Audi RS5 vs. Jaguar F-Type S im Vergleichstest
Ungleiche 80.000 Euro-Coupé-Ansätze

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Audi RS5 und Jaguar F-Type unterscheidet ihr Ansatz, das Ziel und der Weg dorthin, dennoch trennen sie in der Basis nur 1.150 Euro voneinander. Zwei Coupé-Philosophien irgendwo zwischen Herz und Nieren.

Audi RS5 Coupé, Jaguar F-Type S Coupé, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Eigentlich wird man als Newcomer, wie ich es einer in der sport auto-Redaktion bin, ja erst mal mit den unangenehmeren Dingen betraut. Mit dem großen Vergleichstest der Insektenentferner zum Beispiel, oder damit, die letzten 5.000 Kilometer auf den Dauertest-Swift draufzureiten. Natürlich bis übermorgen! So gesehen ist dieser Einstand einer nach Maß: Audi RS5 gegen Jaguar F-Type V6S. Bitte. Danke!

Bemisst man den Audi RS5 und Jaguar F-Type rein an ihrer Performance, mieft das Duell natürlich ein bisschen nach Mittelfeld. Der eine ist die letzte Bastion des Saugmotors in der Power-Mittelklasse, seit 2010 im Amt und schon damals nicht ganz dran an der Messlatte, die der BMW M4 gerade noch ein ganzes Stückchen höher gelegt hat. Der andere ist zwar endlich der ersehnte Sportwagen, den Jaguar in zwei Generationen XK auch mit den wildesten Kreationen nie hinbekommen hat, leidet damit aber unter dem bitteren Umstand, dass in dieser Klasse nun mal der Porsche 911 regiert.

Kurzum: Auf dem Papier ist das hier so was wie Bundesliga mit Köln gegen Mainz – nicht immer hochklassig, aber leidenschaftlich, bisweilen äußerst unterhaltsam und phasenweise auch richtig jeck.

Audi RS5 in 15,1 Sekunden auf Tempo 200

Im Falle des Audi RS5 mischt sich auch noch Sentimentalität dazu. Anderthalb, vielleicht zwei Jahre hat er noch, der RS5, dann werden sie das Kapitel V8-Saugmotor schließen in Ingolstadt. Endgültig, ein für alle Mal, definitiv – und zurückkehren zum V6-Biturbo wie weiland im allerersten RS4. Doch auch wenn einem der scheidende Vier-Zwo mit dem Faustkeilcharme und dem molligen Auspuffbass durchaus fehlen darf: Das, was er sein sollte, war er nicht, ist er nicht und wäre er auch nicht mehr geworden. 450 PS, 430 Newtonmeter, 8.250/min – das liest sich immer ein bisschen nach eierlegender Wollmilchsau, ist am Ende aber vielleicht weder Fisch noch Fleisch. Die Audianer sagen, der Direkteinspritzer drücke und drehe, seine Kritiker, er könne weder noch. Krux ist die langhubige Zylinderarchitektur. Sie stemmt ihm zwar einen breiten Kraftrücken in die Drehzahlmitte, lähmt aber die Athletik obenraus.

So gräbt sich der Audi RS5 immer etwas gemächlich aus dem Keller, stampft eher als dass er strampelt und wirkt im Sprint dadurch behäbiger als er faktisch ist. In imposanten 15,1 Sekunden donnerbolzt er auf zwohundert. Nur zum Verständnis: So ein aufgeladener BMW M4, der der landläufigen Meinung zufolge ja geht wie die wilde Wutz, ist da gerade mal 1,4 Sekunden in Front. Und nein, der Allradvorteil relativiert diesen Umstand keineswegs.

Der Jaguar bekommt am Ende sogar vier Sekunden eingeschenkt. Vom Audi wohlgemerkt. Okay, seinem aufgeladenen V6 fehlen knappe 1.200 Kubik und 70 PS, die er mit dem – trotz Kompressor – nur marginalen Drehmomentvorteil von 20 Newtonmetern nicht ganz aufgewogen bekommt. Vor allem jedoch ist der F-Type für den Sportwagen, der er so unbedingt sein wollte, schlicht zu schwer. Mit gewogenen 1.712 Kilo bewegt er sich jedenfalls nicht nur weit nördlich des Werksversprechens, sondern lediglich gute 60 Kilo unter dem Audi RS5. Der Grund dafür liegt zum Großteil in der Struktur seiner Alu-Karosserie, die zugunsten der – fühlbar hohen – Steifigkeit Elemente des Cabrios einbezieht.

Doch irgendwie kann ihn all das nicht davon abhalten, ein wunderbares Auto zu sein. Über Schönheit zu schreiben ist für gewöhnlich Meinungsjournalismus, beim F-Type Coupé ist es Objektivität. Dieses Profil, dieses Heck, diese subtile Ode an den frühen E-Type, jener Ikone, deren Strahlkraft es womöglich die gesamte Marke Jaguar zu verdanken hat, dass sie trotz diverser Selbstmordversuche immer noch lebt. Ein Kniefall dafür!

