Porsche 911 GT3 RS im Einzeltest
Die pure Fahrfreude, auch mit Filter

Sein Verschwinden hat die Sportwagenwelt in Aufruhr versetzt. Und: in große Sorge. Jetzt ist der GT3 RS zurück, um allen zu zeigen, dass er trotz Partikelfilter noch der Alte ist.

Porsche 911 GT3 RS, Exterieur
Foto: Achim Hartmann

Gerüchte sind wie Pilze: rasend schnell in der Fortpflanzung, nur mit Vorsicht zu genießen und teils recht unberechenbar in ihrer Entstehung. Manche scheinen vom Himmel zu fallen, manche werden in die Welt gesetzt. Manche sogar von uns. So geschehen im Fahrbericht zu 718 Spyder und Cayman GT4. Dort haben wir doch glatt erzählt, dass es die beiden Mittelmotor-GT-Modelle nur mit Handschaltung geben werde, da das ja auch so wunderbar zu ihrem Selbstverständnis passe. Vor ein paar Tagen ist uns das Lobgehudel dann um die Ohren geflogen. Per Mail aus der Porsche-Presseabteilung. Darin: der Hinweis, dass ab 2020 sehr wohl auch ein PDK angeboten werde. Und nein, die Tatsache, dass die Info höchst ungelegen kommt, ändere leider nichts an ihrer Gültigkeit.

Unsere Highlights

Immerhin: Ein Gerücht wäre damit vom Tisch. Eines von den vielen, um die wir uns heute kümmern wollen. Sie stammen allesamt – das sei ausdrücklich erwähnt – nicht von uns und ranken sich um ihn hier: den GT3 RS der Generation 991.2, der gerade sein Comeback gegeben hat. Um welche Gerüchte es geht? Geduld! Zuerst müssen wir klären, warum sich der Kollege vergangenes Jahr so plötzlich verkrümelte.

Schuld daran hatte im weitesten Sinne der Gesetzgeber, der uns, wie Sie wissen, neue Abgasgrenzwerte verordnet hat. Die Rede ist von WLTP und Co., von Dingen, mit denen sich der Vierliter des GT3 RS in seiner bisherigen Konfiguration nicht so recht arrangieren wollte. Es waren größere Eingriffe nötig, um ihn für die Zukunft fit zu machen. Und Zukunft, die soll er haben. Denn: Analog zu den Renn-Elfern werden auch die GT-Modelle am Saugmotor festhalten. Bis? Auf weiteres! Alle Gerüchte, wonach die Turbo-Epidemie bald auch auf Flacht übergreife, sind hiermit also auch gleich abgehakt.

Porsche 911 GT3 RS, Abgasanlage
Achim Hartmann
10 Kilo Gewichtsersparnis – trotz Partikelfilter. Der Klang? Authentischer, aber dezenter.

Dennoch: Wenn es dem Heiland der 911er-Welt ans Herzerl geht, dann bibbert die Fan-Gemeinde mit. Und – sie redet: „Hend Sie’s gheert, der Ge-De-Drei, heidenei!“ Ein Wort gibt dann das andere, und schwupp, schon sprießen Pilze aus den Zoten. Vor allem die Ottopartikelfilter verbreiteten reichlich schlechte Luft. Zwei dieser Dinger klemmen dem GT3 RS fortan im Abgastrakt, was ihn – da waren sich die Experten einig – mindestens komplett ruinieren werde.

Inzwischen ist die OP gelaufen. Und: Sie ist gut verlaufen. Das sichere Ende des GT3 RS ist jedenfalls eher eine Fortsetzung. Oder anders: Die Schatten seiner selbst, die die Gerüchte um ihn vorausgeworfen haben, werden vom Lizardgrün direkt überstrahlt. Alles ist dort, wo es immer war. Selbst der Preis, wer hätte das gedacht. Gut 195.000 Euro kostet der sportlichste Elfer, wobei seine volle Sportlichkeit erst freigekauft werden muss: Weissach-Paket, Keramikbremse, Magnesiumräder. Mit Firlefanz wie den CFK-Fensterdreiecken macht das dann 245.896 Euro, 45 Cent. Mit Karte, bitte!

Sodann, rein in die Schale: eins, zwei, drei, Vierpunktgurt anlegen, festzurren. Und feststellen, dass dessen Schloss noch immer nicht mit der Anschnallwarnung kommuniziert. Egal, nach einer Weile gibt das Gebimmel Ruhe. Dann: trautes Heim. Dazu gehört nach wie vor auch das PDK. Gerüchte, wonach der RS auf seine letzten 1.000 Exemplare vielleicht liberaler würde in der Getriebepolitik, bewahrheiten sich also nicht. Porsche bleibt dabei: Beim RS geht’s um Performance, da hat die Handschaltung nichts zu suchen. Wir sagen: Stimmt nur zum Teil. Schließlich geht es auch um Gewicht. Und der Doppelkuppler wiegt rund 20 Kilo mehr.

Und, klingt er noch?

Grundsätze können wir aber auch wann anders diskutieren. Jetzt lieber: lauschen! Also Schlüssel ins Schloss. Zwei Klicks. Klingt er noch? Klack! Dann erwacht der Sechszylinder-Boxer, der die Nummer mit dem Techniktransfer aus dem Motorsport nun noch weiter auf die Spitze treibt. Den starren Ventiltrieb, die Titan-Innereien und die zentrale Öleinspeisung kennen wir bereits. Kennen heißt lieben. Jetzt gibt’s Hochdruck-Injektoren und ein echtes Leckerli on top: die Einzeldrosselanlage. Sie ist zwar eher den Emissionszielen geschuldet, doch das ändert nichts an ihrem positiven Nebeneffekt aufs Ansprechverhalten. Marke: Zack! Brumm!

