Haas-Teamchef Steiner zum Fahrertausch
„Das Beste für das Team“

Mick Schumacher geht, Nico Hülkenberg kommt. Teamchef Guenther Steiner erklärt, warum Haas einen Mann mit Erfahrung braucht. Es sei keine Entscheidung gegen Mick Schumacher, sondern eine für das Team, betont der Südtiroler.

Guenther Steiner - Haas - F1 - GP Monaco 2022
Foto: Wilhelm

Diese Entscheidung war keine einfache. Und sie zu begründen noch weniger. Wenn man Mick Schumacher gegen Nico Hülkenberg tauscht, einen Fahrer, der seine Karriere noch vor sich hat gegen einen, der in den letzten drei Jahren nur vier Mal in einem Formel-1-Auto gesessen ist, dann gibt es viel zu erklären. Auch weil beim Namen Schumacher viel Emotionalität mitschwingt.

Haas-Teamchef Guenther Steiner sieht die Entscheidung nicht als Misstrauensvotum gegen Schumacher: "Wir müssen uns als Team vorwärtsbewegen und uns stabil im Mittelfeld etablieren. In diesem Jahr waren wir am Mittelfeld dran, aber mit zu viel Auf und Ab. Wir glauben, dass wir unser Ziel schneller mit einem erfahrenen Piloten erreichen können, der diese Situation kennt. Nico ist immer für Mittelfeld-Teams gefahren."

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Die Zahlen sprechen für Hülkenberg. Der Rheinländer hat in seiner Formel-1-Zeit neun volle Saisons absolviert und zuletzt als Ersatz für alle Fälle bewiesen, dass er auch kurzfristig mit jedem Auto klarkommt. Im Vergleich zu Schumacher bringt er 138 GP-Starts mehr Erfahrung mit.

Mick Schumacher - GP Mexiko 2022
xpb
Mick Schumacher musste erfahren, wie hart das F1-Geschäft ist. Als Youngster bekommt man nicht viel Zeit.

Zu wenig Zeit für junge Fahrer

"Unsere Wahl hat nichts mit Mick zu tun", stellt Steiner klar. "Es ist unsere Schuld, dass wir dort sind, wo wir sind. Wir müssen Fortschritte machen und haben deshalb einen Fahrer gesucht, der uns bessere Chancen gibt, das schnell zu erreichen. Ein Rookie ist immer ein Risiko."

Der Einwurf, dass sich auch etwas mehr Geduld auszahlen könnte, zieht bei Steiner nicht: "Heute wissen wir, dass Leclerc oder Russell Grand Prix-Sieger sind. Vor fünf Jahren wussten wir es nicht. Es ist einfach heute zu sagen: Den hätten wir auch genommen."

Der Südtiroler gibt zu, dass jungen Fahrern oft zu wenig Zeit gegeben wird sich zu entwickeln. Das sind die Schattenseiten dieses Sports. "Mick hatte wahrscheinlich nicht genug Zeit. Es wäre für ihn besser gewesen, wenn er schon in seiner ersten Saison ein konkurrenzfähiges Auto und die Referenz eines Teamkollegen gehabt hätte, an dem er sich messen kann."

"Die jungen Fahrer werden ohne ausreichendes Training aus der Formel 2 in ein Umfeld geworfen, das um vieles schwieriger ist, als das was sie vorher gemacht haben. Und sie müssen sofort funktionieren. Wir haben in der Formel 1 zehn gute Teams. Es wird immer schwieriger, junge Fahrer zu verpflichten, wenn du dich da behaupten willst. Mick hat sich im Lauf der Saison klar gesteigert, aber am Ende standen wir vor der Frage: Was ist das Beste für das Team?"

Kevin Magnussen - Haas - Formel 1 - GP Saudi-Arabien - Jeddah - 24. März 2022
Motorsport Images
Die Rückholaktion von Kevin Magnussen war erfolgreich. Haas hofft, dass Nico Hülkenberg genauso einschlägt.

Hülkenberg testet Reifen für Haas

Die endgültige Fahrerwahl fiel laut Steiner so spät, weil man Schumacher so viele Chancen geben wollte wie möglich. Am Ende war es nicht ein Ereignis, das den Ausschlag gab, sondern das große Bild. "Wenn Mick statt Kevin in Brasilien auf die Pole Position gefahren wäre, hätte es auch nichts mehr geändert. Die Leistung bei einem Rennen war genauso wenig entscheidend wie die Unfälle oder die Rennen, bei den Mick Punkte geholt hat. Es war eine Kombination aus allem."

Erst in der Woche vor dem GP Brasilien stand intern die Entscheidung fest. Vorher musste noch Motorenpartner Ferrari überzeugt werden, der eine Zeitlang auf die Karte Antonio Giovinazzi gesetzt hatte. Dazu noch einige andere einflussreichen Personen, die den Namen Schumacher weiter gerne in einem Formel-1-Cockpit gesehen hätten.

Der Vertrag mit Hülkenberg wurde erst am Dienstag vor den GP Abu Dhabi unterschrieben. Einen Tag später wurde Schumacher vom Teamchef informiert. "Wir mussten so lange warten. Hätte ich keinen Ersatz gehabt, wäre ich ziemlich blöd dagestanden." Hülkenberg wird bereits am Dienstag nach dem Saisonfinale für die Reifentestfahrten im Haas sitzen.

Der Trend bei Schumacher stimmte

Mick Schumacher respektiert die Entscheiding, auch wenn er sie nicht ganz versteht. "Ich denke, ich habe einen guten Job gemacht. Deshalb ist es natürlich enttäuschend für mich. Es gab in diesem Jahr viel Auf und Ab, aber der generelle Tremd hat gestimmt." Die erste Saison, so Schumacher, könne man nicht wirklich zählen. Da hatte er weder das Auto noch den Teamkollegen, seine Qualitäten zu zeigen. "In diesem Jahr aber haben wir das meiste aus jeder Situation gemacht."

Der Haas VR-22 war immer ein Auto an den Schwelle zu den Top Ten. "Es musste schon alles passen, um mit dem Auto Punkte zu machen." Und nicht immer hat alles gepasst. So hat man den ersten Teil der Saison ein bisschen verschlafen, weil man vom Fahrzeug-Setup her nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. "Erst ab dem GP Kanada hatten wir das Auto so eingestellt, dass ich mich wohl damit gefühlt habe." Schumacher will sich jetzt die Zeit nehmen, seine Optionen für die Zukunft zu prüfen. "Und ich suche mir dann hoffentlich die richtige aus, die mich weiterbringt." Die wahrscheinlichste mit den besten Perspektiven ist im Moment der Job als Reservefahrer bei Mercedes.