Jaguar F-Type V6S als sportliches Hochgenussmittel

Die V6S-Version markiert die Mitte der derzeitigen F-Type-Palette. Die goldene Mitte. In den oberen Drehzahlbereichen macht sie deutlich mehr Musik als die Basisversion, untenrum kickt sie nicht ganz so stumpfsinnig wie das R-Modell, sodass sich ein recht ausgewogenes Verhältnis aus Power und Vortrieb ergibt. Gar so unerbittlich wie der Audi RS5 rammt er seine Kraft zwar nicht in den Asphalt, dank Launch-Modus und Sperrmechanik schmettert sie ihn aber durchaus deftig vom Fleck.

Was folgt, ist strammer Schub, der sich ziemlich homogen zwischen Startdrehzahl und Limiter verteilt, irgendwie aber doch dramatischer klingt, als er sich anfühlt. Kehliges Röhren beim Hochdrehen, Endrohrrabatz beim Hoch-, bronchiales Gurgeln beim Runterschalten. Hart, herrlich, mit geöffneter Auspuffklappe aber vielleicht ein klitzekleines bisschen zu offensiv.

Denn eigentlich ist der Jaguar F-Type kein Hardliner, keiner, der manisch am Innencurb entlangrüsselt, keiner, den man allein in Zehntelsekunden ermessen kann, sondern ein reines Hochgenussmittel wie viele Jaguar Coupés zuvor – mit dem entscheidenden Unterschied, dass er sich nun voll auf den Fahrer konzentriert. Oder, um es mit den Worten von Chefdesigner Ian Callum auszudrücken: Der XK ist ein klassischer 2+2, ein Auto für zwei also, das zur Not zwei weitere aufnehmen könnte. Der Jaguar F-Type hingegen sei nun – jetzt kommt's – ein 1+1.

Tiefe Sitzposition im F-Type

Und er gibt sich alle Mühe, als solcher wahrgenommen zu werden. Man sitzt schön tief, dank der optionalen Performance-Sitze mit weniger Spiel im Hüft- und Schulterbereich, wenngleich nicht ganz so schraubgestockt wie in den Audi-Schalen. Statt der schrulligen Wählwalze spitzt ein schlanker Wählhebel durch den Mitteltunnel, daneben der Kippschalter für die Fahrtaktik, oben das nicht mehr ganz taufrische Touchscreen-Infotainment, das man mit der Zeit immerhin etwas entheddert hat. Wie beim Audi RS5 reckt sich ab 100 km/h ein Ausfahrspoiler ins Heckfenster, während die in Echtzeit angebundenen Schaltpaddel, rote Gurte und eine Schaltblitzanimation etwas Rennsportstimmung verbreiten. Einzig im Handling will der Funke nicht so richtig überspringen.

Das fluffige Lenkgefühl, das auf Verwerfungen zappelige Fahrwerk und die – vor allem beim Anfahren – überforsche Gasannahme suggerieren zwar eine gewisse Unbeschwertheit, den Fahrbahnkontakt fördern sie jedoch nicht. Mit anderen Worten: Statt nach Fahrerschuhen und Rennanzug fühlt sich der Jag eher nach Schlabbershirt und Flipflops an.

Zumal auch das Hinterteil eher leger angebunden ist. Kurvenausgangs benimmt es sich zwar um Welten gesitteter als beim F-Type R, der gar nicht anders kann, als jeder Kurve eine Rauchfahne hinterherzuschwenken. Doch beim Einlenken plagt den Jaguar F-Type V6S derselbe Übersteuerdrang. Zugegeben, das kann durchaus reizvoll sein. Insbesondere weil sich dank der freizügigeren ESP-Zwischenstufe auch mal ein Kreisverkehr „durchqueren“ lässt, ohne dass die kleine Gaudi danach reut. Das unvermeidliche Aber: Es kostet Fahrdynamik. Bestes Beispiel: Der 18-Meter-Slalom, in dem er trotz der drahtigeren Anatomie, der besseren Balance und des bissigen Vorderachsgrips auf den Audi RS5 verliert.

Audi RS5 untersteuert

Der Audi RS5 kurvt letztlich genauso wie er auch motorisiert. Effektiv auf der einen Seite, fleischig und stumpf auf der anderen. Problemzone ist vor allem die Gewichtsverteilung. Ein paar Prozent der Kopflastigkeit mag die kurz angebundene Lenkung zwar kaschieren, an ihrer physikalischen Bedeutung ändert sich damit aber nichts. Will heißen: Grobmotorik wird mit Untersteuern bestraft. Gnadenlos.

