Audi R8 V10 Performance RWD
570 PS für die Hinterachse

Freuen wir uns, dass es so etwas noch gibt: einen Zehnzylinder mit 570 PS und gänzlich ohne Turboaufladung. Die Power kommt aus Hubraum und Drehzahl und angetrieben werden ausschließlich die Hinterräder: Willkommen im Audi R8 V10 Performance RWD.

Audi R8 V10 Performance RWD
Foto: Tobias Sagmeister

Mit dem Zehnzylinder seien sie noch lange nicht durch, versprechen sie bei Audi. Da habe man noch einiges vor in den nächsten Jahren. Wie sehr wir uns darauf freuen dürfen, zeigt die erste Ausfahrt mit den neuen Versionen Performance RWD Coupé und Spyder. Das Kürzel steht – richtig geraten – für Rear Wheel Drive, Hinterradantrieb also. Audi packt bei der Performance-Ausführung des Mittelmotor-Sportlers 30 PS und 10 Nm drauf – 570 PS und 550 Nm also – und verzichtet auf den markenprägenden Allradantrieb. Doch dass Audi mit Hinterradantrieb ebenso gut zusammenpasst, bewies unter anderem der LMS GT4-Renner.

Unsere Highlights

Nun steht der Spyder vor uns, im schmucken Ascariblau und mit versenktem Verdeck. Der fehlende Antriebsstrang nach vorn ist ihm natürlich nicht anzusehen. Das Verdeck versteckt sich bereits zusammengeklappt in der Wanne hinter den beiden Sitzen, ein leichter Wind fächelt vom Meer, 25 Grad, ein Hauch von Sommer im kanarischen Winter. Los geht’s, ein Druck auf den Startknopf, Drive Select auf Comfort, die beiden Bedienknubbel sind am Lenkrad zu finden. Die Route ploppt auf dem Virtual Cockpit-Display auf. Sie führt über ein paar Passstraßen im Westen der Insel entlang, vielversprechend geschlängelt und außerhalb der Saison weitgehend unbefahren.

Als Cabrio und Coupé

Der Zehnzylinder gibt sich auf den ersten Kilometern sehr zivil und leise, oft wirft er den Sparmodus ein und betätigt sich als Fünfzylinder. Dann geht es aufwärts, der Select-Knopf wird auf Dynamic geswitched: Dämpfer, Dynamiklenkung, Doppelkupplungsgetriebe und Gaspedal treten zum Appell an. Was sich danach abspielt, Freunde, werden wir womöglich in nicht allzu ferner Zukunft vermissen: Einen frei atmenden Saugmotor mit kleinen Zylindereinheiten, dessen Nenndrehzahl knapp unter 9.000 liegt, ein Getriebe, in dem zwei Kupplungen den Antrieb aus einem Gang in den nächsten knallen und dabei den offenen Zweisitzer aus einer Kurve zur nächsten katapultieren. Mittlerweile steht fest: Der Nachfolger des Audi R8 wird rein elektrisch.

Untermalt wird das Ganze von Zehnzylinder-Volllastheulen und lustvollem Lastwechselböllern. Dabei pustet dir der Wind durchs Hirn, und es duftet nach Meer und Tropenluft. Okay, das Letztere dürfte etwa im Altmühltal oder im Hunsrück eher nicht gelten, alles andere schon. Die Lenkung lässt dich übrigens den unverfälschten Grip der Vorderräder spüren und die optionale Dynamiklenkung mit Überlagerungsgetriebe erspart das Nachlenken in den vielen engen Kurven. Einlenken, zack, Gas, auf zum nächsten Bremspunkt. So geht das.

Den V10 Performance RWD gibt es natürlich ebenso als Coupé. Das steht am nächsten Morgen am Circuito Maspalomas, einem verwinkelten Flugplatzkurs, zum Anprobieren zur Verfügung. Damit man rasch die Linie findet und auch nicht zu langsam fährt, steht Audi-Werksfahrer Frank Stippler zur Verfügung. Der hat ja im R8 bereits einige 24-Stunden-Rennen gewonnen, und er warnt vor den tiefen Löchern im Schotter und dem Sand abseits der Ideallinie. Na dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Frank empfiehlt, das ESC auf "Sport" zu stellen, bevor man sein Glück mit komplett abgeschalteten Regelungssystemen versucht. In diesem Modus erlaubt die Abstimmung kontrollierte leichte Drifts bevor die Regelung mäßigend eingreift. Gut zu wissen.

60.000 Euro preiswerter

Audi R8 V10 Performance RWD
Tobias Sagmeister
Das Coupé kostet mindestens 149.000 Euro, der Spyder 162.000 Euro.

Der Kurs wartet mit einigen überraschenden Richtungsänderungen, Belagwechseln und einer langen Geraden auf, und er führt so dicht am Meer entlang, dass Spaziergänger und Jogger am Strand kurz innehalten, wenn einer der tangoroten R8 V10 Performance Coupés vorbeidonnert. Die Dynamiklenkung passt hier ebenfalls sehr gut, und trotz der hecklastigen Gewichtsverteilung sowie den drohenden 550 Nm an der Hinterachse fasst du schnell Vertrauen in den Mittelmotor-Renner.

Er klebt neutral auf der Linie, beißt sehr exakt in die Biegungen und neigt erst zum Übersteuern, wenn du es am Gaspedal übertreibst. Oder leichtsinnige Lastwechsel provoziert. Das Getriebe hält im Sport-Modus auch in der Automatik-Funktion stets die passende Übersetzung bereit, doch mehr Spaß macht es natürlich, die griffigen Schaltpaddels zu bedienen. Zumal der V10 locker genug Dampf hat, um auch mal früher hochzuschalten oder im größeren Gang durch die Kurve zu düsen.

Noch eine Runde zum Reifen- und Bremsenkühlen, sagt der Boxenfunk. Fenster auf und Südwind reinlassen. Der R8 mit RWD hinterlässt auf dieser kleinen Rennstrecke einen ebenso harmonischen Eindruck wie der Spyder tags zuvor in den Bergen. Und falls Sie sich noch fragen, was das kostet: Womit sie jeweils rund 60.000 Euro preiswerter sind als die Quattro-Versionen mit 50 PS mehr. Noch Fragen?

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Ich wähle die RWD-Version. Geringeres Gewicht und Drift-Potenzial stechen Mehrleistung und Traktion.Ich wähle die Quattro-Version. Mehrleistung und Traktion stechen geringeres Gewicht und Drift-Potenzial.

Fazit

Mit den 570 PS starken RWD-Varianten bietet Audi eine interessante Alternative zu den viel teureren R8 Quattro. Der phänomenale Zehnzylinder spielt groß auf, Fahrleistung und Fahrdynamik passen. Nicht weniger schön: Audi will den V10 möglichst lange weiter entwickeln und bauen.

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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

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