Porsche Taycan GTS Sport Turismo
Wie der E-Kombi ohne Offroad-Elemente fährt

Spezifischer Klang, neue Fahrwerksabstimmung, reichlich Leistung – und eine neue Karosserieform: Porsche rollt den Taycan GTS Sport Turismo an den Start. Mehr als nur eine neue Mischung bekannter Komponenten?

Porsche Taycan GTS Sport Turismo, Exterieur
Foto: Porsche

Verkehr ist ja durchaus etwas Schönes. Nein, nicht was Sie jetzt wieder denken. Straßenverkehr im Sinn von vielen Autos. Nämlich dann, wenn er auf der Gegenfahrbahn passiert. So wie jetzt am frühen Morgen, an dem sich bemerkenswert viele Menschen in Richtung Los Angeles stürzen. Wäre nicht weiter verwunderlich, doch sie kommen alle aus dem Nichts. Das Nichts, das als Ziel im Navigationssystem des Porsche Taycan GTS Sport Turismo eingeben ist.

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So herrlich sich der Angeles Crest Highway westlich vom Mount Baden Powell und Rattlesnake Peak bis auf über 2.400 Meter aufschwingt: Da kommt einfach kein Ort, keine Stadt, kein Weiler. Nun, der Amerikaner an sich hat ja ein eher ungezwungenes Verhältnis zu Distanzen. Und erstaunlicherweise zur Geschwindigkeit, denn an gültige Limits hält sich hier definitiv niemand. Raserei ohne Sinn und Verstand also? Nein, eher arg konservative Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Porsche Taycan GTS Sport Turismo, Exterieur
Porsche
Die GTS-Variante macht wie schon bei der Limousine durch ihr agileres Fahrverhalten eine Menge Freude.

Na, das klingt doch nach einem Fall für die neueste Taycan-Variante, bis zu 440 kW stark (im Overboost, sonst 380 kW), mit im Vergleich zur Limousine 45 Millimeter mehr Kopffreiheit im Fond und bis zu 1.200 Liter Laderaumvolumen. Im Prinzip also ein Cross Turismo ohne Offroad-Gedöns, angereichert mit den leistungsreduzierten Motoren des Turbo bei unverändert hohem Drehmoment von 850 Nm. Dazu ein bisschen Hochglanzschwarz hier, Kontrastnähte dort. Das war’s?

Flauschiges Kratzen

Nein. Ein neues Glasdach gibt’s noch, selbsttönend in vier Stufen. Und einen eigens komponierten Sound, der ein bisschen nach diesem alten Dolby THX-Jingle klingt, das früher im Kino eingespielt wurde. Heute wird der Klang abgeschaltet bleiben. Aber das war’s jetzt? Nein. Tatsächlich bietet die neue Variante mehr, nämlich ein neu abgestimmtes Fahrwerk. Im Modellprogramm oberhalb des 4S und unterhalb des Turbo einsortiert, soll der GTS besonders agil fahren, gleichzeitig langstreckentauglichen Federungskomfort bieten. Fahr ruhig im Sport- statt im Normal-Modus, haben sie vorhin noch gesagt, ich werde schon sehen. Oder besser: Fühlen.

Porsche Taycan GTS Sport Turismo, Exterieur
Porsche
Der Neue fühlt sich insgesamt noch eine Idee direkter und ernster an. Ein Eindruck, der sich im Sport-Modus verstärkt.

Bereits im Aufstartmodus fährt sich ja so ein Taycan schon nicht schlumpfig, schwingt ungeachtet seiner Masse (in diesem Fall laut Hersteller 2.310 kg) lässig durch Kurven, in die er sich immer wieder mit großem Engagement hineinstürzt und dank des extrem fix agierenden Zwei-Motoren-Allradsystems früh und schnell wieder herausbeschleunigt. Apropos: Von Null auf 100 km/h soll der GTS Sport Turismo lediglich 3,7 Sekunden benötigen – so wenig wie der Taycan ohne Kombi-Heck. Bei alldem fühlt sich der Neue noch eine Idee direkter und ernster an.

Ein Eindruck, der sich im Sport-Modus verstärkt. Dann rückt der Porsche spürbar näher an seinen Fahrer heran, vor allem lenkt er mit mehr Feuer ein, wankt nicht, rollt nicht, bleibt unerhört lange neutral. Dennoch spricht die Dreikammer-Luftfederung durchaus verlässlich selbst auf gröbere Unebenheiten an, wenngleich eine prinzipielle Straffheit bleibt. Dafür allerdings, dass die Entwickler beteuern, hinsichtlich der Federrate das absolute Maximum erreicht zu haben, fällt der Federungskomfort geradezu flauschig aus. Nun, Sportwagen-flauschig eben. Mit leichtem Kratzem im Wollpullover, sozusagen.

Alles kann, nichts muss

Wie auch immer, es groovt gehörig im GTS, Selbstdisziplin ist gefragt, denn schließlich bleibt es still hier drin. Tief in den 18-Wege-Sportsitzen integriert, kannst du entspannt agieren, dich auf die Rückmeldung der Lenkung verlassen (Hinterachslenkung optional, Übersetzung so wie in allen Taycan), mit dem Fahrpedal spielen, die scheinbar unendliche Traktion auf die Probe stellen – oder einfach cool dahinrollen, Assistenzsystem-unterstützt, mit der Lieblingsmusik Bose-beschallt.

Porsche Taycan GTS Sport Turismo, Interieur
Michael Simari
Nicht nur weil du dich auf die Rückmeldung der Lenkung verlassen kannst, groovt es gehörig im dynamischen Sport Turismo.

Nach 490 Kilometern (WLTP) soll die Kapazität des 93,4 kWh-Akkus erschöpft sein, eine Vollladung an der heimischen Wallbox dauert neun Stunden, sagt Porsche. Und innerhalb von 22,5 Minuten kann der Füllstand von fünf auf 80 Prozent erhöht werden, schließlich beträgt die maximale Ladeleistung 270 kW. Alles prima, doch die Lade-Infrastruktur im kalifornischen Bergland dürfte überschaubar ausfallen, also Vorsicht bei der Routenplanung. Und bei der Fahrweise, denn der GTS macht mit seiner unverblümten Direktheit viel Freude.

Und als Sport Turismo kommt noch so etwas wie Nutzwert dazu, allein die große Heckklappe statt der kleinen Limousinen-Ladeluke könnte den Mehrpreis von 952 Euro wert sein. Was bei 132.786 Euro Grundpreis aber auch irgendwie unerheblich erscheint. Unbezahlbar dagegen: Eine Passstraße ohne Verkehr.

Fazit

Als GTS fährt der Taycan pointierter, direkter, fester ohne die Insassen mit Sportwagen-Härte zu traktieren. Da der Turbo rund 20.000 Euro mehr kostet, zwar mehr Leistung, nicht jedoch mehr Drehmoment bietet, könnte der Neue ihm in die Parade fahren. Und der Sport Turismo? Bietet eine Idee mehr Platz im Fond und Nutzwert im Sinn von Variabilität zum überschaubaren Mehrpreis.

Technische Daten
Porsche Taycan Cross Turismo GTS GTS
Grundpreis132.786 €
Außenmaße4974 x 1967 x 1409 mm
Kofferraumvolumen530 bis 1296 l
Höchstgeschwindigkeit250 km/h
Verbrauch0,0 kWh/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024

Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten