Audi A6 55 TFSI, BMW 540i, Mercedes E 450 im Test
Wer baut die beste Premium-Limousine?

Der Herbst, die Jahreszeit kontemplativer Stille? Nicht dieses Jahr, denn da bringt er den auf oberer Ebene tätigen Machern dieser Welt die modellgepflegten BMW 5er und Mercedes E-Klasse. Wie der Audi A6 taugen die Limousinen als Sechszylinder-Mildhybride bestens sowohl für Dienstreisen als auch für tollen Feierabend-Fahrspaß.

Wer baut die beste Premium-Limousine?
Foto: Hans-Dieter Seufert

Start zur Vergleichsfahrt unter erschwerten Bedingungen. Der direkte Weg auf die Autobahn in Richtung leere Landstraßen ist Baustellen-verstaut, also Schleichweg: viel Stadtverkehr mit Slow-Motion-Getrödel, dann kurz Bundesstraße, dann endlich Autobahn.

Nach wenigen Kilometern mit Tempo 120 meldet der Bordcomputer des Mercedes einen Schnitt von 7,0 Litern seit dem Volltanken. Donnerwetter, die milde Hybridisierung des Reihensechszylinders scheint zu wirken. Natürlich bleibt es nicht bei diesem Wert – auch beim BMW und beim Audi nicht. Doch arm saufen werden uns die drei Limousinen nicht bei dieser in die Arbeitszeit verlegten After-Work-Party.

Unsere Highlights

Audi: stolz wie ein V

Hans-Dieter Seufert
Audi A6 55 TFSI Quattro: 340 PS, 500 Nm, 0–200 km/h in 19,4 s, 190–0 km/h in 123 m, 72 db (A) bei 160 km/h, ab 59.550 Euro.

Der A6 gibt mit seinem Dreiliter-V6 neben den Reihensechsern des 5er und der E-Klasse den Außenseiter. Aber so leise und wohlklingend, wie er läuft, verliert das Bauprinzip an Bedeutung. Auffälliger ist da schon eher das etwas träge Reagieren des Siebengang-Doppelkupplungsgetriebes auf Gasbefehle, das ohne Last lange Passagen des Freilauf-Segelns ermöglicht und somit zum Testverbrauch von 9,8 l/100 km beiträgt.

Nicht, dass es dem A6 an Leistung mangelte, doch beim Herausbeschleunigen aus Kurven oder beim Überholen lässt er sich mit dem Zurückschalten in die passende Übersetzung meistens einen Tick mehr Zeit. Das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau, wie auch die Feststellung, dass die aufpreispflichtige Luftfederung (1.950 Euro) in Kombination mit ebenso optionalen 20-Zöllern (2.145 Euro) auf städtischen Gullydeckeln, welligen Landstraßen oder Autobahnabschnitten mit kräftigen Fugen nicht ans Komfortniveau der Konkurrenz heranreicht.

Vergnüglich ist der Aufenthalt im A6, dessen Interieur penibel verarbeitet ist und einen sachlich-kühlen Eindruck macht, auf jeden Fall. Manchem eine Spur zu straffe High-End-Sitze mit Massagefunktion und Klimatisierung für gut 3.300 Euro extra betten Fahrer und Beifahrer bei straffer Grundnote sehr angenehm, in der zweiten Reihe gibt es am Raumangebot wenig und am Sitzkomfort noch weniger auszusetzen. Lange Reisen? Gern schnell? Kein Problem. Die optionale Akustikverglasung (1.062 Euro) dämmt Windgeräusche sehr ordentlich – wie übrigens bei der Konkurrenz auch.

Beim Kurvenfahren macht der Testwagen in der Ausstattungslinie Sport seinem Namen dafür alle Ehre: Sehr willig folgt er der etwas synthetisch wirkenden, direkt übersetzten Allrad-Lenkung (1.852 Euro) und bestätigt so die fabelhaften Werte, die beim Slalom und beim Ausweichtest auf unserer abgesperrten Teststrecke zustande kamen. Ein wenig distanziert wirkt er dabei allerdings, setzt eher auf Effizienz statt Emotion. Doch was der A6 dynamisch leistet, auch beim Bremsen übrigens, ist schlicht erstklassig.

