Alfa-Saubers letzte Chance
Was bringt der neue Frontflügel?

GP Abu Dhabi 2023

Zum letzten Rennen in Abu Dhabi hat Alfa-Romeo-Sauber einen neuen Frontflügel eingeflogen. Er könnte im dichtgedrängten Mittelfeld den entscheidenden Zeitgewinn bringen. Um in der WM-Tabelle noch zu klettern, braucht die Schweizer Mannschaft aber ein Formel-1-Wunder.

Alfa Romeo - Frontflügel - GP Abu Dhabi 2023
Foto: ams

Es ist wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer. Wäre es nicht das Ergebnis vom Freitag, sondern schon das vom Rennsonntag, dann hätte Alfa-Romeo-Sauber ein Wunder vollbracht. Valtteri Bottas und Guanyu Zhou landeten am finalen Trainingsfreitag der Saison auf den Positionen vier und sieben. An einem Rennsonntag wären das 18 WM-Punkte. Aber: Es ist eben nur Freitag, und vor allem ziemlich unwahrscheinlich, dass Bottas und Zhou diese Plätze werden halten können.

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Nur an sechs von 21 GP-Wochenenden schaufelten die beiden Sauber-Piloten überhaupt WM-Punkte auf das Konto. Ein neuer Frontflügel soll sie im WM-Finale beflügeln, und im besten Fall Zählbares einspielen. Die Ingenieure haben ein komplett neues Exemplar aufgelegt, und dabei sowohl das Hauptblatt als auch die Flaps und die Endplatten überarbeitet. Es ist ein später Kraftakt und bereits ein Vorgriff auf das 2024er-Modell. Der neue Flügel trägt auch schon die Handschrift von Technikchef James Key, der seine Arbeit erst im September in Hinwil aufgenommen hatte, und der für 2024 ein komplett neues Fahrzeug mit neuen Konzepten und Ideen entwerfen soll.

Valtteri Bottas - Alfa Romeo - GP Abu Dhabi 2023
xpb

Valtteri Bottas lenkte seinen Alfa-Sauber C43 im zweiten Training auf die vierte Position.

Upgrade bringt ein bis zwei Zehntel

Eine Ausbaustufe dieser Größenordnung direkt zu beurteilen, ist immer schwer. Gerade bei einem Eingriff in so einen sensiblen Fahrzeugbereich. Schließlich ist der Frontflügel das erste Bauteil, das auf die Luft trifft, und die Strömung nach hinten leitet. Auf ein Upgrade folgt immer eine Anpassung des Setups, weil es die Fahrzeugbalance beeinflusst. Die Abstimmung scheinen die Ingenieure gut adaptiert zu haben.

Zumindest den ersten Eindrücken nach ist ihnen ein guter Wurf gelungen. Die Daten aus dem Windkanal, so hört man, versprechen einen Zugewinn von ein bis zwei Zehntelsekunden. Das kann im dichtgedrängten Formel-1-Feld gleich mehrere Positionsgewinne ausmachen, muss sich aber auf der Rennstrecke final bestätigen.

Eigentlich wollte der Schweizer Rennstall gar nicht bis zum Saisonfinale warten, um die letzte Ausbaustufe zu zünden. Der erste Einsatz des modifizierten Frontflügels war bereits für den GP Brasilien anvisiert – also drei Wochen oder zwei Grand Prix früher. Doch aus logistischen Gründen schaffte es das Bauteil nicht rechtzeitig nach São Paulo und musste daher umgeleitet werden.

Guanyu Zhou - Alfa Romeo - GP Abu Dhabi 2023
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Auch Guanyu Zhou tauchte als Siebter in der oberen Tabellenhälfte auf.

Bottas und Zhou positiv gestimmt

Man blickte nach dem Trainingsfreitag von Abu Dhabi in positiv gestimmte Gesichter. Die Sauber-Piloten fühlten sich auf Anhieb wohl in ihren Autos. "Es ist nur Freitag, aber wir sind mit dem richtigen Fuß aufgestanden. So einen Start brauchten wir", bilanzierte Zhou. "Wir hatten sofort einen guten Rhythmus und eine passende Balance. Das Auto fühlte sich gut an. Das schafft Vertrauen."

Und trotz des Hoffnungsschimmers bleiben sie bei Alfa-Sauber realistisch. Die gute Performance könnte trügerisch sein, weil es ein ungewöhnlicher Trainingsfreitag war. Zum Auftakt bildeten Test- und Nachwuchsfahrer das halbe Feld. Im zweiten Training verkürzten zwei Unterbrechungen nach Unfällen die Netto-Fahrzeit auf 26 Minuten. "Es ist daher ziemlich schwer zu sagen, wo wir tatsächlich stehen", sagt Routinier Bottas, der in seiner Laufbahn einmal in Abu Dhabi siegte – in einem Mercedes.

"Aufgrund der zwei roten Flaggen konnte nicht jeder eine gute Rundenzeit erzielen. Dennoch: Wir sind durch unser Programm gekommen und das Auto fühlt sich ziemlich gut an. Das ist vielversprechend für den Samstag und Sonntag. Unser erstes Ziel ist der Einzug ins Q3." Dafür müssen die Piloten abliefern, was sie in dieser Saison zu selten taten.

Durch die Entwicklungsschritte kam Alfa-Sauber in diesem Jahr prinzipiell gut voran. Bottas und Zhou verpassten es jedoch, das Potenzial umzusetzen. Wenn die Startpositionen mal stimmten, verhagelte es die Rennstarts. Wie zum Beispiel in Ungarn oder Brasilien. Alfa-Sauber muss es schaffen, Samstag und Sonntag gleichermaßen zur Stelle zu sein. Nur dann ist vielleicht das Wunder von Abu Dhabi möglich. Wenngleich dafür die anderen mithelfen müssen. Ohne Zutun sind die ersten acht Plätze für gewöhnlich für Red Bull, Ferrari, McLaren und Mercedes reserviert.

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