Jaguar I-Pace eTrophy
Elektro-SUV wird zum Rennwagen mit Markenpokal

Mit der Jaguar I-Pace eTrophy startet zur Saison 2018/2019 der erste Markenpokal mit einem Elektrofahrzeug – und tourt rund um die Welt. Der Antrieb entspricht dem des Serienmodells.

Wäre doch alles nur so einfach. Warum Jaguar den nicht unbedingt für Motorsport prädestinierten I-Pace zum Rennwagen umstrickt? „Weil wir als erster traditioneller Autohersteller ein von Grund auf als Elektrofahrzeug konzipiertes Modell auf den Markt bringen. Und weil die Formel E nun mal eine Rennserie ist, und zwar die einzige elektrische“, sagt James Barclay, Teamdirektor von Jaguar Racing. Nun tourt die I-Pace eTrophy gemeinsam mit der Formel E um den Globus, weshalb die FIA den Markenpokal mit dem Status einer Weltmeisterschaft adelt.

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Im Juli 2017 startete das Team der Special Vehicle Operations (SVO) von Jaguar Land Rover mit den Arbeiten am Rennwagen. Das Entscheidende dabei: „Der komplette Antrieb entspricht dem des Serienmodells, also Batterien, Motor, Inverter, Getriebe“, erklärt Barclay. Also tritt der eTrophy mit 400 PS und 696 Nm an, gespeist aus einer 90-kWh-Batterie, die schwerpunktsenkend im Unterboden des Crossovers sitzt. Sie alleine wiegt 610 Kilogramm, beeinflusse aufgrund ihrer Einbaulage aber das Handling sogar positiv, wie Barclay betont: „Speziell beim Bremsen in Kurven hinein macht sich das bemerkbar, weil kaum Aufbaubewegungen auftreten.“

Ansonsten: Maßnahmen aus dem Handbuch „So baue ich einen Rennwagen“. Alle Komfort-Extras flogen raus, die Spurweite wuchs an der Vorderachse um 40 Millimeter, die separaten Federn an der Multilenker-Hinterachse sitzen nun auf dem Dämpfer, das Fahrwerk lässt sich verstellen, inklusive Sturz an der Vorderachse. Michelin backt eigens seinen Pilot-Super-Sport-Reifen in 22 Zoll, die Bremsscheiben messen vorne 395, hinten 355 Millimeter im Durchmesser.

Vorsicht, Informationsflut!

Der Fahrer blickt auf ein mit schwarzem Alcantara bezogenes Armaturenbrett, nein, vorwiegend eigentlich auf ein Display von Cosworth, das ihn mit einer riesigen Welle von Informationen überspült – wenn er auf die falsche Darstellung tippt. Die richtige zeigt alles Wesentliche: Batteriekapazität, Rundenzeit, Tempo. Drehzahl? Egal – Einganggetriebe. Was bleibt nun noch an Gesamtmasse übrig? Fast zwei Tonnen. Barclay weiß, was das bedeutet, er wuchs mit Motorsport auf, in seiner Heimat Südafrika, nahe der Rennstrecke Kyalami: „Ja, das ist noch immer viel. Aber das Handling des I-Pace ist klasse. Und wir stehen ja erst am Anfang. Bei der Formel E fahren wir bald in der fünften Saison. In dieser kurzen Zeit hat sich die Technik so weit entwickelt, dass die Autos nun 45 Minuten im Renntempo mit einer Akku-Ladung fahren können. Beim I-Pace geht es jetzt erst einmal darum, dass er das 25-Minuten-Rennen ohne Defekt schafft. Deshalb bleiben wir zunächst mit dem Antrieb auf der sicheren Seite.“

Was das heißt? Ein Renningenieur in der Box sagt leise: „Im Antrieb steckt eigentlich so viel mehr Leistung.“ Vielleicht muss das ja auch noch gar nicht sein, denn die Rennen finden in den Häuserschluchten von Hongkong, Rom, New York und Mexico City statt, da rücken die Mauern schon mal nahe an die breiten Crossover-Jaguar heran. Es sollte also heiß hergehen. Außerdem: Der eTrophy beschleunigt von null auf 100 km/h in 4,5 Sekunden, erreicht knapp 200 km/h Höchstgeschwindigkeit – durchaus ausreichend für den Stadtverkehr, oder?

Vor allem: alles ganz leise, vom Schaben der Bremse, leichtem Sirren des Antriebs und dem Wimmern der Reifen mal abgesehen. Dann kann es ja losgehen. Ach ja, nur um sicherzugehen: Herr Barclay, der Antrieb kommt wirklich eins zu eins aus dem Serienmodell? „Ja, bis auf das zentrale Steuergerät. Da hängen die ganzen Komfort-Extras mit dran, die nun entfallen. Aber da alles miteinander kommuniziert, gab es Probleme. Daher verwenden wir das Steuergerät der Formel E.“ Ganz so einfach war es dann also doch nicht, den I-Pace zum Rennwagen umzukrempeln.

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