. Ob’s stimmt? Keine Ahnung, denn obwohl einem beim Fahren eines nahezu unbezahlbaren Prototyps schon mal warm werden kann - die Außentemperaturen tummeln sich im tiefsten aller Keller, was eventuelle Hitzewallungen egalisiert. Es bleibt also beim freundlichen Herumbummeln, bei gelegentlichen, halbstarken Gastapsern im Leerlauf, um den gewohnt organischen, zornigen Sound des Achtzylinder-Triebwerks genießen zu können. Vielleicht schlägt ja allein das ein paar Kleinkriminelle in die Flucht? Wer weiß, unweit der Foto-Location soll es durchaus ein paar davon geben.

James hingegen spielt natürlich nur mit den großen Jungs, jagt sie, lässt sich von ihnen jagen, immer schnell, immer spektakulär und fast immer mit letalem Ende für seinen Dienstwagen. Immerhin muss er sich in "Spectre" nicht die Blöße geben, von einer Meute Alfa 159 gejagt zu werden, denn ihm klebt der Jaguar C-X75 am dicken Auspuff. Und man muss sich morgens keinen Extralöffel Fantasie ins Müsli rühren, um sich vorstellen zu können, selbst den Aston Martin DB10 durch Rom zu prügeln, sogar wenn die Straßenbreite bedrohlich abnimmt.

DB10 könnte, wenn man ihn ließe

Auch wenn der Aston allein aufgrund der Bedienkräfte ein wenig sperrig wirkt, lässt er keinen Zweifel daran aufkommen, dass er könnte, wenn man ihn ließe. Gemessen an seinem Kleinstserienstatus überzeugen die Karosserie-Qualität und -Steifigkeit mehr als bei so manchem Serienfahrzeug der Briten, entsprechend flockig biegt der Aston Martin DB10 mit seinen 20-Zoll-Rädern ab, verlangt nach mehr, was ihm jedoch verwehrt bleibt.

Dabei bekam er jetzt richtig viel Auslauf, wo sonst doch ein Glascontainer sein Zuhause ist, in dem der Sportwagen derzeit durch Europa tourt, um Kunden der Marke bei Laune zu halten. Sie müssen nämlich noch ein Weilchen auf das erste, komplett neue Modell von Aston Martin warten, in dem sich die Technologiepartnerschaft mit Mercedes-AMG und die Großserienkompetenz des neuen Firmenchefs Andy Palmer materialisieren. Also doch noch schnell einen DB10 kaufen? Nein. Auch das zählt zu den Vorhaben, die bereits im Ansatz scheitern. Fast zumindest. Denn zwei Aston Martin DB10 sollen für wohltätige Zwecke versteigert werden. Irgendwann.

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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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