Ach so, der Klang! Ja, der ist noch da! Das Auspuffgetöse hat sich jedoch zurückgezogen. Es röchelt, es röhrt, faucht, zirpt und scheppert. Insgesamt: weniger Pubertät, mehr Mechanik. Stimmig! Zumal die Ausrichtung des Soundtracks nun besser mit den Prinzipien korrespondiert. Der GT3 RS ist kein Kasperl, der fürs Publikum Theater macht, dafür gibt’s andere. Sein Bezugspunkt ist der Fahrer. Er und nur er muss unterhalten werden. Und halleluja, das tut er: Mag sein, dass er auf Außenstehende nun nuscheliger wirkt, drinnen gibt’s nach wie vor die volle Dröhnung. Ja, die volle!

Bleibt die Frage, ob die Akustik weiterhin zur Handlung passt. Wie gesagt, da gab es Zweifel. Unbegründete! Obwohl: Spuren haben die Änderungen hinterlassen. Aber, liebe Freunde der Gerüchteküche, wir reden von Spuren im Nachkommabereich – von objektiven Nuancen, die subjektiv nicht wahrzunehmen sind. Konkret: 0,6 Sekunden langsamer auf 200, leichte Einbußen in den Ela-Messungen der Gänge vier, fünf und sechs, denen aber Marginalverbesserungen im siebten Gang gegenüberstehen.

Ursachen? Überall und nirgendwo. Eine könnte ganz lapidar von Temperaturdifferenzen an den Messtagen herrühren. Neun Grad Unterschied sind nicht die Welt, aber noch mal: Wir wühlen hinterm Komma. Nächster Einflussfaktor: das Gewicht. Dank der neu entwickelten Dünnwand-Abgasanlage, die trotz der Filterimplantate zehn Kilo einsparen soll, verspricht Porsche eine Gesamtreduktion um fünf Kilo. Diese Aussage kollidiert jedoch mit unseren Werten: 1.443 kg vorher zu 1.460 kg jetzt – trotz identischer Ausstattung. Punkt numero drei: der Motor. Aufgrund der veränderten Peripherie wanderten Drehmoment- und Leistungsmaxima jeweils ein Stück flussaufwärts: Die 470 Nm liegen nun bei 6.250/min an statt wie bisher bei 6.000, der Leistungsgipfel verschiebt sich um 150 Umdrehungen auf 8.400.

Porsche 911 GT3 RS, Exterieur
Achim Hartmann
Die WLTP-Maßnahmen haben nur sehr geringe Auswirkungen.

Doch selbst wenn es tatsächlich so sein sollte, dass sich die Drehzahlbänder aus welchen Gründen auch immer nun etwas länger hinziehen, ihre besondere Spannung bleibt: die dumpfe Wucht im Ansatz ebenso wie das Inferno, wenn man Feuer gibt – Maximaldrehzahl gleich 9.000 Touren! Dazu dieses Plärren, das Beben mechanischer Verausgabung und der derbe Vortrieb. Gigantisch! Erst recht, wenn man das Ganze entsprechend seiner Zubereitung auf der Piste auskostet. Haben wir getan, klar. Jedoch auf ungewohntem Terrain.

Charakter- gleich Reifenfrage

Schade ja, aber kein Drama. Denn: Einen Direktabgleich der Zeiten hätten eh die Reifen vereitelt – Cup 2 N0 damals, N2 heute. Unterschiede? Wie Tag und Nacht. Mit den Supersemis ist der GT3 RS ein reines Präzisionswerkzeug. Nicht mehr, nicht weniger. In die Ideallinie einsetzen, anschalten, dann stichsägt er halbautomatisch über den Kurs. Erst mit geringerem Grip wird die Zeitzur Fahrmaschine. Stringenz, Schärfe und Fokus gibt’s auch hier. Aber: Man hat noch Raum, sich selbst zu verwirklichen. Reinbremsen, Lastwechseln, aggro, zärtlich, quer oder weniger – alles geht. Nur eines geht kaum: besser.

Doch genau das wird der GT3 RS werden müssen, wenn er auf Generation 992 umswitcht. Wie er das anstellen will? Lassen Sie mich mit einem Gerücht antworten, das schon länger durch die Szene geistert. Es besagt, dass sich der GT-Elfer künftig auch konzeptionell am Rennwagen orientiere. Sprich: dass sein Motor ein gutes Stück zur Mitte rücken könnte, zwischen die Achsen. Ob da was dran ist? Mal schauen, ob eine Dementi-Mail eintrudelt.

Fazit

Ja, die WLTP-Maßnahmen haben Auswirkungen. Leistung und Drehmoment verbleiben zwar unverändert bei 520 PS und 470 Nm, entfalten sich aber ein Mü gemächlicher. Siehe Beschleunigung, die leicht nachgelassen hat, wobei die gemessenen Unterschiede fast im Toleranzbereich externer Einflüsse liegen. Begreift man die Performance rein subjektiv, ist der 911 GT3 RS immer noch derselbe. In Grün.

Technische Daten
Porsche 911 GT3 RS GT3 RS
Grundpreis190.218 €
Außenmaße4557 x 1880 x 1297 mm
Kofferraumvolumen125 l
Hubraum / Motor3996 cm³ / 6-Zylinder
Leistung383 kW / 520 PS bei 8400 U/min
Höchstgeschwindigkeit312 km/h
0-100 km/h3,5 s
Verbrauch13,2 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 10 / 2024
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Erscheinungsdatum 25.04.2024

148 Seiten