Interview mit E.ON-CEO Filip Thon
„Viele Menschen in Deutschland wollen etwas bewegen“

Filip Thon, Vorsitzender der Geschäftsführung der E.ON Energie Deutschland GmbH, über den E.ON Zukunftsindex, über das Potenzial der Elektromobilität und die "grüne" Zukunft des Energieunternehmens.

EON Filip Thon
Foto: Alex Schelbert
Bei der Vorstellung des E.ON Zukunftsindex in Berlin haben Sie gesagt, dass Sie Menschen nicht belehren möchten – doch ist die Energiewende möglich ohne zumindest sanften Druck?

Unsere Studie zeigt: Sehr viele Menschen wollen anpacken, denn sie haben erkannt, dass jeder zum Gelingen der Energiewende beitragen kann. Diejenigen, die vielleicht noch nicht überzeugt sind, müssen wir aber genauso abholen. Dafür gibt es starke Argumente. Nehmen wir das Beispiel Wärmepumpe: Sie ist nicht nur umwelt- und klimafreundlich, sondern auch extrem effizient, wartungsarm, spart Platz und kann im Sommer sogar kühlen. Schon heute ist sie die häufigste Heizungsart in Neubauten.

Unsere Highlights
Sie haben 10.000 Menschen befragen lassen, was sie in den nächsten zwölf Monaten bereit wären, zu ändern, um CO₂ zu sparen. Wurde dabei die aktuelle Lage berücksichtigt? Die Wartezeiten etwa für Wärmepumpen liegen bei bis zu einem Jahr …

Selbstverständlich. Und klar ist: Die Installationskapazitäten müssen erhöht werden. Die Wartezeiten fallen regional aber sehr unterschiedlich aus. Bei Wärmepumpen haben wir zum Beispiel eine starke Kooperation mit Vaillant und können in vielen Regionen binnen weniger Monate installieren.

Stichwort Fotovoltaikanlagen: Hier wurde der bürokratische Aufwand verringert und die Steuersituation verbessert – müsste das alles nicht noch einfacher und schneller gehen?

Die Verbesserungen waren absolut überfällig. Wir sprechen hier von Privatleuten, die anpacken, die ihr eigenes Geld investieren, die ihre eigenen Verpflichtungen wie Job oder Familie haben – das sind in der Regel keine Hobby-Steuer- oder Energieexperten. Deshalb sollten sie auch nicht von Bürokratie und komplexen Steuerregeln ausgebremst werden. Alles, was hier weiter vereinfacht, hilft.

Wie lautet grundsätzlich Ihre Botschaft an die Politik zum Thema Energie- bzw. Verkehrswende und CO₂-Einsparung?

Sehr viele Menschen in Deutschland wollen etwas bewegen und die Energiewende zu Hause voranbringen. Dafür braucht es aber auch gute, unbürokratische Förderprogramme, die die Leute bei ihren Vorhaben unterstützen – und es braucht Planungssicherheit und klare Regelungen statt endloser Diskussionen.

Es ist bemerkenswert, dass sich ein Energieunternehmen unter anderem mit der Verkehrswende befasst – in diesem Sektor hat Ihre Umfrage das höchste Einsparpotenzial ergeben …

Unsere Berechnung zeigt das enorme Potenzial: 69 Millionen Tonnen CO₂ könnten pro Jahr eingespart werden, wenn alle Fahrer von Verbrenner-Pkw ihre Fahrzeuge durch E-Autos ersetzen. Absolut positiv ist, dass wir breiten Konsens haben, auf die E-Mobilität zur Dekarbonisierung des Individualverkehrs und auch bei vielen Nutzfahrzeugen zu setzen. Der Infrastruktur-Ausbau läuft, die Ladestationsbetreiber investieren und bauen, Unternehmen errichten immer mehr eigene Ladepunkte. Gleichzeitig müssen wir uns bewusst machen, dass beim Lade-Infrastruktur-Ausbau insgesamt noch viel zu tun sein wird, denn wir wollen ja perspektivisch den gesamten deutschen Fahrzeugbestand auf klimafreundliche Technologien umstellen, das heißt Autos elektrifizieren. In vielen Fällen wird auch bei Bussen und Lkw der Elektroantrieb eine wichtige Rolle spielen.

Werden aus Ihrer Sicht für den Umstieg auf E-Autos genügend Anreize gesetzt und Förderungen gewährt?

Die Kaufprämie ist nur ein Aspekt. Viele Menschen beschäftigt ganz praktisch die Frage, wo sie im Alltag laden können. Für Hausbesitzer ist eine Wallbox ideal und meist schnell installiert. Das entsprechende KfW-Förderprogramm war sehr erfolgreich – Hunderttausende Wallboxen wurden damit in die Garagen und Carports gebracht. Dass eine neue Wallbox-Förderung in Kombination mit Solaranlage und Stromspeicher geplant ist, begrüße ich ausdrücklich. Wir brauchen aber auch finanzielle Anreize, damit mehr Lademöglichkeiten für Mieter in Mehrfamilienhäusern sowie am Arbeitsplatz und an weiteren Orten geschaffen werden.

Und wann wird E.ON als Unternehmen selbst "grün", also klimaneutral sein?

Bis 2040 wollen wir CO₂-neutral sein. Dafür senken wir unsere Emissionen Schritt für Schritt und betrachten alle Bereiche: Das geht vom Ökostrom über regionale Lieferanten in unserer Kantine bis zum Thema Mobilität. Das bedeutet, dass wir Ladepunkte an den Standorten haben, auf elektrische Dienstwagen setzen, aber auch, dass wir unseren Mitarbeitenden E-Bike-Leasing anbieten.

Vita

Filip Thon ist seit April 2021 Vorsitzender der Geschäftsführung der E.ON Energie Deutschland GmbH. Zuvor nahm er mehrere Management-Funktionen in der Energiebranche wahr, u. a. als Senior Vice President für die Region Zentral- und Osteuropa bei E.ON SE und CEO der innogy Polska SA.