CO2-Vermeidung durch synthetische Kraftstoffe
E-Fuels: Ringen um die Alternative

Die EU bereitet den Abschied vom Verbrennungsmotor vor und setzt konsequent auf Elektromobilität. Viele Autohersteller ziehen mit, doch es mehren sich Stimmen, die sagen: Ohne Verbrenner und synthetische Kraftstoffe geht es nicht.

E-Fuels, Produktion
Foto: AUDI AG

Mit dem Klimaschutzprogramm "Fit for 55" stellt die Europäische Kommission die Weichen hin zur Elektromobilität. Von 2035 an sollen keine neuen Benziner und Diesel mehr zugelassen werden dürfen. Weiterhin sieht der Kommissionsvorschlag vor, dass bis 2030 die CO2-Emissionen von Personenwagen gegenüber dem Stand von 2021 um 55 Prozent sinken sollen.

Für die 2020 gegründete eFuel Alliance, in der 135 Firmen mit Branchengrößen wie Neste, Sunfire, Esso, Siemens Energy, Iveco, Mazda, Bosch, Mahle, ElringKlinger, Webasto oder ZF Friedrichshafen versammelt sind, ist das Elektroauto allerdings nicht der einzige Weg zur CO2-Vermeidung: "Durch den Diesel-Skandal hat der Verbrenner enorm gelitten. Zugleich ist die CO2-Flottenregulierung so gestaltet, dass Hersteller die ambitionierten Ziele nur mit mehr Elektromobilität erfüllen können", sagt Ralf Diemer, Sprecher des Verbandes.

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Er kämpft daher für Technologieoffenheit bei der Dekarbonisierung und wirbt für E-Fuels: Viele Menschen wüssten gar nicht, dass Verbrenner damit klimaneutral betrieben werden können. Das würde man gern demonstrieren, aber "dazu fehlen im Moment noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen".

Autoindustrie auf BEV-Kurs

E-Fuels, Herbert Diess
Volkswagen AG
„Schnelle CO2-Reduzierung heißt Elektrifizierung. Mit der Diskussion um Alternativen verwirren wir die Verbraucher.“ Volkswagen-Chef Herbert Diess hält E-Fuels für sinnlos.

Ein Hemmnis laut Diemer: Während Elektromobilität mit Milliarden subventioniert werde, würden E-Fuels besteuert wie fossile Kraftstoffe. Das erschwere es zusätzlich, sie in den Markt zu bringen. Volkswagen-Chef Herbert Diess wiederum, Vorreiter in Sachen Elektromobilität unter den deutschen Automanagern, sieht gute Gründe, synthetische Kraftstoffe abzulehnen: "Wenn Sie Wind und Sonne zur Stromerzeugung nutzen, kommen davon 75 Prozent im Auto an. Wandeln Sie die Energie in Wasserstoff um, sind es nur noch maximal 25 Prozent. Sie brauchen bei der Brennstoffzelle also dreimal so viel Wind wie bei E-Autos und bei E-Fuels nochmals doppelt so viel. Das werden sich nur sehr wenige Menschen leisten wollen."

Mit der Diskussion über diese Alternativen zum batterieelektrischen Antrieb, die ohnehin "im kommenden Jahrzehnt nicht zur Verfügung stehen werden", verwirre man nur den Verbraucher. Diess: "Eine schnelle CO2-Reduzierung geht nur mit der Elektrifizierung."

E-Fuels, Ralf Diemer
Rossen Gargolov
„Es geht um die bestehende Flotte von 300 Millionen Autos in Europa. Die emittieren mit E-Fuels sofort weniger CO2.“ Ralf Diemer von der eFuel Alliance fordert Technologieoffenheit.

Genau hier widerspricht die E-Fuel-Allianz. Der Strom für die Elektroautos müsse vor allem in Deutschland und Europa erzeugt werden, weiterer Strom müsse zugekauft werden. "Produziere ich den in Chile, Nordafrika oder Australien, habe ich zwar vier- bis fünfmal mehr Ausbeute pro Windrad als in unseren Breiten. Von dort kann ich den Strom aber nur in Form von flüssigen oder gasförmigen Molekülen importieren", gibt Diemer zu bedenken. Das heißt: "Die Effizienz muss in einer Gesamtbetrachtung gesehen werden. Und E-Fuel-Kritiker unterschlagen immer, dass das Batterieauto erst gebaut werden muss. Der Verbrenner samt perfekter Infrastruktur steht schon da – in der EU sind das rund 300 Millionen Fahrzeuge."

Der batterieelektrische Antrieb sei außerdem in Schiffen oder Flugzeugen nach derzeitigem Stand nicht praktikabel, argumentiert Diemer weiter und macht eine einfache Rechnung auf: "Wenn man bis 2030 dem Tankstellensprit 20 oder 25 Prozent synthetischen Kraftstoff beimischt, nennen wir es E20 oder E25, dann haben wir auf einen Schlag eine 20- bis 25-prozentige Reduzierung der CO2-Emissionen durch den Straßenverkehr. Wenn dafür jetzt die richtigen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, dann ist das auch realistisch."

E-Fuels: So entstehen synthetische Kraftstoffe

E-Fuels, Produktion
E-Fuel Today
Das Verfahren zur Herstellung von E-Fuels ist erprobt und auch in großem Maßstab anwendbar.

Synthetische Kraftstoffe sind lange bekannt, das Verfahren zu ihrer Gewinnung ist erprobt. E-Fuels werden mit grünem Strom aus Wasserstoff (H2) und Kohlendioxid (CO2) erzeugt. Der Wasserstoff wird per Elektrolyse aus Wasser gewonnen, das Treibhausgas CO2 wird direkt der Luft entnommen. Aus diesen beiden Substanzen wird in einem ersten Schritt das sogenannte E-Methanol hergestellt. In einem weiteren Schritt wird dieses E-Methanol zu E-Fuel verarbeitet. Konventionelle Verbrennungsmotoren in Autos, Motorrädern, Flugzeugen oder Schiffen arbeiten damit CO2-neutral, denn das ausgestoßene Kohlendioxid wurde der Atmosphäre ja zuvor entnommen.