Bei angemessener Behandlung greift das zuzahlungspflichtige Gegenmittel in Gestalt des sogenannten Sportdifferenzials. Es verteilt die Momente entlang der Hinterachse und generiert dadurch einen Eindrehimpuls im Hüftbereich, der sich zusammen mit der heckbetonten Kraftverteilung des Allradsystems – bis zu 85 Prozent kommen hinten an – sogar zu zarten Drifts ausweiten lässt. Das System funktioniert. Auch im Alltag, und hier besser als in jedem Audi sonst. Einzige Einschränkung: Im Slalom bringt es genau wie die Dynamik-Stellung der Lenkung zu viel Unruhe in die Bewegungen, sodass die Bestwerte letztlich in den zahmeren Set-up-Steps entstehen.

Viel Theorie – doch die drückt auch in die Praxis durch. Lenkung, Pedale, Getriebe – alles wirkt ausgesprochen technokratisch, fasst sich grundsätzlich zwar leibhaftig an, ist aber mit einem feinen synthetischen Schleier belegt. Bestimmt kennen Sie diese Mikrofasertücher, dieses befremdliche Gefühl, wenn man darüberstreicht. Ungefähr so.

Obwohl diese kühle Ader auch den Innenraum durchzieht, ist der Audi RS5 durchaus in der Lage, Blut in Wallung zu bringen. Anders als der Jaguar F-Type spricht der Audi RS5 jedoch nicht ständig die niederen Triebe an, sondern flirtet eher diskret. Mit den ausgestellten Radbacken etwa, die Fachkundige an Zeiten erinnert, in denen Audi auf den Rallye-Pisten dieser Welt noch nach Anerkennung wühlte. Mit der erlesenen Qualität, die sich nirgendwo besser illustriert als am metallischen Klicken des Infotainment-Controllers. Und mit vermeintlichen Belanglosigkeiten wie dem nun wahlweise wieder kreisrunden Lenkradkranz, der beweist, dass das, was wir hier schreiben, auch gehört wird.

Audi RS5 mit V8-Motor überlegen

Richtig streiten lässt sich damit jedenfalls nur noch über den Siebengang-Doppelkuppler. Einerseits arbeitet er sperriger als der vergleichsweise flockige Achtstufen-Wandler des Jaguar, schaltet auch im stinknormalen D-Programm immer wieder hektisch zurück, hält im Sportmodus zu lange die Drehzahl zu hoch und reagiert bisweilen etwas verschlafen auf Anfahrbefehle. Andererseits lässt er sich schön mit dem Gasfuß schalten und messert extrascharf durchs Drehzahlband, wenn man es bis zum Begrenzer dehnt. Geschmackssache – genau wie das Fahrverhalten auf der Rennstrecke, das Audi RS5 und Jaguar F-Type unterm Strich um eine halbe Sekunde auseinanderdividiert.

Erst mal das Grundsätzliche: Beide fahren prinzipiell dieselben Pirelli-Reifen, beide bremsen mit unermüdlichen Keramikbremsen, und beide halten auch mehrere schnelle Runden am Stück problemlos durch. Die Frage ist also primär, wie man sie erleben will.

Der Audi RS5 ist eher ein Vertreter von Schema F: anbremsen, einlenken, rausbeschleunigen – und strikt in dieser Reihenfolge. Wer das beherzigt, faustet mit Schmackes in den Scheitelpunkt und baut an den 275ern deutlich mehr Seitenführung auf als mit dem mischbereiften Jaguar. Allerdings betreibt Audi fahrwerkstechnisch auch um einiges mehr an Aufwand. Der F-Type steift die Dämpfer im Dynamikmodus lediglich, im Audi sind sie zusätzlich durch Ölleitungen miteinander verbunden, über die sie dem Einnicken der Karosserie hydraulisch entgegenwirken.

DRC heißt das Ganze, ist prinzipiell schon zwölf Jahre alt, funktioniert aber gerade auf dem kleinen Kurs in Hockenheim schon immer ausgesprochen gut. Wirklich Laune macht dennoch vor allem der Jag. Er wirkt ungleich verspielter, tollt um die Lenkung her um, tänzelt jeden Lastwechsel mit, sodass sich der Rückstand am Ende primär antriebstechnisch erklärt. Zum einen durch die naturgemäß laxere Traktion, zum anderen durch den Motor. Im Alltag mag der nominell schmäch tigere V6-Kompressor souveräner erscheinen, auf der Strecke jedoch, wo man den Audi-V8 permanent auf Flamme halten kann, ist er einfach nicht feurig genug.

Technische Daten
Jaguar F-Type S Coupé SAudi RS5 Coupé
Grundpreis79.500 €79.900 €
Außenmaße4470 x 1923 x 1297 mm4649 x 1860 x 1366 mm
Kofferraumvolumen320 l455 bis 829 l
Hubraum / Motor2995 cm³ / 6-Zylinder4163 cm³ / 8-Zylinder
Leistung280 kW / 380 PS bei 6500 U/min331 kW / 450 PS bei 8250 U/min
Höchstgeschwindigkeit275 km/h250 km/h
0-100 km/h4,8 s4,3 s
Verbrauch9,8 l/100 km10,5 l/100 km
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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten