VW Golf GTI, GTD, R und Polo WRC Street
Die sportliche Volkswagen-Zukunft

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Volkswagen präsentierte am Polarkreis die VW Golf-Varianten, die in den nächsten Monaten in den Handel kommen. Außerdem feierte der VW Polo R WRC Street Premiere, der ab Herbst ausgeliefert wird.

Golf GTI, Frontansicht, Driften, Winterlandschaft
Foto: Hersteller

Das Flugplatz-Gebäude verströmt das Flair eines Provinzbahnhofs. Arvidsjaur, im schwedischen Norden, nahe des Polarkreises. Dass hier Auto gefahren wird, erkennt man unschwer an den diversen Countern: Audi- oder AMG-Driving-Expierence steht da auf schlichten Holzschildern.

Testparcours auf dem Eissee

Eine Autostunde entfernt, quasi im Niemandsland, treffen wir auf ein Hotel mit angeschlossenem Testparcours. Zehn Pisten hat die Firma Tjintokk auf den Eissee gezaubert - Handlingstrecken, Kreisbahnen mit blankem Eis oder griffigem Schnee. Es gibt sogar eine 3.000 Meter lange Gerade.

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Und damit man sich auf dem rutschigen Geläuf stets richtig verhält, hat Tjintokk einen Eis-Knigge aufgelegt: „Immer warme Kleidung, Schuhe und Spaten im Auto haben. Wenn ihr vom Weg abgekommen seid, dann kann es lange dauern, bis Hilfe kommt.“ Alles ist hermetisch abgeriegelt. Auf das Gelände kommt man nur mit einem Spezialausweis. Normalerweise, denn der Eis-Knigge warnt auch vor ungebetenen Gästen: „Auf Wildspuren achten. Eine Kollision mit einem Elch kann lebensgefährlich sein.“

VW Golf GTI, GTD und R sowie Polo R WRC

Volkswagen hat die künftigen VW Golf-Varianten zu einem exklusivem Fahrtermin aufgereiht: den GTI, den GTD und den R, der erst im nächsten Jahr in den Markt kommt. Dazu den VW Polo R WRC - in der Straßen-, wie in der Rallye-Version, die bei der Premiere in Monte Carlo mit Sébastien Ogier Rang zwei belegt hat. Obendrein hat Volkswagen Personal aus der ersten Reihe aufgeboten: Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch samt Gattin und Aufsichtsrätin Ursula Piëch, Konzernchef Martin Winterkorn und Chefentwickler Ulrich Hackenberg.
 
Wir starten um 16 Uhr - im Dunkeln. Und es empfiehlt sich noch ein Blick in den Tjintokk-Knigge: „Bei der Wetterlage um null Grad ist es oft sehr glatt.“ Toll: Wir haben minus 25 Grad. Aber auch da hat Tjintokk eine Empfehlung: „Kalte Wetterlagen mit minus zehn bis minus 30 Grad bedeutet oft besseren Grip - aber vorher mit einer Probebremsung vergewissern.“
 
Der Schnee knirscht, minus 25 Grad, also guter Grip - und leichte Spikes. Rein in die Super-Gölfe. Ihre Gemeinsamkeiten: tiefer gelegt, lackierte Bremssättel, Sportsitze vorn. Alle drei haben sie die neue Progressiv-Lenkung. Das Besondere: Die normale VW Golf-Lenkung hat eine konstante Übersetzung. Von Anschlag zu Anschlag braucht man zwei dreiviertel Umdrehungen. Die Progressiv-Lenkung hat eine variable, etwas direktere Übersetzung (i = 14,1 statt 15). Von Anschlag zu Anschlag benötigt man nur zwei Lenkradumdrehungen.

Und was unterscheidet die Super-Gölfe? 

Zunächst die Leistung: Der VW Golf GTI mobilisiert mit seinem Zweiliter-Turbomotor 220 PS, der GTD bringt es auf 184 PS - „und ist damit der stärkste GTD aller Zeiten“. Kein Vergleich zum R, der mit dem Basismotor des GTI lebt, jedoch mit 290 PS protzt.
 
Die äußeren Unterscheidungsmerkmale: Der GTI hat seine zwei Auspuffendrohre links und rechts. Der GTD hat zwei Endrohre links. Der R zeigt das volle Programm: je zwei Endrohre links und rechts. Und: Den GTI gibt es erstmals in zwei Leistungsvarianten. Die Normalversion hat 220 PS, das Performance-Paket leistet 230 PS. Obendrein wird eine neue Quersperre offeriert. Eine gesteuerte Haldex-Kupplung, die nicht nur den Vortrieb verbessert, sondern auch das Einlenken noch agiler macht. Bei nor-malen Grip-Verhältnissen soll sie auf der Nürburgring-Nordschleife einen Zeitvorteil von zwölf Sekunden bringen.
 