Die Bedienung? Das Multifunktionslenkrad funktioniert sehr gut, ansonsten darf man dem MMI vergangener Tage ruhig eine Träne nachweinen. Doch es ist auch viel zu konfigurieren und zu bedienen – etwa eine beeindruckende Zahl von Assistenten, von denen die Verkehrsschilderkennung allerdings – wie die des Mercedes – nicht immer das tatsächlich gültige Limit meldet. In Summe ist der A6 hier mit den meisten Fahr-Helferlein bestückt.

BMW: Genau so geht 5er

Hans-Dieter Seufert
BMW 540ixdrive: 333 PS; 450 Nm, 0–200 km/h in 19,7 s, 190–0 km/h in 129 m, 71 dB(A) bei 160 km/h, ab 62.387 Euro.

BMW hat in dieser Beziehung inzwischen nachgerüstet. So kann der Spurhalteassistent jetzt selbsttätig eine Rettungsgasse bilden oder im Navigationsbetrieb ohne Zutun des Fahrers die Fahrspur wechseln, um auf dem rechten Weg zu bleiben. Verbessert wurde auch die Bedienbarkeit durch ein größeres Display (die Hauptinstrumente tragen aber noch immer tristes Grau und zeigen die Drehzahl nur im Sport-Modus an) sowie eine feine Sprachbedienung.

Wer etwa die vielen Einstellmöglichkeiten der aktiven, belüftbaren Komfortsitze (3.072 Euro) nutzen will, sagt einfach "Sitz", und schon erscheint auf dem Monitor das entsprechende Menü. Zur Feinjustierung dient dann der bewährte iDrive-Controller auf der Mittelkonsole, deren Oberflächen ein wenig edler wirken als vor der Modellpflege.

Die umfasst natürlich auch die Motoren, denn der Dreiliter-Reihensechser ist nun mild hybridisiert, was ihm einen Testverbrauch von niedrigen 9,5 Litern Super und beim Beschleunigen einen kleinen Extra-Punch beschert. 50 Newtonmeter weniger Drehmoment lassen sich so zwar nicht ganz ausgleichen, aber beim Beschleunigen hängt der 540i xDrive dem A6 55 TFSI Quattro konstant im Rückspiegel, während der Mercedes sich absetzen kann, wenngleich nur minimal.

Ein Thema für den Stammtisch, nicht aber für die Straße, wo alle drei bei Bedarf zu den richtig Schnellen zählen. Selbst in Kurven übrigens: Den Speed des Audi kann der BMW trotz Allradlenkung (1.219 Euro) und adaptiver Dämpfer (1.170 Euro) zwar nicht mitgehen, was womöglich an den kleineren 18-Zoll-Rädern liegt (311 Euro). Aber er lenkt ein, liegt und drückt sich auf die folgende Gerade exakt so, wie man es von einem 5er kennt.

Das gilt auch für den Antriebsstrang. Wie der Motor oben heraus noch zulegt, wie dosiert verrucht er klingt und wie brillant er mit der Achtstufen-Automatik Doppelpass spielt – das ist wohl genau nach dem Geschmack seiner Fans, die aber wohl die Stirn in Falten legen werden beim Vergleich der Bremswege: Trotz der 585 Euro teuren M-Bremse verzögerte der 540i am schlechtesten.

Beim Komfort hingegen gibt es wenig zu meckern. Allenfalls kleinere Wellen bügelt der straff gedämpfte BMW weniger gelassen glatt als der Mercedes, auf der Autobahn fährt er aber so souverän wie die E-Klasse.

Mercedes: etwas vermopft

Hans-Dieter Seufert
Mercedes E 450 4matic: 367 PS, 500 Nm, 0–200 km/h in 18,7 s, 190–0 km/h in 121 m, 72 dB(A) bei 160 km/h, ab 63.875 Euro.

Die hat Mercedes nun gemopft, was im Untertürkheimer Jargon für "Wir haben eine Modellpflege durchgeführt" steht. Zu erkennen ist das an Bug und Heck durch jeweils modifizierte Linien und Leuchten sowie zwei Powerdomes auf der Motorhaube der Avantgarde-Variante. Auch in Sachen Assistenz rüstete Mercedes auf: Rettungsgassen bilden, warnen vor Radfahrern beim beabsichtigten Öffnen der Tür oder bremsen für Gegenverkehr beim Abbiegen – alles kein Problem.

Renoviert wurde zudem die Bedienung, wobei der Grat zwischen Verbesserung und Irrweg ein schmaler ist. Das aus billigem Plastik gemachte Touchpad ohne die bislang hilfreiche Handauflage braucht viel Übung, um die bisherige Lösung mit darunterliegendem Drehrad vergessen zu machen. Und im Lenkrad finden sich statt zweier erhabener Mini-Touchpads und beigeordneter Tasten nun kapazitive Bedienfelder, deren Begriffsstutzigkeit selten dazu führt, dass das Gewünschte im maximal zweiten Versuch erreicht wird.

Nach wie vor großartig ist der Komfort dieses Mercedes – zumindest, wenn er wie der Testwagen mit aktiven Multikontursitzen samt High-End-Massage (3.028 Euro) und der Luftfederung Air Body Control (2.204 Euro) ausgerüstet ist. Nicht auf jedem Untergrund federt die Limousine so am geschmeidigsten, schlussendlich profiliert sie sich aber hier als das Auto mit der besten Federung. Und obwohl die gemessenen Innengeräusche trotz Akustikverglasung (1.148 Euro) immer etwas über denen der Konkurrenz liegen, klingt der E 450 4Matic im Ohr am leisesten.

Das Handling? Leichtfüßig selbst ohne Allradlenkung. Die Bremsen? Gut. Der Antrieb? Mit 367 PS am sprintstärksten, rundum souverän und sehr leise getreu dem heimlichen E-Klasse-Motto "Ich lass dich in Frieden, wenn du es nicht dramatisch dynamisch willst", aber nicht so perfekt wie der des BMW. Warum das? Die Wandlerautomatik zeigt sich hin und wieder verhaltensauffällig. Zum einen braucht sie beim Zurückschalten vorm Überholen oft mehrere Anläufe, bis der passende der neun Gänge gefunden ist; zum anderen kommt es beim Übergang von Ausrollen zu Beschleunigen bei geringem Tempo – etwa vor einer Ampel – immer wieder zu leichten Rucklern.

Unterm Strich macht die Modellpflege die E-Klasse zwar moderner, nicht aber in jeder Hinsicht besser. Doch auch sie taugt bestens für die ganz persönliche After-Work-Party auf dem Weg nach Hause.

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Die Mercedes E-Klasse
Der Audi A6
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Ich mag keine Limousinen.

Fazit

1. BMW 540i xDrive
481 von 1000 Punkte

Dieser 5er nimmt den Fahrer mit, spricht ihn an und animiert. Sanft gleiten kann er auch, und der Antriebsstrang ist brillant. Trotz mäßiger Bremsen reicht es ihm daher zum Sieg.

2. Audi A6 55 TFSI quattro
471 von 1000 Punkte

Der A6 macht fast alles richtig, doch mit all den Goodies, die Fahrdynamik und Komfort pushen, kostet er deutlich mehr als die Konkurrenz. Die erlaubte Zuladung fällt sehr gering aus.

3. Mercedes E 450 4Matic
468 von 1000 Punkte

Ja, die E-Klasse sieht nun moderner aus. Bei Bedienung und Qualitätseindruck ist jedoch kein Fortschritt erkennbar. Der feine Motor und das Getriebe harmonieren nicht perfekt.

Technische Daten
Audi A6 Avant 55 TFSI Quattro SportBMW 540i xDrive Luxury LineMercedes E 450 4Matic
Grundpreis70.000 €64.629 €82.170 €
Außenmaße4939 x 1886 x 1467 mm4963 x 1868 x 1479 mm4949 x 1880 x 1468 mm
Kofferraumvolumen565 bis 1680 l530 l540 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder2998 cm³ / 6-Zylinder2999 cm³ / 6-Zylinder
Leistung250 kW / 340 PS bei 5000 U/min245 kW / 333 PS bei 5500 U/min280 kW / 381 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit250 km/h250 km/h250 km/h
0-100 km/h5,1 s5,1 s
Verbrauch6,6 l/100 km7,9 l/100 km
Testverbrauch9,5 l/100 km9,6 l/100 km
Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 11 / 2024
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Erscheinungsdatum 08.05.2024

148 Seiten