VW Golf GTI, GTI Performance und GTD fahren mit Frontantrieb, der R beschleunigt über alle Viere. Bei den Frontantriebsvarianten kann die Traktionskontrolle ausgeschaltet werden. Zum normalen ESP-Programm gibt es noch ESP Sport. Beim R lässt sich zudem das ESP ganz abschalten. „Bei den Fronttrieblern haben wir aus Sicherheitsgründen auf ein komplettes Aus verzichtet“, erklärt Winterkorn. „Wer eine Allrad-Variante fährt und ESP ausschaltet, der weiß, was er tut.“

Der sportliche Golf wird eingebremst

Schade. Der VW Golf GTI lässt mit viel Überschussgeschwindigkeit zwar auch Drifts zu. Im Handling-Parcours wird der sportliche Golf bei schnellen Richtungswechseln aber immer wieder heftig eingebremst. Beim GTD, nicht ganz so hart abgestimmt und mehr auf Langstreckentauglichkeit getrimmt, greift das ESP etwas früher, aber weit feinfühliger ein. GTD und GTI sollen ausstattungsbereinigt sogar günstiger sein als die Vorgängermodelle. Das GTI Performance-Paket wird rund 1.250 Euro Aufpreis kosten.

Kommen der VW Golf GTI im Mai, der GTD im Juni in den Handel, so muss man auf den R bis Ende 2013 warten. Dafür hat er nicht allein 290 PS Leistung, sondern auch den Allradantrieb. Und was für einen. „Wir müssen unsere Allradkompetenz stärker ausspielen“, unterstreicht Winterkorn. Selbst bei ESP Sport zeigen sich die elektronischen Helferchen auf der Kreisbahn sehr zurückhaltend.

VW Golf R zaubert tolle Driftwinkel

Der Fahrer spürt kaum Eingriffe. Er sieht das Arbeiten der Elektronik allein am blinkenden Symbol im Display. Hier kann man aber auch alle elektronischen Hilfsmittel abschalten. Und jetzt beginnt das Eisfahren eigentlich erst. Der VW Golf R zaubert tolle Driftwinkel aufs rutschige Parkett. Und wird es einmal zu toll, dann bitte nur am Gas bleiben, denn die Vorderräder ziehen den Super-Golf wieder gerade - einfach traumhaft leicht zu handeln.
 
Der VW Polo R WRC wird von Werksfahrer Andreas Mikkelsen mit schmalen Pneus und langen Spikes übers Eis gezirkelt. Der Profi driftet in atemberaubendem Tempo millimetergenau an den Begrenzungsstangen am Streckenrand entlang. Gelegentlich geht aber auch ihm etwas die Piste aus. Der Polo driftet über die Streckenbegrenzung - und im Hinterkopf blitzt wieder die Tjintook-Guideline auf: „Die Scheepflugkanten sind härter als man denkt. Es kann auch passieren, dass man sich überschlägt.“ Mikkelsen hat die Bande aber längst genau getestet - und mit einem leichten „Hoppla“ und einem kurzen Rumpler sind wir zurück auf dem Parcours.

Ziviler Bruder des Rallye-VW Polo WRC

Der zivile Bruder des VW Polo WRC unterscheidet sich doch nachhaltig vom Rallye-Tier. Statt 1,6-Liter-Turbo hat er einen Zwei-Liter-Turbo. Statt Allradantrieb muss er mit Frontantrieb auskommen. Und statt des sequentiellen Rallye-Getriebes gibt es hier ein manuelles Sechsgang-Handschaltgetriebe. Der Polo R WRC Street wird zur Homologation nur 2.500 Mal gebaut. Und mit einem Preis von 33.900 Euro ist er alles andere als ein Schnäppchen. Aber er kann für sich in Anspruch nehmen, der stärkste Serien-Polo aller Zeiten zu sein. 220 PS stark beschleunigt der kleine Volkswagen in 6,4 Sekunden auf Tempo 100. Und mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 243 km/h dürfte er auf deutschen Autobahnen für einige Aha-Momente gut sein.
 
Wir sind bei Nacht gestartet. Haben bei eisigen Temperaturen am Morgen die Fahrten fortgesetzt. Sonnenschein, aber auch leichte Nebel über dem See. Speed, Drifts, dazu der Sound des Rallye-Polos. Dann ist der Spuk vorbei. Am Ende hat es uns wieder - das Provinzbahnhof-Feeling auf dem Flughafen in Arvidsjaur.

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Sport Auto 03 / 2022
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten